Jetzt ist es also passiert, zwar erst in England und noch nicht in der Schweiz, aber immerhin. Während der ersten sechs Monate dieses Jahres haben die Werbeagenturen auf den britischen Inseln zum ersten Mal mehr Geld für Werbung im Web, als im Fernsehen ausgegeben. Das ist kein Ausreisser: Der Trend wird anhalten. Werbefinanziertes TV wird sich bald neu erfinden müssen, wenn es das digitale Zeitalter überleben will.
Die Werbebudgets schrumpfen überall, wegen der Wirtschaftskrise! Richtig?
Falsch!
Zumindest in Grossbritannien stimmt das so nicht. Zwar sind die Gesamtausgaben für Werbung im ersten Halbjahr 2009 massiv gesunken, nämlich um ganze 17 Prozent. Gestiegen sind aber die Umsätze in der Internet-Werbung und zwar um fast fünf Prozent, wie
die neusten IAB-Zahlen zeigen. Im jetzigen wirtschaftlichen Umfeld ist das eine starke Leistung und weist auf die breite Akzeptanz hin, die Internet-Medien inzwischen geniessen. Diese Akzeptanz ist so gross, dass das Web auf den britischen Inseln werbemässig zum wichtigsten Medium aufgestiegen ist – eine Position, die jahrzehntelang vom Fernsehen gehalten wurde. Insgesamt wird nun knapp ein Viertel aller Werbung im Web geschaltet, in den ersten sechs Monaten für 1,75 Milliarden Pfund, das sind rund 2,9 Milliarden Schweizer Franken. Damit ist Grossbritannien weltweit der erste wichtige Werbemarkt, der vom Internet dominiert wird – unter anderem, weil Highspeed-Internet dort günstig und weit verbreitet ist. IAB nennt weitere Gründe:
“This year has seen marketing budgets being stretched to their very limits, and online has proved its worth. With improved planning and insight tools which mean more advertisers flock to the medium to take advantage of its targeting, accountability and measurability.”
Mit anderen Worten: Die Werber schätzen die Tatsache, dass sie im Web ihre Zielgruppen genau anpeilen können und dass sie erst noch ziemlich genau wissen, wie viele Prozent der Web-User sich ihre Anzeigen zu Gemüte geführt haben.
In der Schweiz wird es wohl noch eine ganze Weile dauern, bis die Werbung im Web so populär ist wie die Fernsehwerbung. Genau weiss man es allerdings nicht, da die Online-Werbeumsätze scheinbar
(noch) nicht statistisch erfassbar sind:
“Ein erster Versuch, Netto-Werbeaufwände für Online-Werbung zu messen, ist leider an der mangelnden Bereitschaft gescheitert, der Stiftung Daten zu liefern. Im Online-Werbestatistik Report von Media Focus sind nebst den Brutto-Umsätzen für klassische Online-Werbung zusätzlich Experten-Schätzungen für Suchmaschinen-Werbung, Affiliate-Marketing und den Online-Rubrikenmarkt enthalten. Insgesamt ergab sich dabei für den gesamten Online-Markt für das Jahr 2008 eine Schätzung von CHF 288 Mio. gegenüber CHF 224 Mio. im Vorjahr.“
Das ist immerhin ein geschätzter Anstieg von 28,5 Prozent.
Trotzdem wird traditionelle Werbung in der Schweiz noch eine Weile dominieren, und damit wird auch Henry Fords alte Weisheit zum Thema weiterhin Gültigkeit behalten:
“50 Prozent der Werbegelder sind so oder so zum Fenster rausgeworfen – man weiss nur nicht welche 50 Prozent.“