Hand- aufs Herz: Gehören Sie auch zu jener Gruppe von Informationskonsumenten, die am liebsten jene Publikationen liest, die am ehesten Ihrer eigenen Meinung entsprechen? Genau diese Art der Informationsgewinnung ist heutzutage so einfach wie nie zuvor: Im Internet finden sich unzählige Kanäle, die Wasser auf die eigene Meinungsmühle spülen. Dadurch werden vorhandene Ansichten bestärkt und kritische Gedanken weggeschwemmt. Social Media gehören zu den einseitigsten Informationsmitteln, weil sie den Konsumenten gefilterte Inhalte vorsetzen.
Unausgewogenheit inbegriffen: Eine amerikanische Website zeigt, wie voreingenommen die News sind. Screengrab leftrightpolitics.com |
Wer sich für politische und gesellschaftliche Fragen
interessiert und diese auch gerne mal diskutiert, weiss, dass das Klima rau geworden ist. Immer öfter stellt man fest, dass es nicht mehr möglich ist, ein aktuelles Problem mit Bekannten zu debattieren, ohne dass die Stimmung getrübt wird. Viele Diskussionsteilnehmer haben das Gefühl, sie verfügten über die einzig gültigen Informationen und vertreten eine entsprechend unverrückbare Meinung.
Die Ansichten sind extremer geworden, nicht nur in Europa. Das zeigt auch der Vorwahlkampf in den USA, wo nicht nur die Kandidaten mit harten Bandagen kämpfen. Auch die sozialen Medien und der Rest des Internets überquellen mit Beiträgen zum Thema – wobei die Meinungen in den allermeisten Fällen längst gemacht sind. Eine Google-Suche in englischsprachigen Online-Publikationen zum Thema Donald Trump ergibt so viele Resultate, dass wir sie kaum zu lesen vermöchten, bevor die Wahlen stattfinden.
Das Internet, mit seiner Informationsflut, scheint vor allem zu polarisieren. Das Netz fördere gesellschaftliche Extreme, schreibt Christian Stöcker im Spiegel und verweist auf eine aktuelle Studie:
“Eine Forschergruppe um die italienische Mathematikerin Michaela Del Vicario hat die Ausbreitung von Gerüchten, insbesondere Verschwörungstheorien, in sozialen Netzwerken untersucht (PDF). Die Wissenschaftler kommen über die Auswertung von Facebook-Daten zu dem Schluss, Nutzer hätten die Tendenz, sich dort in Interessensgemeinschaften zu sammeln, sodass sie vor allem entsprechende Inhalte zu sehen bekommen. Das führe zu "Bestätigungsverzerrung, Spaltung und Polarisierung". Mit Bestätigungsverzerrung ist ein psychologisches Phänomen gemeint, das eigentlich aus der Gedächtnisforschung stammt: Menschen füllen Wissenslücken bevorzugt mit dem aus, was sie ohnehin schon glauben. Das führe "zur Verbreitung von verzerrten Narrativen, angefacht von unbestätigten Gerüchten, Misstrauen und Paranoia".
Was tun?
Eine ausgezeichnete Methode, der Internet-Echokammer zu entkommen, wurde an der Universität von Iowa ersonnen und auch umgesetzt. Die Uni hat eine Website lanciert, auf der die wichtigsten Umfragen und News (auch aus Social Media) über den Wahlkampf mittels Computertechnologie analysiert werden. Die wohl wichtigste Errungenschaft: Jeder Artikel wird automatisch nach Voreingenommenheit untersucht und bewertet. Ein Blick auf den News-Feed überrascht nicht: Fast alle publizierten News-Artikel sind voreingenommen (ein einziger Artikel, von CNN, wurde als unvoreingenommen klassiert), und die meisten tendieren nach links. Immerhin: Der Ansatz ist exzellent und würde auch dabei helfen, Informationen, die auf anderen Websites publiziert werden, einzuordnen.Viellwicht würde sich eine solche Klassierung langfristig sogar positiv auf die Ausgewogenheit von News-Artikeln auswirken.
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