Monday, March 19, 2018

Der Online-Handel bremst die Teuerung


Was hat die Inflation - oder ihre Abwesenheit - mit der digitalen Gesellschaft zu tun? Immer mehr Ökonomen glauben, dass die beiden Faktoren direkt zusammenhängen. Sie gehen davon aus, dass der Online-Handel mit seinen rasant steigenden Marktanteilen so viel Druck auf die traditionellen Läden ausübt, dass die Verkaufspreise auch in den nicht-virtuellen Regalen tief bleiben. Dieser Druck ist messbar und wirkt sich direkt auf die Inflationsrate aus.

Die Chart zeigt, dass sich die Teuerung in den 90er-Jahren deutlich zurückzog,
nachdem sie in vorangegangenen Jahrzehnten immer grosse Sprünge gemacht
hatte.                                                                                     Quelle: inflation.eu
Für Zentralbanker ist es seit längerem ein Rätsel: Trotz tiefsten Zinsen, äusserst liberalen Geldmengen und einer allgemein aggressiven Geldpolitik will es den Nationalbanken nicht gelingen, die Inflation auf die gewünschte Höhe zu hieven, die bei etwa zwei Prozent liegen würde. Nun hat das Phänomen einen Namen: der Amazon-Effekt. Dieser Effekt nutzt den Konsumenten, die Inflation im Allgemeinen hassen. Im Internet herrscht die Jagd nach günstigen Einkäufen - wer Tiefstpreise bieten kann, gewinnt, wer nicht mithält, kann den Online-Shop dichtmachen. Dieser Preisdruck schwappt, zumindest teilweise, auch auf die traditionellen Läden über - und voilà, die Teuerungsbremse funktioniert.
Ganz neu ist der Amazon-Effekt als Prinzip nicht. Schon vor der Finanzkrise im Jahr 2008, haben Wirtschaftswissenschaftler die anti-inflationären Wirkungen von riesigen Warenhausketten wie Walmart gemessen und festgestellt, dass deren ökonomische Macht die teuerung bremste. Zusammen mit den Billigimporten aus China, die in den 90er-Jahren so richtig Fahrt aufnahmen, drückten Walmart & Co. so stark auf die Verkaufspreise, dass diese nicht mehr stiegen, wie die Konsumenten sich das seit Jahrzehnten gewohnt waren, sondern zurückgingen. Damals hiess das Phänomen der “Walmart-Effekt“.
Auch der heutige Amazon-Effekt ist gut für die Konsumenten, aber nicht so toll für viele Investoren, die wohl so lange mit tiefen Zinsen leben müssen, bis die Preise wieder steigen.

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