Die
britische Zeitung Guardian nennt sie “Refuseniks“, jene ins
mittlere Alter gekommenen digitalen Entwickler, die sich am liebsten von
Internet lossagen möchten, obwohl sie genau diesem Internet ihre Berühmtheit
und in einigen Fällen auch ihr Reichtum verdanken. Der Grund: Das Internet im
Allgemeinen und Social Media im Besonderen hätten einen massiv negativen
Einfluss auf unsere Gesellschaft, die Demokratie und das Wohlergehen der User.
Social Media sind zum Abgewöhnen, sagen die Macher der ersten Stunden. |
Einer
dieser Refuseniks hat diese Woche besondere Aufmerksamkeit erregt: Justin
Rosenstein, der Mann, der den Like-Knopf auf Facebook miterfunden hat, warnt
jetzt die Öffentlichkeit vor den “verheerenden Folgen“ seiner Erfindung, wie
der Guardian
berichtet. Es sei besonders wichtig, jetzt vor der allesbeherrschenden
digitalen Technologie zu warnen, sagt der gut 30jährige Rosenstein, weil er zur
letzten Generation von Usern gehöre, die sich an “das Leben vor der
Digitalisierung“ erinnere. Es sei interessant, schreibt der Guardian, dass sich gerade junge Spitzenkräfte wie Rosenstein von dieser Digitalisierung lossagen, sich die eigenen Produkte abgewöhnen und ihre Kinder an Elite-Schulen
schicken, wo iPhones, iPads und sogar Laptops verboten sind.
Snapchat,
zum Beispiel, sei wie Heroin, sagt Rosenberg und tut
etwas dagegen:
“Das Interessante sind vor allem die Abwehrmechanismen, die Rosenstein und noch einige andere Silicon-Valley-Mitarbeiter in ihren Dreißigern um sich errichtet haben. Rosenstein hat das Betriebssystem seines Laptops so umkonfiguriert, dass es Reddit blockiert. Er hat seinen eigenen Snapchat-Account blockieren lassen. Er hat sich eine Art Kindersicherung auf dem Smartphone installiert, die es ihm unmöglich macht, neue Apps herunterzuladen.“
Selbstverständlich
hat der Aktivismus dieser Silicon-Valley- Propheten eine starke politische
Komponente; sogar das demokratische System sieht Rosenstein als gefährdet an:
“Rosenstein sagt, unsere Affekte, unsere Vorlieben seien mittlerweile in einem Masse von den Paradigmen der Aufmerksamkeitsökonomie bestimmt, dass er sich Sorgen um die psychologischen Auswirkungen mache. Das ständige Wischen, Klicken, Liken und Immer-weiter-Gucken von Onlineserien habe uns längst süchtig gemacht […] Das habe dramatische Auswirkungen auf die Demokratie, könne sie möglicherweise sogar zum Verschwinden bringen.“
Die
Voten zu Brexit und Trump seien Beispiele für diese Gefährdung der Demokratie. Man darf
davon ausgehen, dass auch diese digitale Suppe nicht so heiss gegessen wird,
wie sie angerichtet wurde. Sicher ist, dass die Mitwirkungsmöglichkeiten der
Social Media mit mehr gegenseitigem Respekt weit sinnvoller genutzt werden könnten, als das
heute der Fall ist - auch wenn es um den politischen Diskurs geht.
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