Währenddem viele User auf die neuen iPhones warten – wenn auch nicht so sehnlichst, wie in vergangenen Jahren – hat sich Alphabet, der mächtige Mutterkonzern der mächtigen Suchmaschine Google ohne grosses Aufhebens die Hälfte des taiwanesischen Smartphone-Herstellers HTC unter den Nagel gerissen. Den Preis kann das Unternehmen gewissermassen aus der Portokasse bezahlen – es ist nur gerade eine gute Milliarde Dollar.
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Das HTC-Vorzeigehandy U11: Ab jetzt mischt Google mit. Bild PD |
“Google kauft HTC seine Experten ab“ titelte eine deutsche Tageszeitung nachdem die Transaktion bekannt wurde. Tatsächlich zahlt die Google-Milliarde für mehrere hundert Mitarbeiter und für Smartphone-Patente, allerdings nicht in exklusiver Nutzung. Google gehe es mit dem HTC-Kauf darum, einen besseren Stand im Hardwaregeschäft zu bekommen. Gerade was Smartphones betrifft, hat Google allerdings ein Android-Problem, wie verschiedene Zeitungen
berichten:
“Zugleich muss der Konzern aufpassen, nicht die vielen Hersteller von Geräten mit seinem Mobil-System Android zu verärgern. Die Hardware-Sparte sei deshalb innerhalb von Google von der Android-Entwicklung isoliert und werde genauso wie andere Hersteller behandelt, heisst es. Das „Pixel“ war allerdings im vergangenen Jahr zunächst das einzige Telefon mit dem neuen Google-Assistenten, mit dem sich der Nutzer unterhalten kann.“
Die NZZ
analysiert, dass es Google mit der HTC-Transaktion weniger um das Smartphone-Geschäft gehe:
“Der Sinn der Akquisition und der sich damit ergebenden Stärkung der Hardware-Kompetenz liegt eher in den indirekten, langfristig beabsichtigten positiven Auswirkungen auf die Software-Kompetenz und deren Innovationskraft. So steht hinter Googles Ausbau des Hardware-Geschäfts zum einen die Tatsache, dass die in erster Linie auf Software basierenden Zukunftstechnologien wie erweiterte Realität (Augmented Reality, AR) oder künstliche Intelligenz verstärkt spezifische Anforderungen an die Hardware der Smartphones stellen. Für die Nutzung der AR etwa braucht es spezielle Kameras. Und diese wiederum prägen die Spezifikationen, nach denen die AR-Software programmiert wird. Eine Verstärkung der vertikalen Integration, wie sie Alphabet mit dem Ausbau der Hardware verfolgt, kann zu einer Dynamik führen, bei der sich Hard- und Software immer wieder gegenseitig befruchten. Von diesem Austausch im Bereich von Zukunftstechnologien und von den rund 2000 Mitarbeitern dürften zum andern auch die weiteren Produkte der wachsenden Hardware-Sparte von Alphabet profitieren.“
Die faz glaubt hingegen schon, dass Google
das eigene Handy stärken will:
“Samsung ist der grösste Smartphone-Hersteller der Welt und arbeitet zurzeit mit Googles Betriebssystem Android. Das muss aber nicht so bleiben. Immer wieder spielt Samsung mit dem Gedanken, ein eigenes System aufzubauen, oder experimentiert mit anderen Betriebssystemen. Google seinerseits zahlt immer mehr Geld an Handy-Hersteller und andere Firmen, damit sie Google-Dienste verwenden und Google auf diese Weise Chancen verschaffen, Werbung zu verkaufen. Hätte Google ein stärkeres eigenes Handy, wäre es unabhängiger. Google bietet selbst Handys an, die von HTC produziert werden: Sie heissen „Pixel“. Bislang sind sie eine Randerscheinung am Handy-Markt. Durch die eigene Produktion von Handys könnte Google bestimmte Vorzüge seines Betriebssystems Android besser hervorheben und weiterentwickeln.“
Klar ist, dass Google zumindest im Moment das Smartphone-Geschäft nicht einfach so der mächtigen Konkurrenz überlassen will. Das Unternehmen ist selbst derart mächtig im digitalen Raum, mit Berührungspunkten zu Milliarden von Usern, dass ein Versuch, den Handy-Markt aufzumischen, sogar Chancen haben könnte – vielleicht.
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