Thursday, February 27, 2020

Swisscom: Ist die Technik zu kompliziert geworden?

Die Ausfälle der letzten Wochen im Schweizer Telefonnetz, das von der Swisscom betrieben wird, sind keine zufälligen Ereignisse, die einfach auf die Betriebskultur der Swisscom abgeschoben werden können. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich jetzt die für die Kommunikation zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga von Swisscom-CEO Urs Schaeppi und Verwaltungsratspräsident Hansueli Loosli persönlich über die Störungen hat informieren lassen.

Als die Schweiz noch mit der PTT telefonierte: Telefone wie dieses, aus den
50er Jahren. sind immer noch gesucht.
                                                                                           Screengrab anibis.ch
Es sind nun 22 Jahre her, dass sich die PTT aufgelöst hat - geblieben sind die Post, als Staatsbetrieb und die Swisscom, als private Aktiengesellschaft mit dem Bund als Mehrheitsaktionär. Die PTT stand 70 Jahre lang für “Post, Telefon und Telegraph“, und als solches war sie sowohl für den Brief- und Paket-Transport als auch für die Telekommunikation im Land verantwortlich. Ältere Jahrgänge, die sich noch an die PTT-Zeiten erinnern können, wissen, dass die damals beschränkte Technik immerhin sehr zuverlässig funktioniert hat. Die Post kam zweimal täglich - am Sanstag einmal - und an telefonische Ausfälle erinnert man sich nicht. Heute ist es umgekehrt. Die Technik ist ungeheuer leistungsfähig, dafür scheint es unmöglich zu sein, die komplizierten Anlagen zuverlässig zu betreiben. Die NZZ ist in einem Gespräch mit Frank Dederichs, dem Leiter Cloud Engineering & Operations bei Swisscom dieser Problematik auf den Grund gegangen. Eine der Schlussfolgerungen des Artikels: Die Swisscom kann nicht versprechen, dass ein nächster grosser Ausfall verhindert werden kann - und die Swisscom-Kritiker machen es sich wahrscheinlich zu einfach:
“Anders als in der analogen Vergangenheit ist heute bei Telefonaten keine Punkt-zu-Punkt-Verbindung mehr notwendig. Das Gespräch wird in kleine Datenpakete zerlegt, die sich selbständig ihren Weg zum Empfänger suchen und dort wieder zu einem verständlichen Ganzen zusammengesetzt werden. Für die Telekomfirmen hat Voice over IP (VoIP) den Vorteil, dass sie nicht zwei getrennte Netze betreiben müssen. Die Telefonie hat quasi im Seitenwagen des Internets Platz genommen. Eine Kehrseite der IP-Telefonie ist das Fehlen einer eigenen Notstromspeisung. Ist der Strom weg, ist auch das Telefon tot. Als Alternative bleibt dann nur noch das Handy – wobei bei einem grösseren Stromausfall auch die Batterien der Mobilfunkanlagen nur etwa eine Stunde überbrücken können. Trotzdem hält Dederichs das Internetprotokoll (IP) für den falschen Sündenbock: «Es ist wie der Asphalt auf der Strasse. Das IP ist die Austauschmechanik, über die diese Datenströme abgewickelt werden.» Damit etwa ein Smartphone mit der Cloud Daten tauschen kann, müssen die Netze verbunden sein. Das IP ermöglicht diese Vernetzung. Heikel sei also nicht das Protokoll an sich, sondern die Tatsache, dass es diese Verbindungsnetze gebe. Eine zweite Herausforderung ist das Tempo, mit dem sich das Netz verändert. Die zeitlichen Abstände zwischen Software-Updates sind kürzer geworden, und auch die Lebensdauer der Hardware nimmt ab. Zudem muss das Netz ständig ausgebaut werden, um mit dem wachsenden Datenvolumen fertigzuwerden.“
In der Zwischenzeit sind die Ausfälle, von denen bekanntlich auch die Notfallnummern betroffen waren, nicht mehr das Tagesgespräch. Trotzdem hinterlässt die Angelegenheit einen schalen Nachgeschmack. Immerhin geht es hier um irgendein Land, sondern um die Schweiz, wo Zuverlässigkeit und Genauigkeit schon immer einen besonderen Stellenwert hatten. Die Zukunft wird zeigen, ob das auch für die Kommunikationsinfrastruktur in Zukunft wieder gelten wird.

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