Thursday, April 26, 2018

Die tiefen Preise haben ihren Preis

Um die 600‘000 Mitarbeiter beschäftigt der Internet-Gigant Amazon weltweit - vor 10 Jahren waren es noch 20‘000 gewesen. Den Konsumenten brachte dieses enorme Wachstum günstige Preise und ein riesiges Angebot im Internetshop, und Jeff Bezos, der Gründer des Ladens, wurde Multimilliardär. Umstritten ist, wie viel dieser reichen Ernte für die Mitarbeiter abfällt - wie sich auch bei der Verleihung des Axel Springer Preises für Jeff Bezos in Berlin wieder zeigte.

Verpacken muss schnell gehen im Amazon Warehouse.  Bild Scott Lewis Flickr
 Mit der Auszeichnung würdige Axel Springer das visionäre Unternehmertum Jeff Bezos‘ in der Internetwirtschaft, gab der Verlag bekannt - wohl im Wissen, dass die Feierlichkeiten nicht nur mit Lob und Freude über die Bühne gehen würden. Die politische Kritik kam von der linken Seite im Deutschen Bundestag von der SPD-Chefin Andrea Nahles, die festhielt, das "innovative Unternehmertum" des Amazon Gründers zeige sich vor allem darin, dass er "Weltmeister im Steuervermeiden" sei. Die Arbeitsbedingungen bei Amazon in Deutschland seien schlecht, ein Tarifvertrag werde verweigert. Natürlich gab es auch eine Demo gegen Bezos.
Nun kann man diese Protestaktivitäten als den üblichen Lärm abtun, der immer dann von linker Seite kommt, wenn ein Unternehmer und Kapitalist gefeiert wird. Doch ganz so einfach ist die Geschichte mit Amazon nicht. Dafür gibt es zu viele unschöne Berichte, die den Alltag bei Amazon glaubhaft schildern - und dieser Arbeitsalltag scheint oft sehr unangenehm zu sein, vor allem  für jene Kategorie von Arbeiterbienen, die unsere schönen Amazon-Bestellungen zusammenstellen. Seit Jahren gibt es Berichte von Angestellten, Undercover-Reportern und anderen Whistleblowern, die über teilweise lausige Arbeitsbedingungen berichten. heise.de berichtet im Zusammenhang mit der Preisverleihung an Jeff Bezos gar vom “Widerstand gegen das Modell Amazon“ und eine Deutsche change.org Internet-Petition, die Jeff Bezos dazu auffordert, die Mitarbeiter und Mittarbeiterinnen fair zu behandeln, hat mehr als 73‘000 Unterzeichner gefunden. Die neusten Enthüllungen über die Arbeitsbedingungen des Internethändlers kommen nun aus Grossbritannien, wo sich wieder einmal ein Journalist  im Amazon Lagerhaus hat anstellen lassen und von ganz konkreten Problemen berichtet:
“Für die von uns, die im obersten Stockwerk arbeiteten, lagen die nächsten Toiletten vier Treppen weiter runter. Dieser Weg ist im Laufe einer Schicht nicht wieder einzuholen. Die Leute haben in Flaschen gepinkelt, weil sie ständig Angst vor Disziplinierungsmaßnahmen haben und fürchten, ihre Arbeit zu verlieren, nur weil sie einmal zum Klo mussten."
Bei Amazon werde jeder Arbeiter permanent kontrolliert und überwacht. Den Journalisten habe das Lager mehr an ein Hochsicherheits-Gefängnis mit Sicherheitsscannern erinnert als an ein Lagerhaus. Amazon ist im Übrigen nicht der einzige Star der digitalen Unternehmerszene, der betreffend Mitarbeitern mit einem Imageproblem kämpft. Auch Tesla, dessen Boss Elon Musk ebenfalls ein gefeierter Unternehmer ist, scheint diesbezüglich Probleme zu haben, wie ein Bericht des amerikanischen Rates für betriebliche Sicherheit aufzeigt. Zitat futurezone.at:
Das National Council of Occupational Safety and Health (NC) führt eine Liste der gefährlichsten Arbeitsplätze in den Vereinigten Staaten. Diese basiert nicht auf offiziellen Angaben, sondern auf Berichten aus Betrieben und dokumentierten Verstößen gegen Richtlinien, wie engadget schreibt. Zum "dreckigen Dutzend" gehören demnach auch Amazon und Tesla. Beide Firmen scheinen auf der Liste auf, weil es in ihren Lagerhäusern und Produktionsstätten zu überdurchschnittlich vielen Verletzungen kommt. Zudem wird den Unternehmen vorgeworfen, unnötige Risiken einzugehen und nicht auf die diesbezüglichen Sorgen ihrer Mitarbeiter einzugehen. Seit 2013 sind sieben Mitarbeiter in Amazon-Lagerhäusern in den USA gestorben. Das NC stellt in seinem Bericht fest, dass es gnadenlose Vorgaben gebe, Bestellungen abzuarbeiten, was zu harschen Arbeitsbedingungen führe. Amazon überlege sogar, Mitarbeiter mit smarten Armbändern auszustatten, um selbst geringste Abweichungen von den Vorgaben erkennen zu können…“

No comments:

Post a Comment