Sunday, March 29, 2015

Internet-Trolle, Anonymität und Ehrlichkeit

Das Internet liebt die Anonymität. Aber Anonymität führt zu schlechtem Benehmen, Oft zu sehr, sehr schlechtem Benehmen. Das wiederum führt dazu, dass sogenannte Trolle in Kommentarspalten oder auf Twitter die Sau raus lassen und damit anständige User vertreiben. Was tun? Twitter will das Problem mit einer Filtersoftware lösen.


Bezahlen, um zu kommentieren. Eine Methode, um Trolle auszubremsen.
Trolle, also Internet-User, die sich nicht zu benehmen wissen und andere Teilnehmer im Internet unter dem Deckmantel der Anonymität beschimpfen und bedrängen, sind schon lange ein Problem. Nicht nur auf Twitter, wo vor allem prominente User oft belästigt werden, sondern auch in den Kommentarspalten zu News-Artikeln, wo die Anwürfe oft sehr persönlich werden. Um die Diskussionen im Web auf einem zivilisierten Niveau zu halten, haben verschiedene Anbieter verschiedene Massnahmen getroffen. Zahlreiche Zeitungen verlangen zum Beispiel von ihren Lesern, dass sie ihren echten Namen angeben, wenn sie kommentieren wollen (z.B. die NZZ) und moderieren die Beiträge auch noch. Das führt zu zwei Problemen: Es werden falsche Namen angegeben, und es dauert zu lange, bis die Kommentare im Web erscheinen. Die Massnahmen funktionieren also nur beschränkt.
Eine bessere Idee hatten die Betreiber des Internet Magazins Tablet: Sie verlangen Geld von jenen Lesern, die ihre Artikel kommentieren möchten. Die Kosten werden abgestuft: Einen Tag lang zu kommentieren kostet 2 Dollar, einen Monat 18 und ein Jahr 180 Dollar.
Ist das vielleicht ein Geschäftsmodell für die leidenden Internet-Medien?
Wir zweifeln daran. Immerhin ging die Anzahl der Kommentare bei Tablet Magazine stark zurück – und das Troll-Problem ist wohl gelöst.
Nun hat auch Twitter einen Lösungsansatz gegen Trolle präsentiert. Dieser basiert allerdings nicht darauf, dass Twitter-Nutzer sich zu erkennen geben müssen, sondern auf einem Software-Filter, der beleidigende und Anstössige Tweets ganz einfach entfernen soll. Zitat aus heise.de:
“Wie genau diese Filteroption funktioniert, ist noch nicht bekannt. Dass Twitter aber verstärkt gegen Beschimpfungen und Trolle vorgehen will, wurde schon vor Wochen angekündigt. Hintergrund sind in jüngster Zeit bekannt gewordene öffentliche Kampagnen gegen einzelne Nutzer oder Nutzergruppen. Beispielsweise hatte die Tochter des verstorbenen Schauspielers Robin Williams Twitter verlassen, nachdem sie dort zum Teil übel beleidigt worden war…“
Natürlich gibt es auch User, denen derartige Massnahmen nicht gefallen – und zwar nicht deshalb, weil sie selber Trolle sind. Bei der NZZ befürchtet zum Beispiel Adrienne Fichter, dass sich derartige Filter als Gefahr für Whistleblower herausstellen, die unlauteres geschäftliches Gebaren von Unternehmen vermelden…“.
Als ob das nur anonym möglich wäre.
Tatsächlich wird verbreitet für die Anonymität im Internet argumentiert  - oft nicht schlüssig und oft auch abstrus. So schreibt zum Beispiel Maik Werther im Tagesspiegel:
“Auch in der Anonymität kann Ehrlichkeit liegen, ein User bietet ein Abbild seiner selbst an. Wie realistisch das im Abgleich zur wirklichen Person ist, wird auch ein Klarname nicht ändern können. Nicknames haben eine lang anhaltende Tradition, insbesondere innerhalb der Newsgruppen- und Chatkultur. Grundsätzlich muss daher unterschieden werden zwischen Anonymität und Pseudonymität.
Ein Kommentarschreiber, der unter Pseudonym schreibt, gibt seine reale Person zwar nicht preis, ist jedoch nicht zwingend anonym. Vielmehr kreiert er in einer virtuellen Gesprächsrunde eine alternative Identität, mit der er sich sowohl als Realperson schützt als auch klar Position beziehen kann und sich gleichzeitig die Chance offenhält, sein Agieren mit kreativen Möglichkeiten zu versehen, die er im Realen nicht hat…“
Ob sich der Twitter-Filter bewährt, wird sich zeigen. Sicher ist aber, dass auch weiterhin massenweise User mit einer “alternativen Identität“ im Internet unterwegs sein werden.


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