Monday, October 28, 2019

Nachrichten aus dem dunklen Teil des Internets

Das Darknet hat keinen guten Ruf. Die Schmuddelecke des Internets ist ein Ort, wo sich auch jene User tummeln, die sich mit illegalen Handelswaren wie Drogen oder Waffen, Kinderpornografie und anderer Cyberkriminalität befassen. Das Darknet wird aber weltweit auch von vielen Menschen für die Kommunikation genutzt - in Staaten wo die westlichen Freiheitsrechte keine Gültigkeit haben, und die Staatsmacht Informationen von aussen nicht zulässt. Dies macht sich jetzt auch der britische Staatssender BBC zu Nutzen, der per Tor-Netzwerk und Darknet Informationen in Regionen verbreiten will, wo Informationen zensuriert werden.

Eine Partnerschaft, um Zensur zu umgehen: die BBC und Tor.            Bild PD
Der Tor-Browser ist eine auf die Privatsphäre ausgerichtete Software, die für den Zugriff auf das dunkle Web notwendig ist. Der Browser verbirgt, wer ihn benutzt und auf welche Daten zugegriffen wird, was nicht nur Kriminellen sondern eben auch Menschen helfen kann, die staatlicher Überwachung und Zensur unterworfen sind. Länder wie China, Iran und Vietnam gehören zu den Nationen, die den Zugang zur Website oder zu den Programmen der BBC News blockieren.
Tor ist eine Abkürzung und steht für ‘The Onion Router‘. Die Zwiebel ist der Namensgeber, weil sie ebenfalls vielschichtig ist - genauso wie die Verschlüsselung im Tor Network. Das System wurde von der US Navy entworfen und wird weiterhin von der US-Regierung mitfinanziert. Tor versucht, Standort und Identität einer Person zu verbergen, indem Daten über das Internet auf einem sehr weitläufigen Weg mit mehreren ‘Knoten‘ gesendet werden - was in diesem Zusammenhang bedeutet, dass PCs und Computerservers von Freiwilligen als Verbindungspunkte genutzt werden. Die Verschlüsselung, die entlang dieser Route angewendet wird, macht es letztlich beinahe unmöglich, eine Person mit einer bestimmten Aktivität im Internet in Zusammenhang zu bringen. Auf der Website, die letztendlich die Anfrage erhält, sieht es nämlich so aus, als ob der Datenverkehr vom letzten Computer in der Kette - dem so genannten "Exit-Knoten" - und nicht von der Person kommt, die im Net surft.
Zu den Nutzern von Tor gehören (neben Kriminellen), Militär, Strafverfolgungsbehörden und Journalisten sowie Mitglieder der Öffentlichkeit, die ihre Browseraktivitäten geheim halten möchten.
Was die BBC betrifft, funktioniert der Besuch der Site im Darkweb wie folgt: Anstatt bbc.co.uk/news oder bbc.com/news zu besuchen, können Benutzer des Tor-Browsers die neue Webadresse bbcnewsv2vjtpsuy.onion besuchen. Das Anklicken dieser Webadresse funktioniert in einem normalen Webbrowser nicht.
Die Darknet-Ausgabe der BBC News Website wird die internationale Ausgabe sein, wie sie außerhalb Großbritanniens angesehen werden kann. Diese Ausgabe liefert Fremdsprachendienste wie BBC Arabic, BBC Persion und BBC Russian.
In einer offiziellen Erklärung äusserte sich die BBC wie folgt:
"Die Nachrichteninhalte des BBC World Service sind nun über das Tor-Netzwerk auch für Zuschauer verfügbar, die in Ländern leben, in denen BBC News blockiert oder eingeschränkt wird. Dieser Service steht im Einklang mit der Mission des BBC World Service, vertrauenswürdige Nachrichten auf der ganzen Welt zu liefern.“

Wednesday, October 23, 2019

Windows war gestern - Microsoft plant den 'Welt-Computer'

Intelligent Edge, heisst das Computer-Konzept, von dem Microsoft Chef Satya Nadella glaubt, das ihm die Zukunft gehört. Bestandteile davon sind sie Cloud, künstliche Intelligenz und Edge Computing - speziell die Microsoft Cloud Azure. Windows hat in diesen Zukunftsplänen nicht mehr viel Platz.

Microsoft am Rheinauhafen in Köln: Das Unternehmen ist
heute an der Börse mehr als eine Billion Dollar wert.    Bild pd
Nadellas Vision schlägt sich in Microsofts Büchern nieder, und zwar äusserst positiv. Microsoft kombiniert Server-Produkte, Cloud-Dienstleistungen und Enterprise Services im Rahmen seines Intelligent-Cloud-Business-Unternehmens. Das Segment trägt bereits 30 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Im Geschäftsjahr 2019 stieg der Umsatz mit der Intelligent Cloud um 21 Prozent auf 38,9 Milliarden US-Dollar und trägt heute am meisten zum Umsatz und zur Rentabilität von Microsoft bei. Microsoft Azure allein verzeichnete ein Umsatzwachstum von 72 Prozent. Doch der Microsoft Boss will mehr. Er sieht Azure als zukünftigen Welt-Computer:
“Denn die Zukunft gehört nicht den Geräten in unserer Tasche sondern ihrem Zusammenspiel mit der intelligenten Cloud, so Nadella. Lange Zeit mussten unsere Rechner ihre Berechnungen entweder selbst erledigen, oder sie waren auf die Leistung der Cloud angewiesen. Die Intelligent Edge bricht diesen Gegensatz auf - und öffnet so unzählige neue Möglichkeiten. Aus Cloud und Gerät wird ein Zusammenspiel. Die smarten Geräte - Edge genannt - arbeiten im Alltag vor sich hin und sammeln dabei Daten. Die werden dann an die Cloud geschickt und dort von künstlicher Intelligenz weiterverarbeitet. Die dabei entstandenen Verbesserungen der KI werden dann wieder auf die Edge übertragen, die dadurch noch smarter vor Ort agieren kann. So verbessert sich das System ständig selbst.“ (stern.de)
Was es braucht, damit dieses Intelligent-Edge-Konzept funktioniert, weiss Nadella auch. An einer Regierungskonferenz in Washington nannte er Zahlen. Der Schlüssel dazu sei, dass bis in zehn Jahren 50 Milliarden Geräte global vernetzt seien, ob man sie nun Edge-Geräte oder das Internet der Dinge nenne. Diese Geräte würden Unmengen von Daten erzeugen. Nadella nennt diese Datenflut und deren Verarbeitung den Treibstoff für künstliche Intelligenz.
Man darf davon ausgehen, dass auch Amazon, Google und andere Mitbewerber sich Gedanken über Nadellas Vision machen und dabei hart an ihren eigenen Konzepten arbeiten. Microsoft hat sich aber  mit Azure eine sehr solide Geschäftsbasis zurechtgelegt, die auch an der Börse erkannt wird. Seit Nadella im Jahr 2014 ins Chefbüro einzog, stieg die Microsoft Aktie um 280 Prozent, allein dieses Jahr waren es 40 Prozent.

Monday, October 21, 2019

Digitale Anlageberater haben Mühe, bei den Kunden anzukommen

Die Automatisierung, so hören und lesen wir fast täglich, ist unaufhaltsam. Roboter und andere digitale Kreationen werden schon in wenigen Jahren Millionen von Aufgaben übernehmen, die gestern und heute noch von Menschen - gegen Bezahlung - erledigt werden. Wenn es darum geht, das eigene Geld anzulegen, scheinen sich diese Voraussagen allerdings (noch) nicht zu bewahrheiten. Digitale Anlageberater, sogenannte Robo-Advisor, sind sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Automatische Vermögensverwaltung: Es gibt sie, aber die Investoren reissen
sich nicht darum                                                                             Bild Pixabay
Die Automatisierung ist zum einen im Alltag schon ganz klar erkennbar - am Flughafen, beim Einkaufen, im Nahverkehr. Zum andern müssen wir uns, was die Zukunft betrifft, diesbezüglich auf die Prognosen von Spezialisten verlassen - und diese sind durchaus nicht sehr menschenfreundlich:
“Jack Ma, Chef des chinesischen E-Commerce-Konzerns Alibaba, erwartet, dass Computermaschinen in den nächsten drei Jahrzehnten bis zu 800 Millionen Jobs weltweit überflüssig machen. Und das Global Institute von McKinsey sagt, bis zu einem Drittel der deutschen Berufstätigen müsse bald eine neue Beschäftigung finden. Zu einem noch radikaleren Ergebnis kam ein viel gelesener Wirtschaftstheoretiker: Karl Marx. Im Maschinenfragment sagte der Vater des Kommunismus voraus, die unausweichliche Automation werde alle menschliche Arbeitskraft ersetzen – und damit zum Zusammenbruch des Kapitalismus führen…“ (zeit.de)
Ganz so weit sind wir noch nicht, und gerade was den buchstäblichen Kapitalismus betrifft, will die Automatisierung nicht so recht Fuss fassen, wie sowohl in der Schweiz, als auch in Deutschland berichtet wird. Die Rede ist von sogenannten Robo-Advisors, die seit einigen Jahren von Finanzinstituten als Dienstleistung angeboten werden. Beim Robo-Advisor gibt es allerdings keine Beratergespräche, sondern massgeschneiderte Anlageprogramme, die nach den Anlagewünschen und den Verhältnissen des Kunden zusammengestellt und verwaltet werden. Der Vorteil: Der Gang zum Berater ist nicht mehr notwendig, die Steuerung erfolgt Online. Obwohl das System praktisch ist und auch schon mehrfach getestet wurde, verkauft es sich nicht sehr gut. Nur gerade 0,01 Prozent der verwalteten Vermögen in der Schweiz werden von einem Robo-Advisor verwaltet, wie die NZZ berichtet. Die Gründe haben mehr mit Gebühren als mit der Angst vor der Automatisierung zu tun:
“Der Grund für das mangelnde Interesse der Schweizer Anleger sind vor allem die hohen Kosten. Als weitere Gründe für die Zurückhaltung von Schweizer Kunden gegenüber Robo-Advisory-Lösungen kommen mangelndes Vertrauen und Trägheit hinzu. Zahlreiche Kunden scheinen sich zwar für Robo-Advisory zu interessieren, sind jedoch gegenüber wenig bekannten Namen und Startup-Unternehmen kritisch eingestellt. «Viele Vermögensverwaltungskunden möchten sich um gar nichts kümmern – nicht einmal um das Vergleichen der Gebühren oder das Onboarding», sagt Manz. Ausserdem sei für viele, gerade ältere Kunden, noch der direkte zwischenmenschliche Kontakt wichtig.“
Die Schweizer sind übrigens nicht die einzigen, die ihr Geld lieber einem Menschen als einem Roboter anvertrauen. Auch in Deutschland meiden die meisten Anleger die digitale Variante. Das habe aber viel mit den bestehenden Strukturen zu tun und damit, dass die Banken lieber eigene Produkte verkaufen:
“Nach Ansicht der Experten der Beratungsgesellschaft Oliver Wyman haben sich die Hoffnungen der Robo-Branche nicht erfüllt. Viele Anbieter von digitalen Vermögensverwaltern, darunter Start-ups, hätten die Bedeutung einer bekannten Marke und die Kosten für Kundenakquise unterschätzt. Zudem würden sich Robo-Advisors an eine Nische von Kunden richten, die gerne Internet-Angebote nutzten und zugleich an Wertpapieren interessiert seien. Die Kombination sei aber selten. Der Teufelskreis ist nur, dass solche erfahrenen Anleger in aller Regel gleich selbst ein ETF-Portfolio zusammenstellen würden…“

Friday, October 18, 2019

Digitalisierung im Laden macht immer mehr Kunden zu Kassierern

Hunderte von Ladengeschäfte bieten sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland ihren Kunden die Möglichkeit, nach dem Einkauf selber abzurechnen. Das kundeneigene Scannen der Artikel - an der Kasse oder mobil am Regal - wird als zusätzlicher Kundenservice angepriesen, primär um Wartezeiten zu verkürzen.  

Coop Migros und Lidl sind in der Schweiz
Self-checkout im Laden: nicht überall beliebt, aber nicht aufzuhalten.
                                                                                               Bild SchuminWeb
dabei, wenn es um die Digitalisierung im Einkaufsladen geht. Eine neue Studie zeigt, dass der Trend auch in Deutschland unaufhaltsam ist: Schon gegen 1000 Läden bieten ihren Kunden die Möglichkeit, den Scan- und Bezahlvorgang selbst in die Hand zu nehmen. Dazu gibt es in 903 Geschäften stationäre Self-Checkout-Kassen, also Selbstbedienungskassen, und in weiteren 96 Geschäften wird das sogenannte Self-Scanning angeboten. Einige Geschäfte bieten ihren Kunden mehrere Variationen des Self-Checkouts an. Bei den installierten Self-Checkout-Systemen in 903 Märkten kommen derzeit gegen 5000 solche Kassen zum Einsatz. Die Schweiz, wo Migros und Coop die Digitalisierung an der Kasse vorantreiben,  liegt mit ihren Zahlen wohl nicht weit hinter Deutschland - wenn überhaupt.
Am weitesten Fortgeschritten ist der Trend aber in Nordamerika, wo in den USA und Kanada Tausende solcher Kassen zum Einsatz kommen. Diese Digitalisierung bringt den Ladengeschäften grosse Einsparungen, vernichtet aber auch Arbeitsstellen von Kassierern und Kassiererinnen. Eine Studie der Universität Bern zeigt, dass die Umstellung tatsächlich  Konfliktpotential birgt:
“Detailhandelsangestellten berichten von einem höheren Konfliktpotenzial an den Self-Scanning-Kassen. Vor allem die Frauen seien vermehrt dem «aggressiven und unangemessenen Verhalten der Kundschaft» exponiert. Die Mitarbeiter fühlten sich als «Inventar» oder gar als «Teil der Maschine».
Die Angst der Angestellten um ihre Stelle werde geschürt. Sie befürchten, dass auch die Schweizer Detailhändler vollautomatisierte Supermärkte anstreben.“ (watson.ch)
Und die Kassen tragen auch dazu bei, dass die Diebstähle zunehmen. So nahm im Jahr 2018 die Zahl der Ladendiebstähle stark zu, was gemäß einem Polizeisprecher auf die Self-Check-Out Kassen bei Migros und Coop zurückzuführen sei.
Die Ladengeschäfte sparen also Lohnkosten und die Kunden sparen Zeit an der Kasse - oder etwa nicht?
“Es lasse sich nicht belegen, dass Kunden mit Self-Checkout und Scanning schneller seien als an der klassischen Kasse […]. Dennoch seien gemäss einer Deloitte-Umfrage 70 Prozent der Kunden der Meinung, dass sie Zeit sparten. Weil die Kunden die Dauer des Bezahlprozesses beim Self-Check-out selber bestimmen könnten, hätten sie wohl das Gefühl, schneller zu sein.“ (blick.ch)
Ganz ohne Kassierer wird es in grossen Läden wohl auch in naher Zukunft nicht gehen: Kunden, die bar bezahlen wollen, können die digitalen Kassen nicht benutzen, da diese nur Karten akzeptieren. Allgemein darf man aber davon ausgehen, dass sich der Trend zu den automatischen Kassen eher beschleunigen als verlangsamen wird. Genauso zum Beispiel, wie an den Flughäfen beim Einchecken und an den Ticketautomaten der Verkehrsbetriebe. Jüngere Leser werden sich nicht daran erinnern: Es ist noch nicht so lange her, dass diese Aufgaben von Menschen erledigt wurden.    

Saturday, October 12, 2019

Libra: potentielle Weltwährung mit vielen mächtigen Gegnern

Nach PayPal, letzte Woche, haben sich nun auch Visa, Mastercard, Ebay, Stripe und Mercado Pago aus der Libra Association zurückgezogen und den Plänen von Facebook für eine globale Kryptowährung einen Rückschlag versetzt. Die Gründe dafür sind unklar. Libra ist in Schwierigkeiten, bevor das Projekt so richtig begonnen hat.

Es wird nicht einfach sein, Libra als neue Welt-Kryptowährung zu lancieren.
                                                                                                   Bild Maxpixel
Die Rückzüge lassen Libra ohne großen amerikanischen Zahlungsabwickler zurück, ein ernsthaftes Problem für das anspruchsvolle Projekt. Die erste offizielle Sitzung des Libra Council ist für nächste Woche in Genf geplant.
Noch im Juli war das Facebook-Projekt für eine digitalen ‘Weltwährung‘ recht positiv aufgenommen worden - Kritik wurde nicht am Projekt selber, sondern vor allem daran laut, dass Facebook die Idee lanciert hatte. Doch nun bremst die harte Realität das Libra-Projekt. In vielen Machtzentren auf dem Globus sieht man das Libra-Projekt mit viel Misstrauen. Die Zuständigen US-Behörden haben schon im September an einer Pressekonferenz in Bern den Tarif durchgegeben:
“Egal ob Bitcoin, Ethereum oder Libra – unsere Botschaft ist die gleiche und gilt für alle: Massnahmen zur Vermeidung von Geldwäsche und zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung müssen von Anfang an bei der Konzeptionierung berücksichtigt und integriert werden […] Die digitale Währungsindustrie hat der Entwicklung der zugrunde liegenden Technologie große Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei haben die meisten Firmen zu wenig an die Anti-Geldwäsche-Richtlinien gedacht. Sie haben zu wenig darauf geachtet, sicherzustellen, dass Terroristen Geld nicht verstecken, waschen oder bewegen können…“
Es sind nicht nur die Amerikaner, die Probleme mit der Idee einer privaten Weltwährung haben. Auch andere Staaten legen Wert darauf, dass der digitale Zahlungsverkehr nicht aus dem Ruder läuft und Schwarzgeldströme sowie Steuerhinterziehung fördert. Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hat dies an einer OECD-Konferenz klar ausgedrückt: Die monetäre Souveränität der Länder stehe durch eine Privatisierung des Geldes durch einen einzigen globalen Akteur mit mehr als zwei Milliarden Nutzern auf dem Spiel.
Und schliesslich gibt es auch noch die potentiellen Libra-Nutzer. Diese müssten Facebook vertrauen, bevor sie mit dem Unternehmen Geldgeschäfte erledigen. Das könnte problematisch sein:
“Ob Facebooks Libra ein Erfolg wird, hängt aber nicht nur davon ab, ob und welche Politiker und Behörden der Währung trauen, sondern auch von den Nutzern. Manche davon könnten von der Vorstellung abgeschreckt werden, dass das Unternehmen Geldkonten ähnlich schnell und undurchsichtig sperrt wie Nutzerprofile […] - aber vielleicht mit ungleich gravierenderen Folgen.“  (heise.de)

Friday, October 11, 2019

Online-Handel: Grosse werden grösser, aus Shops werden Plattformen

Der Onlinehandel in Deutschland ist auch für den Schweizer E-Commerce interessant - nicht nur, weil sehr viele Kunden aus der Schweiz da einkaufen. Gemäss neusten Zahlen wuchs der Umsatz der Top-1000 Onlineshops in Deutschland im letzten Jahr auf 46,0 Milliarden Euro (über 50 Millionen CHF) und zeigt mit 7,5 Prozent ein schwächeres Wachstum als zuvor. Ein klarer Trend zeichnet sich ab: Fast jeder zweite der Top-1000-Onlineshops verkauft seine Waren auch auf einem oder mehreren Marktplätzen.


Zum Vergleich: Schweiz (2017) und Deutschland (2018): Nicht klar ist, wie-
viel E-Commerc-Umsatz Deutsche Shops in der Schweiz holen.         Statista 
2017 betrug die Umsatzsteigerung noch 8,1 Prozent, 2016 waren es sogar 11,5 Prozent. Die zehn grössten Anbieter erreichten dabei über 40 Prozent des Gesamtumsatzes. Die Top 100 erwirtschafteten sogar ein Umsatzanteil von 73,1 Prozent (33,6 Milliarden Euro). Ein durchschnittliches Umsatzwachstum von über 5 Prozent war nur bei den Top 100 festzustellen - im Vorjahr konnten sich darüber noch die Top-250-Onlinehändler freuen. Diese Zahlen entstammen dem Ranking der Top-1000-Onlineshops von EHI und Statista.
Der Trend, dass Händler zunehmend Marktplätze wie Amazon, Ebay oder Real als zusätzlichen Vertriebskanal für den Verkauf ihrer Waren nutzen, setzt sich auch in diesem Jahr fort. Auf ebay.de waren im Vorjahr 35 Prozent der Top-1000-Onlineshops vertreten, in diesem Jahr sind es 37 Prozent. Amazon war 2018 bereits für 43 Prozent der Onlinehändler ein zusätzlicher Vertriebskanal. Heute ist es mit 47 Prozent schon fast jeder Zweite der Top-1000, der auf amazon.de seine Produkte zum Verkauf anbietet. Real.de ist als Onlineshop seit Jahren im Ranking. Erstmals konnte ermittelt werden, dass neun Prozent der Onlinehändler über den hybriden Marktplatz Real ihre Produkte anbieten. Als hybriden Marktplatz bezeichnet man Plattformen, auf denen Produkte des Anbieters sowie Produkte von Dritten angeboten werden.
Die Relevanz von Plattformen als Wachstumstreiber wird an Beispielen wie Amazon und Real deutlich. Im Umsatzjahr 2018 erreichte real.de inklusive Online-Marktplatz ein Bruttowarenvolumen (GMV) von 380 Millionen Euro. Bei Amazon lag das (netto) Handelsvolumen des deutschen Marktplatzes laut Bundeskartellamt im Jahr 2018 bei weit mehr als 20 Milliarden Euro (!). Im Top-1000-Ranking wird der reine Detailhandelsumsatz mit 9,3 Milliarden Euro beziffert.
Die E-Commerce-Experten von EHI gehen davon aus, dass in naher Zukunft weitere grosse Händler eine branchenspezifische Infrastruktur entwickeln und Hersteller sowie Partner einbinden, um selber Plattformen anzubieten. Spezifisch genannt werden About You, Breuninger, Douglas, Engelhorn, H&M, Otto und Zalando.

Tuesday, October 8, 2019

Identitäten: im digitalen Zeitalter nicht einfach zu beweisen

Sich im Internet zu identifizieren, um sicheren Zugriff auf digitale Dienstleistungen zu bekommen, ist immer noch ein Problem, das nicht gelöst ist. In der Schweiz will der Bundesrat mit dem E-ID-Gesetz die Verwendung eines neuen, digitalen Passes für Onlinegeschäfte und Behördenkontakte regeln. Diese E-ID soll von Privaten ausgestellt werden und die elektronische Identifizierung im Netz ermöglichen. Nun wird dagegen das Referendum ergriffen.

2FA ist vor allem für Geldunternehmen wie Banken und Kredit-
kartenfirmen undabdingbar.                               Screengrab lukb
Die Idee dahinter ist gut, und die meisten Schweizer, die im Internet unterwegs sind, wären sehr dankbar für eine Vereinfachung von Zugangsprozedere zu verschiedensten Dienstleistungen. Das sahen sogar die Parlamentarier so, die ja nur selten vorne mit dabei sind, wenn es um Technologie geht. Es brauche ein Mittel, damit man online einfach und sicher seine Identität nachweisen könne. Nun zeigt sich allerdings, dass die Schweizer aus der E-ID kein privates Geschäft machen wollen. Ein Komitee hat heute mit dem Sammeln von Unterschriften gegen die private E-ID begonnen. Wie wird argumentiert? Die Luzerner Zeitung hat in einem ausführlichen Artikel Antworten auf die wichtigen Fragen und Argumente:
“Der Bundesrat ist der Meinung, dass Schweizer Firmen bereits passende technische Lösungen entwickelt haben. Es sei daher nicht Aufgabe des Staates eine eigene Lösung zu entwickeln. Der Zürcher FDP-Ständerat und IT-Unternehmer Ruedi Noser warnte vor weiteren Verzögerungen, wenn die von privaten Schweizer Firmen herausgegeben E-ID jetzt nicht komme. Damit überliesse man das Feld Amazon, Apple oder Google. Es sei die letzte Gelegenheit, die Kontrolle über die Identität der Schweizerinnen und Schweizer in der Schweiz zu behalten, sagte er. […] Für das Referendumskomitee ist das Gesetz ein «Kniefall vor den Interessen der Wirtschaft – auf Kosten der Demokratie und der Bevölkerung», wie es in einer Mitteilung vom Dienstag heisst. Das Parlament habe am Volkswillen vorbei politisiert. Damit erhielten die privaten E-ID-Aussteller die Verantwortung für die Speicherung und Verwendung vieler Daten, hält Erik Schönenberger von der Digitalen Gesellschaft fest. «Dem Bund bleibt nur eine schwache Kontrollfunktion.» (Luzernerzeitung.ch)
Auch die Gegner bestreiten nicht, dass es eine Identifikationslösung braucht. Die Authentifizierung für Internetgeschäfte  ist immer wieder in den Schlagzeilen. Auch diese Woche. Heise.de berichtet über das Hacken von Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) und die Computerwoche erklärt dass auch 2FA keine absolute Sicherheit bietet:
“Zwei-Faktor-Authentifizierung ist nicht Zwei-Faktor-Authentifizierung - auch in diesem Bereich kommen verschiedene Technologien zum Einsatz, die sich teils stark voneinander unterscheiden und unterschiedliche Vor- und Nachteile mit sich bringen, was die Sicherheit im Allgemeinen, aber auch das Angriffsrisiko angeht […]Die Effektivität der einzelnen 2FA-Technologien stellt ein wichtiges Auswahlkriterium dar. Für Unternehmen stellt sich zudem die Frage nach der Praktikabilität einer unternehmensweiten Implementierung. Viele Nutzer empfinden es im Arbeitsalltag als umständlich, für den Zugang zu internen Systemen ein zusätzliches Gerät einsetzen zu müssen. Hier gilt es, zwischen IT-Sicherheit und einer schnellen und zentralen Implementierung sowie einem möglichst einfachen Management abzuwägen. Muss die 2FA-Lösung auf Smartphones, Tablets und Geräten installiert werden, kann das einen enormen Zeitaufwand bedeuten. Spezielle Hardware wie Security Tokens wiederum können verlorengehen oder einem Defekt erliegen. Unternehmen, die über einen Einsatz von Zwei-Faktor-Authentifizierung nachdenken, müssen also zwangsläufig Kompromisse eingehen. “

Thursday, October 3, 2019

Alte Smartphones sind wertvolle Rohstoffquellen

Swico, der Wirtschaftsverband der ICT- und Online-Branche, hat Erfahrung in der Wiederverarbeitung von Elektroschrott. Diese Erfahrung will man jetzt ganz gezielt auf die Sammlung von alten Handys anwenden. In denen stecken nämlich grosse Mengen von Rohmaterialien.

Ein Automat der Ihr Handy gleich dort entgegennimmt, wo Sie Ihr neues
kaufen können - und Sie auch dafür bezahlt. Media Markt testet dieses System
jetzt in Deutschland.                                                                                 Bild PD
“Nicht wegschmeissen!“ titelt die Zeit einen Bildbericht über die Materialien, die in einem iPhone verbaut sind. Der Report ist faszinierend aufgebaut; das Handy wird vor unseren Augen in seine Bestandteile zerlegt und die Bestandtteile und Materialien werden benannt. Haben Sie gewusst, dass im Fibrationsmodul Neodym, Dysprosium, Praseody und Wolfram verbaut sind, und dass diese Metalle nur teilweise wiederverwertbar sind? Jedenfalls zeigt die Bildgeschichte, weshalb Sie Ihr Handy nicht in den Abfall schmeissen sollten. Es gibt Unmengen von alten Handys, die nicht mehr gebraucht werden und irgendwo in einer Schublade herumliegen: In der Schweiz sollen es 10 Millionen Stück sein (die zusammen 285 Kilogramm Gold enthalten) und in Deutschland rechnet man mit 120 Millionen alten Handys. Swico startet jetzt eine Kampagne, um mehr Schweizer dazu zu bewegen, ihre alten Handys zu recyceln. Die Fachleute wissen warum:
“Swico sammelt in jeder Stunde rund 6 Tonnen Elektroschrott, das entspricht gemäss Dennis Lackovic, COO von Swico, rund 32 Kubikmeter, und dies 24 Stunden am Tag und 360 Tage im Jahr. Diese werden an 600 Sammelstellen im Land eingesammelt und an acht Recycling-Betriebe übergeben, die von der Empa überwacht werden. Auf diese Weise hat der Verband Swico, der heuer das 25. Jubiläum feiert, in den letzten zehn Jahren rund 208'000 Tonnen Eisen, 16,5 Tonnen Aluminium, 18'000 Tonnen Kupfer, 2 Tonnen Gold, 10 Tonnen Silber und 800 Kilogramm Palladium zurückgewinnen können. Mit dem Eisen liessen sich 20 Eiffeltürme bauen und mit dem Aluminium 60 Airbus 380.“ (itmagazine.ch)
Die Swico-Kampagne, die am 14. Oktober lanciert wird, soll vor allem junge Menschen ansprechen. Wie viele von denen bereit sind, ihr altes Handy einem Automaten zu verkaufen, testet MediaMarkt jetzt in zehn Filialen in Deutschland.   Chip.de erklärt wie’s funktioniert:
“Konkret handelt es sich um rot lackierte Automaten, die entweder am Eingangs-Bereich, oder in der Smartphone-Abteilung aufgestellt werden. An diesen Automaten können Kunden ihr altes Handy bewerten lassen und erhalten innerhalb von rund drei bis fünf Minuten einen Geldwert, den der Automat für das Alt-Gerät vorschlägt. Daraufhin haben die Kunden zwei Möglichkeiten: Entweder sie nehmen ihr Smartphone wieder mit nach Hause, oder Sie überlassen es dem Automaten. In letzterem Fall wird das Gerät anschließend recycelt und der Kunde erhält, je nach Restwert des Smartphones, einen Media-Markt-Gutschein in Höhe des Wertes.“
Die Idee ist übrigens nicht neu: Für das Projekt kooperiert Media Markt mit dem Hersteller ecoATM, dessen Automaten in der USA und in Großbritannien schon sehr beliebt sind und gut funktionieren. In den letzten zehn Jahre haben die Maschinen 22 Millionen Smartphones eingesammelt.