Smartphones - hier das iPhone 6s - werden immer leistungsfähiger. Das Hirn scheint sich gegenläufig zu entwickeln. eenshot via Apple |
“In Koreas junger Generation sind heute zwölf Prozent internet- und computersüchtig, haben also ernste Probleme damit, längere Zeit offline zu gehen. In Deutschland sind es laut dem Suchtbeauftragten der Bundesregierung drei bis vier Prozent, wobei 250‘000 als süchtig und 1,4 Mio. als Risikofälle gelten. Das sind sehr viele junge Menschen, die am liebsten 18 Stunden pro Tag im Web wären und ihr Leben dabei nicht im Griff haben. Das ist schlimm für die Zukunft eines Landes und fatal für die Betroffenen selbst, wie ich aus entsprechenden Erfahrungen mit meinen Patienten gelernt habe.“Nun legt ein anderer Spezialist nach; Gerald Hüther, Professor für Neurobiologe an der Universität Göttingen befasst sich im Rahmen verschiedener Initiativen und Projekte mit neurobiologischer Präventionsforschung. In einem NZZ-Artikel unter dem Titel: “Digitale Abhängigkeit: Mehr Hirn, bitte“ haut er sehr überzeugend und ausführlich in die gleiche Kerbe. Auch er weist daraufhin, dass die Digitalisierung vor allem jugendliche Gehirne besonders beeinflusst:
“Los geht es meist damit, dass man sich keine Telefonnummern mehr merken kann. Die sind ja im Handy oder im Smartphone gespeichert. Adressen und Namen auch. Wer irgendwohin will, nutzt sein GPS, und wenn das jemand lange genug so gemacht hat, können die Neurobiologen dann eine Schrumpfung des dorsalen Hippocampus in seinem Gehirn beobachten, also derjenigen Hirnregion, die für den räumlichen Orientierungssinn zuständig ist. Nutzungsabhängige Plastizität nennen das die Hirnforscher. Was nicht mehr regelmässig im Hirn genutzt wird, schrumpelt eben allmählich weg. Manche Vernetzungen werden bei intensiver Nutzung digitaler Medien auch intensiver beansprucht und deshalb entsprechend stärker ausgebaut. Etwa diejenigen, die bei der Bedienung eines Handys für die Regulation der Daumenbewegungen zuständig sind, oder die für die Hand-Augen-Koordination, wenn jemand viel mit seiner Computermaus arbeitet. Sinnvoll sind diese Anpassungen allemal, sie erleichtern dem Hirn die Arbeit, und so wird dort oben Energie gespart. Was nicht mehr regelmässig im Hirn genutzt wird, schrumpelt weg.Diese Anpassungsfähigkeit des Gehirns wird sich gemäss Professor Hüther auf das Zusammenleben in der digitalen Gesellschaft auswirken. Besonders schnell und nachhaltig entwickelten sich nämlich Abhängigkeiten dann, wenn digitale Medien zur Affektregulation eingesetzt würden. Jedes Gefühl und jedes seelische Bedürfnis, das aus irgendwelchen Gründen in einem Menschen wach werde, lasse sich inzwischen digital und virtuell ohne grosse Anstrengung ausleben und stillen, schreibt er.
Und sehr zweckmässig ist es auch, dass diese «nutzungsabhängige Plastizität» des Gehirns während der Phase der Hirnentwicklung, also bei Kindern und Jugendlichen, besonders stark ausgeprägt ist. Je jünger also die Personen sind, die ihr Hirn mithilfe dieser das eigene Nachdenken und Erinnern erleichternden Geräte entlasten, desto stärker passt sich die innere Organisation ihres Gehirns an diese Art der Nutzung an.“
Vielleicht ist es dann plötzlich einfacher und lohnender, das lange Wochenende mit dem Smartphone statt mit einem menschlichen Begleiter zu verbringen…
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