Wednesday, September 28, 2022

Harsche Kunden-Bewertungen sind erlaubt

Das höchste deutsche Gericht, der Bundesgerichtshof, hat über die harsche Bewertung eines Käufers auf E-Bay geurteilt. Das Resultat: Auch wenn eine Aussage nicht gerecht oder sogar ausfällig sei, könne man sie nicht als Schmähkritik bezeichnen. Somit sei es erlaubt, hohe Versandgebühren als «Wucher» zu bezeichnen.

Bewertungen müssen nicht unbedingt gerecht sein.
                      Screengrab Ebay                   
Das Urteil wird wahrscheinlich nicht dazu beitragen, die Qualität und die Glaubwürdigkeit der Bewertungen im Internet zu verbessern. Immerhin trägt es ein kleines bisschen zur Meinungsfreiheit bei. Werturteile seien durch die Meinungsfreiheit im Grundgesetz geschützt, entschied das Gericht in Karlsruhe. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik mache eine Äusserung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Ausserdem müssten Kunden ihre Kritik nicht begründen.
Was war geschehen?
Ein Käufer hatte über eBay bei einem Unternehmen vier Gelenkbolzenschellen gekauft. Von den gezahlten 19,26 Euro waren 4,90 Euro Versandkosten. In seiner Bewertung schrieb er: «Ware gut, Versandkosten Wucher!!»

Das liess der Händler nicht auf sich sitzen. Der Kunde habe die Versandkosten von Anfang an gekannt und das Geschäft dennoch abgeschlossen. Deshalb wollte der Verkäufer den «Wucher-Kommentar» entfernen lassen. Zwei Vorinstanzen hatten einmal für den Verkäufer und einmal für den Käufer entschieden. 
Wer also nach einem Kauf im Internet verärgert ist, kann seine Kritik auch harsch und ungerecht formulieren. Der Verkäufer scheint das akzeptier zu müssen. Allerdings darf es keine sogenannte Schmähkritik sein, die der Herabwürdigung des Verkäufers dient.


Monday, September 26, 2022

Wegen Gratislesern: Amazon verschärft die Rückgabepolitik für E-Bücher

Rücksendungen im E-Commerce: Für die Kunden ein Segen, für die E-Shops oft ein Problem. Trotzdem operieren die meisten Anbieter mit einem sehr kulanten Rücksenderecht – wenn etwas nicht passt, kann es oft kostenlos zurückgesandt werden. Das galt bis jetzt auch bei Amazon, dem grössten Buchhändler der Welt. 

E-Books auf Amazon Kindle: Wer liest, soll auch bezahlen. 
Screengrab amazon.com

Laut Amazons Kindle-Rückgaberegeln können versehentliche E-Buchbestellungen innerhalb von sieben Tagen stornieret werden. Oft geht es aber nicht um versehentliche Bestellungen. Gemäss Medienberichten beklagen sich Buchautoren darüber, dass Leser Bücher vollständig lesen, bevor sie diese an Amazon zurücksenden. Die Kunden erhalten dann ihr Geld zurück, aber den Autoren wird eine Gebühr für die Retournierung des Buches berechnet. Das kann so weit gehen, dass ein Autor plötzlich von Amazon eine Rechnung erhält, die auf Retouren zurückzuführen ist. 

«Für Autoren und Leser, die Amazons Politik kritisieren, liegt das Problem bei Kunden, die Amazons Kindle-Rückgaberichtlinien missbrauchen und Kindle-Bücher wie Bibliotheksbücher behandeln. […] Es ist unklar, ob auf Social Media Videos über die Rückgabe von E-Books in Umlauf gebracht wurden, aber das Thema war kürzlich Gegenstand einer Diskussion auf TikTok, in der es darum ging, ob die Rückgabe eines vollständig gelesenen Kindle-Buches als "Diebstahl" betrachtet werden könnte. Leser, die diese Behauptung für Unsinn halten, vergleichen die Rückgabe eines Buches, das ihnen nicht gefällt, mit der Rückgabe eines Oberteils, das nicht passt, oder mit einem Preisnachlass für eine Mahlzeit, wenn man einen Fehler im Essen findet…» (dailydot.com)

Eine New Yorker Autorenvereinigung berichtet nun, dass Amazon seine Rückgaberegeln für E-Books ändern werde, um Missbrauch zu verhindern. Die automatische Rückgabe werde auf Bücher beschränkt, bei denen nicht mehr als zehn Prozent des Buches gelesen wurden:

«Die geplante Änderung wird vor Ende des Jahres in Kraft treten. Jeder Kunde, der ein E-Book zurückgeben möchte, nachdem er mehr als zehn Prozent des Buches gelesen hat, muss eine Anfrage an den Kundendienst senden, die von einem Mitarbeiter geprüft wird, um sicherzustellen, dass die Rückgabeanfrage echt ist und den Richtlinien von Amazon gegen Missbrauch entspricht. Dieses Verfahren wird eine starke Abschreckung gegen den Kauf, das Lesen und die Rückgabe von E-Books innerhalb von sieben Tagen darstellen, und Leser, die versuchen, die Rückgabepolitik zu missbrauchen, werden gemäss den Amazon-Richtlinien sanktioniert» (authorsguild.org)

 

 

Tuesday, September 20, 2022

Die Datenspeicherung auf Vorrat ist auch in Deutschland ungesetzlich

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ein Datenschutzurteil gefällt, das es den Deutschen Behörden verbietet, Userdaten wie IP-Adressen sowie Standort und Verbindungsdaten präventiv für die Ermittlungsbehörden auf Vorrat zu speichern. In der Schweiz wird derweil weiter auf Vorrat gespeichert.

Der europäische Gerichtshof in Luxembourg.     Bild Wikimedia Commons
Im Gerichtsurteil geht es darum, dass das deutsche Telekommunikationsgesetz Internetprovider und Telefonanbieter dazu verpflichtet, Verkehrsdaten aller Kunden zu erfassen und zu speichern. Ermittler und Behörden haben so die Möglichkeit, genau nachzuvollziehen, wer zu welchem Zeitpunkt mit wem per Telefon kommuniziert oder sich mit welcher IP-Adresse im Internet bewegt hat. Sogar die Mobilfunkzelle, in der sich Handy-User bewegt haben, sollte gespeichert werden. Diese umfangreichen Daten sollten dann vier Wochen lang aufbewahrt werden - Verbindungsdaten gar zehn Wochen.

Nun hat der EuGH einen Schlussstrich unter die Überwachungsabsichten gezogen, die in den letzten Jahren schon von einem niedrigeren Gericht aufgehalten worden waren.  Das Recht der EU erlaube derartige Überwachungen nicht, die präventiv zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen, wie das Gericht mitteilt. Erst wenn die nationale Sicherheit bedroht sei, dürfe auf Vorrat gespeichert werden - aber auch dann nur nach richterlicher Genehmigung und beschränkt auf das absolut Notwendige. Gezielte Datenspeicherungen dürfen mit weniger Einschränkungen durchgeführt werden, und für die Speicherung von IP-Adressen erlaubt das Gericht eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung der IP-Adressen, sofern sie zeitlich auf das Nötigste beschränkt ist und zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit dient.

In der Schweiz sehen die Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung keine Zweckbindung der Daten, keine Löschpflicht und auch keine Sorgfaltspflicht für die Provider vor. Ein Auskunftsrecht für die Betroffenen gibt es nicht und muss vor Gericht erkämpft werden. 

Die Digitale Gesellschaft hat deshalb ein Gerichtsverfahren angestrengt. Die Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung ist aktuell am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hängig.

Thursday, September 15, 2022

Nach 142 Jahren: Das Ende für das Telefonbuch

Die Digitalisierung gibt auch dem Telefonbuch den Rest: Immer weniger Personen in der Schweiz veröffentlichen ihre private Telefonnummer, und in den letzten Jahren haben Umfang, Nutzung und Relevanz der "Weissen Seiten" konstant abgenommen. Aus diesem Grund werden ab 2023 private Telefonnummern nur noch online publiziert. Der Druck des Schweizer Telefonbuches wird nach 142 Jahren per Ende 2022 eingestellt.

Telefonbücher sind ab Ende dieses Jahres Geschichte.       Bild PD
Hand aufs Herz: Wann haben Sie zum letzten Mal das Telefonbuch benutzt, um eine Telefonnummer zu suchen? Wahrscheinlich ist das schon eine ganze Weile her. Mit dem Handy oder dem Computer geht’s einfach schneller. Ausserdem ist es nicht mehr so einfach wie früher, Telefonnummern zu finden. Nachdem 1997 die Veröffentlichungspflicht für Telefonnummern aufgehoben wurde, ging die Zahl der Einträge ging stetig zurück. Das digitale Zeitalter und die Zunahme von unerwünschten und lästigen Werbeanrufen trugen zu dieser Entwicklung bei.

Vor 142 Jahren, am 6. November 1880, war in Zürich das erste öffentliche Telefonverzeichnis der Schweiz erschienen. Es beinhaltete gerade mal 98 Einträge ohne Telefonnummern und Telefonanrufe waren zu dieser Zeit nur tagsüber möglich. Bereits 1959 waren es dann eine Million eingetragener Rufnummern. Den Höhepunkt erreichten die sogenannten "Weissen Seiten" im Telefonbuch dann in den Neunzigerjahren mit rund 4,2 Millionen Einträgen. Insgesamt gibt es heute rund drei Millionen Festnetznummern weniger als noch im Jahr 2000. Ein grosser Teil der Bevölkerung ist mit einem Mobilanschluss gut bedient - mit direkter Auswirkung auf den Umfang des Telefonbuchs. Werden Festnetzanschlüsse nämlich automatisch ins Telefonverzeichnis aufgenommen und nur auf Wunsch nicht veröffentlicht, muss der Inhaber einer Mobilnummer einen Eintrag explizit anfordern. Das macht aber kaum jemand.

Die privaten Telefonnummern wurden bisher gemeinsam mit den Gelben Seiten, dem Branchenverzeichnis publiziert. Hat die Relevanz der "Weissen Seiten" stark abgenommen, präsentiert sich die Ausgangslage bei den "Gelben Seiten" gemäss Angaben der Swisscom anders. Firmen und Anbieter von Dienstleistungen publizieren ihre Nummern und Adressen nach wie vor in den Branchenseiten, um von Konsumentinnen und Konsumenten gefunden zu werden. Das Branchenverzeichnis hat daher weiterhin eine gewisse Relevanz. 
Diesem Bedürfnis wird die Swisscom mit localsearch.ch ab 2023 mit dem Localcities Guide gerecht. Beim neuen Produkt handelt es sich um ein Branchen-, Vereins- und Gemeindeverzeichnis für die Region. Die Publikation enthält neben Firmenadressen und Vereinsinformationen auch Gemeinde-Informationen, ein Nummernverzeichnis der Bundesverwaltung und einen Schulferienkalender.

Saturday, September 10, 2022

Das Handy wird zum Satellitentelefon

Apple sorgte diese Woche für die Schlagzeilen, aber es sind verschiedene Hersteller und Kommunikationsfirmen, welche die ersten Schritte unternommen haben, um aus unseren Handys Satellitentelefone zu machen.

Die interessanteste Lösung kommt aus den USA und hat nichts mit Apple zu tun. Wer ein Smartphone benutzt und dazu einen Vertrag mit dem Provider T-Mobile abgeschlossen hat, wird schon bald in der Lage sein, über Elon Musks SpaceX Satelliten mit dem eigenen Handy zu kommunizieren.

T-Mobile und SpaceX haben ein System entwickelt, mit dem Starlink Dienste für Kunden in bestehenden T-Mobile-Netzen bereitstellen kann, und zwar mit den Handys, die sie bereits nutzen. Die Einführung des Systems wird langsam beginnen, wobei vorerst «nur» mit Textnachrichten kommuniziert werden kann. Immerhin. Sprachanrufe und Datenverkehr soll bald nachher möglich werden.

Auch Huawei hat Apple geschlagen, was die Satellitenkommunikation betrifft - mit dem Huawei Mate 50 und Mate 50 Pro. Diese beiden neuen Smartphones werden es möglich machen, Texte über Chinas globales BeiDou-Satellitennetzwerk zu versenden. Die Funktion ist für Notfälle ausgelegt (wie bei Apple), etwa wenn die Mobilfunknetze ausfallen, zum Beispiel in Kriegsgebieten oder bei Naturkatastrophen.

Apple setzt mit der Satellitenkommunikation für sein iPhone 14 auf den Satellitenbetreiber Globalstar, der gemäss Medienangaben den grössten Teil der Erdoberfläche abdeckt. Dennoch soll das Feature ab November zunächst nur in den USA und Kanada aktiviert werden. Die europäischen iPhones haben jedoch, anders als in den Varianten für den chinesischen Markt, die Unterstützung für das zur Satellitenkommunikation nötige Frequenzband n53 an Bord, so dass rein technisch nichts gegen eine Einführung des Features auch hierzulande spricht.

Tuesday, September 6, 2022

IFA 2022: Der Fernseher kann gar nicht gross genug sein

Nach drei Jahren Pause hat sich die IFA in Berlin als eine der wichtigsten Ausstellungen für die Consumer und Home Electronics-Branche zurückgemeldet. Die Aussteller nutzten die Gelegenheit, endlich wieder mit Händlern, Medien und den Konsumenten in Kontakt zu treten.

Der LG OLED Flex, ein Bildschirm der in
20 Stufen gebogen werden kann.   Bild LG
Die IFA 2022 war denn auch sehr gut besucht, insbesondere angesichts der anhaltenden Reisebeschränkungen in Asien. An den fünf Messetagen bis zum 6. September kamen über 161’000 Besucher. Im Vor-Pandemie-Vergleich war der Anteil der Fachbesucher höher. Die Plattform digitaltrends.com publizierte eine Liste von auffallenden Produkten, die an der IFA 2022 gezeigt wurden – zum Beispiel die neue Lenovo AR-Brille, die als virtueller Bildschirm für den PC oder das Smartphone dienen kann. Ebenfalls gelistet wird das faltbare Asus Zenbook Fold 17, ein PC, der durch seine veränderbare Grösse praktischer zu nutzen sein soll. In die Kategorie mit praktischem Nutzen passt auch der LG OLED Flex, ein 42-Zoll-Bildschirm, der vor allem für Gamer interessant sein soll, vor allem auch, weil er sowohl flach, als auch gebogen eingesetzt werden kann. LG sieht das Gerät als PC- und Fernsehbildschirm. Dafür lässt sich der Flex-Fernseher in 20 Stufen biegen.

Überhaupt waren Bildschirme ein grosses Thema an der aktuellen IFA. Das spiegelte sich auch im Besucherinteresse. TV-Geräte sind immer ein Besuchermagnet. Deren Grösse wächst übrigens stetig weiter:

«Sowohl LG als auch Samsung stellen fest, dass der Bedarf an grösseren Fernsehern stetig steigt. Auch die Verkaufszahlen der TV-Giganten jenseits der 75 Zoll zögen an, wenn auch niemand hier von einem Massenphänomen spricht. Letzten Endes bleibe der Preis entscheidend, verraten die Experten. Wichtig zu wissen: Die alten Abstandsregeln gelten nicht mehr. "Die Regel kommt noch aus der DVD-Ära", sagt Gerald Strömer von LG. "Die Bildschirme sind inzwischen so scharf, dass man Unschärfe kaum noch erkennt. Oder man sitzt so nah vor dem Display, dass man die Pixel zählen kann und ohnehin nichts mehr von Gesamtbild erkennt." Gleiches hört man von Samsung. Soll heissen: Solange man den gesamten Fernseher im Blickfeld hat, gibt es "zu gross" eigentlich nicht mehr. (stern.de)