Thursday, December 27, 2018

Immer mehr Rücksendungen machen dem Handel das Leben schwer

Interneteinkäufe werden immer häufiger an die Onlinehändler zurückgeschickt. In Deutschland zum Beispiel, wird jeder achte Kauf im Netz mittlerweile retourniert, wie eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom ergab. Die Retourquoten seien gerade in speziellen Warengruppen wie Kleidung enorm hoch und nähmen von Jahr zu Jahr zu. Die häufigsten Rücksender sind junge Frauen.

Heute geht's auf dem Fliessband zur Auslieferung - morgen kommt die Sendung
vielleicht schon wieder zurück.                                                       Bild flickr.com
 Online-Shopping könnte eigentlich recht umweltfreundlich sein, wenn man bedenkt, dass sich Millionen von Kunden die Reise zu einem Ladengeschäft sparen und die Einkäufe in Sammelsendungen per Kurier oder Post angeliefert werden. Wenn dann allerdings jedes achte Paket wieder zurückgeschickt wird, verschlechtert sich die Umweltbilanz massiv - und schlägt auf die Kosten der Händler. In den letzten zwei Jahren stieg die Retourenquote laut Bitkom um volle 20 Prozent. Vor zwei Jahren wurden noch zehn Prozent aller Onlinekäufe zurückgeschickt, inzwischen sind es zwölf Prozent. Der Grund: Viele Kunden bestellen ihre Kleidung online gleich in mehreren Grössen, um zu Hause eine Auswahl zu treffen. Jeder zweite Onlinekäufer gab in der Bitkom-Umfrage an, Waren im Internet hin und wieder mit der Absicht zu bestellen, sie wieder zurückzuschicken. 28 Prozent der Befragten tun das nach eigener Auskunft eher selten, 17 Prozent manchmal und sechs Prozent regelmässig. Vor allem jüngere Kunden schicken zurück:
14- bis 29-jährige Käufer senden 18 Prozent ihrer Internetbestellungen wieder zurück. Frauen senden nach eigener Auskunft jeden siebenten Einkauf wieder an den Händler, bei Männern ist es fast jeder zehnte Einkauf.
Gemäss Schätzungen der Welt machen allein die Rücksendungen  in Deutschland hunderte Millionen Pakete aus:
“Schätzungen zufolge werden die Kurier-, Express- und Paketdienste in Deutschland in diesem Jahr insgesamt gut 3,5 Milliarden Sendungen transportieren. Bis 2022 dürfte die Zahl den Prognosen zufolge auf gut 4,3 Milliarden Sendungen ansteigen. Auch ohne Retouren sind die Logistikunternehmen schon längst an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gekommen […] Längst nicht alle Sendungen lassen sich wieder so aufarbeiten, dass sie in den normalen Verkauf gehen. Händler verkaufen diese Ware oft an Retourenaufkäufer weiter, spenden sie oder geben sie in den Personalverkauf. Zahlreiche Produkte werden, obwohl neuwertig, auch vernichtet…“ 
Der Online-Handel  per se ist nicht umweltschädlich - das Verhalten vieler Kunden allerdings schon. Die Retouren-Welle, die jeweils vor allem nach den Festtagen zu den Händlern zurückschwappt, wird aber so lang nicht kleiner, als sowohl Gesetzgeber als auch Händler das Retournieren fördern. Kulanz ist bei den Kunden gefragt und fördert das Geschäft. Also wird sie auch weiterhin praktiziert werden.

Sunday, December 23, 2018


Wir wünschen Ihnen, liebe Leser, ein wunderschönes und friedvolles Weihnachtsfest und ein erfolgreiches neues Jahr.  Möge Ihnen die digitale Technologie im 2019 nur Bereicherung und viele Vorteile bringen!


Thursday, December 20, 2018

Die Kunden der Sharing Economy müssen sparen

Die Sharing Economy, so haben wir uns sagen lassen, sei deshalb so beliebt, weil sie so cool sei. Allerdings scheint dies nicht der einzige Grund für die Popularität zu sein.  Millennials, also junge Menschen, die heute zwischen 20 und knapp 40 Jahre alt sind, sind die intensivsten Nutzer von AirBnB, Uber und Co., und sie haben scheinbar auch konkrete Gründe dafür.

Airbnb ist ein wichtiger Player in der Share Economy.         Bild maxpixel.net
Die Sharing Economy hätte es in der heutigen Form nie gegeben, ohne die Digitalisierung unserer Gesellschaft  während der letzten 40 Jahre. Die digitale Technolgie und die Vernetzung durch Smartphones hat es möglich gemacht, dass Konzepte wie Airbnb und Uber überhaupt funktionieren.
Es ist noch nicht lange her, dass der Besitz von Dingen für viele Menschen wichtig war und den Status markierte.  Heute ist Besitz in vielen Fällen keinen Indikator für Reichtum mehr. Das ist sicher ein Grund dafür, dass Minimalismus floriert und ist nicht nur praktisch, sondern auch cool, wie bereits erwähnt . Noch wichtiger, teilen kostet auch weniger als besitzen, und hier liegt gemäss einer neuen Amerikanischen Studie der Hase im Pfeffer. Zitat aus der Welt:
“Wir fanden kaum Hinweise, dass der Konsumgeschmack und die Konsumpräferenzen der Millennial-Haushalte geringer ausgeprägt sind als bei früheren Generationen“, lautet das erstaunliche Ergebnis, wenn die gleichen Maßstäbe bei Einkommen, Demografie und diversen anderen Parametern angelegt werden. Die Millennials wohnen also nicht unbedingt deshalb im Urlaub in Airbnb-Unterkünften, weil sie das für eine tolle Erfahrung halten – sondern weil sie sich vergleichbare Hotelzimmer nicht leisten können. Sie fahren nicht deshalb mit Uber statt mit einem herkömmlichen Taxi, weil sie das schöner finden, sondern weil es günstiger ist. Und sie leihen sich nicht deshalb ein Auto bei Flinkster, weil sie die Umwelt schützen wollen, sondern weil sie für einen eigenen Pkw nicht genug Geld haben. Das mag nicht für alle Nutzer so gelten, für die Mehrheit tragen aber knappe Finanzen zu diesen Entscheidungen bei.“
 Die Autoren der Studie vermuten, dass die Millennials die Opfer der großen Finanzkrise von 2008 sind. Vor zehn Jahren habe dieser Abschwung seinen Anfang genommen, als sie zwischen elf und 27 Jahre alt waren, und er habe in der Generation Spuren hinterlassen.

Millennials sind also gar nicht so anders, was den Konsum betrifft, als die Generationen vor ihnen, obwohl sie sich bezüglich digitalem Verhalten unterscheiden:  Sie sind mit den neusten digitalen Errungenschaften aufgewachsen und bedienen sie mit grosser Leichtigkeit. Eine Tatsache, die sicher auch dazu beiträgt, dass digitale Dienste ohne Hemmungen genutzt werden - was man von vielen Babyboomern nicht behaupten kann.

Saturday, December 15, 2018

Die Schweizer Mobilfunker vertrauen Huawei - die Deutschen eher nicht

Westliche Nationen, allen voran die USA, haben ein China-Technologie-Problem. Das Problem besteht nicht darin, dass zu viel Technologie zu billig in den Westen geliefert wird. Die neuen Fragen sind grundsätzlicher; zum Beispiel: Kann man der Chinesischen Technologie, die eng mit dem autoritären kommunistischen Staat verbunden ist, überhaupt trauen?

Können wir überhaupt noch ohne chinesische Technologie - angebliche
Spionage hin oder her?                                                                  huawei
Die Kanadier erfahren es gerade:  Beim Geschäftemachen kommt es immer auch auf den Partner an. Weil Kanadische Behörden auf einen internationalen Antrag auf Auslieferung gegen eine Chinesische Finanzdirektorin in die USA eingegangen sind, hat China kurzerhand zwei unbeteiligte Kanadische Expats in China verhaftet und im berüchtigten Chinesischen System verschwinden lassen. Zwei für Einen, sozusagen. Diese Aktion hat weltweit kaum für Aufsehen gesorgt: Zu viele Geschäfte stehen auf dem Spiel, und während es sich bei den Kanadiern um relativ unbekannte Personen handelt, ist die Chinesin, die in Kanada auf Ansinnen der USA verhaftet wurde, sehr prominent: Es ist Meng Wanzhou, die Huawei Finanzchefin. Der Grund für ihre Verhaftung  liegt in der Politik:
“Die Verhaftung steht einem Insider zufolge in Verbindung mit der Missachtung von amerikanischen Sanktionen. Einem Bericht der Zeitung „The Globe and Mail“ zufolge wird ihr zur Last gelegt, gegen Sanktionen verstoßen zu haben, die die Vereinigten Staaten gegen den Iran verhängt hatten.“ (faz)
Meng Wanzhou ist die Tochter des Firmengründers Ren Zhengfei, dessen Konzernt schon seit längerem im Verdacht steht, gar nahe mit der Chinesischen Regierung zusammen zu arbeiten. Wir haben schon im Februar dieses Jahres darüber berichtet:
In den USA scheint sich unter der Trump-Administration die Erkenntnis festzusetzen, dass China zumindest auf wirtschaftspolitischer Ebene als Gegner betrachtet werden muss, der mit allen Mitteln dafür kämpft, gegenüber den USA wirtschaftliches Terrain zu gewinnen. Allerdings legen die amerikanischen Geheimdienste keine Belege dafür vor, dass China seine Staatsmacht für die Korrumpierung  chinesischer Technologie verwendet.“ 
Das alles hat dazu geführt, dass auch in Europa einige Staaten etwas vorsichtiger geworden sind mit Huawei. So auch die Deutsche Telekom. Wie 'die Welt' meldet, wird man dort „vor dem Hintergrund der Sicherheitsdiskussionen um den chinesischen Zulieferer“ die Beschaffungsstrategie überprüfen. Betont wird, dass man die globale Diskussion über die Sicherheit von Netzelementen chinesischer Hersteller sehr ernst nehme... In der Schweiz hält man das entweder für übertrieben, oder hält sich für schlauer. Aus Inside-It:
“Während Sunrise laut 'Der Bund' bereits Ende November erklärte, dass keine Pläne bestehen, den Technologiepartner zu wechseln, betont nun auch Swisscom ausdrücklich seine Zusammenarbeit mit dem chinesischen Hersteller. Trotz des Hinweises auf das Umdenken bei der Deutschen Telekom heisst es auf Anfrage ungewöhnlich deutlich bei der Swisscom: "Wir verfügen bisher über keine Informationen, die die Sicherheitsbedenken gegenüber Huawei untermauern würden". Man pflege seit 2008 eine Geschäftsbeziehung zu Huawei und arbeite gemeinsam im Festnetzbereich also im Anschlussnetzbereich sowie im Kernnetz zusammen.“
Das tönt alles sehr vertrauenserweckend. Ob es das auch sein sollte, ist allerding eine andere Frage. Denn die Interessenlage von Sunrise und Swisscom ist nicht deckungsgleich mit jener der  schweizerischen Eidgenossenschaft. Die Deutsche Telekom scheint bezüglich Huawei mehr zu wissen - oder ist vielleicht einfach nicht ganz so gutgläubig, wie die Schweizer Mobilfunker .

Monday, December 10, 2018

Es weihnachtet sehr - und Paketdiebe haben Hochsaison

Die Verlagerung des Festtag-Kommerz‘ vom Laden zum Online-Handel hat zahlreiche folgerichtige wirtschaftliche Auswirkungen - aber auch viele unangenehme Nebeneffekte. Dazu gehören auch Paketdiebstähle. In der Schweiz ist das Problem nicht riesig, in den USA hingegen schon. Da werden jedes Jahr Millionen von E-Commerce-Sendungen gestohlen, entweder unterwegs, oder vor der Haustür der Adressaten.

Leise rieselt der Schnee, die Kinder freuen sich auf die Bescherung, und die Paketdiebe haben Hochsaison. Was in der Schweiz noch keine besorgniserregende Ausmasse angenommen hat, ist in den USA zu einem derartig grossen Problem geworden, dass sich daraus eine ganze Industrie entwickelt hat, die unter dem Titel “Wie Sie sich vor Paketdieben schützen können“ entsprechende Produkte verkaufen oder Ratschläge erteilt. Kein Wunder: Im letzten Jahr gaben 26 Millionen Amerikaner an, dass ihnen ein Paket gestohlen worden sei. So überrascht es nicht, dass einige Online-Shopper zu ungewöhnlichen Massnahmen greifen, um ihr Eigentum zu schützen. Da gibt es den einfallsreichen Tüftler in Tacoma, im Bundesstaat Washington, der eine Paketattrappe gebastelt hat, welche die Möchtegerndiebe mit einem lauten Knall erschreckt, wenn sie ihre Beute mitnehmen wollen. Nicht ganz so aufwendig, aber ebenfalls einfallsreich, will ein Shopper in Kalifornien die dreisten Diebe abschrecken: Er legt Köderpakete vor seine Haustür, die ganz einfach mit abstossendem Abfall gefüllt sind.
Natürlich gibt es auch zivilisiertere Methoden, den Räubern das Handwerk zu legen. Mangel an Ratschlägen gibt es nicht. Sowohl auf Social Media als auch in zahlreichen Publikationen wird dem Publikum nahegelegt, sich mit Überwachungskameras und Video-Türklingeln auszurüsten - oder ganz einfach, das Haus viel besser zu beleuchten, den Hund zu trainieren oder die Nachbarn um Mithilfe zu bitten. Ebenfalls empfohlen wird eine einfache Technologie, die dem Lieferanten anzeigt, wo er sein Paket zu deponieren hat, nämlich auf einem elektronischen Schalter, der bei unautorisiertem Zugriff einen Alarm auslöst. 
Wenn Ihnen in der Schweiz ein Paket gestohlen wird, fragen Sie sich wahrscheinlich, wer für den Schaden aufkommt. "Ist das Paket im Milchkasten des Empfängers deponiert, endet der Transportauftrag der Post – und damit auch die Haftung", sagt die Mediensprecherin der Post. Der Schaden könne also nicht einfach auf die Post abgewälzt werden. Die Post haftet nämlich nur, wenn das Paket nicht korrekt zugestellt wurde. Zum Beispiel, wenn ein Paket für den Milchkasten zu gross ist und der Pöstler es einfach in den Hauseingang stellt, statt es wieder mitzunehmen.

Thursday, December 6, 2018

Autonome Autos mit Notfall-Chauffeur: Google fährt Taxi

Jetzt kommen sie also, die fahrerlosen Taxis, allerdings erst in den USA und immer noch mit Notfall-Chauffeur - im Falle eines Falles. Aber immerhin. In Phoenix im Bundesstaat Arizona ist es jetzt tatsächlich möglich, eine Taxifahrt in einem selbstfahrenden Fahrzeug zu buchen.

Ein autonomer Waymo-Van, wie er auch für den Taxibetrieb verwendet werden
soll, bei einer Testfahrt in Kalifornien.                                        Bild Wikimedia
Waymo gehört zu Alphabet, ist also eine Firma die zum gleichen Konzern gehört wie Google. Momentan können einige hundert Beta-Tester im Grossraum Phoenix eine Fahrt in einem fahrerlosen Taxi mit Waymo-Technologie buchen und bezahlen. Waymo One ist natürlich ein Konkurrent von Uber - oder will zumindest einer werden. Kunden buchen Fahrten und bestätigen ihren Standort durch eine App. Waymo wählt die beste Route und den besten Aussteigepunkt, was bedeuten kann, dass der Passagier einige Minuten zu Fuss zu seinem endgültigen Ziel geht, ähnlich wie bei einem Discountservice, den Uber anbietet. Waymo liefert sogar ein Preisangebot zum Zeitpunkt der Buchung und verwendet die "Upfront Pricing"-Methode, die Uber 2016 als Alternative zum traditionellen Taxameter eingeführt hat.
In diesem Zusammenhang ist eine Aussage interessant, die Waymo-Chef John Krafcik kürzlich an einer Konferenz gemacht hat:
“Er sagte, dass es der Industrie wohl niemals gelingen werde, Autos zu bauen, die zu jeder Jahreszeit und bei allen Wetterlagen autonom fahren können. […] “Autonomie wird immer ein paar Einschränkungen haben“, sagte Krafcik. […] Das größte Potential für autonome Fahrzeuge sieht Krafcik derzeit im Speditionsbereich, wo schon in den nächsten Jahren die ersten selbstfahrenden Lastwägen auftauchen würden. Derzeit werden in den USA etwa 50‘000 Brummifahrer gesucht, wobei der Bedarf an Truckern in den nächsten Jahren auf bis zu 275‘000 steigen soll. Für solche Fahrten seien autonome Systeme sehr gut geeignet: „Güter größtenteils auf Autobahnen von Lager zu Lager zu transportieren ist ziemlich simpel“, sagte Krafcik.“
Der Waymo-Boss ist also trotz praktischer Fortschritte im autonomen Fahren vorsichtig mit seinen Prognosen. Da ist er nicht der Einzige. Der Deutsche Automobilclub ADAC hat kürzlich eine Studie zum Thema machen lassen, die versucht, gewisse Zeitrahmen und Erwartungen abzustecken. Sie sagt voraus, dass Automatisierungsfunktionen ab 2020 zuerst auf Autobahnen funktionieren werden. Bis zum Jahr 2050 könnten dort etwa 40 Prozent aller gefahrenen Kilometer automatisiert zurückgelegt werden. Allerdings wird auf Autobahnen nur ein Drittel der Fahrleistungen erbracht. Systeme, die auch den Stadtverkehr beherrschen und erst recht solche, die auf allen Strassenarten funktionieren, werden laut der Prognos-Studie erst deutlich später auf den Markt kommen. Gerade auf Landstrassen würden Automatisierungsfunktionen jedoch die grösste Wirkung entfalten. Hier wird knapp die Hälfte der Fahrleistungen erbracht, hier sind aber auch mit einem Anteil von 60 Prozent die meisten Verkehrstoten zu beklagen. Entsprechende Systeme für Landstrassen würden aber vermutlich erst gegen 2040 verfügbar sein.“

Wir werden also in den nächsten Jahren viel von autonomen Autos hören. Waymo ist erst der Anfang. Bis die Autos aber wirklich selber fahren lernen, werden noch viele Fahrzeuge von Menschen gelenkt über die Autobahnen brausen. Da vor allem auf Landstrassen schwere Unfälle passieren, also dort, wo die Automatisierung noch länger nicht greifen wird, ist das Potenzial des automatisierten Fahrens für die Verkehrssicherheit vorläufig geringer als allgemein erwartet wird. Gleichzeitig können sicherheitsorientierte Assistenzsysteme, wie Notbrems- und Spurhalteassistenten, schon heute deutliche Steigerungen der Sicherheit bewirken.



Tuesday, December 4, 2018

Blockchain: zu grosse Erwartungen, zu wenig Resultate

Die Blockchain-Technologie habe gesellschaftsveränderndes Potential  und werde in zahlreichen Branchen und Industrien in den nächsten Jahren zu Umwälzungen führen, hiess es noch vor kurzem. Angestossen worden war der Blockchain-Hype durch den raketenmässigen Anstieg der Bitcoin-Kurse, die allerdings inzwischen massiv abgestürzt sind.

Grosse Erwartungen, wenig Ergebnisse: Blockchain bringt nicht viel für andere
kommerzielle Anwendungen als Kryptowährungen.                        Bild Pixabay
Dieser Absturz ist einer der Faktoren, die den Blockchain-Hype abkühlen. Ein anderer Grund ist die Tatsache, dass die mit viel Lob bevorschusste Technologie kaum Resultate bringt. Die neuste Studie, die über mangelnde Ergebnisse berichtet, stammt von einem Expertentrio aus der Entwicklungshilfe. Die Resultate sind ernüchternd: Von 43 zufällig ausgesuchten Blockchain-Projekten, die von NGOs, Behörden und Privatfirmen für verschiedenste Zwecke eingesetzt wurden brachte kein einziges Ergebnisse. Wired berichtet:
Wir fanden eine Vielzahl von Pressemitteilungen, White Papers und überzeugend geschriebenen Artikeln", schreiben die drei Autoren in ihrem Bericht. Und fahren fort: "Allerdings fanden wir keine Dokumentation oder Beweise dafür, dass die Blockchain die angekündigten Ergebnisse lieferte. Wir entdeckten auch keine Berichte über Erfahrungen oder praktischen Erkenntnisse, wie sie bei anderen, sich in der Entwicklung befindlichen Technologien üblicherweise vorliegen." Besonders enttäuscht zeigten sich die drei Experten von der Art und Weise, wie die betroffenen Blockchain-Start-ups auf ihre Nachfragen per Mail und Telefon reagierten: nämlich gar nicht.“
Das Wirtschaftsmagazin Forbes beschreibt Blockchain als eine Erfindung, die nach einer tragfähigen kommerziellen Anwendung sucht:
“Da die Blockchain zur Herstellung von Bitcoin erfunden wurde, muss erst noch herausgefunden werden, was die Blockchain sonst noch alles tun kann. Bislang wurde diesbezüglich noch nichts demonstriert. Momentan finden nur einige Experimente statt, und signifikant ist, dass sie alle unter direkter Beteiligung einer Regierung oder Behörde durchgeführt werden."
Sind Kryptowährungen und Blockchain also bloss “heisse Luft“, oder haben sie eine Zukunft? Die Experten des Sicherheitsunternehmens Kaspersky gehen in ihrem Cryptocurrency Report 2019 auf diese Frage ein und kommen zu einem pessimistischen Schluss:
“Zu grosse Erwartungen an die Verwendung von Blockchain ausserhalb des Kryptowährungsbereichs werden verschwinden. Wir erwarten, dass dieser Trend nicht von der Leistungsfähigkeit der Technologie, sondern vom Menschen getrieben wird, da Organisationen und Branchen zum Schluss kommen werden, dass Blockchain einen engen Anwendungsbereich hat und die meisten Versuche, sie auf unterschiedliche Weise zu nutzen, nicht gerechtfertigt sind. Die zuverlässige Anwendung der Blockchain über die Kryptowährung hinaus wird seit Jahren erforscht und erprobt, aber es gibt wenig Hinweise auf Erfolge. Wir erwarten, dass 2019 das Jahr ist, in dem man aufhören wird,  es zu versuchen.“

Saturday, December 1, 2018

Tod einer Computermesse

Die Cebit in Hannover ist am Ende, und es scheint, also ob das für die meisten Protagonisten ziemlich überraschend gekommen ist. Dabei haftete der Cebit schon seit Jahren der Hauch des Irrelevanten an, was im Zeitalter der ununterbrochen dröhnenden Trend- und Produkteankündigungen ein eher schlechtes Zeichen ist.

Noch vor zwei Monaten freuten sich die Organisatoren auf die nächste Show.
                                                                                                Screengrab Cebit
Die Cebit hat viele gute Jahre hinter sich, sie ist schliesslich schon mehr als 30 Jahre alt. Dieses Jahr haben die Verantwortlichen noch versucht, aus der altmodischen Messe eine coole und moderne Show zu machen - aber irgendwie scheint es nicht so ganz geklappt zu haben. Die Avantgarde sei zur Nachhut geworden, schreibt  lead-digital.de:
“[Auf der Cebit] konnte man Journalisten aus Wirtschafts- und Technologiepresse treffen, endlich mal sehen, was die Kunden aus den USA alles anzubieten hatten, auch mal in den Consumerbereich schnuppern und sich in riesigen Hallen die damals noch als „Billiganbieter“ gebrandmarkten Unternehmen aus Fernost anschauen […]Mal war die CEBIT als reine B2B-Messe gebrandet, dann versuchte sie ab 2007 mit der aufkommenden Blogosphäre und der Social-Media-Welt warmzuwerden – Webciety und Co. waren angetreten, um das teils schon etwas Verstaubte der Messe aus den Angeln zu heben. Aber irgendwie fehlte der Rahmen. Oder er wurde immer unklarer.“
Dass die Cebit nicht mehr zeitgemäss gewesen sei, monieren viele Kommentatoren. Der Tagesspiegel schreibt sogar, dass die Cebit zusammen mit vielen Einzelhändlern den Anschluss an die Endkunden - welche die Messe in den 90er-Jahren zu Hunderttausenden bevölkerten - verpasst habe:
"Die deutsche IT-Wirtschaft war in den vergangenen Jahrzehnten nicht sehr gut, wenn es um das Verhältnis zum Endkunden ging. Siemens schied wenige Jahre nach der Jahrtausendwende als Computer- und Handy-Hersteller aus dem Rennen ums beste Endgerät aus. Der deutsche Einzelhandel war sich zu sicher, dass am weihnachtlichen Marsch durch die Einkaufsmeilen noch lange kein Weg vorbeiführt. Reisebüros und Banken priesen die Beratungsqualität „unserer Mitarbeiter vor Ort“, bis sie die Miete für ihre Filialen nicht mehr bezahlen konnten. Im Rennen um die Verbraucher und ihre Daten hat die deutsche Wirtschaft tatsächlich versagt. Und zwar krachend.“
Einer der ganz handfesten Gründe für das Ende der Cebit lag in der erstarkten globalen Konkurrenz. Es wurde schwierig, die Messeflächen zu vermieten. Aus der wiwo:
“Während Bill Gates 1995 noch das neue Windows vor der Veröffentlichung in Hannover vorstellte, wurden die wirklichen Weltneuheiten in den vergangenen Jahren immer weniger. Viele Konzerne wie Apple und Google präsentieren ihre neuen Entwicklungen inzwischen auf eigenen Veranstaltungen, so müssen sie sich die Aufmerksamkeit des Publikums nicht mit der Konkurrenz teilen. Dazu kommen neuere Veranstaltungen wie die Mobilfunkmesse Mobile World Congress in Barcelona oder die oft zeitgleich zur früheren Cebit stattfindende Digitalkonferenz South by Southwest im texanischen Austin, die der Cebit immer mehr den Rang abgelaufen haben.“
 Als Aussenstehendem, der die Cebit von Anfang an verfolgt und auch sehr früh besucht hat, drängt sich einem der Eindruck auf, dass die Ausstellung sehr deutsch war. Tüchtig und fundiert - aber eben auch nüchtern und manchmal eher ermüdend. Das mag auch mit dem Messegelände in Hannover zusammenhängen. Jedenfalls scheint es, als ob der Entscheid zum Ende nicht zu früh gekommen sei. Oder wie es die Wirtschaftswoche formuliert - “wie ein Selbstmord aus Angst vor dem Tod“.

Tuesday, November 27, 2018

Der Onlinehandel wächst, Läden dürfen optimistisch sein, und Amazon überragt alle

Der Onlinehandel wächst weiter - das ist eigentlich keine Überraschung. Neue Zahlen zeigen, dass die Wachstumsraten sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland bei vollen zehn Prozent liegen. Dabei trägt Amazon weiterhin entscheidend zum Wachstum bei und ist massgeblich an einer Mehrheit aller Onlinekaufentscheidungen beteiligt. Die wichtigen Verkaufstage nach Thanksgiving in den USA generierten auch gute Nachrichten für den stationären Handel.

Der Onlinehandel boomt weiter.                                         Bild Pixabay
Beim Onlinewachstum in Deutschland ist kein Ende in Sicht. Im Jahr 2017 wurden in Deutschland 57,6 Milliarden Euro online umgesetzt. Dies entspricht einem Wachstum von rund 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Und auch im laufenden Jahr geht’s weiter: Experten prognostizieren einen Onlineumsatz von rund 63 Milliarden Euro für das Jahr 2018. Weitere Ergebnisse der neuen IFH-Studie "Branchenreport Onlinehandel 2018“ zeigen: Während im Zeitraum zwischen 2012 und 2017 die Konsumausgaben der privaten Haushalte in Deutschland um rund 12 Prozent und der Einzelhandelsumsatz um 15 Prozent wuchsen, konnte der Onlinehandel im selben Zeitraum um 74 Prozent zulegen. Bis 2018 wird dieser Zuwachs rund 92 Prozent betragen. In der Schweiz sieht es ganz ähnlich aus: Die Verlagerung des stationären zum Online-Handel geht weiter, der grenzüberschreitende Online-Handel gewinnt massiv an Bedeutung. 2017 kaufen Schweizer Konsumenten für 8,6 Milliarden Franken Waren und Güter online, eine Steigerung von zehn Prozent gegenüber 2016. Die Online-Käufe im Ausland haben sich dabei seit 2011 verdreifacht.
Der Trend zum Online-Shopping geht also ungebremst weiter, das zeigen auch die Zahlen zur grossen Shopping-Orgie die üblicherweise nach Thanksgiving in den USA - und immer mehr auch in Europa - über die Bühne geht. Laut Adobe Analytics, das die Online-Ausgaben verfolgt, lagen die Verkäufe am Schwarzen Freitag rund 24 Prozent über dem Vorjahresniveau und erreichten einen Rekordwert von 6,2 Milliarden US-Dollar. Interessant dabei ist, dass auch die stationären Shops vom Boom profitiert haben.
Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass, obwohl das Online-Shopping für viele eine Präferenz bleibt, die Käufer doch noch in den Laden strömen. Die Rückgänge des Kundenverkehrs in “echten“ Läden beginne, sich abzuflachen, berichtet die Marktforschungsfirma ShopperTrak, und das Marktforschungsunternehmen NPD Group glaubt, dass sich der stationäre Handel wieder relevanter gemacht habe.
Auf der Online-Seite zeigt sich, dass der Online-Riese Amazon in den vergangenen Jahren seine Vormachtstellung nicht nur über sein eigenes Handelsgeschäft weiter ausgebaut hat, sondern aktuell vor allem vom florierenden Marktplatzgeschäft. So macht allein Amazon's Marketplace gemäss IFH rund 25 Prozent des gesamten deutschen Onlinehandels aus, während das Eigenhandelsgeschäft rund 21 Prozent ausmacht. Lediglich ein Viertel der Onlineumsätze sind noch völlig unabhängig von Amazon. Genutzt als Produktesuchmaschine und zum Informations- und Preisvergleich, beeinflusst Amazon heute rund 29 Prozent der Onlineumsätze.

Thursday, November 22, 2018

Es gibt viele Gründe für den Bitcoinabsturz

Eigentlich überrascht es nicht, dass Bitcoin, der Leader unter den Kryptowährungen, wieder negative Schlagzeilen macht. Schliesslich wurde der Absturz des virtuellen Geldes von vielen Nörglern schon lange vorhergesagt. Ausserdem: Was rauf geht, muss auch wieder einmal runterkommen. Im Falle von Bitcoin fiel der Abstieg in den letzten Tagen sehr schmerzhaft aus.

Der Bitcoin-Boom ist vorbei - aber für wie lange?                              Bild pixabay
Bitcoin hat viele Vorteile: Die Währung ist bankenunabhängig, dezentral, relativ regierungsunabhängig, und fälschungssicher. Bitcoin hat aber auch Nachteile. Die Herstellung frisst immer mehr Energie und ist deshalb nicht umweltverträglich, Kryptowährungen sind sehr volatil und die Regulierungsabsichten von Regierungen sind absehbar, was die Zukunft der Coins stark beeinflussen könnte. Regierungen auf der ganzen Welt haben begonnen, sich um Bitcoin zu kümmern und wollen digitale Währungskontrollen einführen  - etwas, das am Bitcoin-Markt aus verschiedenen Gründen aufmerksam verfolgt wird. In den USA hat die Securities and Trade Commission angefangen, administrative Vorgaben durchzusetzen. Und, wie die Kryptowährungswebsite smartereum.com schreibt, liege ein Grund im Bitcoin-Absturz darin, dass viele Spekulanten in den USA ihre Gewinne versteuern müssten - und deshalb Teile ihrer Bitcoin-Holdings verkaufen. Die faz sieht noch andere Gründe:
“Die zahlreichen Nachfolgewährungen, die auf Bitcoin basieren, führen nun dazu, dass Bitcoin selbst ausblutet. Seit dem Rekordhoch vor gut einem Jahr hat sich der Kurs um 80 Prozent verringert. Der Grund liegt in den zahlreichen anderen digitalen Produkten. Sie wurden erfunden, um Digitalwährungen weiterzuentwickeln. Doch jeder glaubt, er sei auf dem richtigen Weg. Genau das zieht Rechenleistung von Bitcoin ab, auch werden Bitcoin in andere digitale Währungen und Anlagen umgetauscht. Dazu überziehen sich die einzelnen Lager mit Drohungen, Beschimpfungen und Schmähungen. Der Handel mit Bitcoin Cash wurde auf vielen Marktplätzen ausgesetzt. Es kann sich kein Vertrauen bilden, wenn der Handel einem Schlachtfeld gleicht. Ein Abgrund droht.“
Die Zeit erklärt, weshalb die Behörden potentiell einen sehr starken Einfluss auf Kryptowährungen haben können:
“Wenn es um die große Frage geht, warum Bitcoin abstürzte, heißt es in der Szene oft: "Überhitzung". Eine ungeliebte Wahrheit sind aber auch Kontrollen von Behörden, die seit 2018 den Preis von Bitcoin beeinflussen. In China ist der Handel mit Coins verboten, andere Länder haben nun die Kontrollen verschärft. Dass Kryptowährungen vermehrt auf der Agenda von Regierungen stehen, überrascht Jochen Möbert, Ökonom bei der Deutschen Bank, nicht: "Die globale Geldmenge beträgt rund 100 Billionen US-Dollar. 2017 verzwanzigfachte sich die Marktkapitalisierung für Kryptowährungen auf rund eine Billion Dollar. Das ist wirklich enorm. Mit solchen Wachstumsraten wäre in kurzer Zeit ein paralleles Währungssystem entstanden.“
Auch wenn es momentan mit Bitcoin und Co. bergab geht, besteht, wenn man sich die historischen Charts der Kryptowährungen anschaut, durchaus noch Grund zur Hoffnung. Auf eine Kurserholung hoffen viele, die in Bitcoin und Co. investiert haben:
“Auf dem Aktienmarkt wird bereits spekuliert, wann mit Bitcoin gehandelt wird. In den USA gibt es Bestrebungen, einen börsengehandelten Indexfonds (ETF) für Bitcoin einzuführen. Dadurch könnten große Summen an Investitionen in den Bitcoin-Markt gespült werden und am Ende den Kurs steigen lassen. Bisher gibt es keine Genehmigung, wohl weil der US-Börsenaufsicht Bitcoin noch zu heikel sind […] Und der Geist, den Bitcoin heraufbeschworen hat, breitet sich aus. Es gibt Widerstand gegen die US-Finanzaufsicht, die sich noch gegen das digitale Geld stemmt.“
Aber es gibt auch Realisten, um nicht zu sagen Pessimisten, zum Beispiel Lukas Hässig auf Insideparadeplatz.ch:
“Die Tech-Party könnte nun vorbei sein. Und der Zusammenhang zwischen Bitcoin und Tech-Aktien besteht womöglich nicht nur über Chipstocks und Cryptomining, sondern auch in der Psychologie. Dass sich Buchwerte quasi über Nacht in Luft auflösen können, wird plötzlich wieder allen bewusst.“

Friday, November 16, 2018

Im Darknet mit den eigenen Waffen geschlagen

Wer im Darknet operiert, ist zwar versteckt, nicht aber unverletzlich oder unauffindbar. Das zeigt der jetzt in Deutschland stattfindende Prozess gegen den Betreiber eines Forums, in dessen Rahmen Drogen und Waffen gehandelt wurden. Eine dieser Waffen war bei einem Amoklauf in München im Juli 2016 zur Ermordung von neun Menschen benutzt worden.

Das Darknet ist Teil des sogenannten Deep Web. Auf diesen, den grössten Teil
des Internets, kann nur beschränkt zugegriffen werden.                  Bild Pixabay
Das Darknet ist jener Bereich des Internets, der nur mit einem speziell verschlüsselten Browser erreicht werden kann, wo sich kriminelle Drogendealer, Waffenhändler und Auftragskiller tummeln, denen die Behörden nur schwer auf die Schliche kommen. Allerdings können sich auch diejenigen, die sich im Darknet kriminell betätigen, nie ganz sicher fühlen - trotz verschiedener Schichten von Verdeckungstechnologie. So kann unter anderem die Bezahlung von Dienstleistungen mit Kryprowährungen zur Feststellung einer Identität führen. Genau das ist im Falle des Forumsbetreibers im Zusammenhang mit dem Amoklauf in München passiert. Wie golem.de berichtet,
“Ein technischer Ermittler des BKA erzählt vor Gericht, wie die Fahnder herausfanden, dass Alexander U. die Seite betrieb. Lucky rief unter seinem Pseudonym zu Spenden auf, um die Kosten für seinen Server zu decken. Knapp 10.000 Euro wurden mit der Digitalwährung Bitcoin eingezahlt. Die Ermittler konnten den Weg des Geldes nachverfolgen, er führte sie zu bitcoin.de, einem Marktplatz für die Währung. Die Ermittler forderten von den Betreibern der Seite Bestandsdaten an, so kamen sie auf Alexander U. und seine Wohnadresse in Karlsruhe.“
Der Administrator der Darknet-Plattform gab vor Gericht an, dass er mit seinen Aktivitäten habe Datenschutz betreiben wollen. Ihm sei es darum gegangen, eine Plattform zu schaffen, auf der man in Zeiten von Massenüberwachung anonym kommunizieren und surfen konnte. Allerdings unterstützte er die Nutzer seiner Plattform auch aktiv bei ihren anonymen Aktivitäten:
“Neue Drogenverkäufer mussten sich direkt an Lucky wenden und ihm Bilder schicken. Zu sehen sollten sein: Nutzername, Datum, die Drogen und der Name des Forums sowie ein "aussagekräftiger Aussagetext", wie es der Staatsanwalt formuliert. Lucky musste dann entscheiden, ob er diese Beiträge freischaltete…“
Selbstverständlich besteht für die Nutzer des Darknets immer das Risiko, dass sie in der richtigen Welt dabei ertappt werden, wenn sie mit illegalen Waren aus der dunklen Zone beliefert werden - oder wenn sie solche Waren weiter liefern. Denn auch die Guten sind im Darknet aktiv. Und sie wissen durchaus, welche Fallen sie stellen müssen, um Erfolg zu haben. :
“Ermittlern fällt es immer schwerer, Verdächtige zu überwachen und Tätern auf die Spur zu kommen. Smartphones verschlüsseln den Speicher, Rechner die Festplatte, und Messenger wie Whatsapp gewähren Dritten keinen Zugriff auf die Nachrichten. Die Verschlüsselung ist technisch meist so sauber umgesetzt, dass Fahnder nicht mitlesen können […] Wenn Verdächtige mit verschlüsselten Chat-Apps kommunizieren, lassen sich Beamte das entsperrte Smartphone unter einem Vorwand aushändigen - zum Beispiel am Flughafen - und stellen Whatsapp so ein, dass fortan auch die Ermittler mitlesen können, über einen Web-Browser. Schließlich finden die Ermittler einen Weg, um Lucky zu knacken. Es ist eine Mischung aus roher Gewalt und psychologischer List. Die Fahnder wissen: Wenn sie Lucky festnehmen, muss der Laptop aufgeklappt bleiben. Sonst hätten sie keinen Zugriff auf die Daten und könnten die Beweise nicht sichern. Mit einem Rammbock positionieren sich die Einsatzkräfte vor seiner Tür. Gleichzeitig versuchen sie, Lucky weiszumachen, dass seine Plattform technische Schwächen aufweise - ein Affront für den Mann, dessen IT-Kenntnisse selbst Ermittler bewundern. Lucky beißt an und sitzt wie gebannt vor seinem Laptop. Dann kracht der Rammbock in die Tür…“
Es ist ermutigend, dass es den Behörden gelungen ist, wieder eine Darknet-Handelsplattform stillzulegen. Realistischerweise muss aber angenommen werden, dass es sich bei den Erfolgen der Fahnder nur um den kleinsten Teil der dunklen Machenschaften im versteckten Internet handelt.

Monday, November 12, 2018

Alibaba: Singles-Day-Umsätze, die eigentlich gar keine sind

Die Europäischen Medien und E-Commerce-Veranstalter sind schon länger vom Singles-Day in China fasziniert. Das ist verständlich: Jedes Jahr gibt es neue Umsatzrekorde, und es scheint als ob der steile Anstieg der Verkaufskurve für Online-Plattformen wie Alibaba gar nicht mehr zu stoppen wäre. Die Zahlen sind tatsächlich eindrücklich, aber längst nicht so gewaltig, wie es die Händler gerne hätten.


Alibaba ist das grösste chinsesische IT-Unternehmen.                     alibaba.com
Alibaba ist eine riesige Chinesische Verkaufsplattform, wo es quasi nichts gibt, das es nicht gibt. Alibaba ist das grösste IT-Unternehmen in China und bedient nicht nur den riesigen und weiter wachsenden chinesischen Markt, sondern, zu einem gewissen Grad, auch die restliche Welt. Und jedes Jahr am Chinesischen Singles Day publiziert das Unternehmen aufsehenerregende “Umsatzzahlen“, die von den globalen Medien gefeiert und weiterverbreitet werden. Aber es gibt ein Problem: Auch wenn fast alle Publikationen von Umsätzen, Einnahmen oder gar von Profiten sprechen, handelt es sich bei den Alibaba-Zahlen um etwas anderes. ZDNet.de definiert richtig:
“Bis um Mitternacht gingen laut Alibaba Bestellungen mit einem Brutto-Handelsvolumen (Gross Merchandise Value, GMV) von 30,8 Milliarden Dollar ein – und damit 27 Prozent mehr als im letzten Jahr […]Tatsächlich entspricht das Gross Merchandise Volume nicht den Umsatzerlösen (Net Sales), da Rabatte, verbundene Kosten und retournierte Produkte keine Berücksichtigung finden.“
Mit anderen Worten: Wenn Alibaba 100 Fernseher für 250 Dollar verkauft, die es vorher mit 1000 Dollar pro Stück bewertet hat, landen 100‘000 Dollar in der Verkaufsstatistik. Die Amerikanische Wirtschaftsagentur Bloomberg kritisiert denn auch die Veröffentlichung dieser Zahlen scharf, da sie keine Aussagekraft hätten. Alibaba-Gründer Jack Ma habe das schon vor zwei Jahren zugegeben, schreibt die Publikation:
“Das hat Alibaba und zahlreiche Medien aber nicht davon abgehalten, diese Zahlen jeden 11. November herauszuposaunen. Sie sollten alle damit aufhören. Während Singles-Day-GMV seit seiner ersten Inkarnation im Jahr 2009 exponentiell gestiegen ist, haben Umsatz und Gewinn nicht Schritt gehalten […] Das ist wichtig, denn Chinas Wirtschaft verlangsamt sich. Alibaba und seine Mitbewerber, darunter Baidu Inc. und Ctrip.com International Ltd., beginnen dies zu spüren.“
Der Bloomberg-Autor sagt voraus, dass Alibaba in Zukunft aufhören wird, Singles-Day-GMV zu veröffentlichen. Irgendwann werde es keinen neuen Rekord mehr geben, was der Stimmung und dem Image abträglich wäre. 
Tatsächlich kann Alibaba riesige "echte“ Umsätze verbuchen. Und die weltweiten Medien würden bestimmt auch darüber berichten. Nutzbringend wäre es allerdings, wenn die Berichterstattung zu diesem Thema schon heute realistischer wäre.

Thursday, November 8, 2018

5G-Technologie: die Formel 1 der Mobilfunk-Industrie kommt in die Schweiz

Es war eine Weltpremiere: Die Swisscom hat zum ersten Mal ein Smartphone mit 5G-Midband-Chipset von Qualcomm mit einem 5G-Livenetz (in Luzern) verbunden. Auch ein Hotspot der taiwanesischen Firma WNC mit dem identischen Chipset wurde mit dem 5G-Livenetz verbunden. Der 5G-Ausbau schreitet voran. Seit heute ist das Netz auch punktuell in Luzern, Bern, Genf und Zürich auf einer Testfrequenz live – nach Burgdorf.

5G ist in einem Jahr geschrumpft - von Kühlschrankgrösse auf (klobiges)
Smartphone-Format. Im Laden dürfen die ersten 5G-Handys schon im nächsten
Sommer erwartet werden.                                                              Bild Swisscom
Die 5G-Technologie entwickelt sich rasant. Bis Ende 2019 plant Swisscom den punktuellen Ausbau in 60 Städten und Gemeinden schweizweit.
Die Entwicklung widerspiegelt sich auch bei den Geräten: Vor einem Jahr wogen 5G-Testgeräte noch eine Tonne und massen einen Kubikmeter. Swisscom präsentierte nun erstmals handliche 5G-Geräte: einen Smartphone-Prototypen von Qualcomm und einen mobilen Hotspot des taiwanesischen Herstellers Wistron NeWeb Corporation. Beide Geräte wurden mit dem 5G-Live-Netz in Luzern verbunden.
Noch ist das 5G-fähige Smartphone allerdings nicht kommerziell verfügbar. Experten erwarten, dass schon im nächsten Sommer erste 5G-Smartphones auf den Markt kommen. Erste Industrieanwendungen sind entwickelt, die das Potential von 5G aufzeigen. Die Swisscom baut das 5G-Netz nicht nur in Städten, sondern auch in ländlichen Gebieten und Tourismusregionen aus. Swisscom-CEO Urs Schaeppi sagt: 
"Bei 3G fragte man sich damals, wer mobiles Internet überhaupt brauche? Heute haben Mobilfunkanwendungen auf 3 und 4G unseren Alltag massgeblich verändert. Mit 5G erleben wir jetzt den gleichen Moment."
Doch was genau ist 5G eigentlich? Für die Nutzer von Smartphones, Tablets und Laptops bringt 5G vor allem Speed. Zitat aus der Welt:
“5G wird bis zu 100-mal schneller sein als das heutige LTE. Der 5G-Standard ermöglich Downloads mit einer Geschwindigkeit von 10 Gigabit pro Sekunde, was 10.000 Megabit pro Sekunde entspricht. Ein 5G-Smartphone oder ein Laptop mit einem 5G-Datenstick könnte den Inhalt einer ganzen DVD mobil in nur 3,6 Sekunden laden. Das ist 625-mal schneller als der beste DSL-Festanschluss daheim. Ein weiterer Vorteil für den Mobilnutzer ist die Fähigkeit der neuen 5G-Antennen, ihn quasi punktgenau zu orten und dann die benötigte Datenbandbreite gezielt an seinem Ort zur Verfügung zu stellen […]So fantastisch diese neuen Möglichkeiten klingen – der neue 5G-Standard wurde nicht in erster Linie für die Smartphone-Nutzer entwickelt. Die neue Technik ist für viele anvisierte Innovationen zwingend erforderlich: in den Fabriken der Zukunft („Industrie 4.0“) werden Maschinen und Roboter mithilfe von 5G miteinander kommunizieren. Und auch die autonomen Fahrzeuge der Zukunft werden untereinander Daten per 5G austauschen. Das sogenannte Internet der Dinge, also Haushaltsgeräte und Gegenstände aller Art, die jederzeit mit dem Internet verbunden sein sollen, werden Daten via 5G senden und empfangen. 5G ist also nicht nur irgendein neuer Mobilfunkstandard. Diesmal geht es um eine technologische Revolution…“

Monday, November 5, 2018

Die Hersteller versuchen, den Smartphone-Boom zu verlängern

Es ist fraglich, ob es je notwendig war, alle Jahre ein neues Smartphone-Modell anzuschaffen. Aber es scheint, dass dieses User-Verhalten zum Smartphone-Boom der vergangenen Jahre beigetragen hat. Nun scheint sich dieses Verhalten geändert zu haben: Die Technologie wird nicht schnell genug besser, um ein Upgrade zu rechtfertigen. Allerdings gibt es auch noch andere Gründe für den schrumpfenden Smartphone-Markt.

Die fünf grössten Smartphone-Hersteller und ihre Marktanteile
(zum Vergrössern anklicken).
Die Zahl der verkauften Smartphones ist auf der ganzen Welt rückläufig. Im letzten Quartal wurden immerhin noch 355,2 Millionen Geräte ausgeliefert - was gemäss IDC einem Rückgang von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr ausmacht. Allein Samsung, der grösste Hersteller mit einem globalen Marktanteil von 20,3 Prozent, lieferte im letzten Quartal 13 Prozent weniger Smartphones aus - vor allem in den riesigen Märkten China und Indien.
Dafür hat der chinesische Hersteller Huawei aufgeholt und ist bei den Auslieferungen an Apple vorbeigezogen. Huawai wurde nicht zuletzt dank dem P20 Pro Smartphone zum zweitgrößten Smartphone-Hersteller der Welt. Ob Apple wieder aufholen kann, wird sich schon bald zeigen, da gleichzeitig mit dem Verkaufsbeginn des Apple iPhone XR das Huawei Mate 20 Pro erschienen ist. Beide Geräte rangieren in der Spitzenklasse und werden generell sehr gut bewertet. Vorläufig belegt Huawei aber den zweiten Platz auf der Herstellerrangliste, gleich nach Samsung, obwohl der Huawei Marktanteil mit 14,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal ebenfalls leicht rückläufig war. Im Jahresvergleich stieg der Marktanteil allerdings um fast ein Drittel.
Die IDC-Zahlen zeigen, dass der gesamte weltweite Smartphone-Markt in diesem Jahr erstmals schrumpfen wird - um ein rundes Prozent. Zum Vergleich: In den letzten fünf Jahren betrug das durchschnittliche Wachstum 16 Prozent.
Eines der grössten Probleme im Smartphone-Markt stellt gegenwärtig China dar, das bei weitem nicht mehr das enorme Wirtschaftswachstum aufweist, wie früher. Seit anderthalb Jahren sind die Verkäufe in China rückläufig. Die hohe Penetrationsrate, gemischt mit schwierigen wirtschaftlichen Zeiten, habe den grössten Smartphone-Markt der Welt verlangsamt, erklärt Ryan Reith von IDC.
Die Sättigung des Marktes lässt die Hersteller auf fortgeschrittene Technologien wie 5G und Features wie Mehrfachkameras setzen. Wie weit dies die User dazu verleiten wird, ihre Handys öfter zu ersetzen, ist schwer abzuschätzen.

Da weltweit auch grosse Lagerbestände im Vertrieb eine Rolle bei der Entwicklung des Smartphone-Marktes spielen, könnte es durchaus sein, dass auch die Verbraucher mittelfristig vom schrumpfenden Markt profitieren könnten - in der Form von sinkenden Preisen.

Thursday, November 1, 2018

Das teuerste Unternehmen der Welt erhält so viel Gratiswerbung wie sonst niemand

“Das sind die neuen Apple Produkte“, titelt die Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ  in grossen Buchstaben und einem Bild des neuen iPad zuoberst auf der Titelseite ihrer digitalen Ausgabe am 31. Oktober, am Tag der aktuellsten Apple-Gerätepräsentation. Und die Frankfurter sind nicht die einzigen, die eine der reichsten Firmen der Welt mit derartiger Gratiswerbung verwöhnen. Wieso eigentlich?

Vorschau auf den Apple Oktober-Event im Spiegel: Wer
braucht da noch Werbung...                    Screengrab Spon 
Wenn Apple neue Geräte ankündigt, benehmen sich die Fachjournalisten wie kleine Kinder um Weihnachten. Wochen, manchmal schon Monate vor der Präsentation erscheinen die ersten Artikel mit wilden Spekulationen über neue Features der neuen Computer und Smartphones. Seiten werden gefüllt mit „Informationen“ die aus vertraulichen Apple-Qellen kommen und schon lange vor der Veröffentlichung die extremen Vorteile der neuen Gadgets preisen. Wenn dann der grosse Tag endlich kommt - und das tut er alle paar Monate - kann sich die Fachpresse kaum mehr halten vor Aufregung. Entsprechend fallen auch die Artikel über die neusten Apple-Produkte aus: Meistens lesen sie sich eher wie ein Flyer oder Werbeprospekt des Herstellers. Oft mit noch mehr Pathos (aus dem erwähnten FAZ-Artikel:
“Dass es auch einen neuen Mac Mini gibt, haben die meisten Freunde des Hauses nicht mehr zu hoffen gewagt…“
Was ist hier eigentlich los?
Der Hauptgrund für die überbordende Berichterstattung liegt wohl darin, dass die meisten Medien im Zeitalter des 24-Stunden-News-Zyklus‘ ganz einfach nur glücklich darüber sind, dass ihnen Apple die Möglichkeit bietet, vor dem Event, während des  Events und nach dem Event ihre blanken (meistens digitalen) Seiten zu füllen. Inhalte, die tatsächlich etwas beinhalten, sind nicht immer einfach zu beschaffen, was auch Fachjournalisten nur zu gut wissen. Ausserdem liegt die kindlich bewundernde Berichterstattung daran, dass fast alle Fachjournalisten die Apple-Produkte grossartig finden. Allerdings vergessen sie dabei oft, dass Apple zwar einen netten Marktanteil hat aber ltrotzdem nur einen Bruchteil des Marktes beherrscht. Das macht Apple zu einem elitären Produkt - und darüber berichtet man umso lieber. 
Im Smartphone-Bereich zum Beispiel, beherrschen Android-Geräte mehr als 85 Prozent des Marktes. Im PC-Markt erreicht Mac OS nicht einmal mehr 5 Prozent. Das mag unter anderem daran liegen, dass die Apple-Produkte sehr viel teurer sind, als jene der Konkurrenz.  Deshalb ist es umso beeindruckender, wie Apple sich die Medienwelt zu Nutzen macht. Eine Google-News-Suche am 1. November zum Apple-Event am Vortag ergab 466‘000 Treffer (in Englisch).
Da lässt sich schon ein ganz schöner Batzen an Werbegeld sparen.

Monday, October 29, 2018

Open Source ist gratis - aber nicht billig

34 Milliarden US-Dollar hat IBM ausgegeben, um mit dem Open-Source-Spezialisten Red Hat den grössten Firmenkauf seiner Geschichte zu tätigen. Das ist sehr viel Geld, vor allem wenn man bedenkt, dass das Unternehmen Red Hat seine bekanntesten Produkte kostenlos abgibt. IBM hat aber durchaus gute Gründe dafür, soviel Geld auszulegen.

                                                                                        Screengrab redhat.com
Red Hat ist wohl am besten bekannt für sein Enterprise Linux Betriebssystem; und weil Red Hat eben ein Open-Source-Softwareunternehmen ist, gibt es den Source Code gratis ab. Dieses Angebot wird von Millionen von Usern genutzt - auch von anderen Software-Unternehmen. Oracle verwendet den Red Hat Source Code für sein eigenes Oracle Linux-Produkt. Wie kann Red hat mit diesem Geschäftsmodell Geld verdienen? Das Unternehmen bietet Support für seine Produkte und generiert damit immerhin 3 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr. Was an sich immer noch keinen guten Grund für IBMs 34-Milliarden-Kauf darstellt. Aber IBM macht schon lange bei verschiedenen Open-Source-Projekten mit, und findet besonderen Gefallen an Linux. Was einst eine absolute Randerscheinung war, ist heute zu einem zentralen IT-Bestandteil für unzählige, vor allem grosse Unternehmen geworden: Die gemeinsame Verbesserung und Nutzung von Code bringt viele Vorteile. Das ist der erste gute Grund. Der zweite: IBM will als Cloud-Unternehmen vorwärts kommen. Zwar ist Red Hat kein grosser Cloud Services Provider, ist aber ein wichtiger Spezialist beim Aufbau von Cloud-Diensten und bietet zahlreiche Produkte für Unternehmen, eigene Cloud-Dienste aufzubauen. Dazu gehört auch OpenShift, welches wiederum auf den immer populäreren Linux-Containern basiert. Für das Handelsblatt ist klar, dass es sich bei diesem grössten Firmenkauf der IBM-Firmengeschichte nicht um eine Liebesheirat handelt:
“Red Hat hat ein Linux-Betriebssystem für den Unternehmenseinsatz, das IBM braucht. Die Firma besitzt ausgereifte Produkte der „Middleware“, sozusagen des Schmiermittels zwischen den Computern in der Cloud oder im Rechenzentrum und der Anwendungssoftware, die auf ihnen laufen soll. IBM wird so zum Komplettanbieter für das Management von mehreren Clouds in einem Unternehmen. Vor allem aber ist IBM damit ein großer Spieler im Geschäft mit Open Source, der quelloffenen Software […] IBM könnte sein eigener größter Feind werden, wenn versucht wird, Red Hat auf den alten IBM-Weg zu bringen: den Kunden mit Haut und Haaren einfangen und dann an sich binden, zum Beispiel durch Optimierung nur noch auf IBM-Produkte und -Lizenzen. Dieser Versuchung muss IBM widerstehen. Sonst wird der teure Red-Hat-Kauf ein Reinfall.“
Red Hat beschäftigt übrigens mehr als Zwölftausend Mitarbeiter - gemäß IBM-Chefin Ginny Rometty sollen sie alle übernommen werden.

Thursday, October 25, 2018

Google will mit Ihnen noch persönlicher werden

Google ist der mächtigste der mächtigen Internet-Giganten - und möchte das auch in Zukunft bleiben. Damit sich weiterhin während jeder Minute viele Millionen Menschen mit ihren Fragen an die grösste aller Suchmaschinen wenden - die in Tat und Wahrheit schon längst ein Monopol hat - will Google in nächster Zeit massive Änderungen einführen. KI wird dabei eine wichtige Rolle spielen.

Discovery - um die User länger
zu fesseln.              Bild Google
Viele hundert Milliarden Internet-Seiten hat Google gemäß eigenen Angaben indexiert, damit die Google-Suche in mehr als 150 Sprachen und über 190 Ländern angeboten werden kann. Aber Google will mehr, als nur Fragen beantworten. Die Suchmaschine will ihre Nutzer und deren Bedürfnisse kennenlernen und sie mit Informationen versorgen, noch bevor sie eine Frage stellen. Der erste Schritt zu diesem Ziel war der sogenannte Google-Feed, der auf der Startseite erscheint - wenn er vom User nicht unterdrückt wird. Google hat aber weit grössere Ambitionen; mit künstlicher Intelligenz und neuen personalisierten Angeboten. Gemäss Google-Blog könne man jetzt die Sprache der User verstehen, wie nie zuvor:
“Jetzt aber haben wir den Punkt erreicht, an dem neuronale Netze uns einen entscheidenden Schritt weiterhelfen, wenn es darum geht, nicht nur Worte zu verstehen, sondern Konzepte. Mit sogenannten “Neural Embeddings”, einer Form neuronaler Netze, können wir Worte in allgemeinere Darstellungen der zugrundeliegenden Konzepte verwandeln. Diese Konzepte können wir in der Suchanfrage mit den Konzepten der Websites abgleichen. Diese Methode nennt man “Neural Matching” […] Ob es darum geht, potenziell durch eine Überflutung gefährdete Gebiete vorauszusagen oder euren Traumjob zu finden: Mithilfe von KI können wir viel besser und schneller die passenden Informationen liefern.“
Tatsächlich funktioniert Google heute weniger wie eine Suchmaschine, sondern mehr wie eine gigantische und allwissende Auskunftsagentur. Sie beantwortet Fragen und ist fast nie um eine Antwort verlegen. Die neue Google-Strategie will aber viel mehr, wie die SZ erklärt:
“Statt Nutzer möglichst schnell wegzuschicken, sollen sie künftig so lang wie möglich bleiben. Dann kann Google mehr Werbung einblenden und mehr Daten sammeln. Denn darum geht es: Google wettet darauf, dass es mehr über seine Nutzer weiß als Facebook und ihnen zum richtigen Zeitpunkt die passenden Inhalte anzeigen kann. Der Suchverlauf verrät Interessen, Pläne und heimliche Vorlieben, von denen nicht einmal die engsten Freunde wissen: das nächste Reiseziel, das Geburtstagsgeschenk für den Partner, manchmal sogar Schwangerschaften, noch bevor es die Frau selbst ahnt. Google kennt die E-Mails von knapp anderthalb Milliarden Gmail-Nutzern und kann über Chrome und Android, den größten Browser und das dominierende Smartphone-Betriebssystem, weitere wertvolle Daten sammeln. Googles Werbenetzwerke und Tracking-Werkzeuge durchziehen das gesamte Netz wie digitale Wanzen, die Information über fast alle Klicks an Google übertragen. Diesen gewaltigen Datenschatz nutzt das Unternehmen, um personalisierte Werbung anzuzeigen. Nun soll er auch als Grundlage für individuell zugeschnittene Inhalte dienen. Diese kuratierten Inhalte, die Google bald auf der mobilen Webseite standardmäßig anzeigen will, wurden jahrelang getestet. 2012 startete Google Now, später wurde daraus der Google-Feed, ab sofort heißt der Nachrichtenstrom Discover. “
Googles Anstrengungen, mit seinen Nutzern noch persönlicher zu werden, kommen nicht überall gut an. Immer wieder wird davor gewarnt, dass das Unternehmen durch seine Datensammlung zu viel Macht (und Geld) anhäuft. So argumentiert zum Beispiel aktuell die schweizerische Handelszeitung, der Staat müsse Google und Co. endlich “bändigen“:
“Das Digi-Oligopol diktiert. Sodass sich heute ein jeder für die FANG-Algorithmen zu optimieren sucht. Doch wie Google sucht, Facebook informiert oder Amazon handelt, bleibt nebulös. Ihre Algorithmen sind Geschäftsgeheimnis. Sie entziehen sich jeglicher demokratischen Kontrolle. Obgleich ihre Handlungsvorschriften uns die Welt (ausserhalb unserer physischen) überhaupt erst ordnen und vermitteln. Eine gigantische Wirkungsmacht, die es endlich rechtsstaatlich zu bändigen gilt.“

Monday, October 22, 2018

Politik, Facebook und ein Job, der sich lohnt

Als ob Facebook nicht schon genug Image-Probleme hätte: Jetzt holt sich das Unternehmen auch noch einen früheren britischen Politiker in die Teppichetage. Dieser kam gerne: Verglichen mit seinem früheren Job verdient er beim Social-Media-Konzern ein Vielfaches (von mehr als fünf Millionen US-Dollar pro Jahr ist die Rede) um das Unternehmen in der Öffentlichkeit gut aussehen zu lassen. Die Frage ist nur: Was spricht dafür, dass ihm das gelingen wird.

Nick Clegg: Vom Politiker und Wahlverlierer in die Chefetage von Facebook.
                                                                                      Bild WEF/Moritz Hager
Über Nick Clegg sprach man in Grossbritannien nicht mehr so viel - bis heute. Seine Zeit im Rampenlicht endete nach den Parlamentswahlen im Jahr 2015, als seine Partei, die Liberaldemokraten, die für fünf Jahre eine Regierungskoalition  mit den Konservativen gebildet hatte, 49 von 57 Sitzen verlor. Mr. Clegg verlor als Folge seinen nicht sehr einflussreichen aber doch gut klingenden Titel als Vize-Premier und seine Rolle als Parteivorsitzender. Bei den Wahlen im Jahr 2017 verlor er schliesslich auch noch seinen Sitz im Parlament an eine Vertreterin der Labour-Partei.
Aufgrund dieses Leistungsausweises  scheint also nicht ganz klar zu sein, wieso er seinen hochdotierten PR-Posten bei Facebook bekam - auch wenn verschiedene Europäische Medien es völlig selbstverständlich finden, dass ein hohes Regierungsamt zu einem hochdotierten Posten in der Privatindustrie führt - wie zum Beispiel die Zeit:
“Auf den Liberaldemokraten warten große Aufgaben: Seit Bekanntwerden des Datenskandals, bei dem die Analysefirma Cambridge Analytica die Informationen von 87 Millionen Mitgliedern missbrauchte, um im US-Präsidentschaftswahlkampf Donald Trump zu unterstützen, steht Facebook in der Öffentlichkeit unter Druck. Immer wieder werden Rufe nach einer schärferen Regulierung laut. Mit der Verpflichtung von Clegg überraschte Facebook die Branche. Wie die BBC berichtet, soll das Engagement des Briten auf Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und Vorstandschefin Sheryl Sandberg zurückgehen. Auch die Financial Times schreibt, Clegg sei von Zuckerberg und Sandberg monatelang umworben worden. Der Facebook-Gründer habe ihm schließlich zugesichert, dass er massgeblich die Strategie des Online-Netzwerks mitgestalten wird.“
Es gibt allerdings auch Journalisten, vor allem im Vereinigten Königreich, welche die Angelegenheit etwas kritischer sehen. Der Guardian, zum Beispiel, beschuldigt Clegg, geldgierig zu sein und titelt: “Wenn du den Zuckerberg-Schilling nimmst, lässt du deine Prinzipien hinter dir“. Und weiter:
“Herzlichen Glückwunsch zum neuen Job. Endlich echte Macht. Was war schon stellvertretender Premierminister. Sie sind jetzt Vizepräsident für globale Angelegenheiten und Kommunikation bei Facebook, einem Unternehmen, das, wie Mark Zuckerberg betont, weniger ein traditionelles Unternehmen als ein ausgewachsener Nationalstaat ist. Und nicht irgendein Nationalstaat - der mächtigste Nationalstaat der Welt, der 2 Milliarden Menschen beherbergt und bei keine unbequeme Wahlen gibt, die den "Fortschritt" bremsen. Wenn Sie dem obersten Anführer in den Arsch kriechen, sind Sie ein gemachter Mann. Betrachten Sie es als eine Art Koalition, gebildet im Jahr 2022 in Pjöngjang…“
So wie es aussieht, hat der zu PR-Mann mutierte Politiker bei Facebook eine schwierige Aufgabe vor sich. Zumindest kann er da nicht abgewählt werden.

Wednesday, October 17, 2018

Das Fernsehen der Zukunft kommt aus dem Internet

Streaming hat auch in der Schweiz den Massenmarkt erreicht - das zeigt eine Umfrage des Streaming-Providers Zattoo unter Schweizer  Internet-Nutzern. Dabei zeigt sich: Die TV-Streaming auf dem grossen TV-Bildschirm im Wohnzimmer wird immer selbstverständlicher, und die Nutzer wollen Fernsehen zunehmend flexibel konsumieren.

                                                                                                    Quelle: Zattoo
Dass Streaming bei jenen Usern erfolgreich ist, die es schon mal ausprobiert haben, ist nicht verwunderlich. Streaming ist praktisch, oft werbefrei und unabhängig vom Sendeplan der Produzenten der Inhalte. Junge User, die mit dem Internet aufgewachsen sind, können sich gar nicht mehr vorstellen, genau dann vor dem Fernseher zu sitzen, wenn eine Sendung auf dem Programm steht. Man möchte flexibel sein Lieblings-Programm schauen - auch wenn man mal zu spät nach Hause kommt. Die Ergebnisse der Zattoo-Umfrage zeigen denn auch klare Trends:
60 Prozent der Befragten geben an, YouTube zu nutzen. Live-TV via Internet nutzen 54 Prozent und jeweils rund 30 Prozent nutzen Mediatheken und Video-on-Demand-Angebote. Auch das eigentliche Fernsehen kommt zunehmend nicht mehr über Kabel, Satellit oder Antenne, sondern über das Internet: Schon 25 Prozent der Befragten streamen gelegentlich Live-TV. Angebote wie Mediatheken, YouTube, Netflix und Amazon Prime werden immer öfter auf dem großen Fernseher in der guten Stube konsumiert.
Auch das gute alte Fernsehen wird zunehmend flexibel konsumiert: Jeder Zweite User  nennt “zeitversetzt” als den größten Vorteil von Internet-TV. An zweiter Stelle steht die Verfügbarkeit auf mehreren Geräten - also die Ortsunabhängigkeit. Das verdeutlicht das große Potenzial von TV-Streaming - eben weil es den Bedürfnissen der Nutzer nach Flexibilität und Mobilität entspricht.
Das Streaming-Angebot ist auch in der Schweiz in den letzten Jahren rasant angewachsen und entwickelt sich auch hier zu einer Konkurrenz für die herkömmlichen Produzenten von Inhalten. Die Entwicklung zeigt aber, dass vorläufig noch die wenigsten Konsumenten auf ihre Live-TV-Angebote verzichten wollen - auch im Zeitalter von Netflix und Co. Wie die Zattoo-Umfrage zeigt, erfolgt aber auch die Lieferung traditioneller Inhalte, wie sie zum Beispiel von öffentlich rechtlichen Sendern produziert werden, immer öfter durch das Internet.

Thursday, October 11, 2018

Bitcoin - Shitcoin: Ein bekannter Ökonom erklärt Kryptowährung

Kryptowährungen im Allgemeinen und Bitcoin im Besonderen sind für viele Politiker und Ökonomen ein rotes Tuch. Das zeigte sich auch an einer kürzlichen Anhörung des amerikanischen Senats zum Thema Kryptowährungs- und Blockchain-Technologie. Der bekannte Ökonom Nouriel Roubini  war der erste Zeuge, und er nahm kein Blatt vor den Mund.

Die "Herstellung" von Bitcoin verbraucht extrem viel Energie. Kritiker sind
davon überzeugt, dass es das nicht wert ist.                                           Bild CC
Ein Bitcoin kostete heute (um 16 Uhr) rund 6200 Dollar und fast gleichviele Schweizer Franken. Damit hat die Währung seit ihrem Höhenflug  Ende 2017 rund 70 Prozent an Wert verloren, was die meisten Krypto-Apostel nicht weiter stört. Genau das ist es, was Nouriel Roubini meint, wenn er davon spricht, dass Bitcoin als Währung total überschätzt werde. Bitcoin sei die “Mutter des Betruges“ und die Welt stehe mitten in einer Krypto-Apokalypse“. Der Grund: Die beispiellose Bitcoin-Blase sei nur möglich gewesen, weil so viele Menschen absolut ohne Finanzwissen - “Menschen, die den Unterschied zwischen Aktien und Anleihen nicht kennen“ - in einen manischen Krypto-Rausch verfallen seien:
“Viele hätten Angst gehabt, den Boom zu verpassen. Und Scharlatane hätten das gnadenlos ausgenutzt. Auf dem Höhepunkt des Hypes drehten sie Roubini zufolge ahnungslosen Anlegern Bitcoins an, wo sie konnten. Tatsächlich verloren alle, die Ende 2017 kauften, viel Geld. Nach diesem „Krypto-Blutbad“, fährt Roubini fort, hätten sich die Schwindler – er nennt sie „Krypto-Schurken“ – der Technologie gewidmet, die dem Bitcoin zugrunde liegt: der Blockchain. Sie gelte als Heilmittel für die Probleme der Welt, sei in Wahrheit aber die „am wenigsten nützliche Technologie in der Geschichte der Menschheit.“ [... ]Roubini hält nichts von all dem. Den Bitcoin nennt er vor dem Senat sogar „Shitcoin“. Aber selbst das, sagt der Ökonom, sei noch zu freundlich. Es handele sich um eine Beleidigung von Dünger, der im Vergleich zu der Währung sehr wertvoll sei.“
Damit hatte der Ökonom seinen Fundus an starken Worten allerdings noch nicht ausgeschöpft. Bitcoin, das sich als völlig dezentralisiert preist, sei “zentralisierter als Nordkorea“, sei langsam und ineffizient  und funktioniere im Grunde genommen “wie eine schlechte Version von Microsoft Excel“, gab er zu Protokoll.
Ausserdem sprach er auch noch allen Politikern und Beamten ins Gewissen, die glauben, mit Bitcoin und Blockchain ihre Wirtschaft entwickeln zu können: Krypto-Land bestehe vor allem aus Betrügern, selbstsüchtigen Hausieren, Betrügern, Marktschreier, Scharlatanen und Kriminellen.

Roubini führte in seiner Stellungnahme auch die enorme Energieverschwendung an, die durch die digitale “Herstellung“ von Bitcoin anfällt (wir haben darüber berichtet). Dieser Bedarf wird entweder enorm weiterwachsen, von ungefähr einem halben Prozent des globalen Energieverbrauchs, wo er heute steht, auf bis zu fünf Prozent (!) - oder er wird zurückgehen. Die Kurve wird in die gleiche Richtung zeigen, wie der Bitcoin-Wechselkurs.