Twitter ist ein beliebtes und inzwischen auch eines der grössten sozialen Netzwerke der Welt - ein perfektes Tool, um das digitale Ego aufzubauen und zu streicheln. Je mehr Follower, desto besser das Selbstgefühl, desto interessanter, beliebter und bekannter der Twitter-User und die Twitter-Userin. Doch diese Gleichung stimmt immer weniger. Auf Twitter gibt’s unzählige gefälschte Accounts, die genau das tun, was auch echte Anwender machen: Sie folgen, retweeten und versenden Nachrichten.
Der Twitter-Hauptsitz in San Francisco, Kalifornien. Bild Twitter |
Man weiss es schon seit längerem: Wer will, kann sich seine Followers auf sozialen Medien kaufen. Da Berühmtheit heutzutage eng mit Beliebtheit zusammenhängt, und die digitalen Massen sowohl im Showbusiness als auch in der Politik leicht instrumentalisiert werden können, ist es nicht schwierig, Abnehmer für gefälschte Followers zu finden. Laut Twitter sind es “nur“ fünf Prozent der 230 Millionen Accounts, die unecht sind. Italienische Forscher haben allerdings schon vor einigen Monaten behauptet, dass es rund 20 Millionen solcher Accounts geben soll, dass also mindestens neun Prozent aller Twitter-Accounts gefälscht seien.
Nun hat auch das Wall Street Journal das Thema aufgegriffen. Unter anderem wird ein amerikanischer Geschäftsmann porträtiert, der im Fake-Account-Geschäft tätig ist. Zitat:
“Vidmar steht für die dunkle Seite von Twitter – für Fake-Accounts und rechnerbasierte Systeme. In seinem Haus steht ein Dutzend Computer herum. Der Blick aus dem Fenster fällt auf einen Golfplatz in der Nähe des bekannten Las Vegas Strip. Bereits seit sechs Jahren ist Vidmar im Geschäft. Der Kauf von gefälschten Accounts und die Verbreitung auf Twitter – davon lebt er. Mittlerweile beaufsichtigt Vidmar etwa 10‘000 automatisierte Accounts für um die 50 Kunden. Sie bezahlen ihn, und er verschafft ihnen zumindest oberflächlich mehr Beliebtheit und Einfluss.“
Genau darum geht es, um Beliebtheit und Einfluss. Und über wen geredet und getweetet wird, gewinnt an beidem - so glauben wenigsten die Twitter-Apostel.
Für Twitter selber könnten sich die falschen Follower allerdings zu einem echten Problem auswachsen. Dazu nochmals das Wall Street Journal:
“Auch nach dem erfolgreichen Börsengang von Twitter hängen die Fake-Accounts wie eine dunkle Wolke über dem Unternehmen. „Viele Menschen werden über Twitter mit Nachrichten versorgt", sagt Sherry Turkle, Leiterin einer MIT-Initiative. „Sollte etwas, das dort gerade bestimmendes Thema ist, vorgetäuscht sein, müssen die Menschen darüber informiert werden. Das wird und muss sonst die Glaubwürdigkeit unterwandern."
Das Wachstum der falschen Accounts hängt unter anderem damit zusammen, dass es Twitter seinen Nutzern im Gegensatz zu Facebook nicht verbietet, mehr als ein Profil pro Person anzulegen. Darüber hinaus gibt es keine Echtnamen-Pflicht…“
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