Thursday, August 27, 2015

Was der Mensch braucht: Essen, Sex - und ein Smartphone

In der Digitalen Gesellschaft gibt es drei mächtige Triebe: Den Nahrungstrieb, den Sex-Trieb und den Trieb zum Handy. Die beiden ersteren sind dem Überleben der Art gewidmet, der letztere scheint sich in der evolutionären Kette nicht sehr positiv auszuwirken. Smartphone-User sind suchtgefährdet, und ihr Gadget kann sie auch anderweitig krank machen und sozial isolieren – zumindest in der richtigen Welt.

Es gibt ungezählte Studien darüber, wie sich Smartphone-User verhalten und was die (unschönen) Folgen davon sein können. Dass sich die Menschen in der digitalisierten Gesellschaft anders aufführen, als, sagen wir, vor 20 Jahren, ist zumindest im öffentlichen Raum leicht ersichtlich. Die Mehrheit aller Pendler, zum Beispiel, konzentriert sich auf dem Arbeitsweg ausschliesslich auf ihr Smartphone – die Mitmenschen und die Umwelt, werden total ausgeschlossen. Schüler der Oberstufe sitzen in den Pausen oft zusammen, ohne dass sie miteinander reden – jeder Einzelne von ihnen konzentriert sich auf sein Smartphone. Darüber sollte man nicht überrascht sein. Zitat aus der Zeit:
“Mensch und Smartphone passen einfach verdammt gut zusammen. Als hätten wir uns jahrhundertelang nach dieser Symbiose gesehnt, dient uns das Gerät als Krücke zum Ausgleich menschlicher Gebrechen wie Vergesslichkeit (Fotosammlung), Denkfaulheit (Google), Schüchternheit (Facebook, Mails, SMS). Als tragbare Spielhölle, Disco, Videothek hat es die Langeweile abgeschafft, auf dem Gerät fließt unser gesamtes Privat- und Berufsleben zusammen – kein Wunder, dass wir es kaum noch aus der Hand legen…“
Trotzdem haben wohl die wenigsten Anwender das Gefühl, dass sie Smartphone-süchtig sind – unter anderem deshalb, weil sie selber die Zeit, die sie am Gadget verbringen, total unterschätzen.  Eine App, die vor einiger Zeit von einem Deutschen Forschungsteam lanciert wurde, hat da etwas Licht ins Dunkle gebracht:  Die Daten zeigen, dass die Smartphone-User ihr Gerät drei Stunden täglich benutzen und alle 15 Minuten mal daran herumfummeln oder draufschauen. Die Jugendredaktion  einer Deutschen Lokalzeitung hat den Selbsttest gemacht – mit ernüchternden Ergebnissen:
“Schon zur Mittagszeit wurde das Handy über 40mal angeschaltet, nur mal fix zu gucken, ob es was Neues gibt. Es ist verblüffend und schockierend zugleich. Schon fast unterbewusst wird der Bildschirm angeschaltet und entsperrt. Deswegen geht auch oft der Überblick verloren und ruck zuck war das Handy schon über 100mal an. Am Ende des Tages strahlt einem dann das Ergebnis an: „Sie haben ihr Handy heute insgesamt 140mal angeschaltet, davon 80mal entsperrt…“
Wie kann man sich aus der Abhängigkeit lösen? Nochmals die Zeit:
“Smartphones raus aus dem Schlafzimmer. Kaufen Sie sich einen Wecker! (Und wenn Sie schon dabei sind, auch gleich eine Armbanduhr.) Denn ein entscheidender Moment unserer Unterwerfung geschieht in den ersten Sekunden des Tages, noch bevor wir richtig wach sind: Das Smartphone macht sein Weckgeräusch, der Griff geht zum Gerät, schon guckt man nach, was es Neues bei Facebook oder in der Inbox gibt – und ist degradiert vom menschlichen Wesen mit vagen Erinnerungen an bizarre Traumbilder oder auch den vorangegangenen Abend zum Datenempfänger. Genau dieses erinnerungslöschende Ritual wird von Hunderten Millionen Menschen in aller Welt jeden Morgen praktiziert. So beginnt der Tag schon mit der Frage: "Liebes Smartphone, was soll ich denken?"

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