Monday, October 23, 2017

Facebook und der Mainstream drücken auf die Medienqualität

“Je suis boulevard“ scheint das Motto der meisten Newsorganisationen zu sein, wenn es darum geht, auf den Social Networks Präsenz zu markieren. Kein Wunder: Auch in der Schweiz findet der Newskonsum immer mehr auf digitalen Kanälen statt, und wie man ja weiss, sind es nicht die qualitativ hochstehenden Inhalte, die am meisten Beachtung finden. Immerhin gibt es mehr alternative digitale Medienquellen, die von den Konsumenten zu Kenntnis genommen werden.

Das Jahrbuch Qualität der Medien zeigt: Auf Facebook stürzt die Qualität der
Medien ab. In der Schweiz ist die NZZ die Ausnahme.              Screengrab NZZ
Newssites oder Social Media sind bereits heute für 41 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer die Hauptquelle für Information. Je jünger das Publikum, desto grössere Bedeutung haben Plattformen wie Facebook oder Google. 40 Prozent der 18- 24jährigen steuert für den Newskonsum hauptsächlich Social-Media-Plattformen oder Suchmaschinen an. Diese Entwicklung führt natürlich zu einer Schwächung der etablierten Medienmarken. Ausserdem fliesst der Grossteil der Werbeerträge zu den globalen Tech-Intermediären und schwächt damit zusätzlich die in vielen Fällen prekäre Finanzierungsbasis der Schweizer Informationsmedien.
Zu diesen und weiteren Befunden kommt das fög - Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich in seiner achten Ausgabe des Jahrbuchs Qualität der Medien. Die Medienforscher fanden immerhin, dass die Berichterstattungsqualität professioneller Schweizer Informationsmedien “vergleichsweise hoch“ geblieben sei.  Neu waren dieses Jahr auch die Facebook-Seiten von reichweitenstarken Medienanbietern Teil der Qualitätsanalyse des fög. Das Resultat: Das Qualitätsniveau einer Medienmarke kann auf Facebook nicht gehalten werden. Die NZZ ist die Ausnahme: Hier ist die Qualität des Facebook-Angebots höher als jenes auf der Newssite. Die übrigen 13 untersuchten Informationsanbieter kreieren ein Facebook-Angebot, das qualitativ niedriger ist als jenes auf der korrespondierenden Newssite. Facebook ist ein Emotionsmedium. Entsprechend sind Softnews und Infotainment hier deutlich übervertreten. Plattformen wie Facebook begünstigen demzufolge Beiträge niedriger Qualität, schreiben die Forscher in einer Medienmitteilung.
Social Media nutzen auch die meisten neuen digitalen Angebote mit Informationsanspruch. Deren Reichweite bleibt aber gering. Beispiele dafür sind infosperber.ch, tsri.ch oder zentralplus.ch. Neue alternative Medien wie uncut-news.ch, alles-schallundrauch.blogspot.ch oder legitim.ch halten sich gemäss föf "nur sehr bedingt" an journalistische Qualitätsregeln. Diesbezüglich passen diese Anbieter hervorragend in das nicht-kuratierte Medienumfeld von Facebook und Co. Partiell erreichen diese alternativen Medien immerhin Reichweiten, die an jene der etablierten Informationsangebote mit Qualitätsanspruch heranreichen. Durch die Nutzung von Plattformen wie Youtube und Facebook gelingt es diesem alternativen Medien zudem fallweise, sich mit einzelnen Beiträgen breit Gehör zu verschaffen.

Wieso es diese alternativen Medienanbieter im untersten Qualitätssegment überhaupt gibt, beantwortet das fög in seiner Mitteilung zumindest teilweise gleich selber: Es gibt sie quasi nicht mehr, die Medienvielfalt in der Schweiz – und damit ist auch die Meinungsvielfalt geschrumpft. Der Schweizer Markt für digitale News ist hoch konzentriert. In der Deutschschweiz kontrollieren die drei Medienhäuser Tamedia AG, Ringier AG und die SRG SSR bereits 71 Prozent des Online-Lesermarktes. Der Mainstream existiert eben tatsächlich, auch wenn ihn die Medienforscher in ihrem Bericht in Anführungszeichen setzen. Wie der vorliegende Bericht zeigt, trägt dieser Mainstream zumindest auf den Social-Media-Kanälen nicht zur Qualitätsverbesserung bei – im Gegenteil. 

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