Wednesday, August 10, 2016

Emojis: Der Fruchtsalat in der erhobenen Faust

Wir alle kennen sie und schlagen uns mit ihren Mitteilungen herum: Jene Freunde und Bekannten, die ihren Kurzmitteilungen im Web oder ihren Messages immer noch ein paar Emojis vor- oder nachstellen. Cocktailgläser, Sonnenbrillen und Golfschläger scheinen besonders beliebt zu sein. Doch was bringen die digitalen Hieroglyphen wirklich? Sind sie die Träger versteckter Emotionen – oder einfach nur eine Ausrede für Schreibfaule und Analphabeten, die uns einen weiteren Niedergang unserer Zivilisation signalisiert?

Wer wirklich lernen will sich mit Emojis einigermassen auszudrücken, kann dies systematisch angehen. Es existiert nämlich inzwischen sogar ein Buch dafür – unter dem Titel “How to speak Emoji“:
Emojis ohne Worte.                        Screengrab emojipedia.org
“Welche der mittlerweile fast 900 unterschiedlichen Emojis nehme ich wofür? Abhilfe schafft dieser erste Sprachführer: How to speak Emoji. Neben einer verständlichen Einführung und einem knappen Lexikon bringt er über 450 alltägliche und nicht-alltägliche Sätze, Phrasen, Ausdrücke, Sprichworte, Song- und Filmtitel übersetzt in Emojis — vom Autor der heute schon legendären Emoji-Übersetzung von Moby Dick: Emoji Dick.“
Tatsächlich.
(Der literarische Wert dieser “Übersetzung“ sei dahingestellt; interessant ist die Art ihrer Kreation: Crowd-Funding finanzierte die Übersetzung durch freie Mitarbeiter auf der Amazon-Service-Website MTurk: Jede Zeile wurde von drei Personen übersetzt, eine zweite Gruppe von Helfern entschied, welche Übersetzung die beste sei.)
Im Übrigen wird der Emoji-Boom auch wissenschaftlich beleuchtet. Die Zeit erklärt:
Über die Relevanz von Emoji-Studien sind sich Kulturwissenschaftler [...] weitestgehend einig. Denn die Zeichen verraten nicht nur eine Menge über den Einzelnen, sondern geben auch Hinweise auf die Lebenswelt einer ganzen Generation – und zeigen an, wie diese Welt sich ändert: So fiel Stefanowitsch auf, dass am Ende von Tweets häufig ein Faxgerät-Bildchen auftauchte. Ein ziemliches Kuriosum, bedenkt man, dass wohl die wenigsten der jungen Nutzer tatsächlich dem anderen etwas faxen wollten. "Erst nach einiger Zeit habe ich verstanden, dass es – in Anlehnung an das ähnlich klingende englische Wort facts ('Tatsachen') – ausdrückte, dass jemand einer Sache zustimmte", sagt Stefanowitsch.“
Wer ganz genau wissen will, was es mit Emojis auf sich hat kann natürlich Wikipedia konsultieren. Es ist vielsagend, dass der Text in regulärem Deutsch und nicht als eine Reihe kleiner Bildchen verfasst wurde. Zitat:
“Laut einer Erhebung […] werden fröhliche Emojis am häufigsten genutzt (45 %), gefolgt von traurigen Emojis, Herzen, Handgesten und romantischen Darstellungen. Emojis mit sexuellen Anspielungen (Banane, erhobene Faust, Aubergine, Pfirsich, Kirschen, astrologisches Zeichen für Krebs [69]) werden am häufigsten von Kanadiern benutzt. In Deutschland wird das Emoji Maus überdurchschnittlich oft genutzt.“

Schon wieder was gelernt: Der Fruchtsalat in der erhobenen Faust ist also in Lingua Emoji eine geballte sexuelle Anspielung! Und “Mausi“ ist, zumindest in Deutschland immer noch ein beliebter Kosenamen – auch bei jener Generation, die lieber kleine Bildchen als Worte benutzt, um sich auszudrücken.

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