Thursday, August 15, 2019

Eine gute Idee wird zum Problem

Airbnb, die digitale Plattform für Reiseunterkünfte, sorgt vor allem an touristischen Hotspots immer öfter für Unmut. Was einst  eine ausgezeichnete Idee war, die sich die digitale Allgegenwärtigkeit des Smartphone-Zeitalters  zu Nutze macht, ist für viele Bürger zum Ärgernis geworden, das zum Dichtestress und zur Verteuerung des Wohnraums - sprich, des Alltags beiträgt.

An Angeboten mangelt es nicht: Airbnb bietet unzählige Übernachtungs-
möglichkeiten allein in Luzern.                                   airbnb.com Screengrab 
Die Idee war eigentlich genial, das Zielpublikum jung, unkompliziert und auf günstige Unterkünfte angewiesen. Daher auch der Name Airbnb, der signalisiert, dass eine Luftmatratze und ein Frühstück für wenig Geld zu haben sind.
Das hat sich allerdings tiefgreifend verändert. Wie viele andere Plattformen der Sharing-Economy funktioniert Airbnb so gut - sowohl für Mieter, als auch für Vermieter - dass das Unternehmen vom eigenen Erfolg eingeholt wurde. Airbnb ist so allgegenwärtig geworden, dass es vielerorts eine Grundlage unserer Gesellschaft verändert, nämlich die Möglichkeit eine Wohnung zu einem erschwinglichen Preis zu finden. Ausserdem verändert Airbnb auch die Zusammensetzung ganzer Quartiere und sogar Städte. Statt Einwohnern, gibt es Touristen und alle unangenehmen Begleiterscheinungen. Paris, Venedig und teilweise auch Luzern können ein Lied davon singen. Gerade in Luzern haben Aktivisten kürzlich darauf aufmerksam gemacht, dass durch Airbnb-Vermietungen immer mehr echter Wohnraum verschwindet. Kein Wunder, mit solchen Objekten kann sehr viel Geld verdient werden - bis zu 17‘000 Franken pro Monat kann eine Wohnung in der Luzerner Altstadt einbringen:
“Airbnb [ist ]für die Vermittlungsfirma Keyforge ein gutes Geschäft. Sie vermietet in Luzern gesamthaft 37 Wohnungen über Airbnb und andere Plattformen. Nach Berechnungen der SP-Politiker Cyrill Studer und David Roth sei mit einer 4,5-Zimmer-Wohnung in der Neustadt bis zu 9000 Franken Ertrag monatlich zu erzielen. Ein anderes Haus mit ausschliesslich kommerziell vermieteten Apartments liegt am Hirschenplatz im Herzen der Altstadt – ebenfalls vermietet über die Agentur Keyforge. Das Haus gehört der NLU Immobilien mit Sitz in Luzern. Die Firma hat das historische Haus mit der einst beliebten Beiz mit einem Etablissement in den oberen Etagen 2015 gekauft und aufwendig umgebaut. Statt einer Kontaktbar gibt’s die schicken Apartments «Hirschen 1 bis 7». Bis zu 549 Franken kosten die Objekte pro Nacht…“ (zentralplus.ch)
Immerhin ist man in Luzern noch nicht soweit, wie in Ibiza: Da werden, gemäss Handelszeitung, sogar Balkone mit einer Matratze auf Airbnb zur Vermietung angeboten.
Tatsächlich lohnt es sich für viele Vermieter viel mehr, eine Wohnung kurzzeitig statt langfristig zu vermieten.  Die Welt zitiert eine Berechnung des Deutschen Städtetags, die zeigt, dass es (in Deutschland) fast dreimal rentabler ist, an Touristen zu vermieten, als an einen Dauermieter:
“So lag der Durchschnittspreis für eine auf Airbnb angebotene ganze Wohnung 2018 bei durchschnittlich 83 Euro. Eine Vollvermietung an 365 Tagen hätte 30.295 Euro an Einnahmen gebracht, abzüglich Betriebs- und Nebenkosten (drei Euro pro Quadratmeter) blieben bei einer mittleren Wohnungsgröße von 72 Quadratmetern noch 27.703 Euro. Für dieselbe Wohnung würde der Eigentümer bei einer Nettokaltmiete von beispielsweise zwölf Euro pro Quadratmeter Wohnfläche lediglich 10.368 Euro jährlich verdienen. Demnach würde es reichen, die Wohnung nur an 137 Tagen bei Airbnb zu vermieten, um auf den gleichen Betrag zu kommen.“
Da die Vermietung von Airbnb-Unterkünften derartig rentabel ist, darf man davon ausgehen, dass die Zahlen nicht zurückgehen werden - ausser in Städten und Regionen, wo die Vermietung gesetzlich eingeschränkt wird. Andernorts wird das System das Problem vielleicht auch selber lösen: ganz einfach über Angebot und Nachfrage. Es scheint dass viele Airbnb-Angebote schlicht zu teuer sind, auch wenn Reinigungs- und andere Arbeiten einberechnet werden. Wenn die Reisenden das merken, wird sich der Vermieterboom hoffentlich zumindest teilweise selber regulieren.

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