Tuesday, March 29, 2016

Die IT-Industrie will "mehr als Moore"

Die IT-Industrie stösst an ihre physikalischen Grenzen: Immer mehr Experten gehen davon aus, dass die seit 50 Jahren geltende Regel von Gordon Moore, in naher Zukunft nicht mehr umgesetzt werden kann. Moore, einer der Gründer des Chipherstellers Intel, hatte 1965 vorausgesagt, dass sich die Leistungsfähigkeit von Computerchips jedes Jahr verdoppeln werde – später vergrösserte er die Zeitspanne auf zwei Jahre. Bis jetzt hat das wunderbar funktioniert, wie gerade die Smartphone-Revolution bestens beweist.

Ungefähr 1983: Die Hauptplatine  eines IBM-PCs.
                                                                                    Bild Wikimedia Commons
Ein Smartphone, wie es heute schon Kinder in der Schultasche haben, ist enorm viel stärker, als zum Beispiel die ersten PCs von IBM. Wir erinnern uns an ein Gerät, das tausende von Franken gekostet hat, mit einem Arbeitsspeicher von 256 KB, einer Festplatte von 10 MB und einem 16-Bit-Prozessor, der mit 4,77 MHz getaktet war – das ist gerade mal gute 30 Jahre her. Die Evolution der Chip-Technolgie, die in der Zwischenzeit stattgefunden hat, hat bis jetzt die IT-Industrie geprägt: Gordon Moore hat die Zukunft mit seiner Formel richtig vorhergesagt.
Nun tauchen aber immer mehr Experten auf, die glauben, dass es so nicht weitergehen kann – das Moor’sche Gesetz sei an seine physikalischen Grenzen gelangt, glauben sie. So schreibt die FAZ:
“Inzwischen lassen sich bereits über fünf Milliarden Transistoren auf einen Mikroprozessor stopfen. Entsprechend winzig sind die Halbleiterstrukturen. Strukturgrößen um die 22 Nanometer (Milliardstel Meter) sind Standard, der nächste Sprung zur 14-Nanometer-Technologie findet derzeit statt, gesprochen wird längst von 10- und gar 7-Nanometer-Strukturen. Zum Vergleich: Ein Aids-Virus ist etwa zehnmal größer.“
Die Entwicklung in der Branche geht also ständig weiter – es gibt andere Möglichkeiten, die Leistungsfähigkeit von Chip zu erhöhen. Zitat aus dem Spiegel:

Die Branche forscht unter dem Motto "More than Moore" an neuen Ideen. Die Diskussion um Moore's Law sollte berücksichtigen, dass es mehr gibt als Miniaturisierung", heißt es etwa von Chiphersteller Infineon. "Die technischen Möglichkeiten, Halbleiter kleiner, kostengünstiger und gleichzeitig funktionsfähiger zu gestalten, sind noch lange nicht ausgereizt." Viele Hersteller setzen zum Beispiel darauf, ihre Prozessoren zu spezialisieren und mehr Leistung zu erreichen, indem sie verschiedene Spezial-Chips in ein System integrieren. Sie können in ihrem Aufgabenbereich höhere Leistungen erzielen als allgemein ausgerichtete Prozessoren. Wenn es nicht mehr kleiner geht, liegt außerdem nahe, die bestehenden Flächen besser zu nutzen. Chiphersteller entwickeln deshalb mit Hochdruck neuen Aufbau- und Verbindungstechniken - zum Beispiel das vertikale Stapeln oder das horizontale Verteilen in einem gemeinsamen Gehäuse.“
Es besteht wohl kein  Zweifel, dass die Branche Möglichkeiten finden wird, bestehende physikalische Grenzen zu umgehen und damit auch in den nächsten 30 Jahren für massive Leistungssteigerungen zu sorgen, die auch jene Generationen beeindrucken werden, die nicht mehr so einfach zu beeindrucken sind, was IT betrifft.

Thursday, March 24, 2016

Killt das Internet den Auto-Showroom?

“Digitale Transformation bedroht klassisches Neuwagengeschäft und etablierte Vertriebsstrukturen“ titelt das Management-Beratungsunternehmen A.T, Kearney  seine neuste Pressemitteilung.  Autokauf im Internet sei keine Zukunftsmusik mehr, sondern längst Realität, heisst es da. Die Prognose der Marktforscher:  Bis 2020 wird jedes dritte Auto im Internet gekauft .

Das Internet ist der grösste Auto-Showroom, den es gibt. Immer häufiger werden
da auch Autos gekauft.                                                          Screengrab Mitsubishi
Die Prognose entstammt der aktuellen Autokäuferstudie von A.T. Kearney. Darin zeigt die Managementberatung erstmals anhand repräsentativer Daten, wie die Digitalisierung den Autokauf – von der Information über die Modellauswahl bis zum Kaufabschluss – verändert. Insgesamt sind der Untersuchung zufolge schon heute mehr als 60 Prozent der online-affinen Zielgruppen dazu bereit, ihr nächstes Auto im Internet zu kaufen. Es sei ein “massiver Umbruch in Richtung digitalem Automobilvertrieb ” im Gang, resümiert Karl Obermair, der Leiter der Studie.  Angetrieben durch den sozio-demographischen und technologischen Wandel werde sich das Informations- und Kaufverhalten in den nächsten Jahren weiter digitalisieren und so mit zunehmender Dynamik nach dem Gebrauchtwagenmarkt auch das klassische Neuwagengeschäft grundlegend verändern. 
Die Studienautoren gehen davon aus, dass sich der Wandel zum digitalen Autokauf in zwei Wellen vollzieht. In der ersten werden auch jüngere Zielgruppen ihr Auto noch klassisch beim Händler besichtigen und eine Probefahrt machen, dann aber dort kaufen, wo sie den besten Preis bekommen – und das ist sehr oft das Internet. In der zweiten Welle wird es keine Medienbrüche mehr geben, weil der komplette Kaufprozess von der Modellkonfiguration über die virtuelle Besichtigung und Probefahrt bis hin zum Abschluss durchgängig online stattfindet. Nachdem die jüngeren, digitalen Auto-Käufer-Typen bislang überwiegend Gebrauchtwagen erwerben und damit als Zielgruppe noch nicht primär im Visier der Hersteller sind, drohen diesen durch die Digitalisierung große Absatzeinbußen. In wenigen Jahren würden die jungen, digital affinen Käuferschichten in den Neuwagen-Markt vordringen. Hersteller, Importeure und Händler, die mit dieser Käufergruppe in Kontakt bleiben wollen, müssen wohl ihre Vertriebsstrukturen  anpassen – zum Beispiel mit einer smarten Multi-Channel-Strategie.

Monday, March 21, 2016

Bezahlen per Rechnung im Onlineshop: Eine Einladung zum Betrug

Im europäischen Online-Handel gibt es ein Dilemma, das viele Händler sehr viel Geld kostet: Kunden lieben es, auf Rechnung zu bestellen, unter anderem weil ihnen diese Zahlungsweise am wenigsten riskant erscheint. Verkaufen auf Rechnung ist aber ein unsicheres Geschäft; mit Verlusten durch Nichtbezahlung muss immer gerechnet werden. Trotzdem müssen Online-Shops weiterhin Rechnungen verschicken, wenn sie gegen die Konkurrenz bestehen wollen.

Wer im Laden einkauft muss bezahlen, bevor er seine Waren heim nehmen kann.
Im Internet hingegen, erwarten viele Shopper eine Rechnung.       Bild Wikipedia 
Beinahe jeder zweite Online-Shopper zahlt beim Online-Kauf am liebsten per Rechnung, wie eine neue deutsche Studie des ECC-Köln ergab. Die zwar leicht abnehmende, aber immer noch sehr hohe Beliebtheit der Rechnung beim Online-Shopping ist eine typisch mitteleuropäische Gewohnheit: In Nordamerika zum Beispiel, ist das Rechnungsstellungsverfahren nicht nur im Zusammenhang mit Online-Shopping gänzlich unbekannt. Wer sich in den USA oder Kanada mit Waren oder Dienstleistungen eindeckt – ob diese nun vom Automechaniker, dem Zahnarzt, dem Klempner oder vom Onlineshop kommen – bezahlt in den allermeisten Fällen cash, mit Check oder per Kreditkarte. Wir kennen keinen einzigen nordamerikanischen Onlineshop, der das Bezahlen per Rechnung akzeptiert. Das hat nicht nur mit Zahlungsmoral, sondern auch mit den Kosten und der Umständlichkeit dieses Bezahlverfahrens zu tun. Vor allem aber stellt der Verkauf per Rechnung für alle Anbieter ein Verlustrisiko dar, wie eine Studie des Inkasso-Anbieters EOS zeigt:
“Besonders schlecht ist die Zahlungsmoral im Südosten Europas. In Bulgarien und Rumänien etwa werden gerade einmal 70 Prozent der Rechnungen termingerecht bezahlt. Und auch in Griechenland und der Slowakei bleibt der Wert mit 71 Prozent unterdurchschnittlich. Besser sieht es dagegen in Frankreich und vor allem in Deutschland aus. Während immerhin 80 Prozent der Franzosen zuverlässig zahlen, begleichen hierzulande sogar 83 Prozent fristgerecht ihre Rechnungen.“
Im internationalen Vergleich sei der deutsche Wert zwar relativ gut. Betriebswirtschaftlich gesehen sei die Zahl trotzdem alarmierend. Schließlich bedeute sie, dass fast jeder sechste Kunde in Deutschland seine Rechnungen verspätet oder am Ende gar nicht bezahle, sagt EOS-Manager Klaus Egberding zum Thema.
Tatsächlich ist das Zahlverfahren per Rechnung auch eine Einladung zum Betrug, die oft und gerne angenommen wird. Zitat aus der “Welt“:
“Der moderne Dieb lässt sich sein Diebesgut bequem ins Haus schicken. Er zahlt einfach nicht und ist nachher nicht mehr auffindbar. Oder er behauptet, die Ware sei nicht angekommen, und verlangt sein Geld vom Onlineshop zurück. Die Hemmschwelle ist niedrig […] Prominentestes Opfer in jüngster Zeit ist der Modehändler Zalando. Spektakulärster Fall beim Berliner Handelshaus: Zwischen Juni 2014 und Juni 2015 gingen 962 Bestellungen aus dem Raum Lebach im Saarland ein und wurden auf Rechnung ausgeliefert. 627 davon wurden nie beglichen. Bei einer Rechnungssumme von insgesamt 180.000 Euro blieb Zalando auf 120.000 Euro sitzen – hochwertige Schuhe, edle Kleidung, teure Koffer – alles weg. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken beschuldigt 46 Personen, von denen 41 in der Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge wohnten. Auch sie sind zum Teil weg.“
Immerhin gibt es auch in Europa Hoffnung für jene Online-Händler, denen die Rechnung gestohlen bleiben könnte: Unter den von Online-Shoppern favorisierten Zahlungsverfahren, sei die Rechnung eher umständlich. Sie werde vor allem von sicherheitsaffinen Konsumenten, die nur selten online einkaufen, gewählt. Da Konsumenten jedoch immer häufiger online shoppen und dabei zunehmend auf Faktoren wie Schnelligkeit und Bequemlichkeit achten, werde die Rechnung in Zukunft weiter an Relevanz verlieren“, prognostiziert man bei ECC-Köln.

Saturday, March 19, 2016

Digitale Flugzeugträger, digitale Currywurst und digitaler “Horror“

Wir von Digital Society Report sind uns sehr wohl bewusst, dass die digitale Gesellschaft in kürzester Zeit sozusagen in jeden Bereich des Lebens vorgedrungen ist. Deshalb hat heute auch jede Zeitung und jede Zeitschrift – ob digital oder gedruckt – eine Rubrik, die das Thema abhandelt. Manchmal scheint es allerdings, als ob den Digitalredaktoren die Themen ausgehen.

Das Motto: "Die Zeitung macht uns keinen Kummer, morgen kommt die
nächste Nummer" gilt längst nicht mehr. Trotzdem ist die Qualität der
Nachrichten im digitalen Zeitalter nicht gestiegen.                   Bild Wikipedia
Nehmen wir zum Beispiel den “Stern“, der in seiner digitalen Ausgabe zuoberst meldet, dass Twitter auch weiterhin die Obergrenze von 140 Zeichen für Nachrichten aufrechterhält. Soweit so digital. Die nächsten zwei Themen lassen dann schon eher schwierig als Digital-Stories einordnen. Da ist mal die Story über den neusten Amerikanischen Flugzeugträger:
“Im kommenden Monat wird die USS Gerald R. Ford (CVN-78) in Dienst gestellt, die Schiffstaufe fand im November 2013 statt. Die Gerald R. Ford ist nicht nur ein neuer Flugzeugträger der USA, es ist das erste Schiff einer neuen Klasse, der Ford Klasse. Als Schiff wird die Gerald R. Ford die USS Enterprise von 1961 ersetzen, die dann außer Dienst gestellt wird. 4500 Mann bilden die Besatzung des Giganten, der sagenhafte 90‘000 Tonnen verdrängt…“.
Von der Marine geht’s, immer noch unter der Rubrik “Digital“, nahtlos zum Thema Currywurst:
“Der Thermomix gilt als König der Küchengeräte. Doch ist er in der Küche wirklich unschlagbar? Philipp Weber und Nicky Wong treten an zum ultimativen Duell Topf vs. Thermomix. Die dritte Aufgabe: Currywurst.“
Nach der Wurst kommt der Horror – aber keine Angst, das hat nichts mit der Qualität der Lebensmittel zu tun. Gleich unter dem Wurst-Test bringt der Stern eine Story mit der Hinweiszeile: “Grusel-Übertragung“:
Plötzlich ist sie weg: Im Hintergrund eines TV-Interviews spielt sich eine mysteriöse Szene ab. Am Gepäckband wartet eine Frau. Doch plötzlich ist sie weg. In sozialen Medien rätselten User darüber - und fanden schließlich die Erklärung.“
Und wie lautet diese?
Tatsächlich kann - wer genau hinschaut - die Erklärung für das mysteriöse Verschwinden der Dame entdecken. Tatsächlich ist sie in dem Moment losgegangen, als sie komplett von der anderen Frau verdeckt wurde. Bis sie aus dem Bild gerät, bleibt sie so für die Kamera unsichtbar…“
Immerhin hat diese Geschichte einen “digitalen“ Hintergrund. Sie wurde auf den sogenannten Social Media verbreitet. Das macht sie allerdings nicht interessanter. 
Der kritische Blick in die Digitalrubrik des “Stern“ zeigt zwei Tatsachen. Nämlich dass es auch eine digitale Sauregurkenzeit gibt (das erfahren wir auch beim Digital Society Report und haben deshalb viel Verständnis für die Stern-Redaktion).
Allerdings demonstriert das mühsame Aufmotzen von irrelevanten News, die oft gar keine sind, dass die Redaktionen der Digitalrubriken mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben, wie alle News-Produzenten, und dass sie diese Probleme auf die gleiche Art und Weise lösen. Im digitalen Zeitalter muss der Nachrichtenfluss die Mühlen der Medienbetriebe ununterbrochen antreiben – 24 Stunden im Tag, sieben Tage die Woche. Dass die meisten User nicht bereit sind, für diese Flut von Inhalten zu bezahlen, trägt sicherlich nicht zur Qualitätsverbesserung bei. Dem Dilemma zu entkommen, scheint enorm schwierig zu sein. Es gibt nur wenige Medien, denen es bis jetzt gelungen ist. 

Monday, March 14, 2016

Den Schweizern ist die digitale Kommunikation viel Geld wert

Schweizer User, Firmen und Organisationen geben im weltweiten Vergleich pro Kopf am meisten Geld für Informationstechnologie und Telekommunikation aus. Die Ausgaben sind im letzten Jahr um zwei Prozent auf fast 3‘300 CHF (2‘992 Euro) gestiegen. Das ist deutlich mehr, als im Durchschnitt in anderen EU-Länder ausgegeben wird (1.213 Euro) und fast doppelt so viel wie in Deutschland.

IK-Pro-Kopf-Ausgaben in ausgewählten Ländern für 2015 (ohne Consumer
Electronics)                                                                               Quelle Bitkom 
Die Zahlen meldet der Digitalverband Bitkom in Deutschland; erhoben wurden sie auf Grundlage von aktuellen Berechnungen des European Information Technology Observatory (EITO). Dazu Bernhard Rohleder, Bitkom-Hauptgeschäftsführer:
“Die Pro-Kopf-Ausgaben für IT-Produkte und Telekommunikation sind ein wichtiger Indikator für die Digitalisierung einer Volkswirtschaft und für die digitale Ausstattung von Privathaushalten. Die Zahlen belegen, mit welchem Nachdruck Politik und Wirtschaft in der Schweiz die Digitalisierung vorantreiben. Uhren und Schokolade sind das Schweizer Klischee, Spitzenplätze in den internationalen Digital-Rankings sind die Realität.“
Die Schweiz ist dieses Jahr zu Gast auf der CeBIT in Hannover und findet deshalb in der Branche ein Mass an Aufmerksamkeit, das ihr sonst versagt bleibt – unter anderem deshalb, weil sie als Nicht-EU-Mitglied in den meisten europäischen Statistiken und Studien fehlt.
Im Ländervergleich steht Norwegen hinter dem Spitzenreiter Schweiz auf dem zweiten Platz (2‘474 Euro), gefolgt von den USA (2‘468 Euro). Auch in Dänemark, Schweden und Großbritannien werden pro Kopf mehr als 2‘000 Euro für ITK ausgegeben.
Am schnellsten wachsen die ITK-Ausgaben in Indien (plus 10 Prozent auf 42 Euro pro Kopf), Lettland (plus 9 Prozent auf 388 Euro), in der Türkei (plus 8 Prozent auf 256 Euro) sowie in China (plus 8 Prozent auf 237 Euro).
ITK-Ausgaben können auch als Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung dienen: In Russland gingen die Ausgaben je Einwohner im Zuge der Rezession um rund 8 Prozent auf 281 Euro zurück. Griechenland meldet einen leichten Rückgang um 2 Prozent auf 480 Euro, in Japan beträgt das Minus 1 Prozent auf 1‘429 Euro.

Thursday, March 10, 2016

Ein trojanisches Gadget in der Hosentasche

Nur keine Panik, die Daten können ja nicht zugeordnet werden... oder etwa doch? Es gibt immer mehr raffinierte Technologien, mit denen unsere Smartphones verfolgt – in Neudeutsch „getrackt“ – werden. Einige dieser Tracking-Methoden sind bekannt, andere wohl nicht. Eines ist aber sicher: Wer sich mit einem Smartphone durch die Welt bewegt, hat ein trojanisches  Gadget in der Hosentasche.

Wie es aussieht, wenn Fussgänger mittels Wifi zwei Wochen verfolgt werden, zeigt das untenstehende Video der ETH in Lausanne, wo das Tracking im Rahmen eines Forschungsprojekts durchgeführt und ausgewertet wurde. Insgesamt wurden mit 789 Wifi-Antennen zwei Millionen Aufenthaltsorte registriert. Das Ziel des Experiments: Die Bewegung von Menschen in öffentlichen Räumen zu analysieren, um verschiedenen Organisationen bessere Planungsmöglichkeiten zu geben.

Tatsächlich ist Wifi-Tracking nichts Neues: Wie wired.co.uk berichtet, gibt es bereits seit 2014 in Grossbritannien Einkaufszentren, die ihre Kunden auf diese Weise tracken um sie dann mit gezielter Werbung versorgen zu können. Wer sich also in der neuen digitalen Realität unsichtbar machen will, sollte zuallererst mal sein Smartphone ausschalten – oder ganz zuhause lassen.  


Tuesday, March 8, 2016

Das ewige Piepsen der ständigen Bevormundung

Es sieht aus, als ob sich im IT-Slang ein neues Wort eingenistet hätte: Es heisst “Nudging“ und kommt aus dem Englischen ins neudeutsche IT-Vokabular, wie alle derartigen Fachausdrücke, die etwas auf sich halten. In der Politik gibt es Nudging schon lange; mit der zunehmenden Digitalisierung fängt es an, auch in unserem täglichen Leben eine immer grössere Rolle zu spielen.

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To nudge heisst, jemanden anzustossen, ein wenig nachzuhelfen. Dem Nudging liegen zwei ganz grundsätzliche Annahmen zugrunde.
Erstens: Dass es Menschen gibt, die sehr viel schlauer sind, als der grosse Rest, und dass diese Besserwisser deshalb dazu qualifiziert sind, die Massen in jene Richtung anzustossen, die sie als vorteilhaft erachten. Stichwort: Politik und Medien. Zweitens: Ein ständig wachsendes Sicherheitsbedürfnis, das dazu führt, dass Konsumenten und Konsumentinnen erstmals nichts dagegen haben, sich an elektronisch vorgegebene Verhaltensregeln zu halten, solange sie dadurch ihr Sicherheitsgefühl steigern können. Stichwort: Elektronik.
Es gibt sogar schon ein Buch zum Thema: “Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstösst“ heisst der Titel, geschrieben wurde es von Richard Thaler und Cass Sunstein. Den beiden professoralen Autoren zu Folge, geht es beim Nudging um “liberalen Paternalismus“; US-Präsident Barack Obama soll das Konzept gerne einsetzen – wen wundert‘s. Das Handelsblatt hat allerdings schon in der Kurzrezession des Buches auf einen ganz grossen Haken des Konzepts hingewiesen:
“Der Ansatz geht davon aus, dass der Entscheidungsarchitekt keinen eigenen Nutzen aus der Sache ziehen will. So altruistisch sind aber die wenigsten Menschen. So soll es auch Kantinen geben, in denen nicht das gesündeste, sondern das teuerste Gericht ganz vorne steht. Auch jeder Kantinenbetreiber ist sich letztlich selbst der Nächste…“
Nudging im digitalen Bereich kann noch aus ganz anderen Gründen problematisch sein. Klaus Geiger und Holger Tschäpitz gehen in einem ausführlichen Artikel auf welt.de darauf ein. Sie zitieren zum Beispiel den Ökonomen und Nudging-Experten Jan Schnellenbach, der vor einer Bevormundung der Bürger warnt. Mit Nudging würden Entscheidungen moralisch bewertet, sagt er. Man signalisiere, was man für gut und richtig halte. Das sei Bevormundung. Schnellenbach ist nicht der Einzige, der das für problematisch hält. Auch andere Fachleute kritisieren den Trend zu dieser ständigen elektronischen Fürsorge, die uns davor behüten soll, eigene (schlechte) Erfahrungen zu machen:
“Die Waschmaschine ist fertig: Es piept so lange, bis die Trommeltür geöffnet ist. Die Spülmaschine ist fertig: Es piept dreimal. Ein Gegenstand liegt auf der Kochplatte: Wieder ein Warnton. Wir werden informiert, wir werden gewarnt, uns wird geholfen, uns richtig zu verhalten. Und wir werden zum Handeln gezwungen. Auch wer das Haus verlässt und ins Auto steigt, entkommt den akustischen Erziehern kaum noch. An die Anschnall-Warnung haben sich die meisten Menschen inzwischen gewöhnt. Neuerdings bleibt es nicht dabei. Das Navigationssystem meldet sich zu Wort, wenn die Geschwindigkeit zehn Kilometer pro Stunde zu hoch ist oder der Abstand zum Vordermann nicht mehr gewissen Vorgaben entspricht. Das Cockpit meldet zugleich, dass es mal wieder Zeit für eine Pause ist.
Aber wollen wir das? Mancher Nutzer mag es hilfreich finden, andere finden es nervig. Das aber ist den Herstellern egal. Denn die Designer und Ingenieure haben sich längst entschieden: für den ewigen Piepton.“
Die Digitalisierung hat elitären Besserwissern die Tools gegeben, die sie zum Nudging einsetzen können. Die Frage ist, ob die Verbraucher sich dies längerfristig gefallen lassen werden.

Thursday, March 3, 2016

Zu viele PC-Erpressungsopfer bezahlen Lösegeld

Wieso ist immer noch ungefähr die Hälfte  des weltweiten E-Mail-Verkehrs Spam? Wieso gibt es immer mehr Ransom-Software-Trojaner, die es darauf abgesehen haben, PC-Nutzer zu erpressen? Richtig: Weil sich in beiden Cyber-Crime-Sparten prächtig Geld verdienen lässt. Spam-Mail rentiert, weil zu viele User darauf reagieren, Erpresser-Software verbreitet sich immer schneller, weil zu viele Opfer die Erpresser bezahlen.

Die deutschsprachige Version des digitalen Erpresserbriefes, den die Locky-Opfer
zu sehen bekommen, nachdem ihre Daten verschlüsselt wurden. (Zum Vergrössern
bitte anklicken).                                                                                             Wikimedia
Der neuste Trojaner der Erpresser-Sorte, der seit Wochen Schlagzeilen macht, heisst Locky und wütet momentan vor allem in Deutschland. Dort, so meldete der Spiegel kürzlich, hat die Software an einem einzigen Tag 17‘000 Rechner lahmgelegt – weltweit sind es wohl gegen eine halbe Million Computer:
“Die Erpresser infizieren Windows-Rechner mit einem Trojaner, der wichtige Dateien zunächst verschlüsselt und dann umbenennt. Die Dokumente haben nach dem Prozess die Endung .locky, daher hat der Trojaner auch seinen Namen. Die Verschlüsselung ist kaum zu knacken, wenn die Angaben der Erpresser stimmen. Demnach werden die Dateien mit einem RSA-Kryptoschlüssel und einer AES-Verschlüsselung unbrauchbar gemacht. Sobald die Dateien verschlüsselt sind, erscheint ein Erpresserbrief mit einer Lösegeldforderung. Der Brief existiert in mehreren Sprachen und erscheint hierzulande auch in deutscher Sprache bei den betroffenen Nutzern. Darin steht, dass die Dateien nur mit einer speziellen Software namens "Locky Decryptor" gerettet werden können. Und für diese Software verlangen die Erpresser einen Betrag von 0,5 Bitcoin, was laut dem aktuellen Kurs der Kryptowährung rund 200 Euro entspricht.“
 Szenenkenner gehen davon aus, dass die Erpresser mit diesem Verfahren bereits viele 100‘000 Dollar verdient haben – was dazu führt, dass der Trick in verschiedensten Varianten immer wieder ausgeführt wird. Im Falle einer Kleinstadt in Deutschland hiess die Software nicht “Locky“, sondern „Tesla-Crypt“. Der Trojaner brachte die Stadtverwaltung dazu, mehrere hundert Euro Erpressergeld zu bezahlen. Ärger gab es dann trotzdem:
“Die Erpresser hatten die Stadtverwaltung Dettelbach zur Zahlung von 1,3 Bitcoin aufgefordert, umgerechnet rund 490 Euro. Der Polizei zufolge führte eine von der Stadtverwaltung beauftragte Fachfirma die Zahlung durch. Anschließend war es möglich, einen Teil der Daten wiederherzustellen.
Dennoch sei es anschließend zu einem "weitreichenden Ausfall des EDV-Systems mit Datenverlusten" gekommen, teilte die Stadtverwaltung an diesem Donnerstag mit.“
Die Dettelbacher sind bei weiten nicht die einzigen, die sich erpressen lassen. Eine Umfrage in Europa hat ergeben, dass mehr als ein Drittel der betroffenen User, das Lösegeld überweisen.
Was tun? Wir haben an dieser Stelle schon früher über Erpressersoftware berichtet. Wenn Sie kein Datenbackup von ihrem PC haben, wird es sehr schwierig werden, ihre verschlüsselten Dateien zurückzubekommen. Denn, was immer Sie tun, bezahlen Sie kein Geld. Erstens wird es wahrscheinlich nichts nützen, und zweitens machen Sie sich und andere User dadurch zum Ziel weiterer Attacken. Wichtig ist, dass Sie immer eine aktuelle Backup-Kopie Ihrer PC-Daten zur Hand haben. Öffnen Sie keine Anhänge von unbekannten E-Mail-Absendern. Und vermeiden Sie zwielichtige Internetseiten. Wenn Sie dann noch ein anerkanntes Sicherheitsprogramm auf Ihrem PC installiert haben, halten Sie Ihr Risiko in annehmbaren Grenzen.