Friday, August 14, 2020

Chatten mit dem Dealer: Waffen, Drogen und gehackte Accounts

Es gibt sie schon seit sieben Jahre, aber jetzt wird die WhatsApp-Alternative Telegram immer öfter im Zusammenhang mit dem Handel von illegalen Materialien, wie Waffen, Drogen oder gehackten Accounts genannt. Die Betreiber scheint das nicht zu stören, die Händler scheinen sich auf der Chat-App sehr sicher zu fühlen, die Kunden sind zahlreich, und die Behörden scheinen überfordert.

Das Logo der Messaging-App Telegram.
Im Vergleich zu Telegram ist das Darknet doch sehr umständlich; sogar ein spezieller Browser (Tor) muss installiert werden, um überhaupt rein zu kommen. Bei Telegram ist das einfacher: Die App erfordert keine speziellen Massnahmen, um sie illegal zu nutzen. Ausserdem ist das Unternehmen, das in Russland gegründet wurde, sehr verschwiegen und niemand weiss, wo es seine Server betreibt. Auskünfte an Medien und Untersuchungsbehörden werden meistens nicht beantwortet. Zudem gibt es technische Besonderheiten, die für Kriminelle attraktiv sind:
“Der Kontakt zwischen Kunden und Dealern läuft anonym ab. Im Gegensatz zu WhatsApp sehen fremde Nutzer nicht die Telefonnummer des anderen. Die Fotos von den angebotenen Drogen speichert Telegram auf seinen Servern, und wo die stehen, weiß nur Telegram. Das ist praktisch für Dealer, denn sie müssen für das Marketing ihrer Produkte nicht erst ihren eigenen Webshop aufsetzen, dessen Server-Standort sie verraten könnte – oder eine versteckte Darknet-Website programmieren.“ (vice.com)
Gemäss der britischen Zeitung Independent sind die illegalen User durchaus erfinderisch, um ihr Geschäft zu optimieren. Kontakte knüpfen sie zum Beispiel auch mit Graffiti an:
“Dark-Web-Drogenhändler wenden sich populären Apps zu, um mit ihren Produkten zu hausieren, wobei sie oft Straßen-Graffiti verwenden, um ihre Konten bei Kunden zu bewerben und automatisierte Bots, um mit ihnen zu kommunizieren.“
heise.de berichtet ausführlich über den Schwarzmarkt per Telegram App und hält fest, wie einfach es sei, dort Onlineshopping zu betreiben:
“Dafür reicht es, in Telegram die globale Suchfunktion zu bemühen und die gewünschte Ware einzutippen. Dort listet die App nicht nur einzelne Anbieter, sondern ganze Gruppen und Kanäle, in denen Händler illegale Waren aller Art präsentieren. Bei unseren Recherchen dauerte es nur Minuten, bis wir auf Anbieter stießen, die harte Drogen wie Heroin, Kokain oder Crystal Meth verkaufen. Auch mit anderen Suchbegriffen wurden wir fündig und bekamen scharfe Waffen und gefälschte Meisterbriefe präsentiert. Die technische Hürde ist bei Telegram so niedrig, dass selbst wenig versierte Nutzer diese Gruppen finden und daran teilnehmen können. Für die Nutzung des Messengers reicht ein Smartphone, das zur Registrierung einmalig eine SMS empfangen kann…“
Das Bundeskriminalamt (BKA) überwache Telegram, schreibt heise.de, das sei bekannt. Anderenorts scheint man bei den Strafverfolgungsbehörden nicht sehr besorgt über die Aktivitäten zu sein. Es sei bekannt, „dass die Chat-Plattform Telegram vereinzelt für strafrechtlich relevante Sachverhalte genutzt“ werde. Zu konkreten aktuellen Vorgängen auf der Plattform lägen aber keine Erkenntnisse vor, teilte das Bayerische Landeskriminalamt auf Anfrage der heise-Journalisten mit.
Gemäss neusten Zahlen hat Telegram gegenwärtig rund 400 Millionen tägliche Nutzer. Im Google Play Store haben bis heute fast sechs Millionen User die App bewertet - im Durchschnitt mit 4,5 Sternen.

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