Sunday, April 30, 2017

E-Commerce: zurück in den Bazar

Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir beim Einkaufen nicht feilschen müssen (oder dürfen); feste Preise sind in den meisten stationären Läden immer noch die Regel. Die Digitalisierung unserer Gesellschaft und die Vernetzung im E-Commerce-Sektor haben allerdings dazu geführt, dass diese Regel zumindest online oft nicht mehr gilt.

Idealo.de, eine der zahleichen Sites, die versuchen, Preisentwicklungen in
Onlineshops zu verfolgen.                                                     Screengrab Idealo.de
Es kann erfreulich sein, aber auch ganz schön ärgerlich – je nachdem, ob sich die Preise nach unten oder nach oben bewegen. Jedenfalls haben die meisten Online-Shopper schon die Erfahrung gemacht, dass sich Produktepreise ständig ändern – bei zweiten und dritten Mal Nachschauen, kostet die Uhr oder das Parfum nie gleichviel wie bei ersten Mal. Diese dynamische Preisgestaltung funktioniert dann am besten, wenn sie dem individuellen Kunden angepasst wird. Mit anderen Worten: Der Verkäufer nutzt die Informationen, die er über uns hat, um uns ein Produkt mit möglichst viel Gewinn zu verkaufen. Das Internet, vor Jahren noch gepriesen für seine Transparenz, wird plötzlich undurchsichtig – Preisvergleiche werden fast unmöglich, weil wir nie wissen, was andere Kunden angeboten bekommen. Ist das ein Rückschritt oder ein Fortschritt? Ein Erklärungsversuch fand sich schon vor einer Weile in der Süddeutschen Zeitung:
“Preisschilder waren eine großartige Erfindung. Nur: Transparent waren die Preise damit nicht. Warum etwas wie viel kostet, blieb den meisten Kunden weiter ein Rätsel, und das ist bis heute so. Der Händler bestimmt den Preis, der Kunde zahlt […] Nach 150 Jahren schließt sich nun der Kreis", sagt der Amerikaner Robert Garf, der Strategiechef von Demandware, einer der führenden US-Software-Firmen im E-Commerce. Er meint damit, dass das Zeitalter der von Händlern bestimmten Festpreise dem Ende zugeht. Die Kunden gewinnen Einfluss zurück. Sie brauchen zwar nicht feilschen wie im 19. Jahrhundert, können aber nach dem für sie günstigsten Angebot im Netz suchen. Nur: Diese Suche kann so anstrengend sein, wie es das Feilschen gewesen sein muss.“
Tatsächlich kann es ganz schön schwierig oder gar unmöglich sein, innerhalb nützlicher Frist im Internet den günstigsten Preis zu finden – denn morgen könnte es ja schon wieder ganz anders aussehen. Stern-TV hat vor einiger Zeit hunderte von Produkten über mehrere Wochen beobachten und festgestellt, dass es kein statistisches Preismuster gibt, dem es sich zu folgen lohnt. In anderen Worten: Am Montagmorgen ist die Kaffeemaschine höchstens ein paar Cents billiger, als am Mittwochabend:
Dennoch sind die Preisschwankungen im Internet, die auch viele Verbraucher feststellen, keine Einbildung. Es lässt sich allerdings keine Regelmässigkeit ausmachen, wie etwa beim Tanken. Der Preis für eine konkrete Waschmaschine in einem konkreten Shop schwankte in Schrödels Test beispielsweise zwischen 392 und 499 Euro. Insgesamt, so Branchenexperten, sind die Preise bei Elektroartikeln permanent in Bewegung, ebenso wie die von Reisen oder Flugtickets.“
Experten sind sich nicht sicher, ob die Entwicklung hin zu individuellen, sich ständig bewegenden Preisen positiv ist – eine Einkaufswelt, in der der Kunden nur noch weiss, was er für ein Produkt bezahlt hat, nicht was das Produkt wert ist. Jedenfalls gibt es in der digitalen Gesellschaft auch für dieses Problem Lösungsansätze: Preissuchmaschinen und Preisportale können Online-Preise überwachen und uns informieren, wenn diese günstiger geworden sind.

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