Sunday, April 23, 2017

Wenn der Mammon auszieht

Online-Shopping ist praktisch, billig, einfach und schnell - vor allem im Vergleich zum Einkauf im alten Stil. Doch der enorme Boom des digitalen Handels hat ebenso  enorme Folgen für traditionelle Läden. Betroffen ist nicht nur Europa. Die Amerikaner sind auch auf dem Gebiet des Ladensterbens Trendsetter – die neusten Prognosen der Credit Suisse sind erschreckend.

Seph Lawless ist ein Videograf , der sogenannte Deadmalls besucht und fotografisch
 auswertet. Die Ergebnisse muten durchaus apokalyptisch an.
                                                                                                            Screengrab YouTube
Eigentlich hat das ganz grosse Ladensterben in den Amerikanischen Einkaufszentren schon im Jahr 2008 angefangen, Der damalige Kahlschlag hatte weniger mit der Digitalisierung des Handels, als mit der Finanzkrise und Rezession zu tun, die zu jener Zeit die Welt heimsuchten. Mehr als 6000 Läden schlossen im Jahr der grossen Rezession; doch gemäß den Experten der Credit Suisse werden es in diesem Jahr noch viel mehr sein, weil nämlich die Anzahl der Schliessungen in 2017 jene in 2008 jetzt schon übertrifft. Die Zahlen sind erschreckend: mehr als 13 Millionen Quadratmeter an Ladenfläche werde dieses Jahr gemäß Prognosen verloren gehen.
Was passiert, wenn die Kunden wegbleiben, die Konsumtempel nicht mehr besucht werden, der Mammon auszieht? Die Einkaufspaläste verfallen und zeichnen das Bild einer sterbenden Zivilisation. In den USA gibt es bereits Künstler, die sich fotografisch mit dem Thema dieser Konsum-Apokalypse beschäftigen. Einer davon ist Seph Lawless, der nicht nur fotografiert sondern auch Videos seiner (illegalen) Touren in diesen verlassenen Einkaufszentren auf YouTube stellt.
In Europa und in der Schweiz haben sich die neuen Konsumtrends nicht so drastisch ausgewirkt, und wie in den USA wird sich die Situation im dichtbesiedelten Mitteleuropa nicht entwickeln. Immerhin gibt es immer noch enorme Konsumtempel-Projekte – wie zum Beispiel die Mall of Switzerland in Ebikon (deren Eröffnung auf November dieses Jahres geplant ist). Allerdings kämpfen auch hier viele Händler um ihre Existenz – vor allem in den Innenstädten. Und eine Studie des des Instituts für Handelsforschung (IFH) Köln, die anfangs dieses Jahres veröffentlicht wurde, gibt nicht viel Grund zur Freude: 2014 hatte das Kölner Institut Alarm geschlagen und gewarnt, durch den Siegeszug des Online-Handels könnten bis 2020 rund 45‘000 stationäre Händler zur Aufgabe ihrer Läden gezwungen werden. Das wäre fast jeder zehnte Laden in Deutschland. Heute geht man beim IFH davon aus, dass sich diese Entwicklung wohl “etwas verzögern“ werde.

Einige Lichtblicke gibt es also. Traditionelle Händler die ihre Waren auf verschiedenen Kanälen anbieten, haben natürlich eine bessere Chance zu überleben. Und eine PwC-Studie zum Detailhandel, die über das letzte Jahr erstellt wurde, zeigt, dass auch junge Menschen gerne im Laden kaufen. Fast zwei Drittel der befragten 18 bis 24 Jährigen – digital Natives hin oder her - gaben zu Protokoll, dass sie am liebsten in richtigen Läden einkaufen.

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