Tuesday, August 27, 2019

Amazon - “ein gigantischer Flohmarkt mit begrenzter Aufsicht“

Ein Grund dafür, dass Amazon so beliebt ist, bei den Konsumenten dieser Welt, liegt darin, dass man weiss, mit wem man sich im Internet-Shop einlässt: Eine gigantische Firma, die hoffentlich auch gigantische Standards hat, was die Sicherheit und die Qualität der verkauften Produkte betrifft. Diese Annahme war wohl ein gigantischer Irrtum.

Einige der vom Wall Street Journal untersuchten Produkte auf Amazon
Marketplace.                                                                              Screenshot WSJ
“Amazon ist nicht mehr, was es früher einmal war“, beklagte sich meine Frau nach ihren letzten Einkäufen im Shop des Internetgiganten. Das Angebot sei unübersichtlich geworden, die Preise schwankten und die Qualität mancher Produkte sei schwer abzuschätzen. Damit hat sie den Nagel ziemlich genau auf den Kopf getroffen. Auch das Wall Street Journal kommt in einem ausführlichen Artikel (Paywall) über Amazon zum Schluss, dass der riesige Internethändler weniger wie ein Warenhaus daherkomme, das für seine Kunden gute Qualität und sichere Produkte auswähle, sondern vielmehr wie ein gigantischer Flohmarkt, wo unter sehr limitierter Aufsicht Produkte von - oft anonymen - Drittverkäufern angeboten würden. Die meisten dieser Waren kommen, wie könnte es anders sein, aus China und Informationen darüber sind nur sehr schwer zu erhalten. Die Vorwürfe, die das Wall Street Journal erhebt, sind happig:  
“Genauso wie andere Technologieunternehmen, die Schwierigkeiten haben, Fehlinformationen auf ihren Plattformen zu bekämpfen, hat sich Amazon als unfähig oder nicht bereit erwiesen, Drittanbieter auf ihrer Website effektiv zu überwachen.“
Der Titel des Artikels:
“Amazon hat die Kontrolle über seine Website abgegeben. Das Ergebnis: Tausende verbotene, unsichere oder falsch gekennzeichnete Produkte“
Das Journal kam zu diesem vernichtenden Urteil, nachdem es in einer etwa einmonatigen unabhängigen Untersuchung herausfand, dass mehr als 4‘100 gefälschte Produkte, Rückrufprodukte und verbotene Produkte bei Amazon verkauft werden. Von diesen 4100 Produkten sind mindestens 2000 Spielzeuge und Medikamente. Aber auch 1412 elektronische Geräte mit gefälschten UL-Zertifizierungszeichen wurden angeboten. Was die ganze Sache nicht besser machte: Viele dieser Produkte trugen die Bezeichnung " Amazon's Choice ".
Für Amazon war die Idee eines nahtlos integrierten Marktplatzes für Drittanbieter bis jetzt eine sehr lohnende: Im zweiten Quartal 2019 wurden 54 Prozent aller Produkte von unabhängigen Anbietern verkauft. Inzwischen gibt es über fünf Millionen Verkäufer, die auf diesem vom Wall Street Journal so genannten Amazon Flohmarkt ihre Waren anbieten - und Amazon profitiert von jedem Verkauf.
Die Position, die das Unternehmen zu dieser Problematik einnimmt, ist bis jetzt ziemlich unnachgiebig - könnte längerfristig auch unproduktiv sein: Man sei für die Produkte von Dritten, die bei Amazon angepriesen würden, nicht verantwortlich. Falls sich das bei den Kosumenten herumspricht, könnte das durchaus schlecht fürs Geschäft sein. Besonders in den USA, wo Amazon mit Warenhäusern wie Walmart konkurrenziert, die  es sich unter keinen Umständen leisten können, verbotene oder unsichere Produkte anzubieten, und ihre Kunden auch in anderen Belangen mit enormer Kulanz behandeln. Hier ist der Konkurrenzkampf in vollem Gang: Erst vor ein paar Monaten hat Amazon Walmart als weltgrössten Detailhändler überholt.

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