Monday, June 6, 2011

Mars-Station oder digitale Fata Morgana?

Das Internet-Zeitalter macht es möglich: Mit Hilfe von Google-Mars (der Planetenversion von Google-Earth) hat ein Sofa-Astronom an seinem PC eine seltsame Entdeckung gemacht: etwas, das wie ein riesiges Gebäude aussieht.

Vielleicht ist es ein Schwindel, wahrscheinlich eine digitale Fata Morgana: Die Struktur ist weiss, besteht scheinbar aus zylinderförmigen Teilen und ist mehr als 200 Meter lang und 50 Meter breit. “Entdeckt“ hat das Ding der Amerikaner David Martines – und er musste dazu nicht einmal sein Pyjama ausziehen. Die Bilder wurden nämlich von der Mars Orbiter Camera aufgenommen, die mit dem NASA-Raumschiff Mars Global Surveyor jahrelang um den roten Planeten kreiste. Die Aufnahmen wurden von Google in Zusammenarbeit mit Nasa präpariert, damit sie für “Google Mars“ zur Verfügung stehen. Das heisst, jeder Anwender mit einem PC und einem Internetanschluss (und viel, viel Zeit) kann die Marsoberfläche unter die Lupe nehmen, ohne sein Haus zu verlassen.
Wir gehen davon aus, dass uns die Nasa bald erklären wird, wie das Bild der "Mars-Station" zu verstehen ist – amerikanische Medien melden, dass die Untersuchungen bei der Raumfahrtbehörde laufen. Das hält natürlich die Raumschiff-Enterprise-Enthusiasten nicht davon ab, wegen der Entdeckung, die Martines gemacht hat, jetzt schon ganz aufgeregt zu werden. Das Ding hat denn auch schon einen Namen: Es heisst “Bio Station Alpha“ und das Medieninteresse ist entsprechend gross. Den YouTube-Beitrag, den David Martines aufgeschaltet hat, haben sich in wenigen Tagen fast 900'000 Zuschauer angesehen, und die Millionengrenze wird wohl bald überschritten werden (das hinkt zwar in der Popularität weit hinter Lady-Gaga her, ist aber für ein populärwissenschaftliches Thema doch nicht schlecht).
Auch die Skeptiker sind allerdings im Web gut vertreten – wohl zurecht. Bis jetzt haben sich derartige “Sensationen“ jeweils relativ schnell in Luft, respektiv im leeren Raum aufgelöst.
Trotzdem spricht es doch für den technologischen Fortschritt der Menschheit, dass wir, die wir noch vor weniger als 20 Jahren ohne Internet auskamen, heute damit im All auf Entdeckungsreise gehen - und nicht nur das: Neben unzähligen anderen Aktivitäten, kaufen wir damit ein, organisieren unsere Lohnbuchhaltung und managen unsere Bankangelegenheiten damit. Das ist doch auch nicht schlecht - oder?


Update: Also doch, eine digitale Fatamorgana, verursacht durch den Einfluss kosmischer Strahlen auf den Sensor der Kamera, mit der die Bilder aufgenommen wurden... Für den Hobby-Weltraumforscher David Martines war die Entäuschung so gross, dass er sogleich sein Youtube-Video gelöscht hat.  

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