Thursday, July 18, 2019

Eintritt bezahlen, um kaufen zu dürfen

Für immer mehr Kunden scheint eine Selbstverständlichkeit zu sein, was für andere immer noch undenkbar ist: dafür zu bezahlen, dass man in einem Geschäft einkaufen darf. Das gilt vor allem auch im digitalen Bereich. Eine neue Studie zeigt, dass sogenannte Plattformen bereits fest im Nutzungsverhalten der Konsumenten verankert sind, und zwar so stark, dass diese durchaus bereit sind, eine Gebühr für die Nutzung zu bezahlen.

Einkauf nur mit Mitgliedschaft: Dieses Konzept hat den Einzelhändler Costco
zu einem der erfolgreichsten Unternehmen der Welt gemacht.        Bild Costco
Die Studie des IFH Köln befasst sich mit der sogenannten Plattformökonomie und dem Verhalten der Konsumenten. Sie zeigt, dass viele Verbraucher durchaus bereit sind, allein für das Privileg der Nutzung einer Plattform zu bezahlen. Auch Streaming-Plattformen wie Netflix oder Spotify funktionieren auf dieser Basis. Beim Streaming macht es durchaus Sinn. Seltsamer mutet das Modell dann an, wenn es um ganz gewöhnliches Shopping geht. Die Befragten gaben an, dass sie zwischen sieben und elf Euro monatlich bezahlen würden, um bei Amazon bestellen zu dürfen – und zwar ohne spezielle Zusatzleistungen (Prime) zu erhalten. Amazon ist zu einer enormen Handelsplattform geworden. Auch YouTube-Nutzern würden monatlich ein “Eintrittsgeld“ zahlen, um die bisher kostenfreien Inhalte der Videoplattform abrufen zu können. Das erscheint schon ein wenig logischer, da YouTube eine Streaming-Plattform ist, für die es keine echte Alternative gibt. Am höchsten fällt die Zahlbereitschaft aber für die Nutzung von Flug- oder Mietwagenplattformen aus. Bis zu 41 Euro würden potenzielle Kunden hier für das Privileg einer Buchung in die Hand nehmen.
Warum ist das so? Plattformen gelten als praktisch und flexibel und werden von den Kunden bei allen Leistungskriterien besser bewertet als lineare Geschäftsmodelle. Lediglich in Sachen Einfachheit sind lineare Angebote noch konkurrenzfähig – sicherlich auch, weil sich durch die zu grosse Auswahl auf Plattformen die Komplexität für Konsumenten erhöht. Auch der Blick auf den Informations- und Kaufprozess verdeutlicht, welcher Druck gegenwärtig schon von Plattformangeboten ausgeht. So bündeln Flug- und Mietwagenplattformen fast drei Viertel der der Suche nach relevanten Informationen und für die Buchung bleiben dann die potentiellen Kunden der Plattform treu.
Das Plattformmodell gibt es übrigens nicht nur im E-Commerce. Auch die Migros ist in diesem Sinne eine Plattform, wo man sich mit dem Bedarf des täglichen Lebens eindecken kann - fast überall in der Schweiz. Besuche in anderen Läden erübrigen sich häufig. Allerdings müssen Migros-Kunden keinen Eintritt bezahlen - aber auch dieses Modell existiert schon lange. Der Amerikanische Händler Costco ist extrem erfolgreich damit, nur Kunden in seinen Läden einkaufen zu lassen, die eine Jahresgebühr dafür bezahlen und sich an der Kasse jedes Mal mit einer Karte ausweisen müssen.  Costco Wholesale Corporation ist ein amerikanisches multinationales Unternehmen, das 2015 zum zweitgrösste Detailhändler der Welt aufstieg, und dessen Läden sich als Grosshandelsclubs anpreisen. Ab 2016 war Costco der weltweit grösste Einzelhändler von Rindfleisch, Bio-Lebensmitteln, Rotisserie-Huhn und Wein. Costco wird in den Fortune-500-Rankings der grössten US-Unternehmen nach Gesamtumsatz auf Platz 15 geführt. Costco hat auch Läden in Europa: 28 in Grossbritannien, zwei in Spanien, einen Laden in Island und einen in Frankreich.
Die Plattformökonomie ist also nicht ganz so neu. Sie zählt aber weiterhin darauf, dass es ein wichtiges Kundensegment gibt, das unter anderem Loyalität gegenüber einem Händler demonstriert, indem es bereit ist, für den Eintritt in einen Laden oder einen Shop einen Preis zu bezahlen.

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