Tuesday, October 27, 2020

Die Wenigsten wollen für Online-News bezahlen

Schlechte Nachrichten für News-Produzenten: Obwohl sich die Bevölkerung während der Pandemie generell mehr für Informationen interessiert - und wohl auch mehr Zeit dafür hat - bringt die höhere Mediennutzung keine zusätzlichen Einnahmen. Gerade für Online-News sind nur wenige User bereit zu zahlen, und in der ganzen Branche sind die Werbeeinnahmen eingebrochen. 

Der Bericht kann als PDF heruntergeladen
werden.

 Es brauche neue Bezahlmodelle und eine direkte Medienförderung fordern die Autoren des “Jahrbuch Qualität der Medien 2020“ des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) an der Uni Zürich. Das fög untersucht die Entwicklung der Schweizer Medien seit zehn Jahren und kommt zum Schluss, dass kein anderes Ereignis die Schweizer Medien derart geprägt habe, wie die Coronavirus- Pandemie. Die Befunde des Jahrbuchs zeigen, dass sich die Menschen vermehrt den Informationsmedien zuwenden – auch über Social Media-Kanäle. Social-Media hat allerdings ein Seriositätsproblem: Nur 19 Prozent der Schweizer vertrauen Facebook, Twitter & Co. Hingegen geben 44 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer an, den Medien im Allgemeinen zu vertrauen. Trotzdem gelingt es den meisten Medien nicht, die Ausfälle bei den Werbeerträgen über den Lesermarkt zu kompensieren. Die Corona-Krise verschärfe die seit  längerem prekäre finanzielle Lage des Informationsjournalismus zusätzlich, sagt Mark Eisenegger,  Direktor des fög.

Am schwierigsten für die News zu begeistern ist die junge Generation. Zwar zeigten auch junge User während der Pandemie kurzfristig einen höheren Nachrichtenkonsum. Gesamthaft bilden aber diese Nutzer,  die sich durch einen unterdurchschnittlichen News-Konsum auszeichnen, mit einem Anteil von 37 Prozent die grösste Nutzergruppe! Das Jahrbuch 2020 hat die Nutzungsgewohnheiten der jungen Erwachsenen genauer untersucht. Dabei wurde deutlich, dass diese nur unter bestimmten Voraussetzungen Interesse an News haben: Mobilisierende Themen wie zum Beispiel die  «Fridays for Future»-Bewegung stossen auf Interesse, wenn die Informationen zur eigenen Identität und zur eigenen Community passen. Bevorzugt werden Nachrichten, die ansprechend aufbereitet und leicht verständlich sind. Eine Bereitschaft, für News zu bezahlen, besteht bei dieser Nutzergruppe nur dann, wenn journalistische Inhalte unterschiedlicher Medien auf einer Plattform als Flatrate angeboten werden. Diese Nutzergewohnheiten sprechen nicht dafür, dass anspruchsvolle Medien in Zukunft sehr gefragt sein werden – zumindest bei dieser, gegenwärtig grössten User-Gruppe.
Im Übrigen war es für uns Konsumenten leicht festzustellen, dass die Corona-Krise eine grosse Experten-Abhängigkeit der Medien zu Tage gefördert hat. Dies überrascht nicht, denn die Wissenschaftsberichterstattung hat bei den Schweizer Medien nur einen geringen Stellenwert. Immerhin blieb der Anteil der Beiträge, die sich schwerpunktmässig auf Wissenschaft beziehen, in den letzten fünf Jahren stabil.
Das Jahrbuch untersucht jährlich die Entwicklung der Medienqualität anhand von vier Dimensionen. Der deutlichste Qualitätsrückgang wird wie bereits in den vergangenen Jahren bei der Dimension Vielfalt verzeichnet. In ihrer Berichterstattung decken die Medien ein immer kleineres Spektrum an Themen und geografischen Räume ab. Auch innerhalb der Medienarena nimmt die Vielfalt insgesamt ab, weil immer mehr Medien dieselben Beiträge teilen.
Trotzdem müssen die Schweizer Medien mehr Geld einnehmen. Angesichts der sinkenden Werbeeinnahmen gewinnen Bezahlmodelle weiter an Bedeutung. Die Zahlungsbereitschaft bleibt in der Schweiz aber auch im Jahr 2020 tief – nur 13 Prozent der User geben an, für Online-News zu bezahlen. Am meisten zugenommen hat die Zahlungsbereitschaft bei jungen Frauen zwischen 18 und 24 Jahren und beträgt aktuell 19 Prozent.  Dies weckt immerhin die Hoffnung, dass eine Generation heranwächst, die wieder vermehrt bereit ist, für News im Web zu bezahlen. Voraussetzung dafür sind zielgruppengerecht aufbereitete Inhalte sowie neue Bezahlmodelle, die den Bedürfnissen der jungen Generationen entsprechen. Die Suche nach dem Geschäftsmodell der Zukunft werde deshalb weiter andauern.
Das Jahrbuch 2020 sowie die Vertiefungsstudien sind hier als PDF erhältlich. 

 

Sunday, October 25, 2020

IoB: Das Internet will wissen, was Sie tun

Der Begriff “Internet of Things“ (IoT) ist schon beinahe ein alter Hut – obwohl das Internet der Dinge erst richtig funktionieren wird, wenn 5G irgendeinmal funktioniert. Dieses Jahr führt das IoB die wichtigsten strategischen Technologietrends für 2021 gemäss Gartner an. IoB heisst Internet of Behaviour oder, zu Deutsch, das Internet der Verhaltensweisen. Soll heissen: Wir hinterlassen unzählige Spuren im Cyberspace – und die Internet-Spurensammler werten sie aus. 


Das Internet der Verhaltensweisen wird von Gartner zum 
Technotrend erklärt.                          Screengrab gartner.com
Das Internet der Verhaltensweisen sei im Entstehen begriffen, weil viele Technologien die digitalen Spuren im täglichen Leben der Menschen erfassen und nutzen, schreiben die Gartner Experten. Das IoB kombiniere bestehende Technologien, die sich direkt auf das Individuum konzentrieren, wie Gesichtserkennung und Standortverfolgung und verbindet die daraus resultierenden Daten mit damit verbundenen Verhaltensereignissen, wie Bargeldkäufen oder Gerätenutzung. Wie könnte es anders sein: Organisationen nutzen diese Daten, um das menschliche Verhalten zu beeinflussen. Gartner prognostiziert, dass bis Ende 2025 mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung mindestens einem IoB-Programm unterliegen wird, sei es einem kommerziellen oder staatlichen. Während das IoB jetzt schon technisch möglich sei, werde es umfangreiche ethische und gesellschaftliche Debatten über die verschiedenen Ansätze dieser verhaltensverändernden Technologie geben.

Wir wissen es: Ein mobiles Gerät wie ein Smartphone, kann sowohl Ihre Online-Bewegungen als auch Ihre geografische Position verfolgen. Für ein Unternehmen wie Google ist es deshalb nicht schwierig, Ihr Smartphone mit Ihrem Laptop, Ihrem Sprachassistenten zu Hause und anderen Geräten zu verbinden. Google ist natürlich nur ein Exponent in diesem Trend zum IoB. Auch andere grosse Unternehmen und Behörden fördern die Entwicklung.

Eines ist klar: Das IoB wird sich nicht aufhalten lassen – Datenschutz hin oder her. Der grösste Teil der User schert sich nämlich immer noch nicht um derartige Datenverarbeitungsaktivitäten, solange sie legal sind. Ebenfalls klar ist: Die Synchronisation Ihrer IT-Geräte nützt nicht nur Ihnen.


Wednesday, October 21, 2020

Die Swisscom demonstriert 1,2 Gigabit pro Sekunde Download-Speed im Zug

Ein lückenloser und leistungsfähiger Mobilfunkempfang im Zug ist ein zentrales Kundenbedürfnis. Für die Netzbetreiber ist das ein Problem. Denn mit datenintensiven Anwendungen steigen die Ansprüche an die Bandbreite. Swisscom hat nun in einem Test erfolgreich mehr als ein Gigabit pro Sekunde Übertragungsgeschwindigkeit in einen fahrenden Zug gebracht. Das gelungene Experiment hat Vorbildcharakter für die globale Mobilfunkbranche.

Eine temporäre 5G-Antenne an der SBB Teststrecke
Biberlikopf-Kerenzerberg.             Bild Kecko/flickr
Seit Jahren forscht und arbeitet ein Team bei Swisscom an der stetigen Verbesserung der Mobilfunkversorgung für Bahnreisende und Pendler. Mit der Erfindung von speziellen mobilfunksignaldurchlässigen Fensterscheiben ist es gelungen, die Mobilfunkversorgung ohne zwischengeschaltete Komponenten direkt in den Zug zu bringen. Die Mobilfunkversorgung entlang der Zugstrecken bleibt aber weiterhin eine Herausforderung, weil unter den gleichen Bedingungen mit jeder Mobilfunkgeneration viel mehr Daten übermittelt werden. Am Walensee ist Swisscom nun auf einer Teststrecke zwischen Biberlikopf und Kerenzerberg mit einem neu konzipierten Antennenkorridor von vier Kilometern Länge der grosse Durchbruch gelungen: Die Ingenieure von Swisscom erreichten eine Verbindung mit 1,2 Gigabit pro Sekunde in einem fahrenden Zug. Für den Test wurde entlang der Bahnstrecke am Walensee, gemeinsam mit dem Netzwerkausrüster Ericsson, ein vier Kilometer langer Antennenkorridor errichtet. Durch die Nähe der Antenne zu den Endgeräten ist die Sendeleistung der Antennen tiefer und die Versorgung entlang des Bahnkorridors zielgerichteter. Christoph Aeschlimann von Swisscom ist überzeugt davon, dass das Projekt Vorbildcharakter für die weltweite Mobilfunkbranche habe. Man habe eine Lösung für eine stabile und zuverlässige Versorgung der Passagiere gefunden und gleichzeitig wichtige Erkenntnisse für sicherheitsrelevante Anwendungen im Bahnverkehr gewonnen. 

Nach der Auswertung der Testergebnisse soll der Testkorridor weiter optimiert werden. Für den Test war entlang der Bahnstrecke am Walensee, gemeinsam mit dem Netzwerkausrüster Ericsson, ein vier Kilometer langer Antennenkorridor errichtet worden. Durch die Nähe der Antenne zu den Endgeräten ist die Sendeleistung der Antennen tiefer und die Versorgung entlang des Bahnkorridors zielgerichteter. Das langfristige Ziel ist eine lückenlose Mobilfunkabdeckung entlang der Hauptachsen für alle Mobilfunknutzer und -anbieter der Schweiz. Swisscom betont, dass der entwickelte Lösungsansatz auch den anderen Providern offensteht. 

Der mit der Testanlage erreichte Datenfluss im Zug ist eindrücklich. Mit 4G und 5G kombiniert waren Downloadgeschwindigkeiten von mehr als 1.2 Gigabit pro Sekunde im fahrenden Zug möglich. Die Reaktionszeit von 5G war ganze vier Mal kürzer als bei 4G und lag bei beeindruckenden 8 Millisekunden.

Monday, October 19, 2020

Corona fördert die Hygiene und digitale Zahlmethoden

 Twint, die digitale mobile Schweizer Zahlungslösung, hat  sich als umfassende und innovative  Zahlungsplattform etabliert. Die Anzahl der User, Händler und Transaktionen hat  nach dem Corona-Lockdown im Frühjahr stetig zugenommen. Twint hat  nun drei  Millionen User.

Das Twint Logo.                   Bild Wikimedia Commons
Twint entspricht exakt dem  Corona-Zeitgeist und dem steigenden Bedürfnis, digital, mobil und kontaktlos mit dem Smartphone bezahlen zu können. Berühren wird komplett überflüssig. Das starke Kundenwachstum seit dem letzten Jahr wurde durch die erhöhte Nachfrage nach  hygienischen Zahlungsmethoden seit dem Corona-Ausbruch regelrecht beflügelt. Jetzt steht fest, dass sich dies auf das Verhalten der Schweizer Bevölkerung auswirkt und Twint auf dem Weg zur beliebtesten Zahl-Art der Schweiz ist. Mittlerweile nutzen die Hälfte der Schweizer Smartphone-User die Twint App und bezahlen in jedem zweiten Schweizer Online-Shop  mit Twint. Gemäss einer von Twint bezahlten Studie des Instituts Ipsos, wird Twint für Direktzahlungen mittlerweile als beliebteste Lösung genannt – vor Bargeld und Banküberweisungen: Bei 43 Prozent der Bevölkerung, bei 56 Prozent der unter 34-jährigen und bei 61 Prozent von Studierenden. Die Mehrheit der Schweizer will Twint künftig noch häufiger nutzen. Mit dieser positiven Entwicklung übertrifft Twint das formulierte Jahresziel schon heute und wird bis Ende  2020 über 100 Millionen Transaktionen abwickeln können. Schon jetzt ist es möglich, aus der Twint App heraus fast überall zu bezahlen.

Twint hat in der Schweiz aktuell mehr  als drei Millionen Nutzerinnen und Nutzer.  Die Twint Nutzer  tätigen heute mehr  als 11 Millionen Transaktionen pro Monat. Sie zahlen durch einfaches Scannen von Twint QR-Codes oder  per Beacon an der Ladenkasse, im Onlineshop oder inner- halb von Apps. Die Anzahl dieser Transaktionen hat sich innerhalb eines Jahres verdreifacht, was Twint zur beliebtesten Mobile-Payment- Lösung der Schweiz macht. Die Zahl der Twint-Akzeptanzstellen von Händlern und Unternehmen ist diesen Monat auf über  150’000 gestiegen.  Allein seit dem Frühjahr konnten rund 15'000  Händler dazugewonnen werden. Neben grossen Marken sind darunter auch  viele Hofläden, Marktstände und Manufakturen.
Trotzdem klingelt die Kasse bei Twint noch nicht wie gewünscht, zumindest gemäss Handelszeitung:

“Twint dürfte noch immer hohe Verluste schreiben. An der Medienkonferenz machte die Geschäftsleitung keine genauen Angaben dazu und sagte auch nicht, wie viel Geld bisher in Entwicklung und Marktakquise investiert wurde. Twint könnte durchaus «kurzfristig» rentabel werden. Man denke jedoch nicht kurzfristig, sondern langfristig und investiere in die Zukunft.“

Saturday, October 17, 2020

Apple und das iPhone 12 werden 5G vorantreiben

Obwohl die Schweiz eines der am besten mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G abgedeckten Länder ist, hat die Technologie hierzulande mit vielen Ängsten und Ablehnung zu kämpfen. Nun hat Apple das erste iPhone mit 5G-Technologie auf den Markt gebracht. Die Branche hofft, dass 5G im Apple-Smartphone die Akzeptanz und die Verbreitung des neuen Standards beschleunigt. Apple ist schliesslich so etwas wie ein Opinion-Leader im Smartphone-Markt. Was Apple tut, kommt an und ist cool – nicht umsonst ist das iPhone ein Statussymbol; das wird auch für das iPhone 12 gelten.

Das iPhone 12 von Apple ist 5G tauglich.          Bild Apple

Apple ist natürlich bei weitem nicht der einzige Hersteller, der ein Smartphone mit 5G-Technologie im Angebot hat. Bei Android gehört 5G schon zum Angebot, zumindest in der Oberklasse. Aber Apple ist eine Kategorie für sich: Es wäre nicht das erste Mal, dass das Unternehmen eine neue Technologie einfach nutzbar und damit populär macht. Das fängt schon bei der Berichterstattung über das neue iPhone 12 an: Weltweit erschienen nach der Vorstellung des Geräts, das für sich in Anspruch nimmt, das kleinste, dünnste und leichteste 5G-Smartphone zu sein, hunderttausende von Medienberichte, die das Gerät in den meisten Fällen begeistert beschreiben. Apples Marketingstrategie funktioniert also immer noch hervorragend: Produktevorstellungen werden als Events inszeniert, die von den Medien begeistert verfolgt werden – die dann Gratiswerbung in Millionenhöhe produzieren – diesmal auch für den neuen Mobilfunkstandard 5G. Den 5G-Gegnern wird dieser Effekt das Leben nicht leichter machen:

“ Indem Apple den schnellen Mobilfunk einbaut, wird das Unternehmen binnen kurzer Zeit zu einem der wichtigsten Player in diesem Bereich werden. Schließlich ist das Unternehmen mit knapp 60 Prozent Marktanteil in den USA mit weitem Abstand Marktführer, weltweit immerhin der drittgrößte Smartphone-Hersteller. In Kombination mit der Anbindung von iPhones via 5G an Apples Streamingdienste Apple TV+ und Apple Music, an den Game-Service Apple Arcade und an den Datenspeicherdienst iCloud könnte so relativ schnell die Nachfrage nach 5G-Angeboten steigen.Das Henne-Ei-Problem der neuen Netze würde sich damit fast von selbst erledigen, denn wo eine Nachfrage ist, gibt es in der Regel auch bald ein Angebot. Mit etwas Glück könnten die neuen iPhones also letztlich die Killer-Anwendung werden, die dem 5G-Ausbau den nötigen Kick gibt, damit er endlich spürbare Formen annimmt.“ (Spiegel Online)

Natürlich wird der Widerstand gegen 5G nicht einfach verschwinden, nur weil 5G im neusten iPhone eingesetzt wird. Aber eine Deloitte-Studie zeigt, dass das Unbehagen bei weitem nicht überall gleich gross ist: Ist Österreich fürchten 36 Prozent gesundheitliche Schäden, in Deutschland nur 20 Prozent, in Grossbrittannien 14 und in China gerade noch 13 Prozent. In der Schweiz haben die Gegner, die gemäss einer Umfrage anfangs dieses Jahres knapp 45 Prozent ausmachten, starke politische Verbündete:

“Eine starke Minderheit aus SP-, CVP- und FDP-Politikern wollte in der Kommission nichts von einer Anhebung der Strahlengrenzwerte wissen. Denn bis heute ist nicht abschliessend geklärt, welche gesundheitlichen Auswirkungen Mobilfunkstrahlung auf den menschlichen Körper hat. Als das Parlament vor etwas mehr als einem Jahr zum letzten Mal über eine Anhebung der Grenzwerte debattierte, überwogen die Bedenken – der Vorschlag wurde abgeschmettert…“ (watson)

 

Saturday, October 10, 2020

Das Taxi ohne Fahrer ist bereits unterwegs – und es kommt von Google

Das ist ja schnell gegangen: In Phoenix, im Bundesstaat Arizona, ist es ab sofort möglich, ein Taxi zu bestellen, dass autonom, also ohne Fahrer, unterwegs ist. Allerdings ist auch kein Fahrer da, der dabei hilft, den Koffer in den Kofferraum zu hieven. 

Das fahrerlose Waymo-Taxi wird per App bestellt.
                                                                           Screenshot App Store

Waymo ist eine amerikanische Firma, die sich auf die Entwicklung autonomer Autos spezialisiert hat. Und wie so viele andere Firmen im digitalen Bereich gehört auch Waymo zu Alphabet, der Muttergesellschaft von Google. Wenn also das Taxi in Phoenix anrollt und kein Fahrer drinsitzt, kommt es sozusagen von Google… 
Waymo hat seinen kommerziellen selbstfahrenden Taxidienst in Phoenix, Arizona, schon seit einiger Zeit betrieben – unter dem Namen Waymo One, für ausgewählte Kunden. Nun soll der Service ab sofort der gesamten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, wie das Unternehmen mitteilt. Benutzer im Grossraum Phoenix können ihr Taxi mit einer App bestellen, die bei Google Play und im App Store heruntergeladen werden kann. Die Betreiber sind nicht unbescheiden, mit der Beschreibung ihrer Dienstleistung im App Store:

“Geniessen Sie Ihre Reise: Entspannen Sie sich auf dem Rücksitz Ihres privaten, geräumigen und sauberen Autos. Hören Sie Musik, treffen Sie sich mit einem Freund oder machen Sie einfach ein Nickerchen. Sie werden sich auf jede Fahrt freuen.”

Waymo erklärt den potentiellen Fahrgästen auch, wie die autonomen Taxis funktionieren:

“Unsere Kameras, Laser und Radargeräte arbeiten zusammen, so dass der digitale Waymo Driver in alle Richtungen klar sehen kann - bei Tag und bei Nacht. Waymo hat in den letzten 10 Jahren Millionen von Meilen unter allen möglichen Bedingungen zurückgelegt, angefangen in unseren frühen Tagen als Googles Projekt für selbstfahrende Autos. Dazu kommen Milliarden von Meilen, die wir in der Simulation gefahren sind. Der digitale Waymo Driver lernt ständig dazu. Wir lernen mit jedem Kilometer, den wir fahren, dazu, und diese Lektionen werden mit unserer gesamten Fahrzeugflotte geteilt.“

Die ersten Gäste scheinen jedenfalls zufrieden zu sein. Für sie sei das fahrerlose Taxi “ein magisches Erlebnis“ gewesen, heisst es in der Mitteilung des Unternehmens.

Wie so viele anderen Errungenschaften des digitalen Zeitalters, die uns am Anfang “magisch“ erschienen, werden wir uns auch an fahrerlose Autos gewöhnen. Und bald schon wird es eine Generation von Usern geben, die sich nichts mehr anderes vorstellen kann.


Wednesday, October 7, 2020

Je digitaler die Arbeit, desto unzufriedener die Beschäftigten

Wenn die eigene Arbeit zu stark digitalisiert ist, nimmt die Zufriedenheit der Arbeitnehmer ab. Das ist eines der Resultate des diesjährigen diesjährige Schweizer HR-​Barometer der ETH Zürich. Weitere Erkenntnisse: Die Überwachung am Arbeitsplatz nimmt zu, was die Angestellten natürlich nicht schätzen. Das zeigt sich wiederum in der Verbundenheit mit dem Unternehmen. 

Digitalisierung ist die Zukunft - doch was macht das mit unseren Arbeits-
plätzen?                                                                                         needpix.com

Aus Sicht der Befragten sind die Arbeitgeber in der Schweiz relativ offen gegenüber neuen Technologien. So geben über 74 Prozent der Beschäftigten an, dass ihr Arbeitgeber gewillt ist, digitale Lösungen zu nutzen. Bei den Beschäftigten zeigt sich aber: Je höher der Digitalisierungsgrad des Unternehmens, desto geringer ist die Arbeitszufriedenheit.

In einer digitalisierten Arbeitswelt spielt die Eigenverantwortung der Beschäftigten eine zunehmend wichtige Rolle. Einerseits geben 66 Prozent der Befragten an, dass sie durch ihre Vorgesetzten «voll und ganz» oder zumindest «eher» ermächtigt werden, Entscheidungen selbstständig zu treffen. Andererseits berichten die Befragten auch von elektronischer Überwachung durch Arbeitgeber: Bei 46 Prozent blockiert der Arbeitgeber beispielsweise den Zugriff auf bestimmte Internetseiten, 22 Prozent werden beim Besuchen von Internetseiten überwacht. 20 Prozent der Befragten berichten, dass sie sich entsprechend durch den Arbeitgeber in ihrer Privatsphäre eingeschränkt fühlen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Beschäftigte mit ihrem Unternehmen weniger stark verbunden fühlen, wenn elektronische Überwachung zu oft eingesetzt wird.

Ältere Beschäftigte schätzen die eigenen Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien tendenziell geringer ein. Vorurteile gegenüber älteren Beschäftigten wirken sich negativ auf die Bereitschaft aus, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten.

Sunday, October 4, 2020

Digitale Technologie vs. menschliche Schwäche

Wenn der Mensch einen schlechten Tag hat, nützt auch das beste digitale Echtzeit-Tracking nichts mehr. Experten wissen: Solange Menschen involviert sind, passieren Fehler, die einem digitalen System nie unterlaufen würden.


Ein Paket auf Weltreise per Kurier: Von den Philippinen nach China, 
nach Alaska, nach Kentucky, nach Ontario, Kanada, nach Quebec, 
dann New Brunswick (immer noch in Kanada), nach Nova Scotia, 
nach Neufundland - und wieder zurück nach  New Brunswick. Die 
Lieferadresse befindet sich in Nova Scotia.
 

Es ist sehr ärgerlich, während Stunden auf ein Paket zu warten, das von einem Kurier in einem bestimmten Zeitfenster geliefert werden sollte und dann doch nicht ankommt. Die grossen Kurierfirmen der Welt transportieren jedes Jahr Milliarden Pakete; allein in Deutschland werden jeden Tag im Durchschnitt 10 Millionen Pakete zugestellt. Das sind gleichviele, wie allein das amerikanische Kurierunternehmen FedEx täglich an Kunden abliefert. Die wichtigen Kurierunternehmen sind natürlich voll digitalisiert: Jede Sendung wird gescannt und kann (theoretisch) vom Absender bis zum Empfänger genau verfolgt werden. Die Technologie soll auch dazu beitragen, Transportwege effizient zu bewältigen – in der kürzest möglichen Zeit. Die Unternehmen versprechen denn ihren Kunden auch, dass sie genau kalkulieren können, wann ein Paket, zum Beispiel ein dringend benötigtes Ersatzteil, bei ihnen ankommen wird. Wie wir letzte Woche mit einem der grössten Kurierunternehmen persönlich erleben konnten, funktioniert das genau so lange, wie es funktioniert – wenn der Prozess einmal entgleist ist, trägt auch die Digitalisierung nicht mehr zum Kundendienst bei. Das läuft dann wie folgt ab: Das Paket ist gemäss Echtzeit-Tracking im Lieferwagen und soll demnächst ausgeliefert werden. Was dann nicht passiert. Mehrere Stunden nach dem Zeitfenster, dass für die Lieferung geplant war, wenden wir uns an den virtuellen Bot auf der Website des Kurierunternehmens. Dieser verweist auf das Echtzeit-Tracking auf der Webpage und betont, dass es keine besseren Informationen gebe. Irgendwann wird der Bot dann doch weich und rückt eine Kundendienst-Telefonnummer heraus, die wir anrufen können. Der Anruf wird (überraschenderweise) nach nur etwa fünf Minuten Wartezeit beantwortet, hilft aber nicht weiter. Der freundliche Mitarbeiter (in einem Callcenter auf einem anderen Kontinent) hat offensichtlich keine zusätzlichen Informationen zur Verfügung und rät, einfach mal zu warten… Zwischenzeitlich zeigt das Echtzeit-Tracking, dass das Paket am Morgen vor der Auslieferung in einer Filiale des Kurierunternehmens rund 70 Kilometer von der Lieferadresse entfernt gescannt worden ist. Da es nicht ausgeliefert wurde, müsste es offensichtlich noch dort sein. Ist es aber nicht – aber das erfahren wir erst zwei Tage später, als das Echtzeittracking plötzlich anzeigt, unser Paket sei vom Zoll abgefertigt worden und befinde sich jetzt etwa 1000 Kilometer entfernt in einem Sortierzentrum des Kuriers. Nach Kontaktaufnahmen unsererseits auf allen möglichen Kanälen, zeigt das Echtzeittracking dann plötzlich an, dass etwas schief gelaufen ist: Ihre Sendung wurde falsch sortiert“, heisst es da, "das könnte zu Verspätungen führen…“ Ein neues Lieferdatum wird nicht angegeben – was zum Verdacht führt, unser Paket sei in der Flut der Kuriersendungen nicht nur gestrandet, sondern untergegangen. Glücklicherweise hält dieser Zustand nur etwas mehr als 24 Stunden an – dann tut sich was, auf der Kurierwebsite: Ein neues Lieferdatum (allerdings erst in drei Tagen) wird angegeben, und das Paket wird in einem Verteilzentrum, das einige 100 Kilometer näher bei uns liegt, gescannt.

Das Paket ist also immer noch beim Kurier – glücklicherweise handelt es sich nicht um ein wichtiges Ersatzteil oder ein lebenswichtiges Medikament. Morgen, eine Woche nachdem die Auslieferung gemäss Logistikplanung hätte stattfinden sollen, findet der zweite Versuch statt, das Paket heimzubringen. Wir drücken allen Beteiligten, am meisten uns selber, die Daumen.

Es braucht nur eine Person, die einen schlechten Tag hat, einen Scan nicht durchführt oder eine Sendung falsch sortiert – und schon sind die Informationen an Ihrem Bildschirm nicht mehr viel Wert. Die digitale Logistik grosser Kurierunternehmen und die damit zusammenhängenden Informationssysteme erwecken den Eindruck totaler Transparenz. Lassen Sie sich davon nicht täuschen.