Thursday, March 30, 2017

Online Shopping in Europa: geliebt und gefürchtet

Europäer lieben und fürchten das Einkaufen im Internet.  Eine Mastercard-Befragung von Konsumenten in über 20 Ländern im Europäischen Wirtschaftsraum zeigt, dass im letzten Jahr jeder vierte Internetnutzer in Europa mindestens einmal pro Woche online eingekauft hat. Jene Konsumenten, die nicht in virtuellen Läden einkaufen, nennen einen gemeinsamen Grund dafür: die Angst vor dem Betrug.

Europäer kaufen gerne und recht oft im Internet ein, wie der Masterindex 2017
zeigt.                                                                                            Grafik Mastercard
Am beliebtesten ist Online-Shopping in Europa, wenn es um Modeartikel geht. Kleider und Schuhe machen die beliebteste Produktekategorie aus, gefolgt von Tickets, elektronischen Geräten  und Büchern. Über dem europäischen Online-Shopping schwebt aber eine dunkle Wolke, die das Potential der Branche signifikant einschränkt: Die Angst vor Betrug wurde als Hauptgrund dafür genannt, nicht im Internet einzukaufen. Hier gehen die Wahrnehmungen allerdings auseinander, je nach geografischem Standort der potentiellen Kunden: 71 Prozent der Griechen und 64 Prozent der Spanier fürchten sich vor Gaunern, bei den Dänen sind es nur 46 Prozent.
Obwohl es der Einkauf im Internet ermöglicht, weltweit und weitgehend grenzenlos einzukaufen, verhalten sich viele Online-Shopper wie in vordigitalen Zeiten: Bei grenzübergreifendem E-Commerce entscheidet massgeblich die Verfügbarkeit von einheimischen Angeboten. Wer mit der Auswahl, der Qualität und dem Preis in inländischen Webshops zufrieden ist, kauft in der Regel auch dort ein. Die beliebtesten Produkte, die grenzübergreifend bestellt werden, sind Kleider, Accessoires und Schuhe, gefolgt von Büchern, Musik, DVDs und Videospielen.
Generell zeigt die Mastercard-Studie, dass für grenzübergreifenden E-Commerce noch Wachstumspotential besteht: Um dieses Wachstum zu erreichen, müsste das Vertrauen in E-Commerce-Angebote allerdings weiter gestärkt werden.
Hinsichtlich der beliebtesten Online-Zahlungsmethoden zeigen sich europaweit bereits bekannte  Unterschiede. In Tschechien, Deutschland, den Niederlanden und Polen ist die Bestellung auf Rechnung doppelt so beliebt wie Kartenzahlung. In Ländern wie Frankreich, Grossbritannien, Spanien, Irland und Italien sind hingegen Karten mit Abstand das beliebteste Zahlungsmittel.

Ebenfalls in der Befragung berücksichtigt wurden neue Zahlungsmethoden wie E-Wallets, Bank-Apps und QR-Code-Scanning. Während sich in ganz Europa die Konsumenten daran interessiert zeigen, neue Technologien auszuprobieren, schlägt dieses Interesse nicht in Nutzerzahlen um: In der Theorie sind zum Beispiel spanische Internet-Kunden am enthusiastischsten gegenüber E-Wallets. Sie liegen jedoch klar hinter den Norwegern  und  Griechen zurück, was die momentane Nutzung dieser mobilen Technologien betrifft. 

Tuesday, March 28, 2017

Mehr Werbung im Internet, als im Fernsehen

2017 ist das erste Jahr, währenddem weltweit mehr Geld für Werbung im Internet ausgegeben wird, als für Werbung im Fernsehen. Die globalen Ausgaben für die Internetwerbung werden um 13 Prozent steigen und 205 Milliarden US-Dollar erreichen.  Somit wird die Werbung im Internet fast ein Drittel der totalen globalen Werbeausgaben ausmachen. Das Medium Fernsehen ist natürlich nicht das einzige, das werbemässig Abstriche machen muss; bis in zwei Jahren werden weltweit auf Facebook & Co. mehr Anzeigen geschaltet, als in den gedruckten Medien.

Eine Analyse der internationalen Werbeagentur Zenith, die gestern veröffentlicht wurde, zeigt allerdings, dass auch Fernsehzuschauer weiterhin nicht zu kurz kommen werden, was Werbung betrifft: Immerhin 192 Milliarden Werbedollar fliessen dieses Jahr noch in die Schatullen der TV-Produzenten. Die Zenith-Experten gehen davon aus, dass die Werbeausgaben in den sozialen Medien 2019 eine Höhe von 55 Milliarden Dollar erreichen und damit die Werbeausgaben für Printmedien mit insgesamt 50 Milliarden Dollar überholen werden. Aufgrund geringerer Auflagen sinken weltweit die Ausgaben für Zeitungsanzeigen um jährlich fünf Prozent. Nach dem Höhepunkt im Jahr 2007, mit Ausgaben von 113 Milliarden Dollar, sind die Werbeausgaben für Printmedien jedes Jahr gesunken und werden sich 2019 auf der Höhe von 1985 bewegen –  Geldentwertung nicht berücksichtigt.
Immer mehr Werbung im Internet, immer mehr Blockierer. Printmedien und TV
haben so oder so das Nachsehen.                                                        Screengrab SZ
Werbung in Social Media ist die am schnellsten wachsende Sparte der Internetwerbung. Facebook und Youtube – werden ihre Position weiter ausbauen.
Die rasante Zunahme der Werbung im Internet steht im Konflikt mit Millionen von Usern, die gar nicht daran interessiert sind. Das zeigt sich unter anderem an der enormen Popularität von Apps, die möglichst viel Werbung vom Bildschirm fern halten – sie haben inzwischen viele hundert Millionen User, und schon im letzten Jahr wurde der Ausfall an Werbegeldern in einer US-Studie auf über 20 Milliarden Dollar geschätzt:
“Beunruhigend für die Werbebranche dürfte auch die Tatsache sein, dass vor allem junge User, sprich Millennials, Werbung blockieren (in den US sind es volle 63 Prozent). Dass die Nutzer zunehmend mobil per Handy oder Tablet surfen, verschärft die Situation weiter. Denn offensichtlich stört Werbung dort noch mehr…“
Wie die neuste Zenith-Analyse zeigt, scheinen die Werber sich nicht davon beunruhigen zu lassen, dass ein grosser Teil ihrer potentiellen Kunden ihre Werbung gar nicht sehen will. Das zeigt sich zum Beispiel dadurch, dass immer mehr Websites den Gebrauch von Werbeblockern verunmöglichen oder Videos erst zeigen, nachdem ein Werbespot abgelaufen ist. Mit anderen Worten: User werden zum Konsum von Werbung gezwungen.
Das scheint widersinnig zu sein.
Schliesslich ist jene Werbung am erfolgreichsten, die vom Konsumenten freiwillig, vielleicht sogar unbewusst aufgenommen wird. TV-Unterbrecherwerbung zum Beispiel ist so ziemlich genau das Gegenteil: Immer wenn es spannend wird, werden Werbespots serviert, die gar nichts mit den Inhalten zu tun haben, die sich der Zuschauer eigentlich anschauen will. Das ist einer der vielen Gründe dafür, dass Fernsehen gesamthaft immer mehr Zuschauer verliert - weil es Alternativen gibt. Ähnliches gilt im Internet: Wer keine Werbung sehen will, kann einen Adblocker installieren und spart dadurch Zeit, Bandbreite und Nerven.  Diese User gehören definitiv nicht zum Zielpublikum der Werbebranche. Trotzdem wollen die Werber sie zwingen, ihre Werbung zu konsumieren.
Ob das auf lange Sicht erfolgsversprechend ist?

Saturday, March 25, 2017

Was Sie über Kundenbewertungen wissen sollten

Kundenbewertungen sind eine wichtige Orientierungshilfe im E-Commerce. Eine aktuelle Umfrage ergab kürzlich, dass rund 82 Prozent der Verbraucher schon eine Bewertung im Internet zu einem Kauf abgegeben haben. Doch wie können Verbraucher erkennen, ob hinter einer Bewertung auch eine echte Meinung steckt oder ob sie gefälscht ist?

Alles total mega: Zu gut um wahr zu sein?
Tatsächlich ist es auch für geübte Online-Shopper nicht einfach, echte von falschen Bewertungen zu unterscheiden (wir haben an dieser Stelle schon darüber berichtet). Es gibt aber klare Anhaltspunkte, die dabei helfen, solche Bewertungen zu beurteilen und beim eigenen Einkauf in Betracht zu ziehen. Carsten Föhlisch, Rechtsexperte bei Trusted Shops,  erklärt, worauf geachtet werden muss, um echte Kundenbewertungen von falschen zu unterscheiden:
“Es gibt eine Reihe von einfachen Indizien, die schon beim bloßen Betrachten eines Bewertungsprofils auffallen. So ist zum Beispiel ein differenziertes Bewertungsbild glaubwürdiger als makellose Lobeshymnen. Irgendwer hat immer etwas auszusetzen. Deshalb finden sich insbesondere bei einer sehr hohen Anzahl an Bewertungen immer auch kritische Stimmen. Gibt es Antworten des bewerteten Unternehmens zu den Rezensionen, spricht dies ebenfalls für die Echtheit. Es zeigt, dass der Adressat der Bewertungen sich aktiv mit den Anliegen seiner Kunden auseinandersetzt. Und bestenfalls gibt es zu einer Bewertung ein öffentliches Autorenprofil – idealerweise sogar mit Name und Profilbild. Dies erhöht grundsätzlich die Wahrscheinlichkeit, dass sich hinter der Bewertung ein echter Kunde verbirgt.Schlechte Bewertungen eines Produktes bedeuten nicht zwangsläufig, dass ein Produkt nicht in Frage kommt. Zwei negative Bewertungen zum Beispiel, die 100 positiven gegenüber stehen, haben nur wenig Aussagekraft. Darüber hinaus kann es helfen, sich auch die Inhalte genau anzuschauen. Negative Bewertungen sind häufig ausführlicher geschrieben als positive. Und vielleicht gibt es sogar eine Reaktion des Händlers, die eine plausible Erklärung für die schlechte Bewertung aufzeigt.“
Die Welt weisst in einem ausführlichen Artikel zum Thema darauf hin, dass es viele Bewerter gibt, die ihre Urteile quasi-professionell abgeben. Das kann sehr Problematisch sein:
“Besonders vorsichtig sollten Käufern bei Bewertungen von sogenannten „Produkttestern“ sein. Verbraucherschützer Tryba kritisiert das System scharf. „Diese Tester erhalten zum Teil Waren im Wert von Tausenden Euro im Monat geschenkt“, erzählt er. Wer in dem Club ist, hat also geldwerte Vorteile. Bei Amazon ist das der Vine-Club. Aber wer mitmacht, bestimmt Amazon, kritisiert Tryba. Eine Studie ergab, dass solche Bewerter statt des üblichen Schnitts von 4,4 Sternen 4,73 vergaben, ihre Bewertungen fallen also deutlich zu positiv aus. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Tryba. Kein Wunder, zum einen mussten die Tester den Artikel nicht bezahlen. Zum anderen könnten sie befürchten, durch zu kritische Bewertungen aus dem Club geworfen zu werden. Tryba berichtet gar von gegenseitigem Neid in dem Club. Ein Nachteil sei zudem, dass durch die Tester schon vor Produktveröffentlichung viele möglicherweise zu positive Bewertungen erscheinen, die Käufer in die Irre führen.“
Schliesslich weisst die Autorin des Artikels daraufhin, dass nicht nur zu gute Bewertungen, sondern auch totale Verrisse meistens unglaubwürdig sind:
“Rezensionen werden vor allem geschrieben, wenn man so richtig sauer über ein Produkt ist. Wem es gefällt, der vergisst eher, eine Bewertung abzugeben. Das sollte man beim Lesen bedenken. So kann es sein, dass sich Rezensenten furchtbar über eine Sache aufregen, zum Beispiel die giftgrüne Farbe, die einem selbst herzlich egal ist. Möglich sind auch gekaufte schlechte Bewertungen, von der Konkurrenz etwa. Da hilft nur das Lesen aller Kommentare, stichhaltige Argumente setzen sich durch.“

Monday, March 20, 2017

Drohnen statt Big Brother: Gesichtserkennung aus der Luft

“Früher sei auf der Cebit “mehr Action“ gewesen, titelt der Spiegel heute in seiner Onlineausgabe. Vielleicht hat dieser Eindruck von zu wenig Aufregung auch damit zu tun, dass wir uns nicht mehr so schnell von digitalen Neuheiten beeindrucken lassen – auch wenn sie ziemlich beeindruckend sind. Eine gesichtserkennende Drohne von Vodafone gehört in diese Kategorie.

Überwachung ohne Grenzen mit der gesichtserkennenden LTE-Drohne.
                                                                                                             Bild Vodafone
Vodafone zeigt nämlich auf der Cebit erstmals, dass die Gesichtserkennung mit einer LTE-gesteuerten Drohne möglich ist. Die eigens entwickelte Drohne erkennt Personen anhand gespeicherter Bilddaten und kann dazu benutzt werden, diese ausfindig zu machen. Die Vodafone-Pressemitteilung zum Thema zählt auf, wie das Gerät eingesetzt werden könnte:
“Es könnte zukünftig bei der Suche nach vermissten Personen helfen. Und auch für noch mehr Sicherheit sorgen: etwa durch die Beobachtung öffentlicher Großveranstaltungen. Genauso könnte die LTE-Drohne bei der Suche nach flüchtigen Straftätern sowie der Überwachung aktenkundiger Krimineller zum Einsatz kommen. Das Livebild der Drohne wird über das LTE-Netz auf Monitor, Tablet oder Smartphone übertragen. Die Steuerung des Flugobjekts ist ebenfalls per Smartphone im Mobilfunk-Netz möglich. Das garantiert höchste Mobilität bei der Suche von Personen. Behörden könnten die Drohne zukünftig dann sogar aus mehreren Kilometern Entfernung steuern. Das gilt für die Einsatzleitung aus der Zentrale ebenso wie für den mobilen Einsatz.“
Potenzielle Überwacher haben mit der gesichtserkennenden Drohne ein weiteres digitales Werkzeug im Kasten, dessen potenzielle Konsequenzen nur schwer absehbar sind – je nachdem, wer das Gerät in Zukunft einsetzen wird.  

Monday, March 13, 2017

Das iPhone, die Medien – und viel, viel Gratiswerbung

Hat es das eigentlich schon gegeben? Dass viele Medien atemlos über ein Produkt spekulieren, darüber in hunderten oder gar tausenden von Artikeln Gerüchte verbreiten und sich generell verhalten, wie kleine Kinder, die über ihre zu erwartenden Weihnachtsgeschenke rätseln – allerdings schon Monate, bevor der Weihnachtsbaum steht.  Wahrscheinlich hat es das schon gegeben, aber mit dem Apple iPhone wurde in den letzten Jahren ein ganz neuer Massstab gesetzt.

Das neue iPhone wird jeweils von unzähligen Bloggern und Journalisten beworben,
lange bevor es auf dem Markt ist - auch auf Youtube                                 Bild ytimg
Viele Medienkonsumenten sind wahrscheinlich nicht allzu überrascht über die Tatsache, dass es seriöse und unseriösere Medien gibt, die Gerüchte verbreiten - allerdings geht es an dieser Stelle nicht um Politik, sondern um das neuste Apple iPhone. Und wenn es darum geht, abzuschätzen, wie das nächste Modell dieses Geräts aussehen und was es leisten wird, geben die Tech-Journalisten auch gerne zu, dass sie spekulieren und Gerüchte verbreiten – obwohl die Präsentation des Geräts erst im Herbst stattfinden wird. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zum Beispiel, ein durchaus seriöses Blatt, hat dieser Tage sogar eine ausführliche Zusammenfassung der Gerüchte publiziert:
“Was bei den Gerüchten allgemein hilft, ist ein Blick zur Konkurrenz. Viele Funktionen, die Apple in den vergangenen Jahren vorgestellt hat, boten vorher auch schon andere Hersteller an. Bei den diesjährigen Gerüchten ist das nicht anders: Mit dem „Project Tango“ startete Google vor drei Jahren eine Plattform für AR. Mit dem Lenovo PHAB2 Pro und dem Asus Zenfone AR sind nun schon zwei Geräte auf dem Markt, die Realität und animierte Objekte auf dem Display verschmelzen lassen. Die Funktion zur Gesichtserkennung bietet Android schon seit mehreren Jahren und einen Iris-Scanner führte Nokia 2015 für die Lumia 950-Serie ein. Für Apple dürfte es also nicht unmöglich sein, diese Neuerungen umzusetzen. Bis zur offiziellen Vorstellung wird Apple alles dafür tun, dass keine Informationen über seine neuen iPhones nach Aussen gelangen. Allgemein lässt sich aus der Erfahrung der letzten Jahre nur eine Tatsache sicher prophezeien: Nicht jedes Gerücht stellt sich als richtig heraus…“
Immerhin so viel ist also klar: Man darf betreffend iPhone nicht jedes Gemunkel glauben – auch wenn es gedruckt oder digital publiziert wird. Was natürlich nicht heisst, dass andere grosse Publikationen nicht ebenfalls lange Artikel voller Spekulationen veröffentlichen. Aber wie steht es denn eigentlich mit der Tatsache, dass man diese iPhone-Gerüchte ganz einfach auch als ganz viel Gratiswerbung ansehen könnte? Eine Google-Suche zeigt, dass dies anscheinend kein Problem ist – zumindest wird nicht darüber diskutiert - und wir verstehen auch weshalb.
Im heutigen 24-Stunden News-Zyklus greift man/frau am Schreibpult nach jedem Strohhalm, um die unendliche Zahl von Seiten zu füllen, die täglich und nächtlich gefüllt werden müssen. Ausserdem ist das iPhone ein Produkt, das viele Fans und potenzielle Käufer hat – das Interesse ist also durchaus vorhanden. Und schliesslich hat ja Apple auch ein Werbebudget – dessen Verteiler sicher wohlwollend auf genauso wohlwollende Berichterstattung reagieren.
Man sieht: Im  digitalen Zeitalter ist vieles gleich geblieben – vieles ist schwieriger geworden. Zum Beispiel das Auseinanderhalten von Journalismus und Werbung. Das hat weniger mit dem iPhone, als mit dem Überlebenskampf vieler Medien zu tun. Aber das ist wieder ein ganz anderes Kapitel.

Thursday, March 9, 2017

Unsere Geräte können uns ausspionieren - was tun?

Die neuste Nachrichtenschwemme von Wikileaks lässt uns irgendwie in der Luft hängen: Die Geheimdienste können Smartphones als Wanzen benutzen, Kommunikation abhören bevor sie verschlüsselt wird und den Smart-TV im Wohnzimmer als Überwachungsgerät einsetzen. Ganz so unerwartet kommen ja diese Enthüllungen nicht, und trotzdem wissen wir nicht wirklich, wie wir uns der allgegenwärtigen Bedrohung anpassen können – und ob sie uns überhaupt betrifft.

Wikileaks erklärt uns, wie die Spione unsere alltäglichen digitalen Tools
anzapfen können - und kaum jemand regt sich darüber auf.  Screengrab Wikileaks
Da wir uns von morgens bis abends mit digitaler Elektronik umgeben, die das Potenzial hat unsere Tätigkeiten aufzuzeichnen und gleich übers (drahtlose) Internet weiterzuleiten, ist es eigentlich nicht überraschend, dass es Spione gibt, die diese riesige globale Infrastruktur ausnutzen. Gewisse Leute haben es schon immer geahnt – und sind dafür als paranoid verschrien worden. Zum Beispiel Facebook-Milliardär Mark Zuckerberg, der dabei ertappt wurde, dass er die Kamera und den Mikrofonstecker seines Laptops abgeklebt hat. Zuckerberg war schon damals nicht der Einzige, der ein Spionagepotential erkannt hatte. Zitat aus der Zeit, vom Juni 2016:
Zuckerbergs mutmassliche Paranoia lässt sich also ebenso leicht nachvollziehen wie das Bedürfnis, die eigene Webcam abzukleben. Kaum etwas dürfte Computernutzer so sehr verunsichern wie die Vorstellung, ein Unbekannter könnte einem jederzeit heimlich zugucken, ob nun auf der Arbeit oder während des abendlichen Serienguckens im Bett. Selbst FBI-Direktor James Comey gab im April am Rande einer Veranstaltung zu, seine Webcam abzukleben.“
Wahrscheinlich hat Mr. Comey schon damals mehr gewusst, als wir. Aber müssen wir nun, aufgrund der neuen Informationen, auch noch die Kamera und das Mikrofon unseres Smartphones abkleben?
Wohl kaum. Tatsächlich hat die neuste Wikileaks Lawine erstaunlich wenig  Aufregung ausgelöst. Wired.de glaubt zu wissen, weshalb das so ist:
“Während die Snowden-Leaks und die daraus folgende NSA-Affäre im Sommer 2013 noch für vergleichsweise grosse Empörung sorgten, scheinen die Leser (und so manche Redaktion) des Themas überdrüssig geworden zu sein. Dazu kommen die klassischen Argumente: Ich habe nichts zu verbergen und Das betrifft mich sowieso nicht. Andere wünschen sich angesichts von Terrorismus sogar mehr Überwachung, der Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt ist noch keine vier Monate her. Einige dürften aber auch einfach von der Komplexität der Materie und der schieren Informationsmenge überfordert sein.“
Allerdings gibt es schon weitergehende Bedenken, was das Spionagepotential unserer digitalen Alltagsgeräte betrifft. Der Stern weist darauf hin, dass die Werkzeuge der Staatsspione in noch falschere Hände gelangen könnten:
“Dass ein Geheimdienst eines demokratischen Staates in einem solchen Ausmass Zugriff auf die Technologie der Weltbevölkerung hat, ist gruselig genug. Der Durchschnittsbürger dürfte in der Regel aber nicht ins Visier der Schnüffler geraten. Wenn die Cyberwaffen in falsche Hände gelangen, sieht das schon deutlich anders aus. Von korrupten Autokratien bis zu kleinen Kriminellen gibt es weltweit jede Menge Abnehmer für das digitale Einbruchswerkzeug. Und je weiter es sich verbreitet, desto günstiger könnte es zu bekommen sein.“
Was tun?
Dran bleiben, mit bewusst sicherem Verhalten und leistungsfähigen Antivirus-Programmen. Und wenn Sie etwas wirklich Vertrauliches zu besprechen haben, den Smart-TV ausstecken und das Smartphone auf grösstmögliche Distanz halten. Das gilt vor allem auch für Business-Meetings, während denen vertrauliche Themen besprochen werden.
Wer seine digitalen Geräte weiter nutzen will, hat momentan leider kaum eine andere Option.

Monday, March 6, 2017

Die Amazon-Cloud: Too big to fail?

Alles was es brauchte, war ein sogenannter Fat-Finger-Typo – jemanden, der die falsche Taste auf der Tastatur drückte – und schon war die Amazon-Cloud für viele User keine Cloud mehr, sondern eine Nebelwand. Die Ereignisse der letzten Woche scheinen darauf hinzuweisen, dass digitale Provider auch zu gross werden können, vor allem wenn andere Branchenriesen mit am Tropf hängen: Too big to fail, sozusagen.

Solange alles läuft, interessiert es uns nicht besonders, was in der Wolke
passiert.                                                                                                      Bild PfW
Über 40 Prozent Marktanteil hat sich Amazon im Public-Cloud-Markt mit den Amazon Web Services (AWS) in den letzten Jahren gesichert, 14 Milliarden Dollar Umsatz will Amazon mit seinen Servern dieses Jahr einnehmen. Nicht schlecht für ein Geschäft, das Amazon erst vor gut zehn Jahren gestartet hat, um die eigenen Server besser auszulasten. Natürlich will Amazon auch im Cloud-Business seine Domination weiter ausbauen. Umso mehr muss die Panne vom 28. Februar den Verantwortlichen zu denken geben: So ein kleiner Fehler, derartig riesige Auswirkungen. Was ist genau passiert?  
Die Ereignisse begannen, als ein Techniker ein System warten wollte, dass für die Rechnungen an die Cloud-Kunden zuständig ist. Weil er aber einen Tippfehler machte, schaltet er ein paar Server zu viel ab, und das Unheil nahm seinen Lauf. Zitat aus der Welt:
“Daraus resultierte ein Domino-Effekt: Ohne Zugriff auf das Abrechnungssystem funktionierte plötzlich auch das Programm nicht mehr, welches das Inhaltsverzeichnis und die Speicherverwaltung – den sogenannten Indexdienst – für sämtliche Speicher-Server des S3-Angebots parat hielt. Beide Dienste mussten neu gestartet werden, was mehrere Stunden dauerte. Genauso lange fiel S3 aus. Dass der Ausfall des Dienstes solche Probleme verursachte, überraschte auch die Amazon-Techniker: “AWS ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, der Neustart dauerte deutlich länger als erwartet.“ Nun will Amazon das System umbauen, sodass ein einziger Tippfehler eines Technikers nicht länger ein komplettes Rechenzentrum lahmlegen kann…“
Gute Idee!
Denn die Auswirkungen der Amazon-Panne waren massiv: Millionen Websites waren stundenlang nicht oder nur schwer erreichbar, darunter ganz grosse wie Expedia, Airbnb, Soundcloud, Netflix, Snapchat und Business Insider. Sogar Apple war betroffen; Teile des App Stores, der iCloud und von Apple Music funktionierten nicht mehr. Gemäss Schätzungen amerikanischer Analysten entstanden durch den Ausfall Schäden von mehr als 150 Millionen Dollar.
Cloud-Spezialisten weisen darauf hin, dass die absolut sichere Cloud schlicht und einfach nicht existiert. Amazon wird aber dafür kritisiert, dass alle Server in der North-Virginia-Anlage gleichzeitig ausfallen konnten – man hätte die Rechner besser unterteilen sollen, schreibt die MIT Technology Review.  

Aber nicht nur Amazon muss sich zur Konstruktion der Cloud Gedanken machen: Wer die Cloud benutzt, sollte ebenfalls zum Thema  Datensicherheit und Ausfallsicherheit planen. Damit im Falle einer Panne die Daten nicht einfach im Nebel verschwinden.

Wednesday, March 1, 2017

Streaming kills the Radio Star

Wer zur Generation-X oder zur Baby-Boomer-Generation gehört, ist zu einer Zeit aufgewachsen, während der Musik noch nicht im Überfluss vorhanden war. Wer einen bestimmten Song wieder hören wollte, hatte eigentlich nur die Möglichkeit, im Musikladen eine Single zu kaufen – was vor 40 Jahren schon fünf Franken kostete. Dieses Stück Vinyl wurde in vielen Fällen so oft gespielt, bis es kaum mehr brauchbar war. Die Generationen, die in der digitalen Gesellschaft gross werden, haben keine derartigen Probleme: Musik ist immer und überall abrufbar – per Smartphone oder PC. Die technische Qualität ist einwandfrei, die Kosten sind vernachlässigbar.

Queen Radio, geliefert von Google Play Music.                    Screengrab Google
Am schlimmsten war das Schweizer Radio, damals Radio Beromünster und später Radio DRS: Es sendete eine ganze halbe Stunde Popmusik pro Woche – die Hitparade, die von Jürg Marquard präsentiert wurde. Ansonsten spielte meistens das Unterhaltungsorchester Beromünster unter der Leitung von Hans Möckel – er war vielleicht der meistgehasste Musiker unter jugendlichen Musikfans in der Schweiz. Radiostationen, die einigermassen moderne Musik sendeten, gab es höchstens im Ausland: Radio Luxemburg gehörte dazu, und später Südwestfunk 3 in Deutschland, der viel Popmusik sendete.
Diese Zeiten längst vorbei – heute wird Musik gestreamt, sogar die CD, die erst in den 80er-Jahren als digitales Medium ihren Siegeszug antrat, ist schon bald wieder tot.
Herkömmlichen Radiostationen droht ein ähnliches Schicksal.  Zwar gibt es nahezu unendlich viele Radio-Stationen, vor allem wenn alle digitalen Stationen im Internet mitgezählt werden. Wer aber Musik ganz nach seinem eigenen Geschmack hören will, ist mit Streaming-Diensten viel besser bedient, als mit traditionellen Radio-Stationen, die meistens ein ermüdend beschränktes Musikprogramm anbieten.
Die bekannten Musikdienste sind Spotify, Apple Music und Amazon Music und natürlich Google Play Music. Google Play Music bietet zum Beispiel verschiedene Benutzerebenen; es funktioniert als Streaming Dienst, aber auch als “Music Locker“. In diese Music Cloud können Benutzer 50‘000 eigene Songs laden – und zwar kostenfrei. Besonders interessant an Google Play Music ist aber die Radio Funktion, die es möglich macht, die bevorzugte Musik und ähnliche Stücke von ähnlichen Artisten in einem persönlichen Kanal zusammenzufassen. Wer zum Beispiel die englische Gruppe Queen sucht, kann unter anderem zwischen Queen Radio, Bohemian Rhapsody Radio oder Freddie Mercury  Radio wählen. Die Musik, die dann auf diesem persönlichen digitalen Kanal gespielt wird, geht aber viel weiter: David Bowie, The Cross, Meat Loaf, Elton John, Bon Jovi, Bonnie Tyler und viele mehr. Das persönliche Programm funktioniert natürlich auch mit anderen Sparten. Doch Google Play Music bietet mehr: Zu jeder Tages und Nachtzeit werden passende Musikprogramme angeboten, die dem Musikgeschmack, der Stimmung oder Tätigkeit der Hörer angepasst sind. Jeder Song, der gespielt wird, kann bewertet werden, dadurch passt sich das Programm allmählich den Präferenzen des Users an. Diese Besonderheit hat Google vom Musikanbieter Songza übernommen, den der Internetriese im Jahr 2014 geschluckt hat.

Es macht keinen Sinn, alle Besonderheiten von Google Play Music und anderen Streaming-Diensten aufzuzählen – die Liste würde zu lang. Eine Schlussfolgerung bietet sich aber an: Weil es möglich ist, auf diese Weise persönliche Musikprogramme zusammenzustellen – mit kleinstem Aufwand, werbe- oder kostenfrei, dann braucht es eine spezielle Motivation, um herkömmlichen Radiostationen zuzuhören. Die Vision “Streaming kills the radio star“ könnte schon bald Realität werden.