Thursday, April 19, 2018

Die Amazonisierung des Handels geht (vorläufig) gnadenlos weiter


Der Onlinegigant Amazon nimmt eine immer grössere Rolle im Online-Shopping ein. In Deutschland, zum Beispiel,  kauft jeder zehnte Amazon-Kunde heute online ausschliesslich bei Amazon. Ausserdem wird der Amazon-Webshop als Suchmaschine eingesetzt, was  Angebot, Preise und Bewertungen betrifft - auch von Kunden, die beabsichtigen, an einem anderen Ort zu kaufen.

Wie lange kann der Gigant noch weiterwachsen, ohne dass die Kartellbehörden
einschreiten?                                                                  Bild Creative-Commons
Jeder zweite deutsche Online-Shopper klickt sich mindestens einmal die Woche durch das Angebot von Amazon. Für den restlichen Handel ist Amazon eine Bedrohung - oder zumindest sehr relevant, das zeigt eine aktuelle Studie des ECC Köln. Denn Amazon legt häufig schon den Grundstock für die Kaufentscheidung. Knapp 58 Prozent der befragten Konsumenten haben sich vor ihrer letzten Onlinebestellung bei Amazon informiert – unabhängig davon, in welchem Online-Shop sie anschliessend gekauft haben. Fast zwei Drittel jener Konsumenten, für die das Smartphone die zentrale Rolle im Alltag spielt, haben sich vor dem Onlinekauf bei Amazon informiert.
Amazon ist längst zum grössten Kaufhaus der Welt geworden - es scheint nichts zu geben, das dort nicht gefunden werden kann. Zudem sind die wichtigen Produktinformationen transparent und leicht zugänglich, so dass Amazon nicht mehr nur Shop, sondern auch Produktsuchmaschine geworden ist. Knapp 83 Prozent der Konsumenten, die Amazon zur Information genutzt haben, informieren sich vor einer Onlinebestellung über Preise. Auch die Kundenbewertungen einzelner Produkte stehen hoch im Kurs: 65 Prozent der Konsumenten nutzen die Amazon-Kundenbewertungen, um sich vor dem Kauf über ein Produkt zu informieren. Für rund ein Drittel der Konsumenten sind diese Informationen kaufentscheidend. Selbst die Markenauswahl wird durch Amazon beeinflusst.
Vor allem die Orientierungsfunktion bei Preisen und Marken habe Konsequenzen für andere Händler und Hersteller. Onlinepreise, die signifikant über den Amazon-Preisen lägen, seien schlichtweg im Netz nicht konkurrenzfähig, schliessen die Autoren der Studie.
Wie stark Amazon im Kaufverhalten bereits verankert ist, zeigt ein Blick auf die Amazon-User. Jeder zehnte Amazon-Käufer kauft online bereits heute ausschliesslich dort ein. Die Branchenauswertung verrät: Fast 64 Prozent der Amazon-Käufer kaufen Elektronikprodukte ausschliesslich oder hauptsächlich bei Amazon – im Bereich Sport und Hobby sind es 62 Prozent.
In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der bei Amazon bestellten Artikel (in Deutschland) innerhalb von fünf Jahren verdoppelt. Fast 50 Prozent aller Online-Umsätze laufen über Amazon.

In den USA hat sich Präsident Trump kürzlich zu Amazon geäussert und dabei, wie üblich, kein Blatt vor den Mund genommen: Amazon zahle wenig oder gar keine Steuern an Bundesstaaten und Kommunen, und benutze das Postsystem als Botenjungen, schrieb Trump auf Twitter. Dadurch entstünden den Vereinigten Staaten enorme wirtschaftliche Schäden. Viele Tausend Einzelhändler würden aus dem Geschäft gedrängt. Der Präsident ist nicht der einzige, der Amazon kritisiert. Die Europäischen Kartellbehörden haben auch schon kritische Töne von sich gegeben - allerdings nicht sehr laute. Möglicherweise wird das weitere Wachstum des Unternehmens und die Amazonisierung des Handels in Zukunft nicht mehr ganz so reibungslos ablaufen, wie bisher.

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