Monday, July 30, 2018

Facebook Börsenverluste: 120 Milliarden mehr oder weniger...

Lange sah es so aus, als ob das Facebook-Geschäft unverletzlich wäre. Die Aktien stiegen in schwindelerregende Höhen, und die Anleger liessen sich auch von Datenschutz-Skandalen, parlamentarischen Anhörungen und Zuckerbergschen Schönredereien nicht aus der Ruhe bringen. Das änderte sich allerdings mit einem Knall am letzten Donnerstag. Da verlor Facebook in kurzer Zeit 121 Milliarden Dollar an Wert.

Facebook: Absturz um rund 20 Prozent.
                                                                                             Screengrab Google
Der gewaltige Absturz an der Börse geschah nicht etwa, weil wieder ein Facebook-Datenskandal aufgedeckt worden war, oder weil Facebook Chef Zuckerberg mit seinem Hoodie an einem Ort aufgetreten war, wo er besser einen Anzug getragen hätte. Nein: Die Anleger waren unzufrieden darüber, dass das Unternehmen nur   ein Wachstum von 42 Prozent im Vergleich zum Vorjahr vermelden konnte; der Gewinn nahm nur um 31 Prozent zu. Zitat aus demSpiegel:
“Gemessen an normalen Unternehmen sind das sehr gute Ergebnisse. Gemessen an den astronomischen Erwartungen der Investoren an Facebook nicht. Als die Telefonkonferenz begann, war Facebooks Aktie bereits zehn Prozent im Minus. Die Analysten wollten Erklärungen für das aus ihrer Sicht nicht ausreichende Wachstum. Was die Konzernchefs dann erzählten, besänftigte die Investoren keineswegs. Es provozierte nur noch weitere Aktienverkäufe. Der Kursrutsch wurde zum Kurscrash.“
Je nachdem, wie man zu Facebook steht, löste der Absturz Schadenfreude oder Schrecken aus. Zahlreiche Analysten finden allerdings, das Ganze sei nicht so schlimm - nach dem Motto: was sind schon 120 Milliarden… Auch bei der Süddeutschen Zeitung ist man der Meinung, Facebook stehe immer noch ausgezeichnet da:
“Der Facebook-Konzern hat die Zeit, sich in Ruhe neu aufzustellen. Konkurrenz hat er keine mehr - die beiden anderen global führenden Kommunikations-Apps gehören ja zum eigenen Laden. Der Gigant sieht also auf den ersten Blick so aus, als würde er wanken, aber in Wahrheit verlagert er nur das Gewicht von einem Bein aufs andere. Für Nutzer von Instagram und Whatsapp bedeutet das, dass sie stärker mit Werbung konfrontiert werden. Bislang ist Facebook dort eher zurückhaltend. Die Whatsapp-Gründer, die Facebook beim Kauf der App übernahm, sind schon von Bord gegangen. Facebooks Strategie passt offensichtlich nicht zu ihren Vorstellungen - Datenschutz auf hohem Niveau und keine zielgerichtete, also überwachende Werbung. Nun hat Zuckerberg freie Hand.“ 
 Tatsächlich ist es ja nicht das erste Mal, dass die Facebook-Aktie für grosse Unruhe sorgt. Dafür waren die Gewinne später umso grösser. Dass sich die Zeiten geändert haben, zeigt allerdings eine Kampagne der britischen Royal Society for Public Health: Die Gesundheitsorganisation empfiehlt den Briten, nicht nur weniger Social Media zu nutzen, sondern einen Monat ganz darauf zu verzichten und sich in der richtigen Welt zu resozialisieren. Es darf allerdings daran bezweifelt werden, ob der Ratschlag befolgt werden wird.

Thursday, July 26, 2018

Ein digitaler Schlüssel, der Phishing verhindert


Ein kleiner USB- Stick, der aussieht wie ein Schlüssel, sorgt dafür, dass Phishing als Bedrohung nicht mehr so brandgefährlich ist. Das Gerät funktioniert als Identifikationsmittel, und sorgt zusammen mit einem Passwort für Zwei-Faktor-Authentifizierung für Nutzerkonten - wie sie zum Beispiel beim Internetbanking schon lange üblich ist.

Ein digitaler Schlüssel am Bund, um erfolgreiche Phishing-Attacken zu ver-
meiden.                                                                          Screengrab amazon.de
Phishing kann sehr weitreichende Folgen haben - das zeigte sich zum Beispiel im letzten Amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Hätte Hillary Clintons Wahlkampfmanager John Podesta damals einen YubiKey benutzt, um sein Google-Nutzerkonto zu schützen, hätten die Hacker sein E-Mailpasswort nicht mit einer einfachen Phishing-Nachricht in Erfahrung bringen können, viele unschöne  E-Mails  wären geheim geblieben, und die Weltgeschichte hätte vielleicht einen anderen, weniger spektakulären Verlauf genommen.
YubiKey funktioniert ganz einfach, wie dieWelt erklärt:
“Die Idee hinter dem Schlüssel ist simpel: Nutzer müssen zur Anmeldung an einem neuen Computer oder Smartphone den Schlüssel in einen USB-Anschluss ihres Geräts einstecken und können sich erst dann anmelden. Ein Hacker, der ein Passwort per Phishing erobert hat, kommt ohne den physischen Schlüssel seinem Ziel keinen Schritt näher. Umgekehrt funktioniert der Schlüssel nicht ohne das Passwort. Ein gewöhnlicher Dieb, der den Schlüsselbund samt Yubikey klaut, kann damit nichts anfangen. Auch kopieren lässt sich ein Yubikey nicht. Der Standard hinter dem Yubikey heißt U2F. Die Abkürzung steht für „universelles Zwei-Faktor-Verfahren“. Diese Verfahren zum Log-in bei Webseiten, Mailkonten oder Unternehmens-Servern nutzen neben dem Passwort immer eine weitere Sicherung, etwa über ein zweites Gerät oder einen Gegenstand, den der Nutzer bei sich trägt.“
Eine fast todsicher Schutz also - was auch von verschiedenen grossen Firmen bestätigt wird. Zum Beispiel von Google: Seit das System bei Google eingeführt wurde, sei kein einziger Phishing-Fall unter den 85‘000 Mitarbeitern mehr zu verzeichnen gewesen. Gemäß YubiKey wird die Technologie auch bei Facebook und am CERN angewandt. Keine schlechte Bilanz für ein Gerät, das nur gerade 20 Euro kostet.
Der Erfolg von YubiKey scheint auch Google beeindruckt zu haben. So stark, dass man selber mit einem ähnlichen Produkt auf den Markt kommen will. Das Ding heisst Titan Security Key, wie golem.de berichtet:
“Google versucht schon länger, die Nutzer und Kunden seiner Dienste von der Verwendung einer Zwei-Faktor-Authentifizierung zu überzeugen. Bisher ist der Erfolg dabei vor allem bei Privatpersonen eher mäßig. Mit dem Titan Security Key, einem eigenen Hardwareschlüssel von Google, der kompatibel zum U2F-Standard der FIDO-Alliance ist, könnte sich das aber zumindest für die Enterprise-Kunden der Google Cloud bald ändern. Laut der Ankündigung stammt die genutzte Firmware der Geräte von Google selbst, um die Integrität der Hardwareschlüssel zu gewährleisten.“
Die Möglichkeit, dass Sie Ihre Nutzerkonnten vor unbefugtem Zugriff schützen können, besteht also schon länger - und kostet nicht mal viel Geld - rund 20 Euro aktuell bei amazon.de. Auch für kleine Unternehmen und Privatpersonen könnte sich dieses Investment durchaus lohnen.

Monday, July 23, 2018

Automatisch Geld ausgeben

Geld ausgeben wird immer einfacher. Ein Teil dieser Erfahrung besteht aus der Möglichkeit, tägliche Verbrauchsgüter automatisiert zu bestellen. Diese Art einzukaufen weckt vor allem bei jungen Online-Kunden grosses Interesse. Einer der Haupt-Motivatoren: Zeitersparnis.

Automatisch einkaufen - auf Knopfdruck mit einem Einkaufs-
knopf oder vollautomatisch - wird vor allem von jungen Kunden
geschätzt.                                                                  Bild Amazon
Einkaufen ist eine Erfahrung, die nicht von allen Kunden gleich geschätzt wird. Jene, die ihre Waren so schnell wie möglich beschaffen wollen, haben im digitalen Zeitalter Möglichkeiten, die noch vor wenigen Jahren nicht gegeben waren. Dazu gehört das automatisierte Bestellen von Produkten, aber auch die Nutzung von Selbstbedienungskassen, sogenannten Self-Checkouts im Supermarket. Wenn’s funktioniert, lässt sich mit beiden Optionen Zeit beim Einkaufen sparen.
Ein Beispiel für das fast automatische Einkaufen ist der Dash-Button von Amazon. Dieser Knopf funktioniert per WLAN und bestellt ein ganz bestimmtes Produkt wenn er betätigt wird. Dash-Knöpfe gibt es  vorkonfiguriert für eine ganze Reihe von Produkten, neben verschiedenen Waschmittelmarken sind das auch Shampoo,  Rasierklingen oder Tierfutter mehr. Die volle Automatisierung ist dann erreicht, wenn die Waschmaschine oder der Kühlschrank selber merkt, wenn Nachschub benötigt wird. Eine Studie von ECC Köln und SAP zeigt nun, dass gerade junge Kunden an dieser Art der Warenbeschaffung sehr interessiert wären. Unter den 14- bis 19-jährigen Onlinern können sich 80 Prozent vorstellen, so einzukaufen. Bei älteren Nutzern sind es immerhin noch mehr als die Hälfte, die Produkte des täglichen Bedarfs (Fast Moving Consumer Goods) automatisiert bestellen würde. Besonders gefragt sind automatisierte Bestellsysteme beim Kauf von Haushaltspapier und Waschmittel. Die grösste Rolle bei dieser Entscheidung spielt der Zeitfaktor: Käufer derartiger Produkte schätzen es, wenn’s schnell geht.
Aber nicht nur.
Bei aller Offenheit gegenüber automatisierten Bestellvorgängen ist den Befragten wichtig, den Prozess auch verändern und kontrollieren zu können. Nach dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. So bevorzugen auch Konsumenten einfache und vor allem ihnen bekannte Wege bei der Bestellung. Ein Auftrag per App wird einem komplett automatisierten Bestellvorgang immer noch vorgezogen. Weniger wichtig ist dagegen der Lieferant. 36 Prozent der Befragten haben hier keine Präferenz, 30 Prozent bevorzugen die Lieferung durch ein Geschäft in der Nähe.

Thursday, July 19, 2018

Wie viele Passwörter braucht der Mensch?

Zuviele! Das ist die Antwort auf die Frage im Titel. Zwar können wir hoffen, dass Passwörter schon bald durch eine bessere und sicherere Technologie abgelöst werden. Bis es soweit ist müssen wir uns aber weiter mit ihnen herumschlagen.  Das tun wir denn auch - mehr oder weniger gut.

Sie müssen Ihre Passwwörter nicht ständig wechseln, damit sie sicher bleiben.
                                                                                                        Bild Pixabay
Eine Umfrage des IT-Portals PCMag bei 2‘500 Anwendern in den USA hat zutage gebracht, dass 35 Prozent der User immer mit den gleichen Passwörtern operieren. Gewechselt wird nur, wenn es einen direkten Anlass dafür gibt, zum Beispiel Hinweise auf eine Gefährdung. Dann gibt es aber auch Anwender am anderen Ende des Spektrums - rund 20 Prozent der Befragten geben an, ihre Passwörter mindestens jede Woche zu wechseln.
Gemäss Experten liegen jene User, die ihre Passwörter nur ändern, wenn eine Gefährdung vorliegt, gar nicht so falsch. Das Amerikanische Institut für Normen und Technologie (NIST) ist nämlich davon abgerückt, Passwortwechsel alle 90 Tage zu empfehlen. Das sei ein Fehler gewesen, sagt Bill Burr, der damalige Autor der Empfehlungen - genauso wie das mühsame Kreieren von Passwörtern aus Buchstaben, Sonderzeichen und Zahlen. Lange Phrasen seien besser geeignet:
“Der heute 72-Jährige arbeitete beim National Institute of Standards and Technology, einer US-Behörde, die unter anderem für Technologiestandards zuständig ist. 2003 verfasste er dort das achtseitige Dokument "NIST Special Publication 800-63. Appendix A". Es enthält Empfehlungen, zu welcher Art Passwörter Behörden, Unternehmen und Webseitenbetreiber ihre Nutzer und Mitarbeiter zwingen sollen. Der Text wurde zum Kanon, weltweit richteten sich viele Organisationen danach. Und die Nutzer ärgerten sich. Heute ist Burr in Rente. Dem Wall Street Journal sagte er nun zu seinen Empfehlungen: "Vieles von dem, was ich getan habe, bereue ich." In diesem Sommer überarbeitete das NIST seine Empfehlungen komplett (alles zu den neuen Regeln hier).“
Passwörter und -Phrasen sind bei weitem nicht die einzige IT-Sicherheitsvorkehrung. Deshalb hat die PCMag-Umfrage auch nach anderen Risiken gefragt. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der User glaubt, im Umgang mit IT kompetent genug zu sein, Cyber-Attacken abwehren zu können. Immerhin 53 Prozent haben ein Antiviren-Programm installiert. 51 Prozent der User sagen, dass sie für diese Sicherheit kein Geld ausgeben. Sie verlassen sich also auf eingebaute Barrieren, wie Microsoft Defender oder kostenlose AV-Software.

Die Passwortempfehlungen, die wir heute befolgen sollten, könnten übrigens in ein paar Jahren komplett ungültig werden - falls nämlich Qantencomputer verfügbar werden sollten. Sie sollen so leistungsfähig werden, dass sie quasi jeden bisher sicheren Code knacken können. Dafür müssten sie allerdings zuerst einmal funktionieren.

Monday, July 16, 2018

Gibt es sie überhaupt, die vielzitierte Filterblase?

Mt dem Internet und seinem Potential müssten wir eigentlich  alle unendlich besser informiert und viel schlauer sein, als je zuvor. Das ist offensichtlich nicht der Fall. Als Grund dafür, wird oft die sogenannte Filterblase genannt. Sie halte uns davon ab, ausgewogene Informationen zu konsumieren, heisst es. Doch ganz so einfach ist es wohl nicht.

Eli Pariser, der Autor, der mit seinem Buch die Filterblase populär gemacht
hat.                                                                           Bild Wikimedia Commons 
Das Wort Filterblase wurde von Medienwissenschaftlern geprägt und von den Massenmedien dankbar aufgenommen. Sie gehen davon aus, dass das Internet seine Nutzer häufig nur noch mit jenen  Informationen versorgt, denen sie zustimmen. Facebook wird in diesem Zusammenhang besonders oft genannt.  Die sogenannte Filterblase, die inzwischen auch im Duden zu finden ist, schaffe durch die Analyse des Klickverhaltens der User eine Informationsisolation, sozusagen ein Ghetto, in dem der Nutzer nur noch Mitbewohner und Informationen antrifft, die seiner Einstellung entsprechen.
Tatsächlich lassen sich im Internet (auch neben Facebook) viele filterblasenähnliche Räume beobachten. Wer zum Beispiel die Userkommentare von Medienerzeugnissen liest, stellt schnell fest, dass die Meinungen zu einem grossen Teil genau jener der Autoren entspricht - ob die nun liberal oder konservativ sei. Aber ist das schon eine Filterblase? Die linksliberale Zeit glaubte schon vor einem Jahr nicht mehr daran und nannte die Filterblase einen Selbstbetrug des linken Milieus:
“Wie kein anderes buzzword zeigt die filter bubble: Die Diskussion über die Macht der Daten hat ein Esoterik-Problem: Man weiß ja nicht genau, was dieses Internet so alles anrichtet, also darf man ruhig alles glauben, was es so anrichten könnte.“
Auch Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft, glaubt nicht an die Filterblase, wie er in der NZZ kürzlich darlegte. Unsere Gesellschaft leide viel mehr darunter, dass man wegen der Vernetzung kaum mehr eine Meinung äussern könne, ohne dass man sofort mit anderen Ansichten konfrontiert werde:
“Das Zeitalter der Vernetzung ist das Zeitalter des permanenten Filter-Clash, des Aufeinanderprallens von Parallelöffentlichkeiten und Selbstbestätigungsmilieus. Dies zeigt sich, wenn auf Twitter, dem Nachrichtenkanal für jedermann, in einem einzigen Gesprächsfaden die unterschiedlichsten Positionen sichtbar werden. Und das wird im Falle von Extremereignissen erlebbar, die auf der Weltbühne des Netzes zum grossen Drama explodieren.“
Der Autor plädiert dafür, nicht die Technik für die Polarisierung der Gesellschaft verantwortlich zu machen:
“Debattiert man über die Macht von Algorithmen, letztlich über die Dominanz der Maschine über den Menschen, negiert seine Autonomie und damit die Fähigkeit zum verantwortlichen Handeln? Oder erkennt man an, dass hinter alldem der Mensch steckt, mit seinen Interessen, seinen grossen und kleinen Ideologien, seinen Vorurteilen und seinen selbstgeschaffenen Filterblasen, die in einer vernetzten Welt auf immer andere Filterblasen prallen? Die Verhältnisse zu humanisieren, kann, so denke ich, nur dann wirklich gelingen, wenn man damit beginnt, die eigenen Theorien und Modelle zu humanisieren. Und das hiesse, vom Menschen und von seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit zu sprechen, also von uns selbst.“
Die Diskussion ist ja nicht neu. Vor dem Internet war das Fernsehen. Auch diesem Medium wurden gesellschaftszerstörerische Tendenzen nachgesagt - “Hilfe, das Fernsehen frisst uns“, titelte zum Beispiel die Schweizer Illustrierte vor gut 40 Jahren. Es ist dann doch nicht passiert - oder zumindest hat uns das Fernsehen weitergegeben an das Internet - zur weiteren Aufregung, und auf  dass wir immer eine Entschuldigung für unser Unausgewogenheit und Parteilichkeit haben.

Monday, July 9, 2018

Online-Shopping stösst immer noch an digitale Landesgrenzen

Eine diffuse Unsicherheit hält in vielen Fällen Online-Shopper davon ab, im Ausland einzukaufen. Aber nicht nur. Auch das sogenannte Geoblocking hat den Einkauf in der Fremde bisher schwierig gemacht. Diese Barriere wird in der EU bald fallen. Trotzdem existieren sie weiter, die digitalen Landesgrenzen - wenn auch nur in den Köpfen vieler Internet-Shopper.
 
Geoblocking kann vor allem für Leute, die viel unterwegs sind, sehr lästig sein. Zum Beispiel für jene Fussballfans, die sich per Internet im Ausland über die Leistungen ihres FC in der Schweiz schlau machen wollen - da kennt das Schweizer Fernsehen keine Gnade und sperrt selbst die kürzesten Sportbeiträge - wofür es absolut keine vernünftige Erklärung gibt. Aber SRF ist nicht allein. Die öffentlichen Medienhäuser tun es fast alle; die BBC sperrt den Zugriff aus dem Ausland auf ihre Mediathek sogar für VPNs, mit einigem Aufwand und speziellen Algorithmen, die es in den meisten Fällen schaffen, die Server der VPN-Provider zu erkennen und zu blockieren. Leider werden diese Barrieren in naher Zukunft nicht verschwinden, anders als das Geoblocking im Zusammenhang mit Online-Shopping. Die Zeit erklärt:
“Mithilfe dieses Verfahrens können Onlinehändler den Zugang zu bestimmten Bestellseiten verweigern, wenn die Kunden in einem anderen Staat wohnen oder im Ausland ausgestellte Kreditkarten benutzen. Oft werden sie dann automatisch auf Seiten in ihrem Land umgeleitet – wo die Preise möglicherweise höher sind. Davon profitieren vor allem die großen Onlineshops, die in den unterschiedlichen EU-Staaten unterschiedliche Preise anbieten.“
Vom 9. Dezember an, wird genau das nicht mehr möglich sein. Dann müssen die Internet-Shops in der EU ihre Kunden gleich behandeln. Momentan kaufen nämlich nur gerade 15 Prozent der Europäischen Shopper in Webshops ein, die in einem anderen Land zuhause sind. Und es darf daran gezweifelt werden, dass die Europäische Geoblocking-Verordnung viel an dieser Tatsache ändern wird. Dazu gibt es einige interessante Erkenntnisse einer Umfrage, die für den Springer Verlag durchgeführt wurde. Zitat aus der Welt:
“Während 34 Prozent sich generell vorstellen könnten, über das Internet im Ausland zu kaufen, wäre knapp die Hälfte nur dazu bereit, wenn der Kauf über eine deutsche Handelsplattform wie Amazon, Ebay oder Idealo abgewickelt würde und deren allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gelten. Rund jeder Fünfte schließt eine Online-Bestellung im Ausland komplett aus.  Dabei lässt sich beim Cross-Border-Shopping so mancher Euro sparen. […]  Diejenigen, die zu einem Online-Kauf im Ausland generell bereit sind, würden dies am ehesten innerhalb der EU tun (70 Prozent). Große Ressentiments gibt es gegenüber China – nur sechs Prozent würden hier einkaufen.“
Der Grund für den Einkauf im Ausland sind in der Regel tiefere Preise - je grösser die Zahl der Shops, desto grösser ist die Konkurrenz, was wiederum die Preise drückt. Allerdings gibt es auch andere Gründe, im Ausland einzukaufen. Wir haben vor vielen Jahren einen Drucker aus einem Spezialgeschäft in New York City per Internet bestellt, der sonst absolut nirgendwo erhältlich war. Der Einkauf  hat hervorragend funktioniert - und das Gerät ist immer noch im Einsatz.

Thursday, July 5, 2018

Smartphones im freien Fall - ohne dass sie Schaden nehmen

Man weiss, wie schnell ein Smartphone aus der Tasche oder aus der Hand rutschen kann - mit teuren Folgen. Einem deutschen Mechatronic-Student an der Hochschule Aalen ist genau das passiert - was ihn dazu veranlasste, eine Schutzvorrichtung zu entwickeln, die im Falle eines Smartphone-Unfalls Schaden verhindert - ähnlich wie ein Airbag fürs Handy.

Sein brandneues iPhone war ihm aus der Jackentasche gerutscht und auf den Boden gefallen. Das Display konnte zwar repariert werden, aber das reichte nicht aus: Nach zwei Wochen war wieder alles schwarz – und das schicke iPhone nur noch Schrott. “Durch den Sturz war die ganze Elektronik kaputt“, sagt Philip Frenzel, der derzeit seinen Mechatronik-Master an der Hochschule Aalen macht. Für das Nachfolgerhandy musste ein stabilerer Schutz her.
Doch was auf dem Markt angeboten wurde, stellte den 25jährigen Studenten nicht zufrieden. “Das iPhone mit seinem ästhetischen Design in eine klobige Schutzhülle zu packen, macht ja keinen Spass“, meint Frenzel. Und da Not bekanntlich erfinderisch macht und ihn die Problematik von zersplitterten Handydisplays nicht mehr losließ, setzte er sich an die heimische Werkbank im Keller. Inzwischen, vier Jahre später, ist das Ergebnis dieser Anstrengung in eine preiswürdige Bachelorarbeit geflossen und auch bereits zum Patent angemeldet.
Funktionieren tut's wie folgt: In eine dünne Schutzhülle baute der Student Sensoren ein, die den freien Fall des Handys erkennen und entwickelte eine Metallfeder, die sich während des Falls entfaltet und die Kraft und Energie aus dem Sturz dämpft. Die Dämpfer werden dann manuell eingeklappt und sind wieder verwendbar, so dass das Handy vor dem nächsten Fall geschützt ist. Daher heißt das Produkt auch „AD Case“, was für „active Damping“, also „aktives Dämpfen“, steht.
Das nächste Ziel für Philip Frenzel ist die Marktreife: Neben seinem Studium hat er gemeinsam mit Peter Mayer, einem Absolventen der Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Aalen, ein Unternehmen gegründet, um sein AD Case auf den Markt zu bringen. “Wir möchten unseren Lebensunterhalt damit finanzieren können“, erklärt er Frenzel und fügt hinzu: “Kurz gesagt, wir hoffen auf einen Hype.“ Die Chancen dafür stehen gut.
Allein in den letzten Wochen haben die jungen Entwickler Presseanfragen aus der ganzen Welt erhalten; grosse Fernsehstationen wie Fox News in den USA befassten sich mit seiner Erfindung. Ab Juli soll auf Kickstarter das Crowdfunding anlaufen. Die geschätzten Kosten für den aktiven Handyschutz sollen bei etwa 50 Euro liegen. Bei den heutigen Smartphone-Preisen könnte sich das schnell einmal lohnen.

Monday, July 2, 2018

Das Internet und seine lausige Diskussionskultur


Was ist schlauer: Dass wir uns im Internet anstands- und hemmungslos die Meinung sagen, versteckt hinter anonymen Usernamen, oder dass wir es vermeiden, überhaupt in die Nähe der digitalen Kommentarsümpfe zu kommen, damit wird nicht in Gefahr geraten, darin zu versinken?

Natürlich wird auch der Artikel zum Thema Kommentare entsprechend
kommentiert.                                                                       Screengrab rp-onile
Zumindest haben wir als User die Wahl, ob wir die Kommentare lesen möchten. Bei jenen Medien, die ihre Websites immer noch als Kommentarspalten und damit als Ventil für ihre Leser zur Verfügung stellen, gibt es aber Mitarbeiter, die sich täglich mit dem Thema befassen müssen. Wie diese mit den täglichen Anfällen wütender User am besten umgehen, hat jetzt eine Studie der Hamburg Media School herauszufinden versucht:
“Die Medienexperten untersuchten 24 Online-Diskussionen auf Facebook zu 16 journalistischen Beiträgen von Deutschlandfunk Kultur, Rheinische Post Online, RTL und Tagesschau. Auch die Redaktion Spiegel Online unterstützte die Studie "Hasskommentare im Netz" mit ihren Erkenntnissen. Genauer betrachtet haben die Experten die Reaktionen auf Beiträge zu Themen wie Flüchtlinge, Sexismus, AfD sowie regionale Berichte. Dabei sprechen die Wissenschaftler von "gekaperten Diskursen". Wenige Nutzer bekämen im Diskussions- und Kommentarverlauf die Oberhand, die Debatte eskaliere.“
Die Wissenschaftler der Media School sind davon überzeugt, dass sich der Ton durch gezielte Moderation sofort verbessern lasse. Moderieren statt ignorieren, müsste das Motto also heissen, sagen sie. Gemäss der Studie sei nämlich nur etwa ein Prozent der Kommentierer für die schlechte Stimmung in den meisten Kommentarspalten verantwortlich.
Das mag sein, heisst aber natürlich nicht, dass die Leserbeiträge dadurch lesenswerter werden. Sicher ist,  dass das Internet in seinen Kommentarspalten die richtige Welt widerspiegelt. Da die Anonymität hier allerdings nicht so einfach funktioniert, halten sich auch intolerante Trolle gegenüber ihren Mitmenschen meistens zurück. Auch im nicht-virtuellen Bereich hat aber die Diskussionskultur im digitalen Zeitalter massiv gelitten. Die Blasenbildung im Internet und die damit einhergehende Isolation vieler User ist übergeschwappt ins richtige Leben und führt zu Fehlinformation, Intoleranz und dem Zerfall der Diskussionskultur. Im richtigen Leben wird allerdings weniger getobt und beschimpft - hier schweigt man sich, zumindest in zivilisierten Kreisen, an.  Darüber hat sich kürzlich NZZ-Autor Thomas Ribi in einem ausgezeichneten Artikel ausgelassen:
“Es gibt Dinge, die sind furchtbar einfach: Wer Fleisch isst, handelt verantwortungslos, wer Auto fährt und sein Haus mit Öl heizt, vergeht sich vorsätzlich an der Umwelt, und wer dagegen ist, dass die Grenzen Europas vorbehaltlos für alle offenstehen, ist ein hartherziger Egoist […]Die Toleranz endet, wo jemand die Unverschämtheit besitzt, eine andere Meinung zu haben. Was irritiert, provoziert und die eigenen Denkgewohnheiten herausfordert, wird nicht energisch bekämpft, sondern ganz leidenschaftslos von der Diskussion ausgeschlossen. Selbstverständlich nicht, ohne dass man vorher ein passendes Etikett aufkleben würde. Schliesslich will man wissen, in welche Schmuddelecke man die Geister bannt, die den häuslichen Frieden stören: neoliberal, populistisch oder reaktionär.“
Da es unter diesem Artikel keine Kommentarecke gibt, werden wir nie wissen, wieviel Wut die Analyse bei den Lesern ausgelöst hat.