Der Frust der Käufer ist der Frust der Shop-Betreiber: Wenn Kunden, aus welchen Gründen auch immer, kurz vor dem Check-Out ihren Einkauf abbrechen, den virtuellen Einkaufswagen stehen lassen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden, schlägt das direkt auf die Marge. Gute Gründe für Verkaufsabbrüche gibt es viele – doch die Wissenschaft forscht an Gegenstrategien.
Der virtuelle Einkauswagen ist leer: Damit das nicht so bleibt, darf der Kunde beim Einkaufen nicht frustriert werden. |
Zwei junge deutsche Wissenschaftler, die ihre Forschungen in diesem Bereich betreiben, haben dieses Jahr den mit 7‘500 Euro dotierten Business Technology Award 2012 der Unternehmensberatung McKinsey & Company gewonnen. Der Wirtschaftsinformatiker Markus Weinmann und der Wirtschaftsingenieur Martin Hibbeln beide von der Technischen Universität Braunschweig, haben die Nutzung verschiedener Online-Shopping-Websites in unterschiedlichen kulturellen Umgebungen untersucht und dabei einen direkten Zusammenhang zwischen der Gemütslage des E-Commerce-Kunden und der Geschwindigkeit und Distanz seiner Mausbewegungen nachgewiesen: Zufriedene Kunden rollen mit ihrer Computermaus am Bildschirm schneller und weitere Strecken, verärgerte Kunden rollen kürzer und langsamer. Mit anderen Worten: Der Frust im E-Shop bremst die Maus – und damit den Kunden.
Die McKinsey Jury begründete ihre Entscheidung mit dem Potential, das diese Forschungsergebnisse eröffnen: Bisher habe es nur im klassischen Ladenverkauf die Möglichkeit gegeben, unzufriedene oder verärgerte Kunden zu erkennen und ihnen Hilfe anzubieten. Mit den Ergebnissen der Studie entstünden nun neue Perspektiven für Online-Händler, die nicht nur ihren Service verbessern, sondern auch die Benutzerführung ihrer Online-Shops noch kundenfreundlicher machen könnten.
Tatsächlich sind solche Verbesserungen dringend notwendig, und genau das hat die Forscher an der TU Braunschweig motiviert, wie auf der Seite von Markus Weinmann nachzulesen ist:
“Laut einer Studie von Mücke-Sturm (2010) brechen 51 % der Kunden ihren Online-Shopping-Prozess vorzeitig ab und 79 % der Kunden haben nach einer Studie von Forrester (2010) angegeben nicht wieder beim gleichen Online-Händler zu kaufen. Die Gründe für Kaufabbrüche sind seit Jahren die ähnlichen: unübersichtliche Landing-Page, unübersichtliche Produktauswahl oder ungeeignete Bezahlverfahren (sogenannte Stressoren). […] In der „klassischen“ Marketing-Literatur wird zur Erklärung von Kaufabbrüchen das Konzept des Einkaufsstresses herangezogen… […] Einkaufsstress kann unter anderem mit Hilfe von Emotionen operationalisiert werden, die wiederum im Rahmen dieses Dissertationsprojektes mit Hilfe von Maus-Daten gemessen werden.“
Mit anderen Worten: In Zukunft könnten E-Shops mit Software ausgestattet sein, die merkt, ob der Kunde zufrieden oder gestresst ist. Wenn immer nötig könnte dann Unterstützung angeboten werden.
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