Saturday, March 31, 2018

Künstliche Intelligenz: Wer zahlt, wenn's kracht?

Künstliche Intelligenz soll so vieles besser können, als wir Menschen. Zum Beispiel Autofahren. Wenn es dann aber kracht, beginnt der Streit um die Schuldfrage: Wer ist im Fehler: Der Mensch oder die Maschine? Welche ethischen Grundsätze sollen autonome Fahrzeuge in Dilemma-Situationen befolgen, wenn Gesundheit und Leben anderer Verkehrsteilnehmer auf dem Spiel stehen? Eine neue Studie des Allianz-Versicherungskonzerns zeigt auf, dass die Frage der Haftpflicht im Zusammenhang mit KI kompliziert werden kann - und das ist nicht das einzige, potenziell sehr teure Risiko, das die Versicherer bezüglich Künstlicher Intelligenz voraussagen.

Wer kann es besser und wer ist schuld, wenn es schief geht -
Der Mensch oder die Maschine?                                Pixabay
Der Einsatz von KI eröffnet riesige Chancen und Möglichkeiten. Gelangt die Technologie jedoch in die falschen Hände, können die potenziellen Gefahren den grossen Nutzen schnell beeinträchtigen. So steigert die allgegenwärtige Vernetzung die Anfälligkeit gegenüber Cyberangriffen oder technischem Versagen, die zu grossflächigen Ausfällen und enormen finanziellen Verlusten führen können. Unternehmen sehen sich zudem mit neuartigen Haftungsfragen konfrontiert, da sich die Verantwortung für Handlungen vom Menschen auf die Maschine verlagert.
Die neue neue Studie "The Rise of Artificial Intelligence: Future Outlook and Emerging Risks" nimmt diese Risiken unter die Lupe und kommt zum Schluss, dass es vorbeugende Massnahmen zur Risikominderung braucht.
Schon heute können sogenannte "schwache" KI-Anwendungen bestimmte Aufgaben wie das Erkennen von Texten ausführen. In Zukunft werden "starke" KI-Anwendungen sogar in der Lage sein, autonome Fahrzeuge zu steuern, genauere Wettervorhersagen zu treffen, Krankheiten zu diagnostizieren, Finanzgeschäfte durchzuführen oder Industriemaschinen zu bedienen und zu überwachen. KI tritt häufig in Verbindung mit anderen neuen Technologien auf, wie dem Internet der Dinge, der Datenanalytik oder der Blockchain. Laut Accenture könnte KI die jährliche Wirtschaftswachstumsrate in zwölf Industrienationen bis 2035 verdoppeln.
Dieses enorme Potenzial hat jedoch seinen Preis. KI erhöht die ohnehin wachsende Gefahr durch Cyberrisiken weiter. So kann KI-gestützte Software zwar einerseits das Cyberrisiko für Unternehmen durch eine bessere Erkennung von Angriffen reduzieren, andererseits aber ebensolche Angriffe erleichtern, weil Planung und Durchführung einfacher werden. Ein- und derselbe Hackerangriff - oder alternativ auch ein Programmierungsfehler - könnten auf zahlreichen Rechnern repliziert werden. Dadurch werden grosse globale Cybervorfälle wahrscheinlicher, die laut Lloyds Schäden in Höhe von mehr als 50 Milliarden(!) US-Dollar verursachen könnten.
Was die Frage der Haftung betrifft, können intelligente KI-Agenten zwar künftig dem Menschen viele Entscheidungen abnehmen, dafür aber rechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. In der Regel haftet der Hersteller oder Softwareprogrammierer von KI-Agenten für Fehler, die bei Nutzern Schäden verursachen. Für auf KI basierende Entscheidungen, die sich nicht direkt auf das Design oder die Herstellung zurückführen lassen, die aber von einem KI-Agenten aufgrund seiner Interpretation der Realität getroffen werden, könne nach aktuell geltendem Recht niemand explizit haftbar gemacht werden, teilt der Versicherungskonzern mit. Wenn die Anzahl der durch KI hervorgerufenen Schäden zunehme, könne es schnell teuer werden und langwierig sein, die Entscheidungsfindung den Gerichten zu überlassen, fürchten die Versicherungen. Deshalb müssten Expertengremien geschaffen werden, die die rechtliche Eintrittspflicht klären und einen Haftungsrahmen ausarbeiten, der Designer, Hersteller oder Verkäufer von KI-Produkten einer beschränkten Delikthaftung aussetze.

Tuesday, March 27, 2018

Süchtig nach Ihrem Smartphone? Sie sind nicht allein


Wir wissen es, weil wir es fast täglich nachlesen können: Die Welt ist süchtig nach dem Smartphone. Apps halten uns auf Trab, vor allem wenn es gerade nichts Besseres zu tun gibt und oft auch, wenn das durchaus der Fall wäre. Bis jetzt sind wir eigentlich davon ausgegangen, dass die Smartphone-Sucht ein Problem ist, das jeder User auf einer ganz persönlichen Ebene angehen sollte. Das sehen nicht alle Anwender so.

Der Normalfall: Lieber am Smartphone fummeln, statt miteinander sprechen.
                                                                                                       Bild pixabay
Wie appleinsider.com berichtet, versammelte sich kürzlich eine Gruppe Studenten der Stanford University in Kalifornien vor dem Apple Store in Palo Alto, um gegen die Smartphone-Sucht zu protestieren. Die Demonstranten, allesamt Studierende an einer der besten Univesitäten der Welt, warfen Apple vor, nicht genug dagegen zu unternehmen, dass iPhone- und iPad-User ständig an ihren Geräten herumfummeln. Die Studenten forderten das Unternehmen auf, Änderungen einzuführen, um die Anwender von ihren Apps abzulenken. Auf Flugblättern wiesen sie darauf hin, dass mehr als zwei Drittel aller Erwachsenen ihr Smartphone mindestens stündlich checken, und 50 Prozent aller Teenager angeben, dass sie das Smartphone “süchtig“ gemacht hat.
Wir hätten da schon mal eine Idee, wie Apple den Demonstranten entgegenkommen könnte: Wie wäre es, wenn der Akku des nächsten iPhones nur noch etwa 30 Minuten funktionieren würde - das brächte die Besitzer bestimmt dazu, ihre Anwendungen zu priorisieren. Oder Apple könnte die Bildschirmauflösung wieder verschlechtern - damit wir die verpixelte Oberfläche nicht mehr attraktiv finden.

Aber im Ernst: Eigentlich ist es erschreckend, dass die protestierenden Stanford-Studenten, die, wohlverstanden, zur zukünftigen Elite in den USA gehören, nicht einmal so viel Eigenverantwortung aufbringen können, ihr Smartphone auf verantwortliche Weise zu bedienen. Immerhin ist die Smartphone-Sucht kein neues Thema, und das Internet ist voll von Artikeln und Ratschlägen dazu. Den Bildschirm auf schwarz/weiss umstellen, zum Beispiel, oder eine App installieren, die das Verhalten am Smartphone protokolliert. Am Bewusstsein liegt es also nicht.
Der Grund liegt darin, dass ein modernes Smartphone unglaublich attraktiv ist. Es macht aus dem Besitzer sozusagen einen Übermenschen - mit einem unendlichen Gedächtnis, Know-how und Kommunikationsvermögen. Mit jeder persönlichen Benachrichtigung einer Kommunikationsapp kommt auch ein kleines Glücksgefühl auf. Kein Wunder, dass wir unsere Smartphones lieben.  
Der amerikanische Gehirnforscher und Professor Robert Lustig weiss um die Problematik des Suchtverhaltens mit dem Smartphone. Er sieht eine Lösungsmöglichkeit, die auch das Zusammenleben fördern würde, weil sie den allgemeinen Regeln der Höflichkeit entspricht. “Ich hoffe, dass wir so weit kommen, dass es nicht mehr akzeptabel ist, das Smartphone in der Öffentlichkeit zu nutzen“, sagt er.




Thursday, March 22, 2018

Facebook, Politik und Hysterie


Der Wirbel ist beträchtlich: Facebook hat vielleicht dazu beigetragen, dass Donald Trump in den USA im letzten Jahr die Wahlen gewonnen hat - dazu noch mit Daten, die wahrscheinlich (man ist sich noch nicht sicher) gar nicht hätten verwendet werden dürfen. Nun ruft die Konkurrenz dazu auf, Facebook in Zukunft ganz einfach zu meiden.

Facebook hat ein Problem - das Geschäftsmodell und der Datenschutz
vertragen sich nicht sehr gut.                         Source Flickr Creative Commons
Was ist eigentlich passiert? Sollten wir schockiert sein, dass Facebook unsere Daten dafür nutzt, sehr gezielt Werbung zu verkaufen?
Es war eine Quiz-App, die ein Professor der Universität Cambridge im Jahr 2014 auf Facebook anbot, die den Stein ins Rollen brachte. Die App wurde von 270‘000 Usern heruntergeladen, die sich im Kleingedruckten auch damit einverstanden erklärten, dem App-Anbieter neben den eigenen Daten auch jene ihrer Freunde anzubieten - ohne dass diese etwas davon wussten. Diese Daten machten dann ihren Weg - wahrscheinlich ohne das Wissen von Facebook - in den Amerikanischen Vorwahlkampf, wo sie scheinbar von der Trump-Kampagne genutzt wurden. Für den Wahlkampf selber wurden die Daten gemäß CBS-News allerdings nicht eingesetzt, da sie nicht gut genug gewesen seien. Facebook selber verteidigt sich, wird aber in den Medien fast durchgehend als Bösewicht dargestellt. Zitat aus der Zeit:
“Mittlerweile dürfte auch dem Letzten klar werden: Facebook schützt die Daten seiner Nutzerschaft nicht ausreichend, es überprüft externe Anbieter nicht sorgfältig und informiert die Öffentlichkeit unzureichend darüber, was eigentlich alles mit ihren Profilinformationen passiert. Medien, Politikerinnen und Politiker und selbst Investoren sind sich in dieser Kritik einig wie nie. […] "Nichts wurde gestohlen, niemand gehackt. Wir sind die Opfer! Wir wurden betrogen und belogen!" Das ist zusammengefasst die bisherige Verteidigungsstrategie des Konzerns. Die Nutzerinnen und Nutzer, erklärt Facebook, hätten damals, 2014, doch ihre Zustimmung zur Weitergabe ihrer Daten gegeben. Zumindest an den Wissenschaftler Aleksandr Kogan und seine Firma SCL, die über eine Psychotest-App Daten gesammelt und sie dann wohl an Cambridge Analytica weitergegeben haben. Zitat aus dem Facebook-Blog: "Menschen gaben wissentlich ihre Informationen weiter, es wurden keine Systeme infiltriert und keine Passwörter oder sensiblen Informationen gestohlen oder gehackt."
 Facebook hat ein Problem. Würde das Unternehmen tatsächlich echten Datenschutz betreiben, bliebe vom Facebook-Geschäftsmodell nicht viel übrig. Deshalb hält man sich im Hauptquartier in Menlo Park mit Versprechungen zurück. Wer bei Facebook mitmacht und dort persönliche Daten deponiert, darf nicht erwarten, dass diese Daten ungenutzt bleiben. Das sind sich die meisten Nutzer durchaus bewusst, auch wenn jetzt Medien und Politik das Gegenteil behaupten. Das zeigt auch eine Leser-Diskussion im Online-Forum der Zeit unter dem Titel: Like it or leave it? Der Eintrag von ‘Betrand‘ spricht für viele:
“Ich sehe ja an der Werbung wie nah FB und Google an meinen wirklichen Interessen und Käufen sind […]. Also ist vollkommen klar, welche individualisierten Ansprachen der Daten-Hort ermöglicht. Dass diese Möglichkeiten nicht nur zum Verkauf von Produkten genutzt werden, war mir klar.Rege mich also auch nicht so auf.“
Die gegenwärtige Hysterie hat viel mit Politik zu tun und wird durch das gegenwärtige politische Klima in den USA befeuert. Tatsächlich ist nämlich die Nutzung von Apps auf Facebook zum Abgreifen von User-Informationen für politische Zwecke nicht ganz neu. Im Jahr 2012 machte die Obama-Kampagne genau das gleiche, nur im grösseren Ausmass. Die App war allerdings nicht als Persönlichkeitsquiz ausgelegt, sondern von Anfang als politisches Tool ausgelegt. Auch hier wurden Daten von bis zu 190 Millionen Menschen von der Obama-Kampagne abgegriffen, die nichts davon ahnten - sie waren nur Facebook-Freunde jener Million User, die die App heruntergeladen hatten. Die Medien fanden das damals durchgehend ganz toll - und feierten die Tatsache, dass Social Media von Obamas Team auf derartig geniale Weise genutzt wurde.     
Die Zeiten haben sich geändert - und der Amtsinhaber im Weissen Haus ebenfalls. Das hat zum Stimmungsumschwung beigetragen.

Monday, March 19, 2018

Der Online-Handel bremst die Teuerung


Was hat die Inflation - oder ihre Abwesenheit - mit der digitalen Gesellschaft zu tun? Immer mehr Ökonomen glauben, dass die beiden Faktoren direkt zusammenhängen. Sie gehen davon aus, dass der Online-Handel mit seinen rasant steigenden Marktanteilen so viel Druck auf die traditionellen Läden ausübt, dass die Verkaufspreise auch in den nicht-virtuellen Regalen tief bleiben. Dieser Druck ist messbar und wirkt sich direkt auf die Inflationsrate aus.

Die Chart zeigt, dass sich die Teuerung in den 90er-Jahren deutlich zurückzog,
nachdem sie in vorangegangenen Jahrzehnten immer grosse Sprünge gemacht
hatte.                                                                                     Quelle: inflation.eu
Für Zentralbanker ist es seit längerem ein Rätsel: Trotz tiefsten Zinsen, äusserst liberalen Geldmengen und einer allgemein aggressiven Geldpolitik will es den Nationalbanken nicht gelingen, die Inflation auf die gewünschte Höhe zu hieven, die bei etwa zwei Prozent liegen würde. Nun hat das Phänomen einen Namen: der Amazon-Effekt. Dieser Effekt nutzt den Konsumenten, die Inflation im Allgemeinen hassen. Im Internet herrscht die Jagd nach günstigen Einkäufen - wer Tiefstpreise bieten kann, gewinnt, wer nicht mithält, kann den Online-Shop dichtmachen. Dieser Preisdruck schwappt, zumindest teilweise, auch auf die traditionellen Läden über - und voilà, die Teuerungsbremse funktioniert.
Ganz neu ist der Amazon-Effekt als Prinzip nicht. Schon vor der Finanzkrise im Jahr 2008, haben Wirtschaftswissenschaftler die anti-inflationären Wirkungen von riesigen Warenhausketten wie Walmart gemessen und festgestellt, dass deren ökonomische Macht die teuerung bremste. Zusammen mit den Billigimporten aus China, die in den 90er-Jahren so richtig Fahrt aufnahmen, drückten Walmart & Co. so stark auf die Verkaufspreise, dass diese nicht mehr stiegen, wie die Konsumenten sich das seit Jahrzehnten gewohnt waren, sondern zurückgingen. Damals hiess das Phänomen der “Walmart-Effekt“.
Auch der heutige Amazon-Effekt ist gut für die Konsumenten, aber nicht so toll für viele Investoren, die wohl so lange mit tiefen Zinsen leben müssen, bis die Preise wieder steigen.

Thursday, March 15, 2018

Die Alte und die Neue Welt: so unterschiedlich wie Cash und Kreditkarte


Wenn es um Online-Shopping geht, vertraut die grosse Mehrheit der Konsumenten in Nordamerika ihren Plastikkarten: Mehr als zwei Drittel der Konsumenten bezahlen online mit ihrer Kredit- oder Debitkarte. In Europa sieht das ganz anders aus: An Rechnung und PayPal führt beim Online-Payment kein Weg vorbei.

Kreditkarten haben in Europa verglichen mit Nordamerika noch ein riesiges
Potential.                                                                                              Bild PfW
Der Hauptgrund dafür, dass Plastikgeld in Nordamerika auch im Onlineshopping der unangefochtene Leader ist, hängt wohl damit zusammen, dass dies auch für den Rest der Einkäufe zutrifft. Nordamerikaner lieben ihre Zahlkarten - schon seit Jahrzehnten. Rechnungsstellung hingegen taucht hier in der Zahlungsmodusstatistik nicht auf.
Ganz im Gegensatz zu Deutschland und der Schweiz. Das zeigt erneut eine ECC-Payment-Studie. Rechnung und PayPal – diese beiden Zahlungsverfahren sind in weiterhin die unangefochtenen Lieblinge der deutschen Online-Shopper. 32 Prozent der Konsumenten zahlen ihren Onlinekauf aktuell am liebsten via PayPal. Zahlung per Rechnung bevorzugen derzeit sogar gut 41 Prozent der Online-Shopper.
Ein interessantes Detail:  Neue elektronische Zahlungsmethoden gibt es zwar inzwischen viele, sie spielen aber in der ECC-Studie keine Rolle.
PayPal oder Vorkasse sind bei den befragten Online-Händlern die am meisten angebotenen Payment-Optionen. Die Nummer eins der Konsumenten – der Rechnungskauf – folgt im Angebotsranking der Händler dagegen erst auf dem dritten Rang.
Die Zahlungspräferenzen sowohl der Händler als auch der Kunden haben sehr viel mit Vertrauen - und dem Mangel an Vertrauen zu tun. Amerikaner verschicken wenn immer möglich keine Rechnungen - aus naheliegenden Gründen; die Kreditkarte garantiert in den weitaus meisten Fällen schon bei der Bestellung, dass der Lieferant bezahlt wird. Europäische Kunden hingegen vertrauen der Kreditkarte nur sehr beschränkt - zu ungewiss erscheint ihnen, was da im Hintergrund alles abläuft.
Wir wagen hier eine Prognose: Diese Präferenzen werden sich in den nächsten Jahren angleichen und zwar zu Gunsten der Kreditkarte. Die Entwicklung könnte allerdings durch das Aufkommen einer genialen mobilen und digitalen Zahlungslösung eine andere Bahn nehmen.

Tuesday, March 13, 2018

Autonome Fahrzeuge: Waren statt Passagiere

Bis wir uns von autonomen Autos herumfahren lassen, wird es noch eine Weile dauern; das Auto ohne Fahrer wird in naher Zukunft auch ein Auto ohne Passagier sein. Dafür werden wir schon bald unsere Pakete aus dem Online-Shop vom Fahrzeug ohne Chauffeur liefern lassen.

Wie die Wirtschaftsagentur Bloomberg vorrechnet, existiert ein riesiger Markt für Lieferwagen, die ohne Chauffeur unterwegs sind - ganz einfach weil sie so viel billiger sind und statt einem Achtstundentag ununterbrochen unterwegs sein können. Online-Shopping ist immer noch voll im Aufwärtstrend; die Kurve ist so steil, dass Mall-Investoren weltweit nicht mehr ruhig schlafen können. Allein Amazon, der grösste der Online-Händler, hat im letzten Jahr rund 178 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht und viele Milliarden Pakete verschickt. Jede einzelne dieser Lieferungen musste innerhalb nützlicher Frist beim Kunden oder bei der Kundin ankommen - eine logistische Leistung, die oft nicht ganz reibungslos abzuwickeln ist und viel Geld kostet. Gemäss dem Marktforscher McKinsey kostete die Lieferung von solchen Waren schon im Jahr 2015 weltweit über 70 Milliarden Euro. Könnte die Zustellung von Online-Waren automatisiert werden, könnten diese Kosten gemäss Schätzungen halbiert werden. Genau deshalb, so prognostizieren die McKinsey-Experten, würden schon in weniger als zehn Jahren 80 Prozent aller Paketlieferungen mit autonomen Fahrzeugen vorgenommen werden.
Tatsächlich ist die Entwicklung und Erprobung von autonomen Lieferfahrzeugen in vollem Gang; verschiedene Autohersteller arbeiten mit Hochdruck daran, die damit verbundenen Probleme zu lösen. Ford zum Beispiel unternimmt gegenwärtig einen Versuch in den USA, in Miami. Vor der Integration autonomer Lieferfahrzeuge in den öffentlichen Strassenverkehr müssen jedoch noch einige Fragen geklärt werden: Wie sehen rationelle Prozesse aus, bei denen Mitarbeiter von Unternehmen selbstfahrende Fahrzeuge beladen und programmieren? Wie werden die Kunden mit dem Fahrzeug interagieren, um beispielsweise Lebensmittel zu erhalten? Werden Kunden bereit sein, ihre Häuser zu Fuss zu verlassen, um ihre Lieferungen entgegen zu nehmen?
"In Bezug auf den Einsatz von autonomen Fahrzeugen für innerstädtische Lieferdienste gibt es für uns natürlich noch einiges zu lernen", sagt Sherif Marakby, der zuständige Ford Manager. Aber man sehe jetzt schon jetzt Vorteile für den Verkehrsfluss. Ein selbstfahrendes Fahrzeug suche sich zum Beispiel immer einen vorschriftsmässigen Parkplatz und werde daher durch unbotmässiges Parkieren keinen Stau verursachen…
Übrigens will auch Uber, bekannt für seine Taxidienste, mit autonomen Trucks Geld verdienen - aber in einer grösseren Klasse, wie wired.de berichtet:
 “Uber nutzt seine teilautonomen LKW bislang ähnlich, wie anderorts Züge verwendet werden: Ein regulärer Truck bringt den Anhänger in das Logistikzentrum des Fahrdienstanbieters. Dort wird dieser dann an den selbstfahrenden Sattelschlepper angehängt. Dieser fährt die Fracht auf einer vorgegebenen Autobahnstrecke in ein entferntes Logistikzentrum in Zielnähe, wo sie wieder von einem regulären Lkw übernommen wird, der die letzte Strecke zum Empfänger zurücklegt.“
Unterwegs sind diese Lieferfahrzeuge in Arizona - und keine Angst, es sind nicht Geistertrucks; zur Sicherheit fährt immer noch ein Mensch mit.

Monday, March 5, 2018

Die EU plant eine Umsatzsteuer für Apple, Google, Amazon und Co.


Giganten wie Google, Apple und Amazon sollen in Europa künftig Steuern auf ihre Umsätze bezahlen, damit sie Gewinnsteuern nicht mehr umgehen können. Die Idee ist nicht ganz neu, scheint jetzt aber Formen anzunehmen.

Die EU will die High-Tech-Steuersparer nicht mehr akzeptieren.   Bild Flickr
Der Abschied der Briten von der Europäischen Union wird dort - unter anderem - eine zweistellige Milliardenlücke hinterlassen. Die verbleibenden Nettozahler der EU möchten wenn immer möglich verhindern, dass sie diese Finanzlücke füllen müssen. Der gewinnträchtige Digitalsektor hingegen drängt sich geradezu auf, um das fehlende Geld einzutreiben. Riesige gewinnträchtige Unternehmen wie Apple, die zwar in Europa ausgezeichnet Geschäfte machen, aber in den Augen der Bürokraten viel zu wenig Steuern bezahlen - und gleichzeitig im Ausland riesige Vermögen anhäufen. Das Thema treibt die EU-Finanzverwalter schon lange zur Weissglut: Apple zum Beispiel hat jahrelang in Irland weniger als ein Prozent Unternehmenssteuern bezahlt. Das war den Iren genug, den Europäern reichte es nicht. Sie verlangen 13 Milliarden Dollar in Steuernachzahlungen. (Apple hat in Europa allein in den letzten drei Monaten 21,5 Milliarden US-Dollar Umsatz generiert.)
Derartige Auseinandersetzungen will man in der EU zukünftig vermeiden - indem man für grosse Technologiekonzerne, deren Hauptsitz sich nicht in Europa befindet, eine spezielle Umsatzsteuer am Standort des Kunden erhebt, unabhängig davon, wo das Unternehmen seinen Sitz hat. Wie der Französische Finanzminister Bruno Le Maire in einem Gespräch mit Le Journal du Dimanche kürzlich bekanntgab, soll der Steuersatz zwischen zwei und satten sechs Prozent liegen. Zitat aus einem Bericht von ZDNet.de:
“Ziel der Steuer ist es, Massnahmen zu vereiteln, mit denen multinationale Konzerne vollkommen legal Gewinne ins Ausland verlagern, um sie dort zu versteuern. Dabei nutzen sie in der Regel die niedrigeren Steuersätze sogenannter Steueroasen. Ein Tochterunternehmen beispielsweise auf den Bermudas kann einer Niederlassung in der EU erhebliche Rechnungen für die Nutzung von geistigem Eigentum des Mutterunternehmens ausstellen, die praktisch alle Gewinne auffressen. Als Folge sinkt das Steueraufkommen solcher Unternehmen in der EU auf ein Minimum – in Einzelfällen reduziert sich der Unternehmenssteuersatz von Firmen wie Amazon, Apple oder Google auf unter ein Prozent.“
Falls es der EU gelingen würde, eine derartige Steuerregelung einzuführen, könnten wohl auch die digitalen Giganten nicht mehr ganz so einfach Steuern sparen. Einfach wird es aber nicht sein, wie die Zeit analysiert:
“Künftig einfach den Umsatz zu besteuern ist eine verblüffende Idee. Sie hätte den Vorteil, dass sich Umsätze im Vergleich zu Gewinnen einfacher schätzen und einzelnen Ländern zuordnen liessen […]Bislang tun sich EU-Länder jedoch schwer, Abgaben auch tatsächlich einzutreiben. Zum einen, weil Mitgliedsstaaten wie Irland (aber auch Luxemburg) ihre niedrigen Steuersätze bewusst als Standortvorteil betrachten und eine Benachteiligung anderer Länder in Kauf nehmen. Zum anderen gewährt das Recht bisher kaum Ansatzpunkte, wirksam dagegen vorzugehen. Das musste erst kürzlich der französische Fiskus erfahren, der von Google eine Milliarde Euro an Steuern nachfordert. Ein Gericht stoppte das Vorhaben…“
Ob Google, Apple oder Amazon: Die neuen Wirtschaftsgiganten unseres digitalen Zeitalters werden früher oder später höhere Steuersätze bezahlen müssen, als sie das heute tun. Ob die EU und ihre Mitgliedsländer unter dem Strich davon profitieren werden, wird sich zeigen. Da die grössten angesprochenen Unternehmen alle aus den USA stammen, wäre es nicht überraschend, wenn eine neue, auf den digitalen Sektor zielende Europäische Umsatzsteuer zu wirtschaftlichen Reaktionen der Amerikaner führen würde.



Saturday, March 3, 2018

Hackerangriffe: Denn wir wissen nicht, wer es tut


Der Hackerangriff auf die IT-Infrastruktur der deutschen Regierung wäre ein weiteres Kapitel im Buch, das über die digitale Datenunsicherheit geschrieben werden könnte. Interessant ist aber nicht nur der Angriff selber, sondern auch die Berichterstattung darüber. Denn wer die Übeltäter sind, weiss in Wirklichkeit fast niemand. Wohl deshalb nehmen die meisten Medien jegliche Art von Hinweisen (am liebsten aus anonymen Quellen) dankbar auf und verbreiten sie möglichst schnell weiter.

Wir wissen nicht, wer es war - und wir werden es wohl auch nie erfahren.
                                                                                      Bild Creative Commons
Im Zweifel werden es schon die Russen sein, vermuten die zahlreichen “Experten“, welche derartige Fälle von Cyber-Spionage oder Cyber-Kriminalität kommentieren. Das ist auch im aktuellsten Fall nicht anders, wie verschiedene Zeitungen berichten:
“Eine unter dem Namen Snake bekannte russische Hackergruppe soll hinter dem Angriff auf das Datennetzwerk des Bundes stehen. Das berichten die Deutsche Presse-Agentur und Spiegel Online. Demnach soll die Gruppe versucht haben, an deutsche Regierungsinterna zu gelangen. Die Gruppe ist auch unter den Namen Turla und Uroburos bekannt und soll seit 2007 aktiv sein. Experten zufolge sei der Code, den die Gruppe für den Hack benutzte, weiter entwickelt als Codes von anderen russischen Hackern wie APT28. Diese Gruppe stand zunächst im Verdacht, für den Angriff auf das Netz des Bundes verantwortlich zu sein.“
Mit anderen Worten: Es war nicht die eine, sondern wahrscheinlich die andere russische Hackergruppe, die im Moment den behördlichen Computersystemen übel mitspielt. Wieso wir das wissen? Der Spiegel hat es berichtet. Und die Russen haben es dementiert - dann stimmt es wahrscheinlich erst recht:
“Wir nehmen mit Bedauern zur Kenntnis, dass alle Hackerangriffe in der Welt mit russischen Hackern in Verbindung gebracht werden", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Dafür gebe es aber "keine greifbaren Beweise.“
Die gibt es tatsächlich nicht, und obwohl es im gegenwärtigen politischen Klima naheliegend ist, zuerst einmal Russland zu verdächtigen, gibt es durchaus echte Experten die nicht Sergei oder Vladimir zum Vornamen heissen, die zur Vorsicht mahnen, wenn es um schnelle Schuldzuweisungen geht. Die NZZ zitiert Sandro Gaycken, der zu Themen wie Cyperkrieg an der European School of Management and Technology in Berlin forscht, und findet, solche Angriffe seien gar nicht überraschend:
“Gaycken sieht solche Zuschreibungen kritisch, wenn sie auch plausibel sein mögen. Angeführt werde etwa, dass die Angriffe zum Teil über russische Computer liefen oder während Bürozeiten, die auf die Zeitzone für Moskau passten. Dies seien aber schwache Indizien, sagt er. Man dürfe nicht vergessen, dass die Geheimdienste einander auch imitierten, um falsche Spuren zu legen…“
Ob Russen oder Geheimdienste oder nicht, immerhin dürfen die Bürger davon ausgehen, dass nicht jeder Idiot es schafft, in die Computer der Regierung einzudringen. “Technisch anspruchsvoll und von langer Hand geplant“ sei der Hackerangriff gewesen, sagt der deutsche Innenminister Thomas de Maizière.
Genau das haben die amerikanischen Parteifreunde von Hillary Clinton auch behauptet, als Wikileaks im Jahr 2016 plötzlich den E-Mail-Verkehr der Wahlkämpfer öffentlich machte - was zur Niederlage von Kandidatin Clinton beitrug. Auch hier wurden natürlich hochqualifizierte Russen als Übeltäter angeführt, obwohl Wikileaks dies konsequent dementierte. In Wirklichkeit war es ganz einfach: Social Engineering war der Schlüssel. Ein gefälschtes E-Mail an den Wahlkampfleiter reichte aus, um sein Google-Passwort in Erfahrung zu bringen - der Rest ist Geschichte.