Monday, May 21, 2012

Geld wird immer digitaler - auch aus politischen Gründen

Die Evolution des Geldes von der Münze und der Banknote zur Plastikkarte oder zum elektronischen Portemonnaie, ist schon seit längerer Zeit im Gang, scheint sich jetzt aber zu beschleunigen. Daran schuld ist nicht nur der technologische Fortschritt, sondern auch das politische Umfeld.

Münzen vor dem Euro - gibt es bald Plastik, wieder in den
Landeswährungen?
Die Europäischen Staaten sind in Geldnot; da wird nach jedem Strohhalm gegriffen, der Mehreinnahmen verspricht. Digitales Geld könnte sich durchaus als ein derartiger Strohhalm erweisen. Wenn, wie jetzt schon in Italien, Beträge höher als 1000 Euro nicht mehr bar bezahlt werden dürfen, wird es schwierig, wirtschaftliche Aktivitäten vor dem Staat und dem Steueramt zu verstecken. Gerade in Ländern mit einer grossen Schattenwirtschaft könnte sich das durchaus rechnen. Deshalb erlassen neben Italien auch noch andere Länder solche Limiten für ihre Bürger – ganz nach Lenins marxistisch revolutionärem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Zitat aus der NZZ:
Seit Dezember letzten Jahres dürfen Beträge über 1000 Euro nicht mehr in bar bezahlt werden. Im Rahmen des Sparpakets hat der italienische Ministerpräsident Mario Monti dieses Bargeldverbot erlassen. In Griechenland lautet die entsprechende Obergrenze für Privatpersonen 1500 Euro. Spanien will ab einer Bargeldzahlung von 2500 Euro unter Geschäftspartnern die Reissleine ziehen. In Frankreich liegt die Grenze bei 3000 Euro. In Schweden zirkulieren Pläne, den Bargeldverkehr vollständig abzuschaffen und durch Geld- und Kreditkarten zu ersetzen. Dort stehen Banknoten und Münzen im Umlauf für nur 3 Prozent der Wirtschaftsleistung.“
Doch die Digitalisierung des Geldes hat durchaus nicht nur politisch-ökonomische Gründe. Bargeld ist teuer und auch nicht sehr praktisch. Wer sich auch im Alltag – nicht nur in den Ferien-  an die Bezahlung per Debit- oder Kreditkarte gewöhnt hat, möchte nicht mehr davon wegkommen. (Gemäss einer umfangreichen Visa-Studie kostet uns Bargeld viel Geld – nämlich etwa 2 Prozent des Bruttosozialproduktes.)
Eines der führenden Länder bezüglich bargeldloser Bezahlung ist Kanada, wo Debitkarten und Kreditkarten sehr beliebt sind und auch für kleinste Beträge eingesetzt werden können. Ob Zahnarzt, Tankstelle oder Lebensmittel: es gibt kaum ein Laden im ganzen Land, wo nicht mit Plastik bezahlt werden kann. In Kanada werden jährlich etwa 110 Einkäufe pro Einwohner per Debitkarte bezahlt, nur die Schweden brauchen ihre Bankkarten noch intensiver: für rund 130 Einkäufen pro Einwohner. Die Kanadier lieben auch ihre Kreditkarten: Auf 30 Millionen Einwohner kommen 70 Millionen Master- und Visa-Karten. Debit und Kreditkarten werden in Kanada auch an den Bankautomaten oft und gerne eingesetzt – rund eine Milliarde Mal pro Jahr.
Die EU-Kommission will nun auch in Europa mehr bargeldlosen Zahlungsverkehr durchsetzen. Sie definiert diese Zahlunmgsmittel wie folgt:
“Elektronisches Geld ist ein digitales Äquivalent zu Bargeld, das auf einem elektronischen Gerät oder räumlich entfernt auf einem Server gespeichert ist. Ein weit verbreitetes E-Geld-Zahlungsmittel ist die „elektronische Geldbörse“ in Form einer Zahlungskarte oder einer anderen Chipkarte, die der Nutzer mit einer relativ geringen Menge an E-Geld auflädt, um damit Kleinbeträge zu begleichen. E-Geld kann aber auch in Mobiltelefonen (mit denen auch bezahlt werden kann) und auf Online-Zahlungskonten gespeichert werden.“
Die Schweizer stehen dem digitalen Geld im Vergleich immer immer noch skeptisch gegenüber, und es scheint, als ob so mancher sogar noch Geld unter der Matratze liegen hat. Laut einer Untersuchung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ist in der Schweiz vergleichsweise viel Bargeld im Umlauf. Zitat NZZ:
In der Schweiz sind rund 336 Millionen Frankenscheine im Wert von 57,98 Milliarden Dollar im Umlauf. Der hohe Anteil der grossen Notenabschnitte deute darauf hin, dass Banknoten nicht nur als Zahlungs-, sondern in erheblichem Umfang auch als Wertaufbewahrungsmittel verwendet würden, wie die Schweizerische Nationalbank (SNB) erklärt…“

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