Monday, February 15, 2016

Wer interessiert sich eigentlich noch für Twitter?

 Eigentlich sollte es eine der ganz grossen Erfolgsgeschichten der digitalen Kommunikation werden, und eine Zeitlang sah es ganz so aus, als ob Twitter die hochgesteckten Erwartungen erfüllen würde. Die Zahl der Nutzer nahm rasant zu, und nach dem Börsengang stieg auch der Kurs der Aktie. Doch das war einmal; aktuell gibt es keine guten News mehr. Die Nutzerzahlen gehen zurück, und die Manager springen ab. Wer Twitter-Aktien besitzt, die beim Börsengang oder kurz danach gekauft wurden, hat schon mehr als die Hälfte der Investition verloren. Nach der anfänglichen Euphorie stellt sich die Frage, ob Twitter wirklich gebraucht wird.

Eines ist klar: Twitter ist in Nordamerika populärer als in Europa. Allerdings zeigt sich hier und dort, dass Twitter vorwiegend als Kommunikationsforum der Eliten benutzt wird: Politiker, JournalistenKünstler und andere Prominente lieben es, ihre gewichtige Meinung zum Tagesgeschehen in die Welt zu twittern, und sie haben auch Anhänger, die diese Wortmeldungen dankbar aufnehmen. Besonders im Journalismus hat sich Twitter zu einem beliebten Tool entwickelt und zwar in zweierlei Hinsicht: Erstens hilft der Kurznachrichtendienst, leere Seiten zu füllen, indem Prominenten-Tweets ausgeschlachtet und breitgeschlagen werden. Zum Zweiten lässt sich Twitter als Verstärker der journalistischen Meinung  einsetzen, indem entsprechende Tweets wie Echos an Stories gehängt werden.  Genau diese journalistische Praxis ist allerdings nicht überall beliebt und wird inzwischen von vielen Medienkonsumenten auch durchschaut.
Trotzdem hat Twitter zwei grosse Probleme: Erstens hat sich Twitter zu einem Tummelfeld für Trolle entwickelt, die aufgrund ihrer Anonymität auf Twitter oft so richtig die Sau rauslassen. Das generiert dann schon mal negative Werbung, die auf viele potentielle User abstossend wirken kann. Ausserdem interessiert sich die breite Masse der digitalen Konsumenten nicht für den Service und weiss nicht mal, wie er funktioniert (siehe untenstehendes Video). Twitter sei schlicht nicht massentauglich, schreibt die Handelszeitung:
“Die Vorzüge des Angebots, bei dem Nutzer nur Nachrichten mit einer Länge von maximal 140 Zeichen verschicken können, erschliesst sich vielen Menschen nicht. Das belegt auch eine Umfrage unter Passanten im Zürcher Kreis 5. Tatsächlich war es für den Video-Journalisten Pascal Scheiber schwierig, überhaupt jemanden zu finden, der Twitter nutzt – und dies nur passiv, um den Alltag der Stars zu verfolgen. Selbst Tweets versenden: Fehlanzeige. Die Twitter-Chefs haben das Problem erkannt. Doch Massnahmen greifen nicht oder stossen bereits bei Ankündigung auf Ablehnung. So geschehen vor wenigen Tagen, als bekannt wurde, das Management wolle die chronologische Timeline durch einen Algorithmus ersetzen.“
Twitter hat also ein Relevanzproblem, gerät gar in Gefahr, in der digitalen Versenkung zu verschwinden – der Dienst könnte zum “Bing“ der Social Media werden, schrieb Wired Magazine schon vor einem Jahr. Der Grund:
“Viele Menschen haben Twitter gern, lieben es sogar, sind davon besessen. Aber viele Menschen verstehen das überhaupt nicht, und Twitter hat nie einen guten Grund dafür kommuniziert, den Dienst auszuprobieren…“
Es sieht also nicht super aus für Twitter. Die Aktie steht aktuell bei knappen 16 US-Dollar. Im Mai 2015 waren es noch fast 51 Dollar. Das ist hart für die Investoren. Ansonsten wird der Niedergang von Twitter wohl die allermeisten von uns kalt lassen.

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