Tuesday, November 19, 2013

Bahnhof-WLAN: Kostenfrei ist nicht gratis

Die SBB rüstet immer mehr Bahnhöfe in der Schweiz mit Gratis-WLAN aus. Gratis heisst allerdings auch in diesem Fall nicht kostenfrei. Zwar bezahlen die SBB-WLAN-Nutzer nicht direkt und nicht mit Geld für ihren Internetzugang im Bahnhof. Dafür sammelt das Bahnunternehmen die Daten der User und behält sich auch vor, diese später für Werbezwecke zu benutzen, wie der Tagi berichtet.

Die SBB bewirbt ihr kostenloses Surfangebot im Internet. Klar ist: Gerade im
digitalen Zeitalter heisst kostenlos fast nie gratis.
Die besten Dinge im Leben sind tatsächlich gratis – weil sie nicht käuflich zu erwerben sind. Ansonsten darf man wohl sagen, dass nichts gratis ist, was zum wirtschaftlichen Kreislauf gehört. Oder wie es Christoph Keller auf srf.ch definiert hat:
“Im heutigen Wirtschaftssystem ist das Geschenk nicht mehr eine Geste, eine Freundlichkeit, eine zuvorkommende Handlung. Es ist eben das «gratias agere», das vorangestellte Danke sagen für eine spätere Gegenleistung. So gesehen ist das Gratisangebot immer ein absichtsvolles, enthält in jedem Fall eine Aufforderung, eine Verführung - man will mich locken, will mich haben, will mich einbinden als Konsumenten. Und gratis ist ohnehin immer schon mit einberechnet in die Kosten für Marketing, für Werbung. Und in den Kalkulationen der Unternehmen ist das abgegebene Mitbringsel, das kleine Plus bereits mit einberechnet im Kaufpreis für das eigentliche Produkt oder Angebot.“
Im Falle von “Gratis-WLAN“ sind es oft die Kundendaten, die vom Provider als Bezahlung akzeptiert werden. Aus dem Tagi:
“ «Wer das SBB-Angebot nutzt, zahlt mit seinen Daten», sagt der auf IT-Recht spezialisierte Rechtsanwalt Martin Steiger. Für jeden Nutzer erhöben die SBB die Handynummer, die Mac-Adresse zur Identifizierung des Endgeräts sowie Ort, Datum und Zeit jeder Nutzung. «Die SBB können damit umfangreiche Nutzungs- und Bewegungsprofile erstellen», sagt Steiger. Der Rechtsanwalt spricht von einem Tauschhandel. «Da muss jeder selbst wissen, ob er sich darauf einlässt. […] Was die wenigsten Nutzer realisieren dürften: Um ihr Dienstleistungsangebot zu optimieren, analysieren die SBB auch das Reiseverhalten des Kunden und behalten sich aufgrund des erstellten Profils die «persönliche Ansprache des Kunden» mit Werbeinformationen oder Umfragen vor…“
Der Artikel im Tagesanzeiger hat viele, zumeist negative Reaktionen ausgelöst. Viele User möchten zwar gratis surfen, dann aber aufgrund von preisgegebenen Informationen doch lieber nicht mit unerwünschter Werbung versorgt werden. Andere sehen die Sache etwas zynischer – wie zum Beispiel jener Leser, der sich ganz einfach wünscht, von der SBB pünktlich transportiert zu werden:
“Ich hoffe, dass man mit der SBB in Zukunft auch noch einfach von A nach B fahren darf - vielleicht sogar ohne eingeschaltetes Handy ? Das wäre klasse, und ich bitte die Verantwortlichen hiermit, dieses Zukunftsmodell zu prüfen.“

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