Monday, February 29, 2016

Datenströme statt Warenströme - "140 Zeichen statt fliegende Autos"

Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit tragen internationale Datenströme mehr zum globalen Wirtschaftswachstum bei, als der klassische Warenhandel. Insgesamt erhöhen die globalen Güter-, Kapital- und Datenflüsse die weltweite Wirtschaftsleistung um zehn Prozent. Dies entsprach 2014 einem Wert von 7,8 Billionen Dollar. Davon waren allein 2,8 Billionen Dollar auf die internationalen Datenströme zurückzuführen, 2,7 Billionen Dollar auf den Warenverkehr. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer neuen Studie des McKinsey Global Institute.

Die McKinsey-Forscher sind sich ganz sicher: Die Globalisierung stagniere nicht – sie verändere sich, schreiben sie in der Mitteilung zur Studie. Tatsächlich sind die Wachstumszahlen im Digitalsektor beeindruckend: Bis zur Finanzkrise hatte der Anteil der globalen Waren-, Finanz- und Dienstleistungsströme an der Weltwirtschaftsleistung kontinuierlich zugenommen. Mit 53 Prozent Anteil an der weltweiten Bruttowirtschaftsleistung erreichte er 2007 ein Rekordhoch. Seitdem gingen die internationalen Finanzströme um gut die Hälfte zurück; Güterhandel und der internationale Dienstleistungsverkehr erholten sich nur langsam von der Krise. Die Folge: Der Anteil dieser Ströme machte 2014 nur noch 39 Prozent der Weltwirtschaftsleistung aus. Gleichzeitig vervielfachten sich die Datenströme über Ländergrenzen hinweg und waren 2014 rund 45 Mal(!) so groß wie 2005. Bei McKinsey ist man sich sicher, dass sich dieses Wachstum fortsetzen wird:
“In den nächsten fünf Jahren werden die globalen Datenströme sich noch einmal um den Faktor 9 vervielfachen. Grundlage für diese Entwicklung sind im Wesentlichen neue digitale Plattformen, die Menschen, Informationen und Märkte miteinander vernetzen. Bereits 12 Prozent des globalen Warenverkehrs sind heute beispielsweise auf internationalen E-Commerce zurückzuführen. Die internationale Vernetzung bietet gerade für kleine und mittlere Unternehmen große Chancen – sie können über das Internet relativ leicht neue Märkte und Kundengruppen erschließen.“
Gemäß der McKinsey-Studie bietet die Vernetzung nicht nur für Kunden und Unternehmer Vorteile, auch Volkswirtschaften profitieren vom internationalen Austausch. Länder, die besonders stark international vernetzt sind, weisen nämlich im Schnitt ein höheres Bruttoinlandprodukt pro Kopf auf als weniger eingebundene Staaten.
Die McKinsey –Studie kommt zu einer Zeit, in der intensiv über die Nutznießer des weltweiten wirtschaftlichen Wachstums diskutiert wird und eine vielerorts frustrierte Mittelklasse das Gefühl hat, dass ihr Leben trotz technologischer Entwicklungen nicht einfacher wird. Peter Thiel, ein Silicon-Valley-Investor, hat dieses Gefühl in ein inzwischen berühmtes Zitat gegossen: “Wir wollten fliegende Autos, stattdessen bekamen wir 140 Zeichen“.  
Thiel ist nicht der einzige, der mit der technologischen Entwicklung und der gegenwärtigen Entwicklung in unserer Gesellschaft unzufrieden ist - wachsende Datenströme hin oder her. Auch der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Robert Gordon geht davon aus, dass die technologische Zukunft nicht halten wird, was sie verspricht (siehe untenstehendes Video). Moderne Gesellschaften hätten die Vorteile der Digitalisierung bereits absorbiert, sagt er:
“In den 80 Jahren vor 1972 betrug das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens in den USA im Schnitt 2,35 Prozent. In den 40 Jahren seither waren es nur noch 1,55 Prozent — trotz all der grossartigen Entwicklungen, die gemacht wurden. Die wirklich bedeutsamen Erfindungen fanden vorher statt: die Dampfmaschine, Elektrizität, die Kanalisation. Sie haben viel stärkeres Wachstum ausgelöst als der Computer, das Internet und Smartphones. Erfindungen, die das Leben aller Menschen vergleichbar stark verbessern, werden je länger, je seltener…“
Man weiss es:  Megaprognosen lassen sich leicht machen. Deshalb wagen wir hier auch eine Voraussage: Die Welt steht erst am Anfang des digitalen Zeitalters. Wenn die Entwicklung nicht durch Katastrophen aufgehalten wird, dürfen wir davon ausgehen, dass es auch in den nächsten Jahren entscheidende technische Sprünge geben wird, von denen heute noch niemand etwas weiss. Genauso, wie die Welt vor drei Jahrzehnten vom PC und wenig später vom Internet überrascht wurde… 

Wednesday, February 24, 2016

Autofahren in der Share Economy

Die Generation Y (deren Angehörige oft auch Millennials genannt werden, weil sie im Zeitraum von 1980 bis zur Jahrtausendwende geboren wurden)  ist jene Generation, an der die Konsumgüterindustrie sich gegenwärtig einige Zähne ausbeisst. Die ältesten Mitglieder der Kategorie sind bereits gute Verdiener; doch sie machen es den Marktforschern nicht leicht. Die Verhaltensmuster der Eltern sind überholt, die digitale Share-Economy hat Einzug gehalten. Das zeigt sich unter anderem am Verhältnis der Millenials zum Auto. 

In wenigen Tagen ziehen sie wieder unzählige Besucher an, die neuen
Autos am Genfer Autosalon (im Bild zwei Nissan Konzeptfahrzeuge). Millennials
werden im Publikm wahrscheinlich untervertreten sein,                          Bild Nissan
Es scheint, als ob das autonome Auto gerade noch rechtzeitig kommen wird. Die meisten Millennials sind nämlich längst nicht mehr so stark am Auto interessiert, wie frühere Generationen. Das zeigen verschiedene Studien. Der amerikanische Finanzdienstleister Capital One hat zum Beispiel herausgefunden, dass  die  Gen-Y-Konsumenten lieber reisen, als ein teures Auto zu besitzen. Auch in der Schweiz gilt ein ähnlicher Trend, wie wir schon im letzten Jahr berichtet haben:
“Der Besitz eines eigenen Autos wird vor allem für junge Schweizer immer unwichtiger. Bereits jeder dritte Konsument legt mehr Wert auf moderne Smartphones und Computer als auf ein eigenes Auto - in der Altersgruppe der 18- bis 34Jährigen sind es sogar schon 53 Prozent. Und 41 Prozent der befragten Schweizer können sich ein Leben ganz ohne Führerschein und eigenes Auto vorstellen.“
Auch die neue GfK-Studie “GenY und Mobilität“ zeigt, dass sich diese jungen Menschen über Mobilität wenig Gedanken machen, solange sie funktioniert. Lediglich die Unzuverlässigkeit der öffentlichen Verkehrsmittel und der damit verbundene Zeitverlust werden als Stressfaktoren wahrgenommen. Beim Auto sind es vor allem die hohen Unterhaltskosten und Aspekte wie Sicherheit und Praktikabilität, die bei der jungen Generation für Bauchschmerzen sorgen. Dies zeigt auch die GfK Connected Car Studie 2015. Häufigste Kritikpunkte sind hier die hohen Kosten für Treibstoff sowie Unfallrisiko und Staugefahr. Immerhin geben dennoch mehr als ein Drittel der Autobesitzer in der Generation Y an, dass ihnen Autofahren Spass macht – das sind mehr als in der Gruppe der über 30-jährigen. Allerdings greift die junge Generation, je nach geplantem Ziel,  insbesondere in Grossstädten in erster Linie auf öffentliche Verkehrsmittel und Fahrrad zurück oder ist zu Fuss unterwegs. In Folge nehmen sowohl das Interesse am Auto als auch die emotionale Bindung ab – es entsteht eine reine Zweckbeziehung. 
Die zitierte GfK-Studie zeigt auch, dass  die Generation Y dem vernetzten Auto, das die Branche unermüdlich propagiert, kritisch gegenübersteht. Sie sieht in den aktuellen, meist aufwändigen und teuer angebotenen Konnektivitätslösungen keinen echten Mehrwert, da das eigene Smartphone diese Dienste bereits liefert. Gefragt sind also echte Innovationen, die das Auto in den digitalen Lebensstil der Generation Y integrieren, um so einen Mehrwert zu schaffen, der im Konkurrenzumfeld bestehen kann. Womit wir wieder beim autonomen Auto wären. Jeder zweite Pkw-Besitzer der Generation Y gibt als Grund für den Besitz eines Autos individuelle Mobilität und Freiheit an – nicht etwa Statusdenken oder andere emotionelle Gründe. Es wird wohl nicht lange gehen, bis  auch das selbstfahrende Auto Teil der digitalen Share-Economy wird und damit dieses  Bedürfnis nach individueller Mobilität und Freiheit erfüllen kann.

Sunday, February 21, 2016

Bremst der Fachkräftemangel die Digitalisierung?

IT-Verantwortliche im deutschsprachigen Raum wollen dieses Jahr weniger Geld für Innovationen ausgeben. Der Rückgang überrascht angesichts der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der CIOs den Ausbau der Digitalisierung als eines ihrer wichtigsten Ziele bezeichnen. Eine der Schwierigkeiten, mit der die Firmen zu kämpfen haben, ist der Mangel an ausgebildeten Fachkräften. Die Digitalisierung für die IT-Zukunft wird dadurch gebremst.

Zum Vergrössern anklicken.                                                 Infografik Capgemini
Das ist eines der Ergebnisse der jährlichen IT-Trends-Studie von Capgemini, in deren Rahmen IT-Verantwortliche in der Schweiz, Deutschland und Österreich befragt wurden.  Dabei stellte sich heraus, dass der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern die grösste Hürde für die Digitalisierung darstellt. Fachleute fehlen insbesondere für Internet-of-Things-Technologien, Big-Data-Analytics und mobile Technologien. Immerhin hat das IT-Know-how in den Chefetagen in mehr als der Hälfte der Unternehmen zugenommen. In der Folge ist auch die geschäftliche Relevanz der IT weiter gestiegen. Gleichzeitig haben sich in 64 Prozent der Unternehmen die geschäftlichen Anforderungen an die IT erhöht, während die technologischen Anforderungen nur bei rund einem Viertel gestiegen sind.
Dass auch die Schweiz unter einem IT-Fachkräftemangel leidet, ist eigentlich erstaunlich; gemäss einer globalen Studie verdienen IT-Spezialisten in der Schweiz die höchsten Löhne weltweit. Ausserdem geben immer wieder die Arbeitslosenzahlen in der Branche zu reden. Die NZZ suchte kürzlich eineErklärung für die Widersprüche:

“Bei den Informatikern liegt die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit etwa bei sechs Monaten, und jeder fünfte arbeitslose Informatiker ist über ein Jahr auf Stellensuche. Die Arbeitslosenquote der Informatiker lag laut Bundesstatistikern von 2010 bis 2012 im Mittel bei 2,7% und dürfte heute noch leicht darüber liegen. Diese Werte bewegen sich etwas unter dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt, sind aber dennoch erklärungsbedürftig. Es gebe ein Auseinanderklaffen der angebotenen und der nachgefragten Qualifikationen, sagt Andreas Kaelin, Geschäftsführer des Branchenverbands ICT Switzerland. Ähnlich äussern sich spezialisierte Personalvermittler. Es gebe nicht das einheitliche Berufsbild des Informatikers, betont Edi Brandenberger, Geschäftsführer des Personalvermittlers p3b AG mit Büros in Zürich und Bern. «Ein wichtiger Faktor ist die Kurzlebigkeit der Technologien. So gibt es zum Beispiel einen Überhang bei Spezialisten für alte Programmiersprachen und Betriebssysteme.» Zudem habe es früher viele Quereinsteiger ohne Informatik-Grundausbildung gegeben. «Heute verlangen viele Firmen einen Fachhochschulabschluss oder eine höhere Fachprüfung…“

Thursday, February 18, 2016

Wenn “Microsoft“ anruft: Auflegen oder lügen!

Die Abzockmethode wird schon seit Jahren angewandt, und immer noch gibt es Menschen, die sich von den Lügnern am anderen Ende der Leitung um den Finger wickeln lassen und ihnen wichtige Daten oder gar den Zugang zum PC überlassen. Dabei ist es so einfach, die Möchtegern-Microsoft-Mitarbeiter loszuwerden.

Achtung: Die Anrufer von Microsoft gehören zu jenen digitalen Wegelagerer,
die versuchen, mit social Engineering ans Ziel zu kommen.                Bild PfW
Bei der inzwischen als Microsoft-Support-Betrugsmasche bekannten Betrugsmethode, gehen die meistens Englisch sprechenden Täter, die in der Regel einen starken südostasiatischen Akzent aufweisen,  im grossen Ganzen immer nach dem gleichen Muster vor:  Angerufene potentielle Opfer, die sich mit ihnen auf ein Gespräch einlassen, werden eindringlich davor gewarnt, ihren PC weiter zu verwenden – dieser sei nämlich mit Schadsoftware verseucht und werde ohne entsprechende Gegenmassnahmen demnächst seinen Dienst aufgeben. Die Betrüger bieten natürlich ihre Hilfe an – gegen ein bescheidenes Honorar  von oft mehreren 100 Euros. Dafür offerieren sie eine Fernreparatur, sowie eine Garantie. Die dazu benötigte Software muss das ausgesuchte Opfer vom Net herunterladen und am PC installieren – was dann zur zweiten Stufe der Abzocke führt: Die Täter verfügen nun über einen Trojaner im PC des Opfers, mit dem sie den Computer des Opfers auch in Zukunft ausspähen und manipulieren können. Wohin das führen kann, zeigt ein aktueller Fall, den die Faz ausführlich dokumentiert hat, der aber recht glimpflich ausgeht:
“Martin Schmitt hat dennoch Glück. Nachdem er nach dem verhängnisvollen Telefonat unverzüglich bei seiner Bank anruft, kann diese die Überweisung gerade noch zurücknehmen. Danach meldet er den Vorfall der Polizei, um Strafanzeige gegen unbekannt zu stellen. […] Ganz so glimpflich kam Schmitt nun doch nicht davon. Als er seinen Computer wieder anschaltete, verlangt dieser noch vor Windows-Start ein Passwort, das natürlich nicht er, sondern nur die Kriminellen kennen und wofür sie vermutlich noch einmal Geld haben wollen. Anlass genug für Schmitt, seinen Rechner „neu aufzusetzen“, also die Festplatte neu zu formatieren und Windows 10 noch einmal zu installieren. Ist das ausreichend? Wir haben auch hier mit den Fachleuten vom Cispa, dem BSI und zudem mit einem Virenanalysten von Kaspersky gesprochen. Zwei Szenarien sind theoretisch vorstellbar: Erstens könnte sich ein Trojaner „unterhalb“ des Betriebssystems einnisten wie etwa auf der physischen Festplatte, dem Mainboard, der Firmware des CD-Laufwerks oder im Bios. Solch eine Schadsoftware ist eher selten, würde allerdings eine Neuinstallation des Betriebssystems überleben. Zweitens könnte sich ein Virus auf der Datenfestplatte einnisten und Programme infizieren, die dort etwa in einem Download-Ordner liegen und bei abermaligem Start nach der Bereinigung wieder aktiv werden könnten. Das ist wahrscheinlicher, kann aber einfach überprüft werden, indem man die Datenfestplatte mit mindestens einem Anti-Viren-Programm untersucht. Zudem kann man eine abermalige Infizierung verhindern, indem man keine Dateien aus diesen Ordnern abermals ausführt.“

Vorbeugen ist bekanntlich besser als heilen; das gilt auch in diesem Fall. Und obwohl wir das ja nur ungern tun, gibt es eigentlich nur ein richtiges Vorgehen,  gegen die betrügerischen Anrufer: Entweder sofort auflegen – oder ganz freundlich lügen. Wenn Sie nämlichen dem “Microsoft“-Mitarbeiter mitteilen, dass sie gar keinen PC besitzen – höchstens einen iPad – werden Sie die Erfahrung machen, dass der Anruf in der Regel blitzschnell und ohne weitere Höflichkeiten abgebrochen wird.

Monday, February 15, 2016

Wer interessiert sich eigentlich noch für Twitter?

 Eigentlich sollte es eine der ganz grossen Erfolgsgeschichten der digitalen Kommunikation werden, und eine Zeitlang sah es ganz so aus, als ob Twitter die hochgesteckten Erwartungen erfüllen würde. Die Zahl der Nutzer nahm rasant zu, und nach dem Börsengang stieg auch der Kurs der Aktie. Doch das war einmal; aktuell gibt es keine guten News mehr. Die Nutzerzahlen gehen zurück, und die Manager springen ab. Wer Twitter-Aktien besitzt, die beim Börsengang oder kurz danach gekauft wurden, hat schon mehr als die Hälfte der Investition verloren. Nach der anfänglichen Euphorie stellt sich die Frage, ob Twitter wirklich gebraucht wird.

Eines ist klar: Twitter ist in Nordamerika populärer als in Europa. Allerdings zeigt sich hier und dort, dass Twitter vorwiegend als Kommunikationsforum der Eliten benutzt wird: Politiker, JournalistenKünstler und andere Prominente lieben es, ihre gewichtige Meinung zum Tagesgeschehen in die Welt zu twittern, und sie haben auch Anhänger, die diese Wortmeldungen dankbar aufnehmen. Besonders im Journalismus hat sich Twitter zu einem beliebten Tool entwickelt und zwar in zweierlei Hinsicht: Erstens hilft der Kurznachrichtendienst, leere Seiten zu füllen, indem Prominenten-Tweets ausgeschlachtet und breitgeschlagen werden. Zum Zweiten lässt sich Twitter als Verstärker der journalistischen Meinung  einsetzen, indem entsprechende Tweets wie Echos an Stories gehängt werden.  Genau diese journalistische Praxis ist allerdings nicht überall beliebt und wird inzwischen von vielen Medienkonsumenten auch durchschaut.
Trotzdem hat Twitter zwei grosse Probleme: Erstens hat sich Twitter zu einem Tummelfeld für Trolle entwickelt, die aufgrund ihrer Anonymität auf Twitter oft so richtig die Sau rauslassen. Das generiert dann schon mal negative Werbung, die auf viele potentielle User abstossend wirken kann. Ausserdem interessiert sich die breite Masse der digitalen Konsumenten nicht für den Service und weiss nicht mal, wie er funktioniert (siehe untenstehendes Video). Twitter sei schlicht nicht massentauglich, schreibt die Handelszeitung:
“Die Vorzüge des Angebots, bei dem Nutzer nur Nachrichten mit einer Länge von maximal 140 Zeichen verschicken können, erschliesst sich vielen Menschen nicht. Das belegt auch eine Umfrage unter Passanten im Zürcher Kreis 5. Tatsächlich war es für den Video-Journalisten Pascal Scheiber schwierig, überhaupt jemanden zu finden, der Twitter nutzt – und dies nur passiv, um den Alltag der Stars zu verfolgen. Selbst Tweets versenden: Fehlanzeige. Die Twitter-Chefs haben das Problem erkannt. Doch Massnahmen greifen nicht oder stossen bereits bei Ankündigung auf Ablehnung. So geschehen vor wenigen Tagen, als bekannt wurde, das Management wolle die chronologische Timeline durch einen Algorithmus ersetzen.“
Twitter hat also ein Relevanzproblem, gerät gar in Gefahr, in der digitalen Versenkung zu verschwinden – der Dienst könnte zum “Bing“ der Social Media werden, schrieb Wired Magazine schon vor einem Jahr. Der Grund:
“Viele Menschen haben Twitter gern, lieben es sogar, sind davon besessen. Aber viele Menschen verstehen das überhaupt nicht, und Twitter hat nie einen guten Grund dafür kommuniziert, den Dienst auszuprobieren…“
Es sieht also nicht super aus für Twitter. Die Aktie steht aktuell bei knappen 16 US-Dollar. Im Mai 2015 waren es noch fast 51 Dollar. Das ist hart für die Investoren. Ansonsten wird der Niedergang von Twitter wohl die allermeisten von uns kalt lassen.

Wednesday, February 10, 2016

Verkehrte Welt? Vom Online-Shop in den Laden

Der Internet-Gigant Amazon hat kürzlich mit der Ankündigung für Schlagzeilen gesorgt, weltweit mehrere hundert Ladengeschäfte eröffnen zu wollen. Dass Internet-Shops ihre Waren mehr und mehr in echten Läden verkaufen, liegt voll im Trend und wird sich positiv auf all jene Innenstädte und Shopping-Zentren auswirken, die sich seit dem Aufkommen des digitalen Shoppings zu entleeren begonnen haben.  Für die stationären Händler wird dadurch das Leben allerdings nicht einfacher werden: Die Neuankömmlinge werden auch stationär äusserst effizient verkaufen – und alle digitalen Tricks benutzen, die sie kennen.

Macy's Department Store in New York:Ein Laden mit viel Tradition, der mit
einer Omni-Channel-Strategie noch ein paar Jahrzehnte weiter existieren will.
                                                                      Bild Mike Strand, Creative Commons
Bequemlichkeit und Einfachheit  seien es, die von der Schweizer Kundschaft beim Online-Shopping am meisten geschätzt würden, hat eine aktuelle Studie von HWZ und  Schweizerischer Post ergeben. Genau dieser Einkaufskomfort wird durch die Omni-Channel-Strategien der Händler noch gesteigert: Onlineshops, die auch über stationäre Läden verfügen, können dorthin liefern, im Geschäft Abholdienste anbieten oder Retouren entgegennehmen. Wie eine Untersuchung des EHI Handelsforschungsinstitutes kürzlich gezeigt hat, leuchtet das vielen Händlern ein:
“Der Kunde will beides: online und stationär. Deshalb betreibt schon heute jeder zweite der 1000 größten Onlineshops auch stationäre Geschäfte. Mit weiteren Neueröffnungen von Online-Händlern ist aus Sicht von 86 Prozent der befragten Händler zu rechnen. Um Kunden eine positive Einkaufserfahrung mit fließenden Übergängen zwischen den einzelnen Kanälen bieten zu können, ist deren gekonnte Vernetzung nötig. Von den Omnichannel-Services sind vor allem Instore-Order und -Return und Click & Collect bei über 40 Prozent der Händler implementiert und bei rund einem weiteren Drittel in Planung. Click & Collect führt bei vielen Unternehmen zu teils deutlichen Umsatzzuwächsen…“
Nach Einschätzung von Fachleuten erhöhe ein lokales Geschäft die Glaub- und Vertrauenswürdigkeit, schreibt die Computerwoche, zitiert aber einen Experten der glaubt, dass die Omni-Channel-Shops die etablierten Händler  in Zukunft noch stärker konkurrenzieren werden:
“Bedeutet die wachsende Omni-Channel-Lust der Online-Händler also Entwarnung für die klassischen Händler? Im Gegenteil - meint der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. Der Druck auf die etablierten Händler könne dadurch sogar noch größer werden. "Ich glaube, die Online-Anbieter werden den stationären Handel neu erfinden. Sehr viel effizienter, verknüpft mit digitaler Technik", meint er und sagt voraus: "Der etablierte Handel wird hier noch einige Überraschungen erleben."

Sunday, February 7, 2016

Smartphone-Bedienung: Lieber sprechen als Schreiben

Tippen am Smartphone gehört wohl bald der Vergangenheit an. Schon heute bedient jeder zweite Smartphone-Nutzer das Gerät mit der Stimme – zum Beispiel, um einen Anruf aufzubauen, eine SMS zu diktieren oder um nach dem Wetter zu fragen. Besonders beliebt ist die Sprachsteuerung unter jungen Smartphone-Usern: Bei den 14- bis 29-Jährigen verwenden schon 58 Prozent die Spracheingabe, bei den 30- bis 49-Jährigen sind es 54 Prozent und bei den 50- bis 64-Jährigen 52 Prozent. Sogar bei den Smartphone-Nutzern ab 65 gibt schon jeder Vierte Fragen oder Befehle per Stimme ein.

Diesr Screenshot von handylist.de zeigt nur einen Teil der Geräte, die mit
Sprachsteuerung erhältlich sind - das Angebot wird ständig erweitert.
                                                                                            Screenshot handylist.de
Wie beliebt die Spracheingabe am Smartphone tatsächlich ist, zeigt eine neue Studie des Digitalverbands Bitkom. Darin zeigt sich, dass die Sprachsteuerung vor allem benutzt wird, um Anrufe aufzubauen, Textnachrichten zu verfassen oder um aktuelle Informationen wie Wettervorhersagen oder Fussballresultate abzufragen. Ebenfalls beliebt ist das Navigieren oder das Starten von Apps per Spracheingabe.
Die Website turn-on.de hat übrigens eine ganze Liste von klaren Befehlen für Android-Geräte publiziert, die zur allgemeinen Systemsteuerung, zur Navigation oder zum Herausfinden allgemeiner Informationen nützlich ist. Und auf handylist.de findet sich eine grosse Anzahl von Smartphones mit Sprachsteuerung.
Die Steuerung von Mobiltelefonen hat sich in den letzten Jahren stark geändert: Die ersten Handys hatten Tasten, die mehrfach belegt waren. Entsprechend langwierig war das Tippen von SMS. Die Worterkennung beschleunigte die Tastatureingabe. Später wurde dann zudem bei bestimmten Modellen jeder Taste ein einzelner Buchstabe zugeordnet. Beim Smartphone wurde die physische Tastatur durch ein Touch-Display ersetzt. Die neuen Betriebssysteme der Smartphones unterstützen in aller Regel Sprachbefehle. Für den Durchbruch auf dem Massenmarkt sorgte Apple im Jahr 2011. Damals stellte das Unternehmen die Spracherkennungssoftware Siri für das iPhone 4s vor. Ein Jahr später zog Google mit Google Now nach. Die Verarbeitung der Spracheingabe geschieht dabei nicht auf dem Mobiltelefon, sondern auf Servern der Unternehmen. Dieses Verfahren erhöht die Zuverlässigkeit beim Erkennen der gesprochen Befehle. Allerdings sind dafür schnelle mobile Internet-Verbindungen notwendig. Die Spracherkennung profitiert also vom Trend zum Cloud Computing, schnelleren mobilen Internetverbindungen aber auch von mobilen Daten-Flatrates.

Wir glauben, dass sich Spracherkennung in den nächsten Jahren noch viel stärker durchsetzen wird; für viele User wird das Schreiben dann – zumindest am Smartphone – endgültig der Vergangenheit angehören. 

Tuesday, February 2, 2016

Amazon und die Hassliebe der Kunden

Der beliebteste Webshop ist Amazon; der unbeliebteste Webshop ist – ebenfalls Amazon. Diese Hassliebe zum grössten Online-Shop der Welt zeigt sich in einer repräsentativen deutschen Marktstudie, die zur kommenden Internet World Messe in München durchgeführt wurde. Der Grund für die zwiespältigen Gefühle der Konsumenten liegt daran, dass Amazon im Online-Shop so ziemlich alles richtig macht, um den Einkauf schnell und unkompliziert über die Bühne zu bringen. Der mit Abstand am meisten bevorzugte Webshop ist auch dann Amazon, wenn andere Webshops niedrigere Preise bieten. Ein ungutes Gefühl bleibt aber bei vielen Kunden, weil sie finden, der Internet-Gigant gehe nicht korrekt mit seinen Mitarbeitern um.

Man machts nicht gern, kauft aber trotzdem dort ein, wo es am einfachsten
oder am günstigsten ist.                                      Grafik Internet World Messe 
Rund 40 Prozent der deutschen Online-Nutzer haben einen Webshop, bei dem sie besonders gern und oft einkaufen – sogar dann, wenn andere Online-Shops preisgünstiger sind. Bei den meisten von ihnen (57 Prozent) ist dies Amazon. Es folgen mit großem Abstand eBay (6 Prozent) und Zalando (3 Prozent) Wer beim Online-Kauf Amazon bevorzugt, legt besonders viel Wert auf einen einfachen Bestellvorgang. Amazon-Einkäufer verweisen ausserdem besonders häufig auf die schnelle Lieferung. Zu den Amazon-Fans zählen übrigens überproportional Männer und einkommensstarke Personen.
Auf die Frage, ob es einen Online-Shop gibt, bei dem sie nicht gern einkaufen, es aber dennoch tun, wird ebenfalls mit Abstand am häufigsten Amazon mit 58 Prozent genannt. Insbesondere Kunden mittleren Alters kaufen mit ungutem Gefühl bei Amazon ein. Das Negativ-Image ist den befragten Kunden zufolge zumeist auf das Thema Arbeitsbedingungen zurückzuführen.
Laut Studie geben 86 Prozent der befragten Internet-Nutzer an, dass es für sie besonders wichtig ist, dass das Einkaufen im Webshop schnell und einfach vonstattengeht. Dieser Faktor liegt damit deutlich vor anderen Aspekten wie günstigen Preisen oder einem speziellen Einkaufserlebnis. Unabhängig davon, ob man Amazon zu seinem Lieblingsshop erklärt oder nicht, Amazon macht aus Kundensicht vieles richtig: Schnell auffindbare Produkte im Webshop und eine einfache, unkomplizierte Bestell- und Retourenabwicklung werden mit erneuten Einkäufen belohnt.
Für die Studie wurden 3000 Internet-User über ihre Kundenerfahrungen in Webshops befragt. Sie wurde von Fittkau & Maaß Consulting durchgeführt.


Monday, February 1, 2016

Selfies, Narzissten, Psychopathen und Social Media

Das digitale Zeitalter und der grassierende Selfie-Wahn verhelfen Narziss und Narzissmus zu einer vielzitierten Renaissance. Körperliche Schönheit und Selbstverliebtheit war schon bei den alten Griechen ein Thema. Der Poet Ovid zum Beispiel erzählt die Geschichte des Narziss, der nur sich selbst liebt und alle anderen Verehrerinnen und Verehrer wegstösst. Der egozentrische Schönling nimmt ein böses Ende: Seine Selbstverliebtheit bringt ihm den frühen Tod. Ein Schicksal, dass hoffentlich niemanden ereilen wird, weil er oder sie zu viele Selfies ins Netz stellt Das heisst allerdings nicht, dass die digitale Selbstdarstellung Ihrem Ruf oder Ihren Beziehungen nicht schaden kann.

Das böse Wort vom Narzissmus taucht vor allem im Zusammenhang mit Social Media und Selfies immer wieder auf. Allerdings muss gleich angefügt werden, dass sich die digitalen Narzissten nicht davon beeindrucken lassen, dass ein schöner Jüngling im Vor-Christlichen Griechenland an seiner Eitelkeit zu Grunde ging:
“Eines Tages setzte sich Narkissos an den See, um sich seines Spiegelbildes zu erfreuen, woraufhin durch göttliche Fügung ein Blatt ins Wasser fiel und so durch die erzeugten Wellen sein Spiegelbild trübte. Schockiert von der vermeintlichen Erkenntnis, er sei hässlich, starb er. Nach seinem Tode wurde er in eine Narzisse verwandelt.“
Immerhin gibt es aber klare Hinweise darauf, dass der digitale Selfie-Wahn mehr mit Narziss zu tun haben könnte, als uns lieb sein kann. Die Medien haben schon vor ein paar Monaten über eine amerikanische Studie zum Thema berichtet, die das diesbezügliche Verhalten von Männern beleuchtet:
“Vermutet wird es schon, seit es das Selfie in den medialen Alltag geschafft hat: Dass jene, die häufig inszenierte Selbstportraits in sozialen Netzwerken verbreiten, eher Narzissten sind, als Menschen, die sich damit zurückhalten. Forscher der Ohio State University haben nun die wissenschaftliche Grundlage für diese These geliefert - zumindest für Männer. „Es ist nicht überraschend, dass Männer, die viele Selfies posten und viel Zeit damit verbringen, diese zu bearbeiten, zu Narzissmus neigen, aber es ist das erste Mal, dass dies in einer Studie belegt wird“, sagt Jesse Fox, Dozentin für Kommunikation an der Ohio State University und verantwortlich für die Studie. Darüber hinaus – und das ist für Fox das eigentlich Interessante an der Studie – wiesen die inszenierenden Selbstdarsteller auch eher andere antisoziale Charakterzüge auf und seien eher psychopathisch veranlagt als Männer, die seltener Selfies machen…“
So sah John William Waterhouse im Jahr 1903 Narziss und Echo. Hätte er ein
Smartphone gehabt, wäre er vielleicht nicht ertrunken... Wikimedia Commons
Die gleiche Studie hat übrigens auch gezeigt, dass Männer mit psychopathischen Zügen nicht dazu neigen, ihre Bilder vor dem Absenden zu optimieren. Impulsivität sei typisch für Psychopathen; Diese Menschen wollen sich selbst sehen, aber sie wollen keine Zeit damit verbringen, die Bilder zu bearbeiten.
Aber wie sieht es denn nun mit den Frauen aus. Peter Praschl lässt sich in der Welt darüber aus – und es ist zu hoffen, dass sein Aufschrei zumindest teilweise ironisch gemeint ist:
“Schließlich lässt sich nur schlecht ignorieren, wie viel Leid Männern von Frauen angetan wird, die in sozialen Netzen unterwegs sind. Die haben ja tatsächlich Beziehungen. Man merkt es an den Fotos ihrer Küchentische, an denen nicht bloß ein einziger Stuhl steht, an den Bildern aus den Restaurants, in denen für zwei gedeckt ist, oder daran, dass die Urlaubsfotos so profimäßig aufgenommen sind, wie es weder mit Selfie-Sticks oder der helfenden Hand eines Touristen gelingt. Lauter Indizien, dass da noch einer sein muss – der Mann, der nicht im Bild ist. Weil er nicht so gut aussieht, weil er abdrücken muss, weil er immerzu dasselbe Paar Jeans trägt oder weil er sich immer noch keinen Bart wachsen lassen will, der mit den Bärten der anderen Männer mithalten könnte…“
Die neuste Studie zum Thema kommt aus den USA und will herausgefunden haben, dass Personen, die mehr Selfies ins Net stellen, mehr Schwierigkeiten mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin haben:
“Eine wesentliche Rolle spielen hier Neid und Eifersucht, da der Partner viel Aufmerksamkeit auf sich zieht und Komplimente anderer bekommt. Die Wissenschaftler um Jessica Ridgway und Russell Clayton nehmen an, dass sich eifersüchtige Partner bedroht fühlen und dazu tendieren, den Account des Partners zu durchforsten und zu kontrollieren. Auf Dauer werde dadurch die Beziehung belastet und nicht selten sind Streit, Betrug oder gar das Beziehungsende die Folge.“
Kein Wunder.
Wie erklärt doch heilpraxis.de die digitalen Narzissten:
“ Menschen die narzisstische Störungen haben, lieben sich per Definition vor allem selbst. Sie sind nicht nur eitel, sondern suchen auch die Aufmerksamkeit: Dafür sind die sozialen Medien bestens geeignet.“