Saturday, December 1, 2018

Tod einer Computermesse

Die Cebit in Hannover ist am Ende, und es scheint, also ob das für die meisten Protagonisten ziemlich überraschend gekommen ist. Dabei haftete der Cebit schon seit Jahren der Hauch des Irrelevanten an, was im Zeitalter der ununterbrochen dröhnenden Trend- und Produkteankündigungen ein eher schlechtes Zeichen ist.

Noch vor zwei Monaten freuten sich die Organisatoren auf die nächste Show.
                                                                                                Screengrab Cebit
Die Cebit hat viele gute Jahre hinter sich, sie ist schliesslich schon mehr als 30 Jahre alt. Dieses Jahr haben die Verantwortlichen noch versucht, aus der altmodischen Messe eine coole und moderne Show zu machen - aber irgendwie scheint es nicht so ganz geklappt zu haben. Die Avantgarde sei zur Nachhut geworden, schreibt  lead-digital.de:
“[Auf der Cebit] konnte man Journalisten aus Wirtschafts- und Technologiepresse treffen, endlich mal sehen, was die Kunden aus den USA alles anzubieten hatten, auch mal in den Consumerbereich schnuppern und sich in riesigen Hallen die damals noch als „Billiganbieter“ gebrandmarkten Unternehmen aus Fernost anschauen […]Mal war die CEBIT als reine B2B-Messe gebrandet, dann versuchte sie ab 2007 mit der aufkommenden Blogosphäre und der Social-Media-Welt warmzuwerden – Webciety und Co. waren angetreten, um das teils schon etwas Verstaubte der Messe aus den Angeln zu heben. Aber irgendwie fehlte der Rahmen. Oder er wurde immer unklarer.“
Dass die Cebit nicht mehr zeitgemäss gewesen sei, monieren viele Kommentatoren. Der Tagesspiegel schreibt sogar, dass die Cebit zusammen mit vielen Einzelhändlern den Anschluss an die Endkunden - welche die Messe in den 90er-Jahren zu Hunderttausenden bevölkerten - verpasst habe:
"Die deutsche IT-Wirtschaft war in den vergangenen Jahrzehnten nicht sehr gut, wenn es um das Verhältnis zum Endkunden ging. Siemens schied wenige Jahre nach der Jahrtausendwende als Computer- und Handy-Hersteller aus dem Rennen ums beste Endgerät aus. Der deutsche Einzelhandel war sich zu sicher, dass am weihnachtlichen Marsch durch die Einkaufsmeilen noch lange kein Weg vorbeiführt. Reisebüros und Banken priesen die Beratungsqualität „unserer Mitarbeiter vor Ort“, bis sie die Miete für ihre Filialen nicht mehr bezahlen konnten. Im Rennen um die Verbraucher und ihre Daten hat die deutsche Wirtschaft tatsächlich versagt. Und zwar krachend.“
Einer der ganz handfesten Gründe für das Ende der Cebit lag in der erstarkten globalen Konkurrenz. Es wurde schwierig, die Messeflächen zu vermieten. Aus der wiwo:
“Während Bill Gates 1995 noch das neue Windows vor der Veröffentlichung in Hannover vorstellte, wurden die wirklichen Weltneuheiten in den vergangenen Jahren immer weniger. Viele Konzerne wie Apple und Google präsentieren ihre neuen Entwicklungen inzwischen auf eigenen Veranstaltungen, so müssen sie sich die Aufmerksamkeit des Publikums nicht mit der Konkurrenz teilen. Dazu kommen neuere Veranstaltungen wie die Mobilfunkmesse Mobile World Congress in Barcelona oder die oft zeitgleich zur früheren Cebit stattfindende Digitalkonferenz South by Southwest im texanischen Austin, die der Cebit immer mehr den Rang abgelaufen haben.“
 Als Aussenstehendem, der die Cebit von Anfang an verfolgt und auch sehr früh besucht hat, drängt sich einem der Eindruck auf, dass die Ausstellung sehr deutsch war. Tüchtig und fundiert - aber eben auch nüchtern und manchmal eher ermüdend. Das mag auch mit dem Messegelände in Hannover zusammenhängen. Jedenfalls scheint es, als ob der Entscheid zum Ende nicht zu früh gekommen sei. Oder wie es die Wirtschaftswoche formuliert - “wie ein Selbstmord aus Angst vor dem Tod“.

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