Friday, September 25, 2020

Nein, Streaming ist nicht das neue Fliegen

Streaming ist das moderne Fernsehen und wird als solches intensiv genutzt – vor allem im Zeitalter des Coronavirus. Allerdings leben wir auch im Zeitalter der Klimaerwärmung, und deshalb wurde Streaming von vielen Klimaschützern schon früh als „schlecht fürs Klima“ eingestuft. Netflix-Fans dürfen sich aber beruhigen: Das Klima wird nicht am Streaming zugrunde gehen.


Streaming-Fans haben eine riesige Auswahl. Screengrab whatsnewonnetflix

Als die Studie erschien, wurden die Ergebnisse weltweit verbreitet: Die Emissionen, die beim Ansehen von 30 Minuten Netflix entstünden, nämlich 1,6 Kilogramm CO2, seien gleich gross, wie wenn man sechs Kilometer Auto fahre. Die Zahlen stammen aus einem Bericht des Shift-Projekts, einem französischen Thinktank, über die "nicht nachhaltige und wachsende Wirkung" von Online-Videos. Dem Bericht zufolge war Streaming im Jahr 2018 für mehr als 300 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich, was dem gesamten Co2-Ausstoss Frankreichs entspricht. Und wie das im Internetzeitalter üblich und normal ist, beeinflusst der Bericht des Shift-Projekts weiterhin die Medienberichterstattung.  

Aber gerade im Internetzeitalter wird nichts so heiss gegessen wie es gekocht worden ist. In der Zwischenzeit sind einige Berechnungen veröffentlicht worden, die den Shift-Bericht zur Makulatur werden lassen. Der neuste kommt von einer Studie des deutschen Umweltbundesamtes – einer durchaus klimaschutzfreundlichen Agentur. Unter dem Titel: “Ist Streaming das neue Fliegen?“ berichtet der Stern über „die alarmistischen Schätzungen vom letzten Jahr“ und die Schlussfolgerungen der beamteten Umweltschützer. Die weltweit publizierten Resultate des Shift-Berichts seien nicht haltbar:

“Selbst in der emissionsreichsten Variante, dem Streaming über den veralteten UMTS-Standard, kamen die Forscher zusammengerechnet nur auf 90 Gramm Emissionen für eine ganze Stunde. Trotzdem lag die Schätzung [im Shift-Bericht] um Faktor 35 über dem höchsten Durchschnittswert. Bei anderen Übertragungsarten lag die Emission noch deutlich niedriger. Streamt man über den neuen Mobilfunkstandard 5G sinken die Emissionen auf 5 Gramm. Am niedrigsten liegt der Wert, wenn die Daten per Wlan aufs Gerät kommen. Wird das Heimnetzwerk über klassische Telefon-Kupferleitungen mit Daten beliefert, kommen dann noch 4 Gramm zusammen. Bei einer modernen Glasfaserleitung ist der Wert am niedrigsten: Gerade mal 2 Gramm Emissionen werden dann pro Stunde verursacht. Zum Vergleich: Drei Minuten warmes Duschen verursachen fast 3000 Gramm CO2.“

Wem die Studie der deutschen Umweltbeamtennicht genügt, der kann sich auf der Klima-Informationswebsite carbonbrief.com im Detail informieren. Carbon Brief ist eine in Grossbritannien ansässige Website, die über die neuesten Entwicklungen in der Klimawissenschaft, Klimapolitik und Energiepolitik informiert.

Es heisst, dass das Internet nichts vergisst. Das gilt leider und vor allem auch für Falschinformationen. Man darf davon ausgehen, dass die Legende vom Streaming, das so schlimm fürs Klima ist, wie Autofahren, in den nächsten Jahren immer wieder auftauchen wird – genau dann nämlich, wenn sie ins Schema passt.


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