Sunday, March 31, 2019

EU-Urheberrechtsreform: Die Ruhe kehrt noch nicht ein

Die EU-Politiker haben sich vom Widerstand der Internet-User nicht beeindrucken lassen, und die EU-Urheberrechtsreform mit allen umstrittenen Abschnitten bewilligt. Die Reform enthält in Artikel 13 eine Pflicht für Online-Plattformen zur Filterung aller Inhalte auf mögliche Urheberrechtsverletzungen. Ein Antrag, über eine mögliche Streichung des umstrittenen Artikels einzeln abzustimmen, wurde mit fünf Stimmen Mehrheit abgelehnt.

Die Reform werde sich verheerend auf die Freiheit des Internets auswirken, hatten Gegner im Vorfeld angeführt. Gemeint war vor allem Artikel 13 der Verordnung: Internetplattformen müssen nun jedes hochgeladene Bild, jede Tonaufnahme und jedes Video vor einer Veröffentlichung prüfen. Das lässt sich nur mit Filtern machen. Die sind teuer und funktionieren oft sehr ungenau - sprich: Sie blockieren auch Inhalte, die sie nicht sollten. Die Reaktionen der Gegner fielen denn auch entsprechend aus: Von einem schwarzen Tag für das Internet und die Freiheit, war die Rede. Lobbyisten hätten über Demokraten gesiegt, heisst es. Sogar Edward Snowden meldete sich aus seinem Russischen Exil und liess per Twitter verlauten, dass diese Abstimmung politische Konsequenzen haben müsse. Auch der ehemalige britische Aussenminister Boris Johnson ist nicht happy mit dem EU-Prozess zum Urheberrecht: Mitten aus den Brexitwirren meldet er sich zu Wort und bezeichnet die neuen Regeln als “klassischesEU-Gesetz für die Mächtigen und die Reichen“ das für das Internet fürchterliche Folgen haben werde.
Immerhin haben die Gegner noch eine winzige Chance, wie die Europapolitikerin Julia Reda festhält:
“Trotz aller Enttäuschung des Netzes bleibt die Frage, wie es jetzt weitergeht mit der Urheberrechtsreform und dem Protest dagegen. Obwohl die Reform im EU-Parlament angenommen wurde, ist sie noch nicht beschlossene Sache. Voraussichtlich am 9. April liegt sie noch im Rat der Europäischen Union vor. Gegnerinnen wie Reda sehen darin noch eine Chance. „Im Rat kann nur die Bundesregierung die Reformen stoppen. Wenn die Bundesregierung dagegen stimmt, dann wäre eine Sperrminorität gegeben, und die Reform könnte so nicht in Kraft treten“, erklärt Reda in einem Tweet. Sie gibt sich noch nicht geschlagen: „Wir müssen jetzt nochmal alles tun, um die Bundesregierung dazu aufrufen, sich an ihren Koalitionsvertrag zu halten und Uploadfilter abzulehnen.“ (t3n.de)
Tatsächlich sind die Chancen der Gegner sehr, sehr klein, dass sich an der neuen Verordnung noch etwas ändert. Die EU ist nicht dafür bekannt, auf Bürgerbewegungen Rücksicht zu nehmen, und die Lobby, welche das Gesetz nach jahrelangem Feilschen durchgedrückt hat, wird sich jetzt, kurz vor dem Ziel, nicht den Sieg abspenstig machen lassen. Dafür hat die EU es einmal mehr geschafft, sich bei einer ganzen Gruppe von (vorwiegend jungen) Menschen unbeliebt zu machen. Oder wie die Zeit es formuliert:
“ Zuverlässiger kann man Menschen nicht gegen sich aufbringen. Die Frage ist nun, was all diese Menschen machen werden mit ihrer Wut. Besonders Frustrierte werden daraus die Konsequenz ziehen, sich von der Europapolitik insgesamt angeekelt abzuwenden. Andere werden bei der Europawahl diejenigen abstrafen, die diese Reform vorangetrieben haben – und unter Beweis stellen, dass #NieWiederCDU für sie mehr ist als ein Hashtag. Und bevor sich hier irgendeine andere Partei freut: Politikerinnen von SPD und Grünen haben sich in der Urheberrechtsfrage auch nicht gerade internetaffinen Wählern empfohlen.“

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