Friday, February 7, 2020

5G in der Schweiz: vom Vorsprung zum Politikum

Der 5G-Aufbau in der Schweiz ist bis jetzt sehr schnell vorangegangen. Die Schweiz ist weltweit ganz vorne mit dabei, was funktionierende 5G-Standorte betrifft; nur die USA hat mehr 5G-Anlagen in Betrieb. Dieser Vorsprung, der vor allem für die Industrie und das Internet der Dinge, sowie für die Versorgung von Randgebieten sehr wichtig sein wird, könnte schon bald schrumpfen, weil die Schweiz eben auch sehr tiefe Strahlungsgrenzwerte festgeschrieben hat.

Die Schweiz, eine 5G-Insel in Europa: Die Ookla 5G Map zeigt die aktuellen
5G-Betriebsstandorte weltweit an. Nur die USA haben mehr 5G als die
Schweiz.                                               Screengrab speedtest.net/ookla-5g-map
90 Prozent aller Schweizer besitzen und nutzen ein Smartphone. Man darf davon ausgehen, dass die Mehrheit dieser Menschen sich nicht allzu grosse Sorgen über die Strahlung der Mobilfunkanlagen macht. Schliesslich sind sich die Experten (ausnahmsweise) ziemlich einig: Es gebe kaum Grund zur Sorge, was die Strahlung betreffe - vor allem wenn man als User selber auch zur Sicherheit beitrage, heisst der Konsens:
“Die deutsche Stiftung Warentest unterzog die Argumente der 5G-Kritiker im Herbst einem Faktencheck. Fazit: Nach aktuellem Stand der Forschung "besteht kaum Grund zur Sorge", dass Handystrahlung Krebs verursache oder Spermien schade. Auch durch den 5G-Ausbau seien keine großen Veränderungen zu erwarten. Wer sich davon nicht beruhigen lässt, kann die Strahlenbelastung mit einigen simplen Methoden reduzieren. So helfe es, beim mobilen Telefonieren Abstand zu halten. Bereits wenige Zentimeter Sicherheitsabstand zwischen Ohr und Handy senken demnach die Strahlenbelastung deutlich.“ (heise.de)
Natürlich lassen die 5G-Gegner solche Schlussfolgerungen nicht einfach stehen: Warentest wurde für den Expertenbericht stark kritisiert und musste sich rechtfertigen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass zahlreiche Studien zum gleichen Schluss kommen, wie die Experten, welche die Stiftung Warentest beigezogen hat. Für die 5G- Gegner scheint es schwierig zu sein, vor diesem Hintergrund genügend besorgte Bürger zu mobilisieren: Nur 2000 Teilnehmer (gemäss Angaben der Veranstalter) protestierten am internationalen Protesttag gegen 5G in 16 Schweizer Städten gegen die Technologie.
Die kleine aber lautstarke Gruppe der 5G-Gegner konnte den 5G-Ausbau bis jetzt tatsächlich verzögern; allerdings ist die Zahl der betriebenen Standorte kürzlich plötzlich stark angestiegen:
“Anfang Dezember 2019 waren in der Schweiz erst rund 660 Anlagen in Betrieb, die den Mobilfunk der fünften Generation nutzten. Nach Neujahr waren es plötzlich 2300. Wie konnte sich die Anzahl der 5G-Antennen innert Monatsfrist mehr als verdreifachen? […] Der Urheber des sprunghaften Anstiegs war schnell ausgemacht: Swisscom. Der grösste Schweizer Telekomkonzern hatte im Frühling 2019 versprochen, bis zum Jahresende 90 Prozent der Bevölkerung mit dem neuen Standard zu versorgen. Um dieses Versprechen einzulösen, musste der Telekomkonzern im Dezember offensichtlich einen Schlussspurt hinlegen. Dazu brauchte er indessen keine Heerscharen von Technikern, die heimlich auf den Dächern Antennen montierten. Es war viel einfacher: Swisscom hat ein Software-Update eingespielt, das die Sendestationen 5G-fähig macht. Weil sich an den Antennen physisch nichts änderte, musste dafür keine Baubewilligung eingeholt werden. Entsprechend machtlos waren die 5G-Gegner. Denn wo es keine Bewilligung braucht, nützen Einsprachen nichts…“ (NZZ)
Swisscom-Chef Urs Schaeppi ist natürlich nicht glücklich darüber, dass 5G zu einem Schweizer Politikum geworden ist, wie er kürzlich in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone/SDA sagte. Die Diskussion um 5G werde "emotional" geführt. Fakten spielten oft kaum eine Rolle. Angst machen mit Halbwahrheit sei einfach, Aufklären mit Fakten schwierig. Die Politik müsse sich endlich klar zu 5G äussern, fordert der Swisscom-Manager. Bereits beim Wechsel von 2G auf 3G habe es eine grosse Opposition gegeben. Klar sei aber: “Ohne diesen Wechsel hätte der Siegeszug des Smartphones nie stattfinden können."

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