Thursday, August 31, 2017

Wird Amazon zur neuen Migros (oder zum neuen Coop)?

Die Buchhändler haben die frontale Attacke von Amazon schon hinter sich – sie waren nämlich die ersten, die vom fast monopolistischen Online-Händler ins Fadenkreuz genommen wurden (und wir wissen alle, wer die Schlacht gewonnen hat). Nun hat sich Amazon durch den Kauf einer grossen amerikanischen Supermarktkette schlagartig als Lebensmittel-Händler etabliert. Die Konkurrenz freut das nicht, die Kunden können auf (noch) tiefere Preise zählen.

Amazon kauft den Bio-Markt - die Verschmelzung von On- und Offline beginnt
auch im Lebensmittelhandel.                            
Momentan darf man die Frage, die wir im Titel stellen, noch mit “nein“ beantworten. Der Angriff an der Lebensmittelfront erfolgt nämlich vorwiegend in den USA, wo Amazon den Einstieg ins Lebensmittelgeschäft durch den Kauf der Bio-Kette “Whole Foods“ gestartet hat. Da wir aber wissen dass der Konzern alles andere als lokal ist, dürften sich auch europäische Unternehmen jetzt schon Gegenstrategien überlegen. Grund dazu haben sie.
Whole Foods Market hat 456 Filialen, die sich vor allem in den USA befinden. Laut cash.ch soll Amazon für dieses Netz 13,7 Milliarden US-Dollar bezahlt haben. Der Handel drückte die Aktienkurse zahlreicher grosser Lebensmitteleinzelhändler, während Amazons Marktkapitalisierung um mehr als den Kaufwert anstieg.
Auch in der Schweiz macht man sich über diese Transaktion Gedanken. Zitat aus einem Artikel des Schweizer Bauer:
“Bereits am ersten Tag nach der milliardenschweren Übernahme der Bio-Supermarktkette Whole Foods lässt Amazon die Preise purzeln: Avocados kosten plötzlich 1,49 statt 2,99 Dollar und das Pfund Wildlachs aus Alaska 9,99 - das sind fünf Dollar weniger als bisher. «Das ist nur der Anfang», verkündet das Werbeschild in der Filiale in Brooklyn, New York. Ein Versprechen, das Kunden erfreut - aber zugleich eine Kampfansage, die Konkurrenten erschaudern lässt […] Für die heimischen Supermarkt-Schwergewichte kommt die Attacke zur Unzeit. Die Abwanderung der Kundschaft ins Internet macht der Branche ohnehin schon zu schaffen, nun greift Amazon - die treibende Kraft hinter dem Online-Trend - auch noch mit Macht im Ladengeschäft an…“
Die Süddeutsche berichtet über die kommende “Verschmelzung“ des On- und Offline-Handels, welche durch den Amazon-Kauf ausgelöst werde:
“Wenn etwas deutlich wurde in diesen ersten Stunden, dann dass Amazon mit dem Einstieg ins Supermarktgeschäft weit mehr anstrebt als nur den Aufbau eines zusätzlichen Standbeins. Online- und Offline-Handel sollen vielmehr voneinander profitieren, sich gegenseitig befruchten, ja, miteinander verschmelzen. Gleich am Markteingang, direkt vor den Erdbeeren, können Whole-Foods-Kunden jetzt den "Echo" in den Einkaufswagen legen, jenen stimmgesteuerten Elektro-Assistenten für daheim, der Fragen beantwortet, Nachrichten vorliest, Musik spielt und - geht es nach Amazon - zum Mittelpunkt des Alltags werden soll. Anstatt 179 Dollar kostet das Wundergerät im Supermarkt nur noch 99 Dollar.“
Handelsexperten sehen das ganz ähnlich, wie cash.ch berichtet:
“Genaugenommen könnte der durch "Alexa" gesteuerte Lautsprecher - der sich durchaus noch in einer recht frühen Entwicklungsphase befindet - für die meisten Menschen zum persönlichen Heimassistenten werden. Im Laufe der Zeit könnte er sämtliche Haushaltsbedürfnisse übernehmen, indem er Einkaufslisten online bestellt und daran erinnert, dass man bald wieder Milch, Kaffee, Äpfel oder andere Artikel braucht. Und warum sollte er in diesem Fall nicht die Marken Amazons vorschlagen, die rein zufällig auch die günstigsten wären? Und für all das benötigt man nicht mehr als lediglich den Klang der eigenen Stimme…“
Dass Amazon genau die Biofoodkette Whole Foods gekauft hat, ist auch marketingtechnisch sicher kein Zufall. Unter den anspruchsvollen Kunden dieser Läden hat es sicher viele, die keine Fans des riesigen Unternehmens sind. Nun gehört das Unternehmen plötzlich auch zur Bio-Sphäre, in der sich diese Kunden bewegen. Da wird deren Einkauf bei Amazon in Zukunft trotz ethischer Bedenken vielleicht weniger unbehaglich werden…

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