Sunday, March 31, 2019

EU-Urheberrechtsreform: Die Ruhe kehrt noch nicht ein

Die EU-Politiker haben sich vom Widerstand der Internet-User nicht beeindrucken lassen, und die EU-Urheberrechtsreform mit allen umstrittenen Abschnitten bewilligt. Die Reform enthält in Artikel 13 eine Pflicht für Online-Plattformen zur Filterung aller Inhalte auf mögliche Urheberrechtsverletzungen. Ein Antrag, über eine mögliche Streichung des umstrittenen Artikels einzeln abzustimmen, wurde mit fünf Stimmen Mehrheit abgelehnt.

Die Reform werde sich verheerend auf die Freiheit des Internets auswirken, hatten Gegner im Vorfeld angeführt. Gemeint war vor allem Artikel 13 der Verordnung: Internetplattformen müssen nun jedes hochgeladene Bild, jede Tonaufnahme und jedes Video vor einer Veröffentlichung prüfen. Das lässt sich nur mit Filtern machen. Die sind teuer und funktionieren oft sehr ungenau - sprich: Sie blockieren auch Inhalte, die sie nicht sollten. Die Reaktionen der Gegner fielen denn auch entsprechend aus: Von einem schwarzen Tag für das Internet und die Freiheit, war die Rede. Lobbyisten hätten über Demokraten gesiegt, heisst es. Sogar Edward Snowden meldete sich aus seinem Russischen Exil und liess per Twitter verlauten, dass diese Abstimmung politische Konsequenzen haben müsse. Auch der ehemalige britische Aussenminister Boris Johnson ist nicht happy mit dem EU-Prozess zum Urheberrecht: Mitten aus den Brexitwirren meldet er sich zu Wort und bezeichnet die neuen Regeln als “klassischesEU-Gesetz für die Mächtigen und die Reichen“ das für das Internet fürchterliche Folgen haben werde.
Immerhin haben die Gegner noch eine winzige Chance, wie die Europapolitikerin Julia Reda festhält:
“Trotz aller Enttäuschung des Netzes bleibt die Frage, wie es jetzt weitergeht mit der Urheberrechtsreform und dem Protest dagegen. Obwohl die Reform im EU-Parlament angenommen wurde, ist sie noch nicht beschlossene Sache. Voraussichtlich am 9. April liegt sie noch im Rat der Europäischen Union vor. Gegnerinnen wie Reda sehen darin noch eine Chance. „Im Rat kann nur die Bundesregierung die Reformen stoppen. Wenn die Bundesregierung dagegen stimmt, dann wäre eine Sperrminorität gegeben, und die Reform könnte so nicht in Kraft treten“, erklärt Reda in einem Tweet. Sie gibt sich noch nicht geschlagen: „Wir müssen jetzt nochmal alles tun, um die Bundesregierung dazu aufrufen, sich an ihren Koalitionsvertrag zu halten und Uploadfilter abzulehnen.“ (t3n.de)
Tatsächlich sind die Chancen der Gegner sehr, sehr klein, dass sich an der neuen Verordnung noch etwas ändert. Die EU ist nicht dafür bekannt, auf Bürgerbewegungen Rücksicht zu nehmen, und die Lobby, welche das Gesetz nach jahrelangem Feilschen durchgedrückt hat, wird sich jetzt, kurz vor dem Ziel, nicht den Sieg abspenstig machen lassen. Dafür hat die EU es einmal mehr geschafft, sich bei einer ganzen Gruppe von (vorwiegend jungen) Menschen unbeliebt zu machen. Oder wie die Zeit es formuliert:
“ Zuverlässiger kann man Menschen nicht gegen sich aufbringen. Die Frage ist nun, was all diese Menschen machen werden mit ihrer Wut. Besonders Frustrierte werden daraus die Konsequenz ziehen, sich von der Europapolitik insgesamt angeekelt abzuwenden. Andere werden bei der Europawahl diejenigen abstrafen, die diese Reform vorangetrieben haben – und unter Beweis stellen, dass #NieWiederCDU für sie mehr ist als ein Hashtag. Und bevor sich hier irgendeine andere Partei freut: Politikerinnen von SPD und Grünen haben sich in der Urheberrechtsfrage auch nicht gerade internetaffinen Wählern empfohlen.“

Monday, March 25, 2019

Der Brexit, der Onlinehandel, die Schweiz und die EU

Der wahrscheinlich bald kommende Austritt der Briten aus der EU macht vielen Unternehmen Sorge, die mit dem Vereinigten Königreich Geschäfte machen. Das betrifft auch den Onlinehandel. Immerhin laufen mehr als 30 Prozent der Europäischen Online-Warenströme über das Vereinigte Königreich. Laut PayPal ist Großbritannien bisher das drittbeliebteste Land der Welt für internationales Online-Shopping, umgekehrt haben 36 Prozent der Briten 2018 online in anderen Ländern eingekauft.

Kommt er, der Brexit - und wenn ja, wann?                               Bild Pixabay
Für Händler und Kunden in der EU ist die Lage komplizierter als für jene in der Schweiz. Die Schweizer Regierung hat schon im Februar ein Handelsabkommen mit Grossbritannien unterzeichnet, das  die bestehenden Rechte der Bürger der beiden Länder sichert, die diese mit der Personenfreizügigkeit erworben haben. Es geht etwa um den Aufenthalt, Sozialversicherungen und die Anerkennung beruflicher Qualifikationen. Bei einem ungeordneten Brexit will der Bundesrat das Abkommen ab dem 30. März vorläufig anwenden. Schon im Dezember hat der Bundesrat mit London verschiedene bilaterale Abkommen ausgehandelt. Im Falle eines harten Brexit ohne Übergangsperiode sollen diese ab dem Austrittsdatum gelten. Ziel ist es, die Rechte und Pflichten zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich möglichst auch nach dem Brexit zu gewährleisten. 
Für die Handelspartner der Briten in der EU, zu denen natürlich auch die Onlinehändler und Kunden gehören, sieht die Lage etwas unklarer aus - noch ist nicht klar wann (und für einige besonders unbeugsame  Remainer, sogar ob) die Briten die EU verlassen werden. Solange keine Einigung herrscht, kann auch aus einer geschäftlichen Perspektive immer nur von einer Momentaufnahme gesprochen werden. Der Münchner Zahlungsdienstleister Paymill hat deshalb einige Erklärungen und Richtlinien für Online-Händler in Deutschland zusammengestellt.
Bei einem harten Brexit würden Waren ab einem Wert von 150 Euro den Zolltarifen unterliegen, aber selbst bei Produkten mit einem Warenwert von bis zu 22 Euro müssten Kunden, die in britischen Onlineshops einkaufen, den deutschen Einfuhrumsatzsteuersatz von 19 Prozent berappen.
Trustedshops.de rechnet je nach Produktkategorie mit Mehrkosten von bis zu 15 Prozent bei einem ungeordneten Brexit. Das betrifft aber nur Waren aus Grossbritannien.
Für europäische Onlineversender wären die Folgen wohl sehr gering, zumal die britische Regierung gerade angekündigt hat, bei einem ungeregelten Brexit die Importzölle auf 87 Prozent der Waren fallenzulassen, wie Spiegel Online berichtete. Die EU könnte ähnlich reagieren, muss sie aber nicht.
Die Unsicherheit ist also relativ gross. Immerhin hat die europäische Kommission einen Zoll-Leitfaden mit Brexit-Checkliste für Unternehmen veröffentlicht. Darin heisst es unter anderem, dass ein vom Vereinigten Königreich bewilligter Status einer zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO-Status) in der EU nicht mehr gültig sei und gegebenenfalls getrennt beantragt werden sollte. Ausserdem sollten Unternehmen auch prüfen, ob sie die ausreichenden personellen und technischen Ressourcen für Zollangelegenheiten und die dazu notwendigen IT-Systeme haben. Einen mit 37 Seiten noch umfassenderen deutschsprachigen Brexit-Leitfaden für Onlineshops findet sich bei Webinterpret aus Frankreich. “Wahrscheinlich ist das Herausfordernde am Brexit nicht der Brexit selbst, sondern die Unsicherheit, die er mit sich bringt“, heisst es da. Und die lasse die Lage schlechter aussehen, als sie tatsächlich sei oder sein könnte. Onlinehändler sollten aber agieren, statt nur zu reagieren und, wie immer der Brexit ausfalle, nach geeigneten Lösungen suchen. Der Brexit-Leitfaden von Webinterpret schliesst mit den Worten:
“Für wachstumsorientierte Onlineshop-Betreiber ist die sinnvollste Option, die aktuelle Volatilität zu nutzen und eine proaktive Einstellung für Zukunftspläne zu verfolgen. Wenn Sie einen Onlineshop besitzen… nicht nachlassen, sondern wachsen lassen!“

Friday, March 22, 2019

Gesichtserkennung macht das digitale Netz engmaschiger

Gesichtserkennung könnte der nächste grosse Schritt im digitalen Alltag werden - dafür gibt es klare Anzeichen. Computer-Power und künstliche Intelligenz führen dazu, dass heute sogar gewisse Smartphones in der Lage sind, Gesichter zu erkennen. Die Technologie ist zwar unheimlich praktisch, birgt aber auch viele Gefahren, was den Schutz der persönlichen Freiheit betrifft.

Wer ist wer? Digitale Gesichtserkennung kann diese Frage in vielen Fällen
beantworten.                                                                    Wikimedia Commons
Dass Gesichtserkennung auch zur Einschränkung persönlicher Freiheiten genutzt werden kann, zeigt sich in China, wo der Staat ein digitales Überwachungssystem aufbaut, mit dem alle Bürger kontrolliert werden sollen - und zwar in so gut wie allen Lebensbereichen. Dazu setzen die Behörden auch Gesichtserkennung ein - um gute und schlechte Bürger zu identifizieren. Personen, die mit ihrem Verhalten nicht den Erwartungen des Staates entsprechen, müssen mit Konsequenzen rechnen: Sie können zum Beispiel keine Tickets für Flüge oder Hochgeschwindigkeitszüge kaufen oder in bestimmten Hotels logieren. Gesichtserkennung ist in China auch sonst im Mainstream angekommen: In der Tech-Metropole Shenzhen wird der Kauf von U-Bahn-Fahrten aufgrund von Gesichtserkennung getestet, wie die South China Morning Post kürzlich berichtet hat.
Auch im Westen ist Gesichtserkennung im Alltag angekommen - ohne dass wir es gemerkt haben. So wird die Technologie vor allem zur Rechtsdurchsetzung benutzt, wie wir an dieser Stelle schon berichtet haben:
“Detailhandelsgeschäfte seien heute in der Lage, durch den Einsatz digitaler Gesichtserkennung einen registrierten Ladendieb zu erkennen, bevor er zwei Schritte in einen Laden getan hat. Registrierte Gesichter sind  in diesem Fall solche, die bereits einmal gesetzlich oder privat für einen solchen Diebstahl belangt worden sind.  Es dauere nicht einmal eine Sekunde, ein von einer Kamera erfasstes Gesicht automatisch mit einen Datenbank, die Bilder von 25 Millionen Menschen enthalte, abzugleichen, sagt Peter Trepp, CEO der kalifornischen Firma FaceFirst.“
Gesichtserkennung habe “ungeahnte Folgen“, titelt heise online. Die Zahl der Unternehmen, die ihre Überwachungssysteme der Polizei zugänglich mache, nehme ständig zu:
“Würde die Polizei selbst überwachen, bräuchte sie einen Anlass und häufig einen Gerichtsbeschluss. Diese Schranken kann sie umgehen, wenn sie auf Kameras und Gesichtserkennung Privater zugreift. Auch an US-Grenzen gibt es immer mehr Gesichtserkennung, und selbst dort ist nicht geregelt, wie hoch die Erkennungssicherheit sein muss, bevor ein gemeldeter Treffer als zuverlässig akzeptiert werden darf.
"Wenn wir diese Technik nicht wirklich einschränkten, laufen wir Gefahr, unsere alltägliche Freiheit zu verlieren – uns anonym fortzubewegen, ohne verfolgt und identifiziert zu werden", sagte Neema Singh Guliani, Anwalt der Bürgerrechtsorganisation ACLU …“
Das Samsung Galaxy S10+ bietet bereits Gesichtserkennung für die Entsperrung des Smartphones. Allerdings lasse sich das System gemäß Medienberichten relativ leicht in die Irre führen. Die Gesichtserkennungstechnologie ist also noch nicht total zuverlässig, wird aber trotzdem schon von staatlichen und privaten Ordnungskräften eingesetzt. Umso notwendiger scheint es, in freiheitlichen Gesellschaften den ungeregelten Einsatz der Technologie einzuschränken. Denn, wie heise.de berichtet, können auch gesetzestreue Bürger im digitalen Netz hängenbleiben:
“Eine US-Ladenkette sucht bereits automatisch nach Personen, die in irgend einer Filiale des Ladendiebstahls beschuldigt wurden, wie Cnet berichtet. Meldet das Kamerasystem einen Treffer, werden Sicherheitskräfte alarmiert. Auf eine Verurteilung der Person kommt es nicht an, zudem kann es sich um einen Fehlalarm handeln. Der Systemlieferant bietet schon ein Cloudsystem an, über das verschiedene Unternehmen ihre schwarzen Listen mit Gesichtern Verdächtiger miteinander teilen könnten. Wer einmal auf einer solchen Liste landet, könnte bald erhebliche Schwierigkeiten beim täglichen Einkauf bekommen. Zudem können auch Unverdächtige später in unabsehbarer Weise ausgewertet werden: Manche Systeme rastern und speichern grundsätzlich jedes Gesicht, das sie vor die Linse bekommen…“

Sunday, March 17, 2019

Schweizer User geben dem Internet am Smartphone gute Noten

Obwohl die Schweizer und Schweizerinnen im Grossen und Ganzen ihre Mobilfunkprovider ziemlich gut finden, tragen sich doch mehr als 60 Prozent immer wieder mal mit dem Gedanken, ihren Anbieter zu wechseln. Am Ende tun sie es dann doch nicht, ganz einfach weil der Aufwand zu gross ist. Die jedes Jahr von dem Online-Vergleichsportal bonus.ch durchgeführte Kundenzufriedenheitsumfrage zeigt, dass die Schweizer Mobiltelefon-User ihren Mobilfunkanbietern im Allgemeinen treu bleiben.

Zum Vergrössern bitte anklicken.
Diese Treue zeigt sich daran, dass mehr als 64 Prozent der Befragten Mobilfunk-User schon länger als fünf Jahre beim gleichen Anbieter geblieben sind. Die Zufriedenheitsnoten der verschiedenen Anbieter variieren denn auch nicht gross. Am besten schneiden M-Budget Mobile, Quickline und WinGo ab. Im Mittelfeld liegen  Aldi Suisse mobile, Sunrise und UPC, und die Schlusslichter bilden CoopMobile, Swisscom und Yallo. Die Unterschiede in der Zufriedenheit mit den verschiedenen Anbietern sind allerdings minimal: Sie liegen zwischen den Noten 5,1 und 4.9 (siehe Grafik).
66.7 Prozent der der Schweizer User geben jeden Monat mehr als 40 Franken für ihr Handy aus - das sind immerhin mehr als 480 Franken im Jahr. Ein Drittel der Handynutzer zahlt jeden Monat 40 bis 80 Franken. Das sind dann schon bald 1000 Franken pro Jahr.  Die verbleibenden 30 Prozent zahlen noch mehr - bis zu über 200 Franken im Monat.  Die Umfrage von bonus.ch zeigt aber auch sinkende Kommunikationsausgaben: Die Zahl der Personen, die weniger als 40 Franken pro Monat ausgibt nimmt stetig zu; in 2017 waren es noch 29.5 Prozent, in 2018 32.8 Prozent und in 2019 schon 33.2 Prozent. Sinkende Ausgaben sind auch bei den Prepaid-Diensten zu verzeichnen. 63.9 Prozent der Prepaid-User zahlten im letzten Jahr noch  weniger als 15 Franken pro Monat, jetzt sind es schon 67 Prozent.
Fast nicht verändert hat sich der eher seltene Einsatz des Handys im Ausland. Fast 70 Prozent nutzen ihr Smartphone zu weniger als zehn Prozent im Ausland. Der Grund dafür: die immer noch viel zu hohen Roaming-Gebühren.
Interessant ist, dass  mehr  als  50 Prozent der Befragten mit  der  Qualität  der  Internetnutzung  auf  ihrem Smartphone absolut oder sehr zufrieden sind. Ein weiteres Drittel ist immerhin noch “ziemlich zufrieden“. Das sind eindrückliche Noten, wenn man bedenkt in welchem Umfang Smartphones heute zur mobilen Internetnutzung eingesetzt werden.

Thursday, March 14, 2019

Facebook ist down - und die Nutzer “verzweifeln“

Facebook fällt ab und zu mal aus - meistens handelt es sich um regionale oder lokale Störungen, die nie so lange anhalten, dass die User Entzugserscheinungen zeigen. Dass es zu einem Ausfall kommt, wie in die Social-Network-Nutzer am Mittwoch erlebt haben, hat es noch nie gegeben.  In Europa und in Nordamerika war Facebook, während Stunden nicht zu erreichen. Auch WhatsApp und Instagram waren betroffen. Nicht weiter schlimm - ist ja nur Social Media, könnte man sagen. Weit gefehlt!

Facebook down machte viele User sehr unglücklich. Aber jetzt
funktioniert der Service ja wieder :-)                       
Der Facebook-Ausfall habe die Nutzer “verzweifeln“ lassen, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Was verrückt tönt, ist eigentlich nicht weiter verwunderlich. Facebook wird von mehr als einer Milliarde Menschen genutzt - viele davon könnten wohl ohne die Plattform gar nicht mehr leben. Deshalb hatte der bisher grösste Ausfall in der Geschichte des Netzwerkes massive Auswirkungen auf die Psyche vieler User: Die Zwangspause am Smartphone führte bei ihnen zu Endzeitstimmung:
“Innerhalb weniger Stunden konnte man zusehen, wie die Stimmung vieler Nutzer kippte von Verwunderung zu Belustigung und schließlich zu Ärger ("Noch eine Stunde weiterversuchen oder ins Bett gehen und hoffen, dass morgen alles wieder gut ist - was macht ihr?"). Kulturpessimisten sollten sich unbedingt die Twitter-Hashtags "#FacebookDown", "#InstagramDown" und "#WhatsappDown" merken, bessere Argumentationshilfe dafür, dass es mit der Menschheit zu Ende geht, wird es für sie so bald wohl nicht wieder geben. Was die Endzeitstimmung noch anheizte: Von Facebook selbst gab es nach den ersten beiden Stellungnahmen stundenlang überhaupt keine Nachrichten. Die neuseeländische Polizei sah sich schließlich genötigt, der aufgebrachten Bevölkerung zu erklären, sie sei nicht zuständig: "Wir sind die Polizei. Bitte rufen Sie uns wegen dieser Sache nicht an.“ (SZ)
Wer oder was bei Facebook den Stecker gezogen hat, ist nicht bekannt und wird, wenn man die Kommunikationsstrategie des Konzerns in Betracht zieht, wahrscheinlich nie im Detail bekannt werden:
“Die größte Störung in Facebooks Geschichte gibt weiter Rätsel auf. Vom vergangenen Nachmittag an beschwerten sich rund um die Welt Hunderttausende Nutzer darüber, dass sie nicht auf die Facebook-Plattformen zugreifen konnten. Betroffen waren ebenfalls der Fotodienst Instagram, der Facebook Messenger sowie einzelne Funktionen des Chatprogramms Whatsapp. Mehr als 1,5 Milliarden Menschen nutzen Facebook jeden Tag, einen so langen Ausfall hat es bislang noch nicht gegeben. Erst um 5:41 Uhr deutscher Zeit meldete sich das Social-Media-Team von Instagram auf Twitter, um mitzuteilen, dass die Probleme behoben seien. Darunter beschweren sich aber zur Stunde immer noch Nutzer, dass sie Schwierigkeiten haben, auf ihre Konten zuzugreifen. Was die Ursache für den mehr als zehnstündigen Aussetzer war, ist noch unklar. Facebook hat sich noch nicht detailliert geäußert. Bestätigt wurde einzig, dass es keine DDoS-Attacke gegeben habe…“ (FAZ)
Facebooks Absturz wirft mindestens eine Frage auf. Zum Beispiel: Wie kann es sein, dass der grösste Kommunikationskonzern der Welt derartig lausig kommuniziert?

Nachtrag: Facebook hat jetzt (auf vier Zeilen) bekanntgegeben, was die Panne ausgelöst hat. Eine "Server-Neukonfigutration" sei Schuld gewesen...  

Monday, March 11, 2019

Cybersicherheit: Kein Strom, keine Zivilisation

Cyberangriffe auf kritische Infrastruktur, wie zum Beispiel Kraftwerke, sind ein Szenario vor dem immer wieder gewarnt wird. Kein Wunder: Wenn der Strom weg ist, geht es nicht lange, bis die Zivilisation unzivilisiert wird. Eine Untersuchung in der Schweiz hat nun gezeigt, dass vor allem kleinere Stromerzeuger ihre Cybersicherheit nicht systematisch genug angehen.

Strom ist der Lebenssaft unserer Zivilisation. Ohne geht gar nichts!
                                                                                                        Bild Pixabay
In Venezuela spielt sich im Moment ein Alptraum ab. Infrastruktur, die über Jahre nicht gepflegt wurde, zerfällt und funktioniert nicht mehr. Das gilt auch für die Stromerzeugung: Die Venezolanische Hauptstadt Caracas muss tagelang ohne Strom auskommen - die Regierung macht Cyber-Attacker dafür verantwortlich. Die Folgen für die Bevölkerung sind verheerend - und sie wären es auch, im Falle eines Stromausfalles in Ländern, die nicht durch politische Unruhen gegeisselt werden. TAB, ein Beratergremium des Deutschen Bundestages hat dazu in einer Untersuchung festgehalten:
“Aufgrund der nahezu vollständigen Durchdringung der Lebens- und Arbeitswelt mit elektrisch betriebenen Geräten würden sich die Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls zu einer Schadenslage von besonderer Qualität summieren. Betroffen wären alle kritischen Infrastrukturen, und ein Kollaps der gesamten Gesellschaft wäre kaum zu verhindern. Trotz dieses Gefahren- und Katastrophenpotenzials ist ein diesbezügliches gesellschaftliches Risikobewusstsein nur in Ansätzen vorhanden.“
Es scheint, als ob auch in der Schweiz diesbezüglich noch Bewusstseinslücken bestehen. Der Fachverband Electrosuisse hat untersucht, wie es um die Fähigkeit kleiner und mittlerer Elektrizitätswerke steht, den Bedrohungen des digitalen Zeitalters zu begegnen. Eine Erkenntnis:
Immer mehr KMUs erkennen, dass auch sie für Cyberattacken weder zu klein noch zu wenig interessant sind. Die Studie hält fest, dass Cybersecurity bei allen Elektrizitätswerken mehr oder weniger thematisiert, wenn auch bei kleineren Kraftwerken wenig systematisch angegangen werde. Während die mittleren Elektrizitätswerke im Hinblick auf die Cybersecurity mehrheitlich relativ gut, in einzelnen Bereichen auch sehr gut unterwegs seien, zeige sich besonders bei den kleinen, lokalen Elektrizitätsversorgungsunternehmen in vielen Disziplinen ein erheblicher Nachholbedarf:
“Vor allem bei kleineren Werken wird dem Schutz mehr Aufmerksamkeit geschenkt als der Entdeckung von digitalen Sicherheitsvorfällen und der Fähigkeit und Bereitschaft zu einer raschen und angemessenen Reaktion. Werke mit mehr als 60 Mitarbeitern haben zu einem grossen Teil erkannt, dass neben mehrstufigen Schutzmassnahmen auch ein wirkungsvolles und verzögerungsfreies Erkennen von Sicherheitsvorfällen, eine zeitnahe und angemessene Reaktion sowie die Wiedererlangung der sicheren Operabilität innert nützlicher Frist wichtige Elemente einer ganzheitlichen Cybersecurity-Strategie sind.“
Es brauche eine Sicherheitskultur, halten die Autoren der Studie fest, bei der dem Faktor Mensch als grösste Schwachstelle die entsprechende Rolle zukomme. Verständliche und praktikable Richtlinien sowie die regelmässige, systematische Schulung von Mitarbeitern dürfe nicht als Luxus betrachtet werden - damit die Lichter nicht ausgehen!

Wednesday, March 6, 2019

Was G5, Huawei und kanadischer Raps gemeinsam haben

G5 ist das nächste grosse Ding. Die Fachmedien sind von den ersten Anwendungen begeistert - die Computerwoche spricht gar von einem Datenrausch. Allerdings wird die Geschwindigkeit im Moment ziemlich gebremst - durch politische Macht- und Ränkespiele, in die sogar kanadische Rapsbauern ohne eigenes Verschulden hereingezogen werden.

Die Welt macht nur zu gern Geschäfte mit China: Bevölkerungsreichtum und Wirtschaftswachstum sorgen für ein unglaubliches Profitpotential. Aber Amnesty International und andere Organisationen publizieren regelmäßig Berichte zur Missachtung der Menschenrechte in China. Das ist ernüchternder Lesestoff: China hat nicht den Ruf eines Landes, in dem man sich auf den Rechtsstaat verlassen kann.
Das erfahren jetzt die Kanadier.
Angefangen hatte alles mit Huawei und einem plötzlich erkannten Spionagerisiko: Wenn der Chinesische Konzern mit seiner führenden 5G-Technologie zu stark in westliche Mobilfunknetze integriert werde, bestehe die Gefahr, dass die chinesische Regierung mithöre:
“In der Debatte um die Sicherheit von Netzelementen chinesischer Hersteller gerät Huawei international immer stärker unter Druck. Die USA versuchen, heimische Firmen am Kauf von Huawei-Ausstattung zu hindern. Australien und Neuseeland haben den Technologieriesen bereits vom 5G-Ausbau ausgeschlossen. Andere Länder könnten dem Beispiel folgen – auch in Europa […]Die USA werfen dem Konzern Industriespionage und Verstöße gegen die Iran-Sanktionen vor. Ende Januar hat das US-Justizministerium offiziell Anklage gegen den chinesischen Konzern erhoben…“ (t-online.de)
Das Rapsgeschäft mit China ist in Kanada Milliarden Wert. Nun wird das
Geschäft plötzlich mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G und Huawai in
Verbindung gebracht.                                                                    Bild Pixabay 
Diese Anklage der USA führte unter anderem zu einem Haftbefehl gegen Meng Wanzhou, Tochter des Huawei-Gründers und Finanzchefin des Konzerns. Diesem internationalen Haftbefehl kam Kanada nach und verhaftete die Gesuchte im Dezember in Vancouver. Nur Tage später verhaftete China zwei Kanadier und verurteilte einen dritten, bereits verurteilten Kanadier in einem plötzlichen Wiederaufnahmeverfahren zum Tode und hob damit eine zuvor verhängte 15-jährige Haftstrafe auf. Diese Massnahmen, deren Tragweite wohl nur die Betroffenen voll spüren, werden in diplomatischen Kreisen allgemein als chinesische Vergeltungsmassnahmen angesehen - genau wie beim kanadischen Raps. In einer Massnahme, die in Europa kaum vermeldet wurde, hat China am Wochenende die Einfuhr von kanadischem Raps blockiert. Einer der größten Getreideverarbeiter Kanadas erklärte am Dienstag, dass China seine Genehmigung zum Export von Raps widerrufen habe. Bei kanadischen Rapsexporten nach China geht es um Milliarden von Dollars. Der Verlust der Frachtgenehmigung kam, nachdem Kanada eine  Auslieferungsanhörung für Huawei CFO Meng Wanzhou durchgeführt hatte.
Wie sich diese Machtspiele auf  die weltweite G5-Entwicklung auswirken werden, ist unklar. Die Computerwoche spekuliert, dass der Druck auf China und Huawei die Einführung verlangsamen könnte:
“Mit oder ohne Huawei-Bauteile - die aktuellen Querelen werden kaum etwas daran ändern, dass 5G als neuer Standard in den nächsten Jahren eingeführt wird und LTE/4G Stück für Stück ablöst. Die Zahlen dahinter sind beeindruckend. 5G soll eine hundertmal höhere Datenrate als LTE bieten. Hinzu kommen eine Kapazitätssteigerung des Netzes um Faktor 1000, zudem die Möglichkeit, mehr als 100 Milliarden Sender weltweit gleichzeitig anzusprechen, dann eine drastische Verringerung des Stromverbrauchs um bis zu 90 Prozent und schließlich bei Bedarf extrem schnelle Reaktionszeiten…“
Huaweis Finanzchefin wurde übrigens schon wenige Tage nach ihrer Verhaftung wieder freigelassen und darf nun ihre Zeit in einer Villa in Vancouver verbringen, so lange das Auslieferungsverfahren läuft. Die drei kanadischen Verhafteten hingegen stecken in chinesischen Gefängnisszellen. Immerhin haben sich inzwischen eine ganze Reihe von Ländern und Persönlichkeiten für die Verhafteten eingesetzt und China aufgefordert, sie freizulassen.

Sunday, March 3, 2019

EU-Direktive zum Urheberrecht: Demonstrieren gegen Filter

Das neue EU-Urheberrecht ist noch nicht über die Bühne, und es fragt sich, ob es vom Europäischen Parlament (wie fast alle anderen Direktiven) einfach abgenickt wird. Es stehen nämlich Wahlen an in der EU, und viele Internetnutzer machen nun Druck auf ihre Abgeordneten, gegen das neue Urheberrecht zu stimmen.

Eine Protestaktion gegen Upload-Filter, wie sie im neuen EU-Recht vorgesehen
sind. Mehr sollen folgen.                                                Bild Hanna Prykhodzka
Es ist schon fast eine Leidensgeschichte, durch die das neue EU-Urheberrecht bis heute gegangen ist. Immerhin haben sich die zuständigen Kommissare und Minister nun endlich geeinigt, und eine Reform produziert, die zum Vorteil vieler Produzenten von Inhalten gereichen soll. Das Problem ist nur, dass viele, vor allem junge Nutzer des Internets gar nicht begeistert sind. Das spüren vorerst die EU-Parlamentsabgeordneten in ihren E-Mail-Fächern. Der deutsche Abgeordnete Sven Giegold zum Beispiel:
“Er habe mittlerweile rund 11‘000 E-Mails zu dem Thema bekommen, fast die Hälfte davon auf Deutsch. Dazu kamen zum Beispiel Nachrichten auf Englisch, Spanisch oder Französisch. Zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP, das vor einigen Jahren für heftigen Protest in Teilen der Bevölkerung gesorgt hatte, hatte er nach eigenen Angaben gut 3000 Mails erhalten.“ (spiegel.de)
Protestiert wird vor allem gegen Artikel 13 der neuen Direktive. Dabei geht es um den Urheberschutz und sogenannte Uploadfilter:
“Bei der Diskussion über Uploadfilter geht es eigentlich um die Frage, wer für illegal hochgeladene Inhalte haftet. Bisher müssen Plattformbetreiber wie Youtube, aber auch Wikipedia oder kleinere Anbieter von nutzergenerierten Inhalten, diese erst von ihrer Plattform nehmen, wenn sie davon Kenntnis erlangen. Mit dem neuen Artikel 13 der Reform wären sie dazu gezwungen, solche Inhalte vorher schon abzufangen – oder im Vorfeld Lizenzvereinbarungen mit den Rechteinhabern abzuschließen. Ersteres geht aber nur durch ein automatisiertes Erkennungssystem – also Uploadfilter –, zweites ist gerade für kleine Anbieter so teuer, dass sie es nicht leisten können. Und auch sie müssten – dann erst recht – alle hochgeladenen Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen prüfen.“ (irights.info)
Auch die grossen Digitalverbände sind übrigens gegen diese Art des Urheberschutzes. Bitkom und Eco haben das Europaparlament aufgefordert, die Reform des europäischen Urheberrechts zu stoppen. Und es sieht so aus, dass es sogar Demonstrationen gegen diese Einschränkungen geben wird - am 23. März in mehreren europäischen Städten.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein engagierter Teil der Bevölkerung gegen die Regulierung des Internets aus Brüssel wehrt, wie der Spiegel berichtet:
“Die Filterfrage stellte sich schon einmal: Im Februar 2012 gingen bei klirrender Kälte mehrere Zehntausend Menschen in Deutschland auf die Straße, um gegen das geplante internationale Urheberrechtsabkommen Acta zu protestieren. Europaweit waren es bis zu 200.000. Auch damals trieb die Demonstranten die Sorge um, Filter gegen das Hochladen geschützter Inhalte - die damals auf der Ebene der Internetprovider etabliert worden wären - würden eine Sperr- und Zensurinfrastruktur einführen, die große Teile des Internets abdeckt. Der breite Widerstand sorgte mit dafür, dass das Europaparlament damals Acta ablehnte […] Aber von den bisher für den 23. März angemeldeten 21 Demonstrationen finden nur vier in nicht-deutschen Städten statt. Und von den 69 EU-Abgeordneten, die auf Pledge2019.eu versprochen haben, gegen Artikel 13 zu stimmen, stammt fast die Hälfte aus Deutschland, aber zum Beispiel nur eine einzige aus Frankreich. Für eine Mehrheit im Plenum, mit der die Reform in Gänze verhindert oder noch einmal für Änderungen geöffnet werden kann, ist das zu wenig…“