Monday, October 29, 2018

Open Source ist gratis - aber nicht billig

34 Milliarden US-Dollar hat IBM ausgegeben, um mit dem Open-Source-Spezialisten Red Hat den grössten Firmenkauf seiner Geschichte zu tätigen. Das ist sehr viel Geld, vor allem wenn man bedenkt, dass das Unternehmen Red Hat seine bekanntesten Produkte kostenlos abgibt. IBM hat aber durchaus gute Gründe dafür, soviel Geld auszulegen.

                                                                                        Screengrab redhat.com
Red Hat ist wohl am besten bekannt für sein Enterprise Linux Betriebssystem; und weil Red Hat eben ein Open-Source-Softwareunternehmen ist, gibt es den Source Code gratis ab. Dieses Angebot wird von Millionen von Usern genutzt - auch von anderen Software-Unternehmen. Oracle verwendet den Red Hat Source Code für sein eigenes Oracle Linux-Produkt. Wie kann Red hat mit diesem Geschäftsmodell Geld verdienen? Das Unternehmen bietet Support für seine Produkte und generiert damit immerhin 3 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr. Was an sich immer noch keinen guten Grund für IBMs 34-Milliarden-Kauf darstellt. Aber IBM macht schon lange bei verschiedenen Open-Source-Projekten mit, und findet besonderen Gefallen an Linux. Was einst eine absolute Randerscheinung war, ist heute zu einem zentralen IT-Bestandteil für unzählige, vor allem grosse Unternehmen geworden: Die gemeinsame Verbesserung und Nutzung von Code bringt viele Vorteile. Das ist der erste gute Grund. Der zweite: IBM will als Cloud-Unternehmen vorwärts kommen. Zwar ist Red Hat kein grosser Cloud Services Provider, ist aber ein wichtiger Spezialist beim Aufbau von Cloud-Diensten und bietet zahlreiche Produkte für Unternehmen, eigene Cloud-Dienste aufzubauen. Dazu gehört auch OpenShift, welches wiederum auf den immer populäreren Linux-Containern basiert. Für das Handelsblatt ist klar, dass es sich bei diesem grössten Firmenkauf der IBM-Firmengeschichte nicht um eine Liebesheirat handelt:
“Red Hat hat ein Linux-Betriebssystem für den Unternehmenseinsatz, das IBM braucht. Die Firma besitzt ausgereifte Produkte der „Middleware“, sozusagen des Schmiermittels zwischen den Computern in der Cloud oder im Rechenzentrum und der Anwendungssoftware, die auf ihnen laufen soll. IBM wird so zum Komplettanbieter für das Management von mehreren Clouds in einem Unternehmen. Vor allem aber ist IBM damit ein großer Spieler im Geschäft mit Open Source, der quelloffenen Software […] IBM könnte sein eigener größter Feind werden, wenn versucht wird, Red Hat auf den alten IBM-Weg zu bringen: den Kunden mit Haut und Haaren einfangen und dann an sich binden, zum Beispiel durch Optimierung nur noch auf IBM-Produkte und -Lizenzen. Dieser Versuchung muss IBM widerstehen. Sonst wird der teure Red-Hat-Kauf ein Reinfall.“
Red Hat beschäftigt übrigens mehr als Zwölftausend Mitarbeiter - gemäß IBM-Chefin Ginny Rometty sollen sie alle übernommen werden.

Thursday, October 25, 2018

Google will mit Ihnen noch persönlicher werden

Google ist der mächtigste der mächtigen Internet-Giganten - und möchte das auch in Zukunft bleiben. Damit sich weiterhin während jeder Minute viele Millionen Menschen mit ihren Fragen an die grösste aller Suchmaschinen wenden - die in Tat und Wahrheit schon längst ein Monopol hat - will Google in nächster Zeit massive Änderungen einführen. KI wird dabei eine wichtige Rolle spielen.

Discovery - um die User länger
zu fesseln.              Bild Google
Viele hundert Milliarden Internet-Seiten hat Google gemäß eigenen Angaben indexiert, damit die Google-Suche in mehr als 150 Sprachen und über 190 Ländern angeboten werden kann. Aber Google will mehr, als nur Fragen beantworten. Die Suchmaschine will ihre Nutzer und deren Bedürfnisse kennenlernen und sie mit Informationen versorgen, noch bevor sie eine Frage stellen. Der erste Schritt zu diesem Ziel war der sogenannte Google-Feed, der auf der Startseite erscheint - wenn er vom User nicht unterdrückt wird. Google hat aber weit grössere Ambitionen; mit künstlicher Intelligenz und neuen personalisierten Angeboten. Gemäss Google-Blog könne man jetzt die Sprache der User verstehen, wie nie zuvor:
“Jetzt aber haben wir den Punkt erreicht, an dem neuronale Netze uns einen entscheidenden Schritt weiterhelfen, wenn es darum geht, nicht nur Worte zu verstehen, sondern Konzepte. Mit sogenannten “Neural Embeddings”, einer Form neuronaler Netze, können wir Worte in allgemeinere Darstellungen der zugrundeliegenden Konzepte verwandeln. Diese Konzepte können wir in der Suchanfrage mit den Konzepten der Websites abgleichen. Diese Methode nennt man “Neural Matching” […] Ob es darum geht, potenziell durch eine Überflutung gefährdete Gebiete vorauszusagen oder euren Traumjob zu finden: Mithilfe von KI können wir viel besser und schneller die passenden Informationen liefern.“
Tatsächlich funktioniert Google heute weniger wie eine Suchmaschine, sondern mehr wie eine gigantische und allwissende Auskunftsagentur. Sie beantwortet Fragen und ist fast nie um eine Antwort verlegen. Die neue Google-Strategie will aber viel mehr, wie die SZ erklärt:
“Statt Nutzer möglichst schnell wegzuschicken, sollen sie künftig so lang wie möglich bleiben. Dann kann Google mehr Werbung einblenden und mehr Daten sammeln. Denn darum geht es: Google wettet darauf, dass es mehr über seine Nutzer weiß als Facebook und ihnen zum richtigen Zeitpunkt die passenden Inhalte anzeigen kann. Der Suchverlauf verrät Interessen, Pläne und heimliche Vorlieben, von denen nicht einmal die engsten Freunde wissen: das nächste Reiseziel, das Geburtstagsgeschenk für den Partner, manchmal sogar Schwangerschaften, noch bevor es die Frau selbst ahnt. Google kennt die E-Mails von knapp anderthalb Milliarden Gmail-Nutzern und kann über Chrome und Android, den größten Browser und das dominierende Smartphone-Betriebssystem, weitere wertvolle Daten sammeln. Googles Werbenetzwerke und Tracking-Werkzeuge durchziehen das gesamte Netz wie digitale Wanzen, die Information über fast alle Klicks an Google übertragen. Diesen gewaltigen Datenschatz nutzt das Unternehmen, um personalisierte Werbung anzuzeigen. Nun soll er auch als Grundlage für individuell zugeschnittene Inhalte dienen. Diese kuratierten Inhalte, die Google bald auf der mobilen Webseite standardmäßig anzeigen will, wurden jahrelang getestet. 2012 startete Google Now, später wurde daraus der Google-Feed, ab sofort heißt der Nachrichtenstrom Discover. “
Googles Anstrengungen, mit seinen Nutzern noch persönlicher zu werden, kommen nicht überall gut an. Immer wieder wird davor gewarnt, dass das Unternehmen durch seine Datensammlung zu viel Macht (und Geld) anhäuft. So argumentiert zum Beispiel aktuell die schweizerische Handelszeitung, der Staat müsse Google und Co. endlich “bändigen“:
“Das Digi-Oligopol diktiert. Sodass sich heute ein jeder für die FANG-Algorithmen zu optimieren sucht. Doch wie Google sucht, Facebook informiert oder Amazon handelt, bleibt nebulös. Ihre Algorithmen sind Geschäftsgeheimnis. Sie entziehen sich jeglicher demokratischen Kontrolle. Obgleich ihre Handlungsvorschriften uns die Welt (ausserhalb unserer physischen) überhaupt erst ordnen und vermitteln. Eine gigantische Wirkungsmacht, die es endlich rechtsstaatlich zu bändigen gilt.“

Monday, October 22, 2018

Politik, Facebook und ein Job, der sich lohnt

Als ob Facebook nicht schon genug Image-Probleme hätte: Jetzt holt sich das Unternehmen auch noch einen früheren britischen Politiker in die Teppichetage. Dieser kam gerne: Verglichen mit seinem früheren Job verdient er beim Social-Media-Konzern ein Vielfaches (von mehr als fünf Millionen US-Dollar pro Jahr ist die Rede) um das Unternehmen in der Öffentlichkeit gut aussehen zu lassen. Die Frage ist nur: Was spricht dafür, dass ihm das gelingen wird.

Nick Clegg: Vom Politiker und Wahlverlierer in die Chefetage von Facebook.
                                                                                      Bild WEF/Moritz Hager
Über Nick Clegg sprach man in Grossbritannien nicht mehr so viel - bis heute. Seine Zeit im Rampenlicht endete nach den Parlamentswahlen im Jahr 2015, als seine Partei, die Liberaldemokraten, die für fünf Jahre eine Regierungskoalition  mit den Konservativen gebildet hatte, 49 von 57 Sitzen verlor. Mr. Clegg verlor als Folge seinen nicht sehr einflussreichen aber doch gut klingenden Titel als Vize-Premier und seine Rolle als Parteivorsitzender. Bei den Wahlen im Jahr 2017 verlor er schliesslich auch noch seinen Sitz im Parlament an eine Vertreterin der Labour-Partei.
Aufgrund dieses Leistungsausweises  scheint also nicht ganz klar zu sein, wieso er seinen hochdotierten PR-Posten bei Facebook bekam - auch wenn verschiedene Europäische Medien es völlig selbstverständlich finden, dass ein hohes Regierungsamt zu einem hochdotierten Posten in der Privatindustrie führt - wie zum Beispiel die Zeit:
“Auf den Liberaldemokraten warten große Aufgaben: Seit Bekanntwerden des Datenskandals, bei dem die Analysefirma Cambridge Analytica die Informationen von 87 Millionen Mitgliedern missbrauchte, um im US-Präsidentschaftswahlkampf Donald Trump zu unterstützen, steht Facebook in der Öffentlichkeit unter Druck. Immer wieder werden Rufe nach einer schärferen Regulierung laut. Mit der Verpflichtung von Clegg überraschte Facebook die Branche. Wie die BBC berichtet, soll das Engagement des Briten auf Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und Vorstandschefin Sheryl Sandberg zurückgehen. Auch die Financial Times schreibt, Clegg sei von Zuckerberg und Sandberg monatelang umworben worden. Der Facebook-Gründer habe ihm schließlich zugesichert, dass er massgeblich die Strategie des Online-Netzwerks mitgestalten wird.“
Es gibt allerdings auch Journalisten, vor allem im Vereinigten Königreich, welche die Angelegenheit etwas kritischer sehen. Der Guardian, zum Beispiel, beschuldigt Clegg, geldgierig zu sein und titelt: “Wenn du den Zuckerberg-Schilling nimmst, lässt du deine Prinzipien hinter dir“. Und weiter:
“Herzlichen Glückwunsch zum neuen Job. Endlich echte Macht. Was war schon stellvertretender Premierminister. Sie sind jetzt Vizepräsident für globale Angelegenheiten und Kommunikation bei Facebook, einem Unternehmen, das, wie Mark Zuckerberg betont, weniger ein traditionelles Unternehmen als ein ausgewachsener Nationalstaat ist. Und nicht irgendein Nationalstaat - der mächtigste Nationalstaat der Welt, der 2 Milliarden Menschen beherbergt und bei keine unbequeme Wahlen gibt, die den "Fortschritt" bremsen. Wenn Sie dem obersten Anführer in den Arsch kriechen, sind Sie ein gemachter Mann. Betrachten Sie es als eine Art Koalition, gebildet im Jahr 2022 in Pjöngjang…“
So wie es aussieht, hat der zu PR-Mann mutierte Politiker bei Facebook eine schwierige Aufgabe vor sich. Zumindest kann er da nicht abgewählt werden.

Wednesday, October 17, 2018

Das Fernsehen der Zukunft kommt aus dem Internet

Streaming hat auch in der Schweiz den Massenmarkt erreicht - das zeigt eine Umfrage des Streaming-Providers Zattoo unter Schweizer  Internet-Nutzern. Dabei zeigt sich: Die TV-Streaming auf dem grossen TV-Bildschirm im Wohnzimmer wird immer selbstverständlicher, und die Nutzer wollen Fernsehen zunehmend flexibel konsumieren.

                                                                                                    Quelle: Zattoo
Dass Streaming bei jenen Usern erfolgreich ist, die es schon mal ausprobiert haben, ist nicht verwunderlich. Streaming ist praktisch, oft werbefrei und unabhängig vom Sendeplan der Produzenten der Inhalte. Junge User, die mit dem Internet aufgewachsen sind, können sich gar nicht mehr vorstellen, genau dann vor dem Fernseher zu sitzen, wenn eine Sendung auf dem Programm steht. Man möchte flexibel sein Lieblings-Programm schauen - auch wenn man mal zu spät nach Hause kommt. Die Ergebnisse der Zattoo-Umfrage zeigen denn auch klare Trends:
60 Prozent der Befragten geben an, YouTube zu nutzen. Live-TV via Internet nutzen 54 Prozent und jeweils rund 30 Prozent nutzen Mediatheken und Video-on-Demand-Angebote. Auch das eigentliche Fernsehen kommt zunehmend nicht mehr über Kabel, Satellit oder Antenne, sondern über das Internet: Schon 25 Prozent der Befragten streamen gelegentlich Live-TV. Angebote wie Mediatheken, YouTube, Netflix und Amazon Prime werden immer öfter auf dem großen Fernseher in der guten Stube konsumiert.
Auch das gute alte Fernsehen wird zunehmend flexibel konsumiert: Jeder Zweite User  nennt “zeitversetzt” als den größten Vorteil von Internet-TV. An zweiter Stelle steht die Verfügbarkeit auf mehreren Geräten - also die Ortsunabhängigkeit. Das verdeutlicht das große Potenzial von TV-Streaming - eben weil es den Bedürfnissen der Nutzer nach Flexibilität und Mobilität entspricht.
Das Streaming-Angebot ist auch in der Schweiz in den letzten Jahren rasant angewachsen und entwickelt sich auch hier zu einer Konkurrenz für die herkömmlichen Produzenten von Inhalten. Die Entwicklung zeigt aber, dass vorläufig noch die wenigsten Konsumenten auf ihre Live-TV-Angebote verzichten wollen - auch im Zeitalter von Netflix und Co. Wie die Zattoo-Umfrage zeigt, erfolgt aber auch die Lieferung traditioneller Inhalte, wie sie zum Beispiel von öffentlich rechtlichen Sendern produziert werden, immer öfter durch das Internet.

Thursday, October 11, 2018

Bitcoin - Shitcoin: Ein bekannter Ökonom erklärt Kryptowährung

Kryptowährungen im Allgemeinen und Bitcoin im Besonderen sind für viele Politiker und Ökonomen ein rotes Tuch. Das zeigte sich auch an einer kürzlichen Anhörung des amerikanischen Senats zum Thema Kryptowährungs- und Blockchain-Technologie. Der bekannte Ökonom Nouriel Roubini  war der erste Zeuge, und er nahm kein Blatt vor den Mund.

Die "Herstellung" von Bitcoin verbraucht extrem viel Energie. Kritiker sind
davon überzeugt, dass es das nicht wert ist.                                           Bild CC
Ein Bitcoin kostete heute (um 16 Uhr) rund 6200 Dollar und fast gleichviele Schweizer Franken. Damit hat die Währung seit ihrem Höhenflug  Ende 2017 rund 70 Prozent an Wert verloren, was die meisten Krypto-Apostel nicht weiter stört. Genau das ist es, was Nouriel Roubini meint, wenn er davon spricht, dass Bitcoin als Währung total überschätzt werde. Bitcoin sei die “Mutter des Betruges“ und die Welt stehe mitten in einer Krypto-Apokalypse“. Der Grund: Die beispiellose Bitcoin-Blase sei nur möglich gewesen, weil so viele Menschen absolut ohne Finanzwissen - “Menschen, die den Unterschied zwischen Aktien und Anleihen nicht kennen“ - in einen manischen Krypto-Rausch verfallen seien:
“Viele hätten Angst gehabt, den Boom zu verpassen. Und Scharlatane hätten das gnadenlos ausgenutzt. Auf dem Höhepunkt des Hypes drehten sie Roubini zufolge ahnungslosen Anlegern Bitcoins an, wo sie konnten. Tatsächlich verloren alle, die Ende 2017 kauften, viel Geld. Nach diesem „Krypto-Blutbad“, fährt Roubini fort, hätten sich die Schwindler – er nennt sie „Krypto-Schurken“ – der Technologie gewidmet, die dem Bitcoin zugrunde liegt: der Blockchain. Sie gelte als Heilmittel für die Probleme der Welt, sei in Wahrheit aber die „am wenigsten nützliche Technologie in der Geschichte der Menschheit.“ [... ]Roubini hält nichts von all dem. Den Bitcoin nennt er vor dem Senat sogar „Shitcoin“. Aber selbst das, sagt der Ökonom, sei noch zu freundlich. Es handele sich um eine Beleidigung von Dünger, der im Vergleich zu der Währung sehr wertvoll sei.“
Damit hatte der Ökonom seinen Fundus an starken Worten allerdings noch nicht ausgeschöpft. Bitcoin, das sich als völlig dezentralisiert preist, sei “zentralisierter als Nordkorea“, sei langsam und ineffizient  und funktioniere im Grunde genommen “wie eine schlechte Version von Microsoft Excel“, gab er zu Protokoll.
Ausserdem sprach er auch noch allen Politikern und Beamten ins Gewissen, die glauben, mit Bitcoin und Blockchain ihre Wirtschaft entwickeln zu können: Krypto-Land bestehe vor allem aus Betrügern, selbstsüchtigen Hausieren, Betrügern, Marktschreier, Scharlatanen und Kriminellen.

Roubini führte in seiner Stellungnahme auch die enorme Energieverschwendung an, die durch die digitale “Herstellung“ von Bitcoin anfällt (wir haben darüber berichtet). Dieser Bedarf wird entweder enorm weiterwachsen, von ungefähr einem halben Prozent des globalen Energieverbrauchs, wo er heute steht, auf bis zu fünf Prozent (!) - oder er wird zurückgehen. Die Kurve wird in die gleiche Richtung zeigen, wie der Bitcoin-Wechselkurs.  

Tuesday, October 9, 2018

Die Anwender sind nicht interessiert: Google+ gibt auf

Google gab sich knapp sieben Jahre Zeit mit seinem Social Network Google+. Nach einer Datenpanne, deren Tragweite momentan nicht gut abschätzbar ist, wirft der Internet-Gigant nun das Handtuch - und zwar mit einer Offenheit, die man sich im digitalen Umfeld nicht gewohnt ist.

Google+: Das Bestreben, ganz anders zu sein und eine Datenpanne führten
zum Ende.                                                                                     Bild Google
Die Datenpanne bei Google+ war schon im März dieses Jahres entdeckt worden - diese Woche erstinformierte Google die Öffentlichkeit. Es seien Daten von rund 500‘000 Usern abgreifbar gewesen - ohne dass allerdings ein Datenraub geschehen sei. Man habe das Leck repariert. Dass Google kein grosses Aufhebens über die Panne gemacht hat, ist verständlich. Man weiss inzwischen dass auch nur der Hauch eines Datenmissbrauchs bei einem der Internet-Giganten zu überaufgeregten Presseberichten führt, die wiederum zu Vertrauensverlust bei Anwendern und  zu behördlichen Interventionen führen können.  
Google reagierte mit dem Ziehen der Notbremse - weil damit am wenigsten zu verlieren war, wie Google offen zugab. Zitat aus der NZZ:
“Google Plus werde derzeit von Konsumenten kaum genutzt – und 90 Prozent der Interaktionen dauerten weniger als fünf Sekunden, erklärte der Konzern. Die Einstellung der Konsumentenversion solle nach einer zehnmonatigen Übergangszeit Ende August kommenden Jahres abgeschlossen werden. Damit gesteht Google auch offiziell die bereits klare Niederlage im Wettbewerb der Online-Netzwerke mit Facebook ein. Für die interne Kommunikation in Unternehmen soll Google Plus weiter betrieben werden.“
Dass es so weit gekommen ist verwundert vor allem jene User nicht, die sich irgendeinmal mit Google+ versucht haben. Der Versuch des Konzerns, sich unbedingt von Facebook abzuheben, mündete darin, dass die Anwendung kompliziert und schwerfällig wurde. Wer sich darin umsah, wurde in den meisten Fällen abgeschreckt. So wurde Google+ nie populär, obwohl Google, wie wired.de es formuliert,  versucht habe, das Netzwerk so vielen Nutzern wie möglich aufzuzwingen:
“Wie Web-Designer mehrfach argumentierten, sei es wohl vor allem die Komplexität, unübersichtliche Gestaltung und damit schwerfällige Nutzbarkeit gewesen, die Google+ den Erfolg kostete. Nach Informationen des Forschungsinstitutes Statistic Brain haben über 90 Prozent der Google-Nutzer mit einem Account nie einen Post hinterlassen und gerade einmal 1,5 Prozent mehr als 10 Posts.“



Thursday, October 4, 2018

Chinesische Servertechnologie - Spionagechips inbegriffen

Die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg, welche die Story aufgedeckt hat, nennt die Affäre “The Big Hack“. Und wenn es tatsächlich stimmen sollte, was die Journalisten von zahlreichen unabhängigen und Regierungsquellen herausgefunden haben, handelt es sich tatsächlich um eine grosse Sache. Chinesische Hardware, die in zahlreichen grossen Unternehmen als Cloud-Server verbaut wurde, sei ab Fabrik mit Spionage-Chips verseucht gewesen. Die USA beschuldigen die Chinesische Armee.

Wenn die Spionage-Hardware gleich in der chinesischen Chipfabrik in den
Server eingebaut wird, wird es schwierig, mit der Datensicherheit.     Bild CC
Die Bloomberg-Geschichte liest sich wie eine Cyber-Crime-Story, die auf Netflix eine spannende Serie abgeben würde. Sie beginnt mit Amazons Evaluation eines Start-Ups im amerikanischen Bundesstaat Oregon. Die Firma, genannt Elemental, stellte Video-Kompressionssoftware her, die auch im US-Verteidigungskomplex verbreitet eingesetzt wird. Als es dann darum ging, das Hauptprodukt der Firma zu untersuchen, die teuren Cloud-Server, die Elemental ihren Kunden verkauft, gab es eine böse Überraschung, wie Bloomberg schreibt:
“Auf den Mainboards der Server, fanden die Tester einen winzigen Mikrochip, nicht viel grösser als ein Reiskorn, der nicht Teil des ursprünglichen Designs war. Amazon meldete die Entdeckung den US-Behörden - und ein Schaudern ging durch die Geheimdienste. Die Server von Elemental befinden sich nämlich in den Rechenzentren des Verteidigungsministeriums, den Drohnenoperationen der CIA und den Bordnetzen der Kriegsschiffe der Marine. Und Elemental war nur einer von Hunderten von Supermicro-Kunden. Während der anschliessenden streng geheimen Untersuchung, die mehr als drei Jahre später immer noch offen ist, stellten die Ermittler fest, dass die Chips es den Angreifern erlaubten, eine verdeckte Tür zu jedem Netzwerk zu öffnen, das mit den geänderten Computern ausgestattet war. Mehrere Personen, die mit der Materie vertraut sind, sagen, dass Ermittler herausgefunden haben, dass die Chips in Fabriken eingebaut wurden, die von Subunternehmern in China betrieben werden.“
Die Geschichte wurde natürlich bereits von vielen europäischen Medien aufgegriffen, und man darf davon ausgehen, dass die Affäre auch betreffend der politisch-wirtschaftlichen Verwerfungenen zwischen den USA und China nicht hilfreich sein wird, weil sie dem chinesischen Staat, Spionage und Wirtschaftsspionage genauso vorwirft, wie das auch der amerikanische Präsident zu tun pflegt. Ein Problem gibt es allerdings noch. Die betroffenen Internetgiganten dementieren allesamt:
“Unklar ist, ob die Firmen von den manipulierten Chips wussten. Laut Bloomberg wurden die Spionagechips aus China bereits 2015 von Apple entdeckt, wo es offenbar zu ungewöhnlichen Netzwerkaktivitäten kam. Apple soll die Informationen auch an das FBI weitergeben haben, heißt es in dem Bloomberg-Bericht. Auch Amazon soll den US-Behörden nach der Entdeckung der manipulierten Teile Zugang zu seiner sabotierten Hardware gegeben haben. Die beiden Unternehmen stellen dies aber in Abrede. Man habe keinerlei manipulierte Chips oder Hardware auf Unternehmensservern gefunden, teilten sowohl Amazon als auch Apple mit. Supermicro wollte den Bericht nicht kommentieren.“


Monday, October 1, 2018

Das Internet ist auch in der Schweiz der grösste Laden

2017 haben 72 Prozent der Schweizer und Schweizerinnen innerhalb von zwölf Monaten mindestens einmal im Internet eingekauft, das sind 4,9 Millionen Personen. 2010 waren es noch 50 Prozent gewesen. Dieses beeindruckend Wachstum wird in einer jetzt veröffentlichenStudie des Bundesamtes für Statistik in einer Studie zum E-Commerce in der Schweiz belegt.

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Die Autoren fanden aber auch heraus, dass es immer noch viele ältere Konsumenten gibt, die sich noch nicht mit dem E-Commerce angefreundet haben. Es zeige sich ein digitaler Graben, schreiben sie, am grössten sei er zwischen den verschiedenen Altersklassen und Bildungsstufen. Während 91 Prozent der 25- bis 34-Jährigen im Internet Waren oder Dienstleistungen bestellten, seien es bei den 64- bis 74-Jährigen lediglich 51 Prozent. In den obersten Altersklassen sinke dieser Anteil sogar auf weniger als 20 Prozent. Auch in Bezug auf den Bildungsstand bestünden erhebliche Unterschiede. 85 Prozent der Personen mit Tertiärabschluss und nur 46 Prozent der Personen ohne nachobligatorische Ausbildung kauften im Internet ein.
Die BFS-Studie gibt auch Aufschlüsse über die Waren, die im Internet gekauft werden:
“Am gefragtesten sind Zugbillette und Flugtickets. Sie werden von 3,3 Millionen Personen und somit von zwei Dritteln der E-Konsumentinnen und E-Konsumenten online bestellt. Dahinter folgen, mit rund drei Millionen Personen, Kleider sowie Übernachtungen in Hotels oder Ferienunterkünften. Eintrittskarten für Sport- oder Kulturveranstaltungen (Kino, Konzerte, Vorstellungen) werden von über 2,5 Millionen Personen im Internet gekauft, Musik von 1,7 Millionen Personen. Mit weniger als einer Million sind E-Konsumentinnen und E-Konsumenten von Filmen noch schwach vertreten. Weniger als ein Viertel der E-Konsumentinnen und E-Konsumenten bzw. 1,2 Millionen Personen haben Nahrungsmittel, Getränke oder Blumen gekauft. Finanzdienstleistungen, die über das übliche E-Banking hinausgehen, wie zum Beispiel der Abschluss von Versicherungen, der Börsenhandel oder die Aufnahme von Krediten, werden von verhältnismässig wenigen Personen online abgewickelt. Auch die Teilnahme an Wetten oder Lotterien sowie der Kauf von Medikamenten erfolgen eher selten online, betreffen aber mittlerweile immerhin mehrere hunderttausend Personen“.
Was die Häufigkeit der Käufe betrifft, ergibt sich ein interessantes und eher unerwartetes Detail:  Die mit der Einkaufshäufigkeit gemessene Intensität der E-Commerce-Nutzung in den dicht besiedelten Regionen der städtischen Kerne, wo 30 Prozent der Kundschaft mindestens sechs Online-Käufe tätigen, deutlich höher ist als in den dünn besiedelten ländlichen Gebieten (20 Prozent) und in den mitteldicht besiedelten Gebieten (23 Prozent).
Mit anderen Worten: Dort wo es am meisten Läden hat, kaufen die Menschen am meisten im Internet ein. Wo Läden dünn gesät sind, ist auch die Lust auf Internetshopping weniger ausgeprägt.