Sunday, July 14, 2019

Handelsströme oder Handelsapokalypse?

Die Amerikaner haben ein Wort dafür: Sie nennen das Ladensterben, das in den letzten Jahren durch den Handel im Internet ausgelöst wurde, die Detailhandelsapokalypse. Sie haben allen Grund dazu: Zehntausende von Shops sind in den letzten Jahren geschlossen worden, und dieses Jahr beschleunigt sich der Trend noch. Aber auch in der Schweiz haben viele traditionelle Läden in Innenstädten nichts zu lachen.

Geschlossen für immer - und die Wende im traditionellen Handel lässt
weiter auf sich warten.                                     Bild Wikimedia Commons
Beim Retail Marktbericht Schweiz weiss man es ganz genau: Demnach schlossen im Jahr 2018 allein die 200 grössten Ladenketten im Bereich “Non-Food“ insgesamt 541 Filialen. Insgesamt reduzierten 41 Prozent aller “Non-Food“ Ketten die Anzahl ihrer Filialen. In der Bekleidungsbranche ist der Filialenrückgang am deutlichsten ausgeprägt. Mit einem Minus von 265 Filialen beträgt der Anteil rund die Hälfte vom Gesamtrückgang. Auch in der Schuhbranche schlossen 68 Filialen. In der Bücher- und Spielwarenbranche schlossen 52 Filialen. Die Internationalisierung im Schweizer Detailhandel schreitet voran.
Längst stürben die Läden nicht mehr nur im ländlichen Raum. Auch in den Schweizer Städten verschwänden mehr und mehr Geschäfte, schreibt die Handelszeitung zum Thema:
“Selbst grosse Marken reduzieren ihr Netz, weil sie gegen den wachsenden Online-Handel noch immer keine Antworten haben. Schweizer bestellen gern im Internet. 2018 haben sie für 9,75 Milliarden Franken im Internet eingekauft. Wie es im aktuellen E-Commerce-Report Schweiz der Fachhochschule Nordwestschweiz heisst, machen Onlinebestellungen im In- und Ausland damit 10,7 Prozent des Gesamtvolumens des Detailhandels von 91,3 Milliarden Franken aus.Online-Riese Zalando ist in der Schweiz innert sieben Jahren von Null an zum grössten Modehändler aufgestiegen. Vergangenes Jahr kam hierzulande das Berliner Unternehmen auf einen Umsatz von 800 Millionen Franken. Selbst Branchengigant H&M, der stets gewachsen war, reduzierte sein Netz um drei Filialen auf 93 Läden.“ 
Am stärksten vom Ladensterben betroffen seien kleine Städte. Sie hätten zudem das Problem, dass expandierende Ketten kleinere Orte auslassen. Die Folge sei eine Abwärtsspirale. Mit weniger Geschäften kommen weniger Kunden und so kämmen die verbleidenden Geschäft unter Druck,
heisst es im Expertenbericht. Aber nicht nur Kleinstädte seien bedroht: Auch grosse Innenstädte seien gefährdet.

Die gegenwärtige Entwicklung in den USA, wo seit Jahrzehnten die grossen Shopping-Trends gesetzt werden, lässt auch für dieses Jahr keine Wende erwarten. Nach neuen Erkenntnissen wurden in den USA bereits in diesem Jahr mehr Filialschliessungen angekündigt als im gesamten letzten Jahr, nämlich rund 6000. Einige Einzelhändler schliessen ausgewählte Geschäfte, um profitabel zu bleiben, während Ketten wie Payless angekündigt haben, dass sie alle ihre Geschäfte schliessen. Eine Expertenprognose sagt voraus, dass bis 2026 in ganz Nordamerika 75‘000 Läden geschlossen würden, da die Abhängigkeit vom E-Commerce zunimmt.

Bemerkenswert an diesen Zahlen und Berichten ist die Tatsache, dass nirgendwo klare Lösungsansätze genannt werden, die eine Verödung vieler Geschäftsviertel in den nächsten Jahren verhindern könnten. Die Handelsströme scheinen unaufhaltsam umgeleitet zu werden - von den Verbrauchern. Wer erfolgreich bleiben will, muss dort sein, wo sie sich hinbewegen.

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